VwGH vom 17.12.2012, 2012/04/0144
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Mag. Hans Exner, Rechtsanwalt in 8750 Judenburg, Friedhofgasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. A14-30-1972/2012-5, betreffend Entziehung von Gewerbeberechtigungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden die für näher bezeichnete Standorte erteilten Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers betreffend "Gastgewerbe in der Betriebsart Kaffeerestaurant" und "Reisebüros" gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) idF BGBl. I Nr. 35/2012 entzogen.
In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, mit Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom sei zunächst der Konkurs über das Vermögen des Beschwerdeführers eröffnet worden. Mit weiterem Beschluss vom (rechtskräftig am ) sei der Konkurs jedoch mangels Kostendeckung aufgehoben worden. Der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt werde, sei noch nicht abgelaufen.
In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 handle es sich um eine gebundene, also nicht im Ermessen der Behörde liegende Entscheidung. Anders als nach der Rechtslage vor dem IRÄG 2010 könne die Behörde (ausgenommen vom hier nicht vorliegenden Fall des Versicherungsvermittlers) von der Entziehung der Gewerbeberechtigung auch dann nicht mehr absehen, wenn die Ausübung des Gewerbes vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0201). Im vorliegenden Fall habe die belangte Behörde daher auf Grund des Gerichtsbeschlusses betreffend die Aufhebung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens sowie im Hinblick darauf, dass der Zeitraum für die Einsicht in den genannten Insolvenzfall in der Insolvenzdatei noch nicht abgelaufen sei, spruchgemäß zu entscheiden gehabt. Es bestehe jedoch gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 die Möglichkeit, einen Antrag um Nachsicht vom genannten Gewerbeausschließungsgrund bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen der GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 99/2011, maßgebend:
"§ 13. ...
...
(3) Rechtsträger sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn
1. das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und
2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.
Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.
…
Nachsicht von den Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben
§ 26. ...
...
(2) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, dass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.
§ 87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn
...
2. einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt oder
..."
Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde nicht, dass das mit Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom eröffnete Konkursverfahren mit Beschluss vom mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. Unbestritten bleibt auch, dass der Zeitraum für die Einsicht in diesen Insolvenzfall in der Insolvenzdatei noch nicht abgelaufen ist. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, er habe im Verwaltungsverfahren auch nie in Abrede gestellt, dass die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 für die Entziehung der Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers vorliegen.
Vielmehr vertritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde zusammengefasst den Rechtsstandpunkt, dass er bereits durch sein Vorbringen in der Berufung unzweifelhaft einen Antrag iSd § 26 Abs. 2 GewO 1994 auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschlussgrund des § 13 Abs. 3 GewO 1994 gestellt habe. Er habe nämlich im Verfahren dargelegt, dass er auf Grund der generellen wirtschaftlichen Krise im Tourismus unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten bezüglich des Reisebüros gelangt sei, dass aber mittlerweile die Forderungen der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, welche zum Konkursantrag geführt hätten, zur Gänze beglichen seien. Diese Umstände hätten zur Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund iSd § 26 Abs. 2 GewO 1994 führen müssen, die belangte Behörde hätte sich mit der Frage der Nachsichterteilung zwingend im Rahmen des gegenständlichen Entziehungsverfahrens gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 auseinandersetzen müssen. Eine Entziehung der Gewerbeberechtigung nach der letztgenannten Bestimmung sei nach Ansicht des Beschwerdeführers nämlich nur dann möglich, wenn sowohl die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 GewO 1994 vorlägen als auch die Voraussetzungen für die Nachsichterteilung des § 26 Abs. 2 GewO 1994 fehlten. Letzteres sei beim Beschwerdeführer jedoch nicht der Fall und hätte daher bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt werden müssen.
1. Wie erwähnt ist gegenständlich unstrittig von der Aufhebung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens des Beschwerdeführers und vom offenen Zeitraum für die Einsicht in den genannten Insolvenzfall im Rahmen der Insolvenzdatei auszugehen. Die Ansicht, gegenständlich seien die Tatbestandsvoraussetzungen des Ausschlussgrundes des § 13 Abs. 3 GewO 1994 erfüllt, ist daher unbedenklich. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, dass bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides ein (weiterer) gerichtlicher Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangen wäre (diesfalls wären die Tatbestandsvoraussetzung des § 13 Abs. 3 Z. 1 GewO 1994 nicht mehr erfüllt und die Gewerbeberechtigungen nicht mehr zu entziehen gewesen; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0201, mit Verweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0177). Bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; sie liegt nicht im Ermessen der Behörde (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2011/04/0201).
2. Entscheidungswesentlich ist im Beschwerdefall daher ausschließlich, ob die belangte Behörde im Rahmen des gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 durchgeführten Entziehungsverfahrens hätte prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für die Nachsicht iSd § 26 Abs. 2 GewO 1994 vom genannten Ausschlussgrund vorliegen. Diese Frage ist (auch unter der Annahme, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Nachsichterteilung gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 gestellt hat) mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0199, zu verneinen, in dem wie folgt ausgeführt wurde:
"Die Beschwerde hält dem vor allem entgegen, dass die Beschwerdeführerin auch einen Antrag gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 auf Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung gestellt habe. Deshalb wäre die belangte Behörde nach Auffassung der Beschwerde verpflichtet gewesen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung tatsächlich noch gegeben sind. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die Bestimmung des § 26 Abs. 2 GewO 1994 nach der ständigen hg. Rechtsprechung im Entziehungsverfahren gemäß § 87 leg. cit. nicht anzuwenden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/04/0218, mwN). Ob die Voraussetzungen für eine Nachsicht (wegen Verbesserung der Vermögenslage) gegeben sind, ist daher nur im Nachsichtsverfahren zu klären; die Entscheidung in diesem Verfahren stellt auch keine Vorfrage im Sinn von § 38 AVG dar, die zu einer Aussetzung des Entziehungsverfahrens führen könnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/04/0016). Für eine klare Trennung des Prüfgegenstands von Entziehungs- und Nachsichtsverfahren sprechen auch die Materialien zur bereits angesprochenen Novelle BGBl. I Nr. 29/2010, wonach damit das Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung bei Insolvenzen vereinfacht werden sollte. Den Fällen, in denen der Schuldner seine Insolvenzsituation wieder bereinigen könne und daher eine Fortsetzung der Gewerbeausübung zu rechtfertigen sei, werde durch die in § 26 GewO 1994 bestehende Möglichkeit der Nachsicht Rechnung getragen (RV 612 BlgNR 24. GP, S. 44)."
Ergänzend hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis, Zl. 2011/04/0201, darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 aus Gründen des Gläubigerschutzes eine rasche und einfache Entscheidung der Gewerbebehörden ermöglichen wollte.
3. Da sich somit bereits auf Grund des Beschwerdevorbringens erkennen lässt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
YAAAE-68897