VwGH vom 06.09.2012, 2009/18/0496

VwGH vom 06.09.2012, 2009/18/0496

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des H P in W, vertreten durch Mag. Michael Schuszter, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Thomas A. Edison Straße 2, TechLab, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/410.393/2009, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen ihm ausgestellten österreichischen Reisepass gemäß § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f Passgesetz 1992 (PassG).

Der gegenständliche Fall gleicht sowohl hinsichtlich des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes als auch in den maßgeblichen Rechtsfragen jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2009/18/0168, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird sohin auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Die belangte Behörde beruft sich im vorliegenden Fall allerdings auch auf § 14 Abs. 3 PassG. Nach dieser Bestimmung ist, wenn den in § 14 Abs. 1 Z 3 lit. b bis f und Z 4 und Z 5 PassG angeführten Tatsachen gerichtlich strafbare Handlungen zu Grunde liegen, bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von dem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach den §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben.

Vor dem Hintergrund der nunmehr vom EuGH klargestellten - und im oben genannten Erkenntnis 2009/18/0168 näher dargelegten - Rechtslage stellt sich die Vorschrift des § 14 Abs. 3 PassG, mit der - ohne dass eine Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles möglich wäre - eine gesetzliche Vermutung des Bestehens einer maßgeblichen Gefahr für eine im Vorhinein festgelegte Zeit angeordnet wird, mit den unionsrechtlichen Vorgaben der RL 2004/38/EG, denen zufolge nicht schon für sich genommen der Umstand der strafrechtlichen Verurteilung die Einschränkung des aus dem Unionsrecht herrührenden Rechts auf Freizügigkeit zur Folge haben darf (Art. 27 Abs. 2), als nicht vereinbar dar. § 14 Abs. 3 PassG hat daher infolge der dem Unionsrecht beizumessenden Vorrangwirkung unangewendet zu bleiben.

Der angefochtene Bescheid ist somit aus den angeführten Gründen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Er war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf weitere unionsrechtliche Problemstellungen hätte eingegangen werden müssen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am