VwGH vom 25.09.2012, 2012/04/0099
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des A, Rechtsanwalt in Y, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. M63/001811/2012, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach den Angaben in der Beschwerde, die mit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid übereinstimmen, ist der Beschwerdeführer sowohl Rechtsvertreter als auch gewerberechtlicher Geschäftsführer der X-GmbH. Mit Schreiben vom hat er beim Magistrat der Stadt Wien beantragt, im Gewerberegister als Adresse jene seiner Rechtsanwaltskanzlei einzutragen und sämtliche Verweise auf seine Privatanschrift zu löschen.
Daraufhin erging folgendes Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom :
"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt!
…
Mit Schreiben vom haben Sie folgenden Antrag auf
Berichtigung einer falschen Adresse des gewerberechtlichen
Geschäftsführers gestellt:
…
Dies ist jedoch der Gewerbebehörde aus folgenden Gründen
verwehrt:
Nach § 365a Abs. 2 Z. 4 GewO 1994 hat die Bezirksverwaltungsbehörde bei natürlichen Personen, die in der Funktion als Geschäftsführer tätig sind, die Wohnanschrift in das Gewerberegister einzutragen.
Laut zentralem Melderegister sind Sie mit folgenden
Wohnsitzen verzeichnet:
Hauptwohnsitz: …
Nebenwohnsitz: …
…
Die im Gewerberegister eingetragene Wohnadresse könnte somit auf (Adresse des Nebenwohnsitzes) abgeändert werden, eine Änderung auf (Kanzleiadresse) ist nicht möglich.
Bemerkt wird, dass gemäß § 365e Abs. 1 GewO 1994 über die Wohnadresse des gewerberechtlichen Geschäftsführers nur dann Auskunft zu erteilen ist, wenn der Auskunftwerber ein berechtigtes Interesse an der Auskunft glaubhaft macht."
Die gegen dieses Schreiben erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Berufung sei unzulässig, weil sie sich gegen eine behördliche Mitteilung ohne Bescheidcharakter richte. Die gegenständliche Erledigung der Erstbehörde weise weder die Bezeichnung als Bescheid noch eine Gliederung in Spruch und Begründung auf, noch sei eine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Eine ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann unterbleiben, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergebe, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden habe. Der normative Gehalt müsse sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht oder von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen könnten nicht als eine verbindliche Erledigung bzw. nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf das angefochtene Schreiben vom zeige sich, dass dieses nicht als Bescheid zu qualifizieren sei, da dieses unmissverständlich nur die Bekanntgabe einer Rechtsansicht der Behörde enthalte, jedoch keine normative Entscheidung treffe. Da sich die Berufung somit gegen eine Mitteilung ohne Bescheidcharakter richte, sei sie zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass das Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom zwar nicht als Bescheid bezeichnet sei, jedoch alle wesentlichen Merkmale eines solchen enthalte, so auch einen Spruch und eine Begründung. Aus dem Schreiben gehe der deutlich erkennbare Wille der Behörde, verbindlich über den Antrag des Beschwerdeführers abzusprechen, hervor und vermittle den Eindruck einer normativen Erledigung. Die Tatsache, dass das Schreiben nicht als Bescheid bezeichnet und "lediglich in Briefform verfasst" sei, ändere nach Ansicht des Beschwerdeführers nichts an der Bescheidqualität.
Unstrittig ist, dass die Gewerbebehörde mit dem genannten Schreiben vom auf den genannten Antrag des Beschwerdeführers reagierte, indem sie mitteilte, es sei ihr aus rechtlichen Gründen verwehrt, die begehrte Eintragung (Adressänderung) im Gewerberegister vorzunehmen. Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass die dabei verwendete Wortwahl ("… aus folgenden Gründen verwehrt:") dafür spricht, dass es sich bei diesem Schreiben um einen Bescheid handeln könnte. Andererseits fehlt in diesem Schreiben die für Bescheide sonst übliche formale Gliederung in Spruch und Begründung, insbesondere fehlt auch jegliche Rechtsmittelbelehrung. Auch die sprachliche Gestaltung dieser Erledigung, insbesondere die Verwendung der Wortfolge "Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt!" am Beginn derselben, lassen Zweifel aufkommen, ob die Erstbehörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat. Diese Zweifel werden durch den Umstand verstärkt, dass im genannten Schreiben eine alternative Vorgangsweise beschrieben wird (Adressänderung auf den Nebenwohnsitz), was dafür spricht, die Behörde habe das Ansuchen mit dem genannten Schreiben noch nicht endgültig erledigen wollen.
In einem solchen Fall berechtigter Zweifel am Bescheidcharakter ist für denselben nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedoch die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid essenziell (vgl. Hengstschläger/Leeb , Kommentar zum AVG, Rz 6 zu § 58). Die Bezeichnung als Bescheid ist im vorliegenden Zweifelsfall aber unstrittig unterblieben.
Daher ist die Ansicht der belangten Behörde, dass die bei ihr angefochtene Erledigung keinen Bescheid darstellt und folglich nicht mit Berufung bekämpft werden kann, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am