VwGH vom 28.06.2007, 2007/16/0105
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des DL in A, vertreten durch DDr. Hanspeter Schwarz, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Museumstraße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0714-L/04, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erwarb mit Übergabsvertrag vom näher bezeichnete Liegenschaften. Als Übergabsleistungen wurden in Punkt 2. dieses Vertrages näher bezeichnete Rechte (Wohnungsgebrauch, Sachbezüge, Pflege und Betreuung) vereinbart.
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt dem Beschwerdeführer Schenkungssteuer für den unentgeltlich erworbenen Vermögensanfall unter Berücksichtigung des § 15a ErbStG vor.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, im Übergabsvertrag vom sei irrtümlich die Übernahme zweier Verbindlichkeiten als weitere Gegenleistung nicht angeführt worden. Dies sei in einem Nachtrag zum Übergabsvertrag vom nachgeholt worden. Bereits am habe der Beschwerdeführer gegenüber der Darlehensgeberin die Schuldübernahme betreffend diese Verbindlichkeiten erklärt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, nach § 12 Abs. 1 Z 2 ErbStG entstehe die Steuerschuld bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Zuwendung. Für die bei der gemischten Schenkung erforderlichen Beurteilung des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung seien die Verhältnisse am Tag der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich. Die nachträgliche Vereinbarung einer zusätzlichen Gegenleistung könne eine für den unentgeltlichen Teil einer gemischten Schenkung entstandene Steuerpflicht nicht mehr verringern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Berücksichtigung der von ihm "in seine Zahlungsverpflichtung übernommenen" Kredite als Gegenleistung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstatte eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Mit Beschluss vom , A 2007/0016, stellte der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Z 2 des § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. 141, mit der Wortfolge "2. Schenkungen unter Lebenden," als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom , G 23/07-7 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles § 1 Abs. 1 Z 2 des Bundesgesetzes vom betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955), BGBl. 141, als verfassungswidrig auf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.
Der Beschwerdefall bildet einen Anlassfall für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, dass die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.
Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Abgabenbescheid auf diese die Abgabenvorschreibung tragende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am