VwGH vom 10.10.2012, 2009/18/0491
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des XX in W, vertreten durch Mag. Oliver Ertl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/299.677/2009, betreffend Erlassung eines befristeten Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen chinesischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 iVm Abs. 2 und § 60 Abs. 2 Z 8 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am nach Österreich gelangt und habe am einen Asylantrag gestellt. Die in zweiter Instanz mit erfolgte Abweisung des Asylantrages sei durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2008/01/0738, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Dem Beschwerdeführer komme somit die Stellung als Asylwerber zu.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom sei der Beschwerdeführer im Wesentlichen wegen diverser Urkundendelikte zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Dem liege zu Grunde, dass er in einer Zeitung ein Inserat "EU-Aufenthaltsberechtigung ohne Probleme zu bekommen" unter Angabe einer Telefonnummer eingeschaltet, anderen gefälschte Reisepässe verschafft, sich selbst anlässlich einer Polizeikontrolle mit einem gefälschten Reisepass ausgewiesen, eine in einer gefundenen Geldbörse enthaltene Bankomatkarte eingesteckt, einen Schülerausweis weggeworfen und sich die in der Geldbörse befindlichen EUR 8,-- zugeeignet sowie vorsätzlich die gutgläubige Herstellung einer E-Card bewirkt habe, mit der er ärztliche Leistungen in Anspruch genommen habe.
Der Beschwerdeführer sei sowohl am als auch am von Organen der Abgabenbehörden bei der Kontrolle von Lokalen in S bei Tätigkeiten als Koch betreten worden. Eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) sei jedoch nicht vorgelegen.
Der Vorwurf unerlaubter Beschäftigung sei vom Beschwerdeführer unwidersprochen geblieben, sodass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG erfüllt sei. Der Beschwerdeführer habe keine Angehörigen im Bundesgebiet, sei ledig und ohne Sorgepflichten. Mit Blick auf den jahrelangen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei von einem gewissen, mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich insbesondere dem Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und dem wirtschaftlichen Wohl des Landes als dringend geboten zu erachten sei, weil der Beschwerdeführer mehrfach bei einer unerlaubten Beschäftigung betreten und außerdem wegen einer ganzen Reihe von Delikten strafrechtlich verurteilt worden sei.
Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 Abs. 2 FPG sei zu berücksichtigen, dass eine aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers allenfalls ableitbare Integration insofern relativiert werde, als der gesamte Aufenthalt des Beschwerdeführers nach den Bestimmungen des Asylgesetzes lediglich geduldet sei. Trotz des mehr als fünfjährigen Aufenthaltes könne eine relevante Integration des Beschwerdeführers nicht erkannt werden, bestünden doch weder familiäre Bindungen noch eine Integration in den heimischen Arbeitsmarkt. Zudem werde eine allfällige, bestenfalls rudimentäre Integration durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers relativiert. Die Schulausbildung und prägenden Jahre der Sozialisation habe der Beschwerdeführer ebenso in China erfahren, wie er dort auch erstmals im Berufsleben agiert habe. In China verfüge er über intensive familiäre Bindungen zu seinen Eltern und einer Schwester. Den berechtigten, aber relativierten und geminderten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet stehe das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit gegenüber. Die Auswirkungen des Rückkehrverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als das in seinem Fehlverhalten gegründete hohe öffentliche Interesse an seinem Verlassen Österreichs und seinem Fernbleiben vom Bundesgebiet. Die Erlassung des Rückkehrverbotes erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG als zulässig. Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigungswürdiger Umstände habe von der Erlassung des Rückkehrverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können. Die Gültigkeitsdauer des Rückkehrverbotes mit fünf Jahren begründete die belangte Behörde damit, dass vor Ablauf dieser Frist nicht erwartet werden könne, dass die für die Erlassung des Rückkehrverbotes maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 62 Abs. 1 FPG i.d.F. BGBl. I Nr. 157/2005 kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt 1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder 2. anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung gilt als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere auch jene des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG, wenn ein Fremder von einem Organ der Abgabenbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG, der regionalen Geschäftsstelle oder der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen.
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, am und am von Organen der Abgabenbehörde bei Aushilfsarbeiten in Küchen von Chinarestaurants in S betreten worden zu sein, ohne dass die für diese Tätigkeit notwendige Bewilligung nach dem AuslBG vorlag.
Auf Grund der unerlaubten Tätigkeit hat der Beschwerdeführer das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Arbeit, die gegen die Regelungen des AuslBG erbracht wird, erheblich beeinträchtigt. Die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet daher keinen Bedenken (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0672, mwN).
Mit Blick auf § 66 FPG bringt der Beschwerdeführer vor, seit über fünfeinhalb Jahren in Österreich zu leben und zwischenzeitig gute Deutschkenntnisse erworben zu haben. Er "brenne" als junger, intelligenter Mensch darauf, sich in irgendeiner Art und Weise in der Gesellschaft zu betätigen, in der er lebe. Ein Schaden sei durch die unberechtigten Erwerbstätigkeiten nicht entstanden. Diese seien nicht Ausdruck seiner Missachtung für die österreichische Rechtsordnung, sondern vielmehr aus Verzweiflung über die erzwungene Untätigkeit geschehen. In China seien keine Familienmitglieder mehr aufhältig. Dieses Land habe er wegen Morddrohungen von Kredithaien gegen seine Eltern und die gesamte Familie verlassen müssen und er habe de facto seine Jugend in Österreich verbracht.
Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer jedoch nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der - auf Grund des Asylverfahrens nur vorläufig berechtigte - Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich wurde von der belangten Behörde ohnedies berücksichtigt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, verfügt über keine familiären Bindungen in Österreich und ist nicht in den heimischen Arbeitsmarkt integriert. Die Beurteilung der belangten Behörde, die Erlassung des Rückkehrverbotes erweise sich auch im Sinn des § 66 FPG als zulässig, begegnet selbst dann keinen Bedenken, wenn man das Fehlen von Familienmitgliedern in China und gute Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers berücksichtigt.
Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die Vernehmung des Beschwerdeführers trotz dahingehenden Beweisantrages in vorgreifender Beweiswürdigung unterlassen, trifft nicht zu, weil im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion kein Recht darauf besteht, von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0204, mwN). Im Übrigen hatte der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit, sich in seinen Stellungnahmen zur Mitteilung vom Ergebnis der Beweisaufnahmen und in der Berufung Parteiengehör zu verschaffen.
Da die Beschwerde somit unbegründet ist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-68828