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VwGH vom 12.04.2018, Ra 2016/04/0038

VwGH vom 12.04.2018, Ra 2016/04/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrat Dr. Kleiser und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-LF-14-0044, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung (mitbeteiligte Partei: C B in N, vertreten durch Dr. Stefan Gloss, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner, Mag. Christian Schweinzer, Mag. Georg Karl Burger und Dr. Peter Gloss, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 1. Mit Straferkenntnis vom legte die Revisionswerberin als zuständige Gewerbebehörde dem Mitbeteiligten zur Last, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der B Gesellschaft mbH zu verantworten, dass diese von 1. bis , von 28. bis sowie von bis ihr Gastgewerbe in der Betriebsart "Bar" in einer bestimmt bezeichneten Veranstaltungshalle, für die keine gewerbebehördliche Genehmigung vorliege, ausgeübt habe, und damit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben habe. Aus diesem Grund wurde über den Mitbeteiligten wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 700,- (Ersatzfreiheitsstrafe: 196 Stunden) verhängt.

2 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Beschwerde des Mitbeteiligten Folge, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

3 In der Begründung traf das Verwaltungsgericht die Feststellung, der Mitbeteiligte sei handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer der B GmbH. Diese verfüge über die gewerbebehördliche Genehmigung für das Gastgewerbe gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 in der Betriebsart "Bar". Das Unternehmen habe in den ersten beiden Tatzeiträumen jeweils Getränke im Rahmen eines Cateringvertrages im Auftrag eines weiteren Unternehmens an einen bestimmten Veranstaltungsort geliefert, wobei Mitarbeiter der B GmbH bei dieser Veranstaltung auch ausgeschenkt hätten. Im letzten Tatzeitraum habe die B GmbH Getränke für eine Veranstaltung geliefert. Eine Betriebsanlagengenehmigung liege für den Veranstaltungsort nicht vor.

4 In seinen rechtlichen Erwägungen ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Veranstaltungen wegen der angemeldeten Themen und der jeweiligen Dauer um besondere Veranstaltungen im Sinne des § 50 Abs. 1 Z 11 GewO 1994 handeln würde. Der Mitbeteiligte sei zur Ausübung des Gastgewerbes an den bestimmten Standorten berechtigt gewesen und habe daher das Recht, auch außerhalb seiner Betriebsstätte das Gastgewerbe im Rahmen von Veranstaltungen auszuüben. Der Ausschank von Speisen und Getränken bei den verfahrensgegenständlichen Veranstaltungen habe sich im Rahmen des § 50 Abs. 1 Z 11 GewO 1994 bewegt und sei dem Unternehmen des Mitbeteiligten daher erlaubt gewesen. Die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung liege daher nicht vor.

5 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision der belangten Behörde mit dem Antrag, dieses wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

6 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Revision zurück- in eventu abzuweisen.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 4.1. Die belangte Behörde bringt zur Zulässigkeit ihrer Amtsrevision vor, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob ein Gewerbetreibender alleine auf Grundlage des § 50 Abs. 1 Z 11 GewO 1994 eine Betriebsanlage betreiben dürfe, ohne für diese eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung nach § 81 GewO 1994 zu besitzen.

8 4.2. Entgegen der Ausführungen in der Amtsrevision hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2016/04/0128, auf dessen Begründung an dieser Stelle verwiesen werden kann, diese vorgebrachte Rechtsfrage bereits geklärt.

9 Da das angefochtene Erkenntnis jedoch von dieser Rechtsprechung abweicht, ist die vorliegende Amtsrevision zulässig und auch berechtigt.

10 4.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis Ra 2016/04/0128 ausgesprochen hat, handelt es sich bei § 50 Abs. 1 Z 11 GewO 1994 um eine Gewerbeausübungsvorschrift. Auch wenn diese Vorschrift eine inhaltliche Nähe zu jenen Regelungen aufweist, die für gewerbliche Betriebsanlagen gelten, sind die beiden Bereiche auf Grund ihres unterschiedlichen Regelungsgegenstandes nach der Systematik der Gewerbeordnung 1994 getrennt zu sehen und voneinander unabhängig zu beurteilen (vgl. dazu , wo zwischen den als Gewerbeausübungsvorschriften bei Ausübung des Gastgewerbes zu beachtenden Sperrzeiten und den betriebsanlagenrechtlichen Regelungen unterschieden wurde). Es ist daher betriebsanlagenrechtlich unerheblich, ob der Gastgewerbetreibende seine Tätigkeit auf der Grundlage des § 50 Abs. 1 Z 11 GewO 1994 ausgeübt hat.

11 Ausgehend davon erweist sich die gegenständlich vom Verwaltungsgericht zur Begründung vertretene Auffassung, wonach die dem vom Mitbeteiligten geführten Unternehmen im Rahmen der aufrechten gastgewerberechtlichen Genehmigung zukommenden Ausübungsberechtigung nach § 50 Abs. 1 Z 11 GewO 1994 auch allfällige betriebsanlagenrechtliche Anforderungen umfasse, als unzutreffend. Es kommt im vorliegenden Fall vielmehr sehr wohl darauf an, ob durch die ausgeübte gastgewerbliche Tätigkeit der Veranstaltungsort als gastgewerbliche Betriebsanlage betrieben wurde. Dabei ist bei der Prüfung der Frage der nicht nur vorübergehenden Entfaltung der gastgewerblichen Tätigkeit in Zusammenhang mit § 74 Abs. 1 GewO 1994 auf Art und Zweckbestimmung der betreffenden Einrichtungen Bedacht zu nehmen (vgl. zu den Beurteilungskriterien im Detail das bereits zitierte hg. Erkenntnis Ra 2016/04/0128, und ).

12 4.4. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016040038.L00

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