VwGH vom 25.09.2012, 2012/04/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS- 1-238/E8-2011, betreffend Übertretung der GewO 1994 (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der E. Ltd., Zweigniederlassung Österreich an einer näher angeführten Anschrift in B, zu verantworten, dass dieses Unternehmen das freie Gewerbe "Vermietung von Spielautomaten" zumindest vom 18. Mai bis ausgeübt habe, indem es in diesem Zeitraum ein Internetterminal mit integrierter Internet-Spielesoftware zu einem Preis von EUR 290,-- pro Monat an F.K. vermietet habe, obwohl die E. Ltd. nicht im Besitz der erforderlichen Gewerbeberechtigung gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 366 Abs. 1 Z. 1 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 verletzt, weshalb über sie eine Geldstrafe von EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden) verhängt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die von der E. Ltd. durchgeführte Vermietung eines Internetterminals mit integrierter Internet-Spielesoftware sei auf eigene Rechnung und Gefahr, mit Ertragserzielungsabsicht und regelmäßig erfolgt, weshalb alle Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinn des § 1 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt seien.
Da die ausgeübte gewerbsmäßige Tätigkeit nicht den Gegenstand eines reglementierten Gewerbes oder eines Teilgewerbes bilde, handle es sich um ein freies Gewerbe. Die Gewerbeordnung 1994 enthalte keine Liste der freien Gewerbe und definiere auch den Begriff des "Spielautomaten" nicht. Es sei daher nicht gerechtfertigt, den in der vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend herausgegebenen Liste der freien Unternehmenstätigkeiten enthaltenen Gewerbewortlaut "Vermietung von Spielautomaten" einschränkend auszulegen. Vielmehr spreche der Telos des § 5 Abs. 2 GewO 1994 dafür, dass der Begriff des "Spielautomaten" umfassend zu verstehen sei und auch Spielgeräte der gegenständlichen Art einschließe.
Zu dem (in der Berufung erstatteten) Vorbringen, die Bezirkshauptmannschaft B habe die Frage, ob bei Bereitstellen eines Internetterminals ein Gewerbeschein nötig sei, bereits einmal schriftlich verneint, führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe weder ein bestimmtes Schreiben der Behörde genannt noch - trotz entsprechender Aufforderung durch die belangte Behörde - vorgelegt. Die belangte Behörde könne daher nicht nachvollziehen, dass der Beschwerdeführerin die behauptete Rechtsauskunft erteilt worden sei, dies speziell auch deshalb nicht, weil es gerade die zuständige Abteilung der Bezirkshauptmannschaft B gewesen sei, die die verfahrenseinleitende Anzeige erstattet habe.
Schließlich begründete die belangte Behörde die von ihr nach § 19 VStG vorgenommene Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerde bestreitet die eingangs wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zu der von der E. Ltd. ausgeübten Tätigkeit und zur Geschäftsführerstellung der Beschwerdeführerin nicht, bekämpft aber die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung, wonach der festgestellte Sachverhalt unter § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 falle; bei dem gegenständlichen Internetterminal handle es sich nämlich nicht um einen Spielautomaten, dessen Vermietung tatsächlich unter den Begriff des freien Gewerbes falle. Für die gegenständliche Vermietung eines Internetterminals mit integrierter Internet-Spielesoftware sei hingegen eine Gewerbeberechtigung nicht erforderlich.
Die GewO 1994 gilt nach ihrem § 1 Abs. 1, soweit nicht die §§ 2 bis 4 GewO 1994 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten. Gemäß § 1 Abs. 2 erster Satz GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.
Ausgehend von den - insoweit von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen - Feststellungen des angefochtenen Bescheides begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, wonach die Tätigkeit der E. Ltd. in den Geltungsbereich der GewO 1994 fällt, keinen Bedenken.
Da diese Tätigkeit - die Vermietung eines Internetterminals samt integrierter Internet-Spielesoftware - weder als reglementiertes Gewerbe in § 94 GewO 1994 noch als Teilgewerbe in § 31 GewO 1994 ausdrücklich angeführt ist, stellt sie nach § 5 Abs. 2 erster Satz GewO 1994 ein freies Gewerbe dar.
Die Gewerbeordnung 1994 normiert gerade kein geschlossenes System gewerblicher Berufstätigkeiten, weshalb sie auch keine taxative Liste der freien Gewerbe vorsieht, zumal die Entstehung neuer Gewerbe rechtlich ohne Weiteres zulässig sein und diese Entwicklungsmöglichkeit durch den Gesetzgeber nicht eingeschränkt werden soll. Die vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend veröffentlichte "Liste der freien Unternehmenstätigkeiten" erhebt daher gerade keinen Anspruch auf Vollständigkeit ( Grabler/Stolzlechner/Wendl , GewO3 § 5 Rz 12).
Da die E. Ltd. somit ein freies Gewerbe ausübt, allerdings - wiederum unstrittig - die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung nicht besitzt, hat die belangte Behörde zutreffend eine Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 angenommen.
Die Beschwerde behauptet im Weiteren, die belangte Behörde hätte einen Schuldausschließungsgrund zugunsten der Beschwerdeführerin annehmen müssen, weil die Bezirkshauptmannschaft B in einem (mit der Beschwerde vorgelegten) Schreiben vom mitgeteilt habe, die "Bereitstellung von Internetterminals" unterliege "nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung".
Nach Ausweis der Verwaltungsakten forderte die belangte Behörde aufgrund eines Hinweises in der Berufung auf eine derartige schriftliche Auskunft der Bezirkshauptmannschaft B die Beschwerdeführerin anlässlich der Ladung zur Verhandlung auf, das erwähnte Schreiben "spätestens bei der Verhandlung vorzulegen". Eine solche Vorlage unterblieb; Beschwerdeführerin und Beschwerdeführervertreter nahmen an der Verhandlung nicht teil.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/16/0228, mwN) nicht davon ausging, dass der Beschwerdeführerin die behauptete Rechtsauskunft erteilt worden sei.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am