VwGH vom 18.09.2007, 2007/16/0083
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde 1. des MM und
2. der AM, beide in M und vertreten durch Dr. Klaus Weber, Rechtsanwalt in 5730 Mittersill, Kirchgasse 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zl. Jv 4369 - 33/2006 - 5, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über Antrag der beschwerdeführenden Parteien wurde vom Bezirksgericht Mittersill am ob den den beschwerdeführenden Parteien gehörenden Anteilen an den näher bezeichneten Liegenschaften für die Darlehenssicherung die Einverleibung von Pfandrechten vollzogen.
Mit Zahlungsaufträgen vom schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Mittersill den beschwerdeführenden Parteien die Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG von EUR 7,--, die Eingabengebühr nach TP 9 lit. a GGG von je EUR 39,--, den Mehrbetrag nach § 31 Abs. 1 GGG von je EUR 19,50 sowie die Eintragungsgebühren nach TP 9 lit. b Z 4 GGG von EUR 2.143,--, EUR 471,--, EUR 227,-- und EUR 2.143,-- zur Zahlung vor.
In dem dagegen eingebrachten Berichtigungsantrag brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, die Wohnfläche hätte in der Wohnung in einem Reihenhaus 130 m2 nicht überschritten. Ihr Haus hätte eine Wohnfläche von 90 m2 und zusätzlich gebe es noch einen Dachboden, der aber nicht "sonderlich" ausbaufähig sei. Dort gebe es ein Vorhaus mit ca. 8 m2, ein Stiegenhaus mit ca. 4 m2, drei Dachböden, einen mit ca. 3 m2, einen mit ca. 7 m2 und einen mit ca. 13 m2. Dachschrägen seien bei diesen Quadratmeterangaben bereits abgezogen worden. Ein Raum mit 13 m2 sei ausbaufähig und in diesem werde in nächster Zukunft ein Kinderzimmer oder "sonstiger Raum" eingerichtet. Nach Abzug der Flächen für Vorhaus, Stiegenhaus und die Dachböden errechne sich eine Fläche von ca. 13 m2 für einen ausbaufähigen Raum. Wenn nun zur Wohnfläche von 90 m2 noch ca. 13 m2 für das Dachgeschoß gerechnet würden, sei damit die Wohnfläche von 130 m2 nicht überschritten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag ab; dies mit der Begründung, im Ermittlungsverfahren sei aus den von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Lichtbildern und durch Einsichtnahme in den Bauakt festgestellt worden, dass die Wände im Dachboden verputzt und teilweise ausgemalt, die Böden mit Bodenbelägen versehen, die Dachschräge mit Holz vertäfelt und damit der Ausbau des Dachbodens zur Gänze vorgenommen worden sei. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei den beschwerdeführenden Parteien zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Innerhalb der offenen Frist hätten die beschwerdeführenden Parteien eine Ablichtung des Einreichplanes und der Raumaufteilung ohne Flächenangaben vorgelegt. Dazu hätten die beschwerdeführenden Parteien erklärt, dass der Vorhalt über die verputzten Wände und teilweise Färbelung richtig sei und hätten weiters erklärt, es sei die Stirnseite des Dachgeschoßes mit Fermacelplatten zur Kälteisolierung versehen worden. Ein Bodenaufbau bzw. Bodenbeläge wären nur im Vorhaus und im Kinderzimmer vorhanden. In den Dachbodenräumen befänden sich Raubetonböden, also seien diese Räume nicht als Wohnräume nutzbar. Die Dachschrägen seien nicht mit Holz vertäfelt worden, sondern es handle sich um einen Sichtdachstuhl. Es sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass nur das Kinderzimmer als Wohnraum nutzbar wäre, weil nur dieses mit Dachschrägenfenster ausgestattet sei. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass die Dachschrägen zu einer starken Einschränkung der Wohnraumnutzung führten.
Aus den vorgelegten Lichtbildern sei unzweifelhaft ersichtlich, dass die Dachschrägen mit Holz verkleidet seien. Die Tatsache, dass es sich dabei um einen Sichtdachstuhl handle, sei insoweit unerheblich, als beispielsweise der als Kinderzimmer eingeplante Raum denselben Sichtdachstuhl aufweise. Jener Raum, der offenbar noch keinen Bodenbelag aufweise, sei - aus dem Lichtbild klar und deutlich erkennbar - bereits mit Heizleitungen ausgestattet. Auch seien die Dachböden nicht mit brandhemmenden Türen (T 30) ausgestattet, sondern mit normalen Wohnraumtüren. Die Räume im Dachboden seien daher ihrer Ausstattung nach für Wohnzwecke geeignet. Die tatsächliche Nutzung sei für die Beurteilung der Gebührenbefreiung unerheblich. Auch im Wohnungsverband befindliche Abstellräume seien beispielsweise der Wohnnutzfläche hinzuzurechnen, weil sie den tatsächlich genutzten Wohnraum entlasteten.
Die beschwerdeführenden Parteien gingen jedenfalls fehl in ihrer Annahme, dass der Vorraum nicht in die Nutzfläche einzurechnen sei, ebenso seien Flächen, die durch die Dachschräge nur einer eingeschränkten Nutzung zugänglich seien, nicht in Abzug zu bringen. Der als Kinderzimmer geplante Raum weise daher eine Nutzfläche von 19,8 m2 auf, der Vorraum 7,11 m2, das Podest 1,16 m2, der größere der beiden Dachbodenräume 9,6 m2 und der kleinere 3,40 m2. Diese Flächen seien eben auf Grund der Raumausstattung der Wohnnutzfläche hinzuzurechnen, sodass sich jedenfalls eine über 130 m2 liegende Wohnnutzfläche ergebe. Aus der Zusicherung einer Förderung durch das Amt der Salzburger Landesregierung sei ersichtlich, dass nicht mehr als fünf Personen im gemeinsamen Haushalt lebten. Zusammengefasst lägen daher nicht alle materiellen Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht auf Unterbleiben der Gebührenvorschreibung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die beschwerdeführenden Parteien erstatteten eine Replik zur Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 sind Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt.
Als Wohnnutzfläche gilt grundsätzlich die gesamte Bodenfläche (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 94/16/0283). Ausgenommen von der Einbeziehung in die Nutzfläche sind nur Keller- und Dachbodenräume, und zwar nur dann, wenn diese nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind.
Der Begriff der Nutzfläche ist dabei ungeachtet des Umstandes, dass § 2 WFG nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, nach § 2 Z 7 WFG 1984 in der ursprünglichen Fassung auszulegen. Nach dieser Bestimmung war als Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen) anzusehen; Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, Treppen, offene Balkone, Terrassen sowie für landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume innerhalb einer Wohnung sind bei Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0009).
Auch Räumlichkeiten zur Aufbewahrung von Kleidung und Wäsche dienen menschlichen Wohnzwecken. Solchen Räumen kommt die Bedeutung zu, den Wohnraum im engeren Sinn zu entlasten. Dem Umstand, dass ein Raum kein Tageslicht hat, kommt dabei keine Bedeutung zu, zumal auch sonst - im Wohnungsverband gelegene - Abstellräume bei der Nutzflächenberechnung zu berücksichtigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/16/0043).
Die Angaben der beschwerdeführenden Parteien und der belangten Behörde über das Ausmaß der einzelnen Nutzflächen der Dachgeschoßräume sind unterschiedlich. Die belangte Behörde ist ohne Durchführung weiterer Erhebungen offensichtlich auf Grund der vorgelegten Pläne zu den Quadratzentimeter genauen Berechnungen der Wohnnutzfläche dieser Räume gekommen. Nach diesen Berechnungen werden die 130 m2 Nutzfläche der Wohnung um 1,07 m2 überschritten.
Die Ausstattung mit "normalen" Wohnungstüren anstelle von brandhemmenden Türen allein ist nicht ausreichend dafür, dass davon ausgegangen werden kann, dass ein Dachboden mit einer Ausstattung für Wohnzwecke vorliegt. Andererseits kann ein Sichtdachstuhl auch in einem für Wohnzwecke geeigneten Raum vorhanden sein.
Um beurteilen zu können, ob alle Räume des Dachgeschoßes tatsächlich zur Wohnnutzfläche zählen, sind weitere nachvollziehbare Feststellungen über die tatsächliche Ausstattung dieser Räume erforderlich; allein auf Grund der vorliegenden Fotos auf die Ausstattung aller Dachgeschoßräume zu schließen, war im Beschwerdefall nicht ausreichend. Es ist erforderlich, die für die Entstehung des Gebührenanspruches maßgebliche Ausstattung der einzelnen Räume zu erheben und festzustellen, ob diese über solche für Wohnnutzflächen typischen Einrichtungen verfügen. Überdies wird vor Ort nachzuprüfen sein, ob die Wohnnutzflächen der Räume des Dachgeschoßes nach den vorgenommenen Isolierungen der Außenmauern und den sonstigen Ausbauten tatsächlich 40 m2 übersteigen.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass nach Durchführung dieser Ermittlungen die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Auf Grund der Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am