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VwGH vom 21.11.2007, 2004/13/0144

VwGH vom 21.11.2007, 2004/13/0144

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der C G.m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Harald Strowenz, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Schopenhauerstraße 39/1/5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2019-W/02, betreffend Körperschaftsteuer für 1995 bis 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gesellschaft m.b.H. (Beschwerdeführerin) betrieb ein Unternehmen mit dem Gegenstand v.a. des Handels mit Waren aller Art, insbesondere mit Büroorganisationsmitteln, Ablagesystemen, Informationssystemen, Bürobedarfsartikeln und EDV-Zubehör, und der Wartung und des Service der genannten Produkte.

Mit einer als Kaufvertrag überschriebenen Vereinbarung vom erwarb die Beschwerdeführerin von der E. GesmbH als Verkäuferin, welche nach § 1 der Vereinbarung mit Organisationsmitteln und Organisationssystemen handelte und Maschinen und Geräte zum Zweck der Rationalisierung und Automatisation an einen bestimmten Kundenstamm vertrieb, "die Gesamtheit der Namen und Adressen dieses mit der Verkäuferin in Geschäftsbeziehung stehenden Kundenstammes, also die Kundenkartei", um den in § 5 der Vereinbarung mit 130.000 DM festgelegten Kaufpreis. Die Verkäuferin verpflichtete sich nach § 3 der Vereinbarung, die Namen und Anschriften der Kundenkartei an keinen Dritten weiterzugeben und mit dem Tag der Übergabe und Übernahme (laut § 2 der Vereinbarung der ) diese für eigene Geschäfte nicht mehr zu benützen. Die Verkäuferin verpflichtete sich weiters, sämtliche Disketten im Zusammenhang mit dem Kaufgegenstand einschließlich der Debitorensaldenliste an die Käuferin zu übergeben und ab alle bei ihr einlangenden Bestellungen an die Beschwerdeführerin weiterzuleiten.

Die Beschwerdeführerin aktivierte den Kaufgegenstand in ihren Vermögensübersichten der Folgejahre und setzte bei der Gewinn- und Verlustrechnung unter der Bezeichnung "planm. Abschreibung des Firmenwertes" jeweils 183.200 S als Betriebsausgaben an.

Als Ergebnis einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung hielt die Prüferin in ihrem Bericht (Tz 15 "Firmenwert") fest, das im Jahr 1992 von der E. GesmbH angekaufte Anschriftenmaterial sei von der Beschwerdeführerin auf fünf Jahre abgeschrieben worden. Die E. GesmbH als Hauptlieferant der Beschwerdeführerin habe damals unter allen Umständen ihre Zweigniederlassung in Österreich auflösen und verkaufen wollen, wobei der Wert des Unternehmens hauptsächlich in der Kundenkartei bestanden habe. Der aufgelaufene Kaufpreis in Höhe von netto 916.000 S sei vom Zeitpunkt des Kaufes (September 1992) an in Form einer Absetzung für Abnutzung (AfA) auf der Grundlage einer fünfjährigen Nutzungsdauer abgeschrieben worden. Gemäß § 8 EStG 1988 sei der Firmenwert jedoch gleichmäßig verteilt auf 15 Jahre abzuschreiben, was eine jährliche Abschreibung von 61.067 S ergebe. Die sich aus der Absetzung für Abnutzung für die Streitjahre 1995 bis 1997 ergebenden Unterschiedsbeträge zu der jeweiligen AfA erhöhten die jährlich erklärten Gewinne.

Gegen die den Feststellungen der Prüferin folgenden Bescheide des Finanzamtes über die Festsetzung der Körperschaftsteuer für die Streitjahre 1995 bis 1997 berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, der Kauf einer Adressdatei sei als Firmenwert behandelt worden, bilde jedoch kein selbständiges Wirtschaftsgut. Der Firmenwert sei der Unterschiedsbetrag zwischen Aktiva und Passiva beim Erwerb eines Betriebes oder Teilbetriebes. Dies sei jedoch mangels Überganges des Warenlagers im Beschwerdefall nicht gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens und auszugsweiser Wiedergabe der §§ 6 bis 8 EStG 1988 stellte die belangte Behörde fest, der Wert der Zweigniederlassung der E. GesmbH in Österreich habe hauptsächlich in der Kundenkartei bestanden. Auf Grund der Verkaufsabsichten des Hauptlieferanten sei die Beschwerdeführerin gezwungen gewesen, das Adressmaterial, also den Kundenstock ihres Lieferanten, zu kaufen, um künftige Umsatzausfälle vermeiden zu können. Steuerlich habe die Beschwerdeführerin den Erwerb des Kundenstockes, welcher den hauptsächlichen Wertfaktor "der Firma" dargestellt habe, als Firmenwert behandelt. Das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argument, der Firmenwert der Adressdatei sei kein selbständiges Wirtschaftsgut, könne ihr nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Beschwerdeführerin selbst behauptet habe, kein Warenlager, sondern den hauptsächlichen Firmenwert, eine Adressdatei, übernommen zu haben. Der Firmenwert bestehe aus einzelnen Firmenwertfaktoren, darunter dem Kundenstock, auf welche die Vorschriften über den Firmenwert zur Anwendung kämen. Daher sei der Absetzung für Abnutzung der vom Gesetzgeber vorgesehene 15-jährige Abschreibungszeitraum zu Grunde zu legen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Firmenwert ist jener Wert zu verstehen, der nicht einzelnen betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgütern zugeordnet werden kann, sondern sich als Mehrwert über den Substanzwert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter ergibt, also durch den Betrieb des Unternehmens im Ganzen vermittelt wird (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 96/13/0040, VwSlg. 7.449/F, und vom , 2001/14/0221).

Der Firmenwert besteht aus den einzelnen Firmenwertfaktoren, wie etwa dem Kundenstock, den Vertriebsrechten, der innerbetrieblichen Organisation, dem Bekanntheitsgrad des Unternehmens, der Qualität der Mitarbeiter. Dass einzelne dieser Firmenwertfaktoren, insbesondere der Kundenstock, Gegenstand eines Verkaufes ohne eine Veräußerung eines Betriebes oder Teilbetriebes sein können, hat der Gerichtshof in seinen Erkenntnissen etwa vom , 98/14/0128, und vom , 2004/15/0033, sowie in seinem die Umsatzsteuer betreffenden Erkenntnis vom , 2004/15/0017, angenommen.

Steuerlich wird davon ausgegangen, dass ein Firmenwert nicht nur bei Übernahme eines Unternehmens erworben werden kann, sondern auch Zahlungen an ein weiterbestehendes Unternehmen, etwa für die Übertragung des Kundenstammes, für den Erwerb einer Konzession usw. als Firmenwert zu aktivieren sind (vgl. etwa Ruppe, Immaterielle Wirtschaftsgüter, speziell Firmenwert, nach der Steuerreform, in GesRZ 1988, 186 ff, insbesondere 190).

Werden sohin der Kundenstock oder andere Firmenwertfaktoren getrennt erworben, sind auf sie die Vorschriften über den Firmenwert anzuwenden (vgl. Doralt, EStG I6, Tz 48 zu § 8, sowie Hofians, Unkörperliche Wirtschaftsgüter und Geschäfts(Firmen)wert, in Lang/Schuch/Steininger, Handbuch des Bilanzsteuerrechts, 345).

Nach § 6 Z 1 EStG 1988 gilt bei Land- und Forstwirten und bei Gewerbetreibenden der Firmenwert als abnutzbares Anlagevermögen.

Gemäß § 8 Abs. 3 EStG 1988 sind die Anschaffungskosten eines Firmenwertes bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und bei Gewerbebetrieben gleichmäßig verteilt auf 15 Jahre abzusetzen.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, Gegenstand des erwähnten Kaufvertrages sei "die Gesamtheit der Namen und Adressen dieses mit der Verkäuferin in Geschäftsbeziehung stehenden Kundenstammes, also die Kundenkartei" gewesen. Auf Grund der langjährigen Geschäftsbeziehung der Beschwerdeführerin zur E. GesmbH sei der Beschwerdeführerin ein Großteil der Kundenkartei bekannt gewesen. Der Wert für die Beschwerdeführerin sei nicht so sehr in der Gewinnung neuer Umsatzpotentiale, sondern darin gelegen, dass diese Adressen nicht an die Konkurrenz hätten weitergegeben werden dürfen. Die Umsatzentwicklung in den Jahren 1992 bis 1997, welche von rund 6,800.000 S auf rund 4,400.000 S fallende Umsätze aufweise, unterstreiche die Kurzlebigkeit von Adressmaterial und die Notwendigkeit einer kürzeren Abschreibungsdauer.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, welcher sich auf die zwingende Vorschrift des § 8 Abs. 3 EStG 1988 stützte. Auch im Falle eines Betriebserwerbes bestimmte § 8 Abs. 3 leg. cit. eine 15-jährige Nutzungsdauer unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am