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VwGH vom 08.11.2012, 2012/04/0036

VwGH vom 08.11.2012, 2012/04/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in 1010 Wien, Stubenring 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-07/S/4/82/2011- 7, betreffend Übertretungen des ASchG bei einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: X in Y, vertreten durch Dr. Christian Kuhn Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Elisabethstraße 22; weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid wird im angefochtenen Umfang (Einstellung des Strafverfahrens gegen den Mitbeteiligten in Spruchpunkt III.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

I.

Aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 1. Aufsichtsbezirk leitete der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk (MBA), gegen den Mitbeteiligten ein Verwaltungsstrafverfahren ein und übermittelte ihm - soweit beschwerderelevant - am folgende (mit datierte) Aufforderung zur Rechtfertigung (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen Berufener der N GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der W GmbH Co KG ist, zu verantworten, dass in der Betriebsstätte der arbeitgebenden W GmbH Co KG in … Wien … am 23. Feber 2009

C: für die im ersten Stockwerk befindliche Türe mit der Bezeichnung 'Kundeneingang' als Verbindung zum Stiegenhaus und in weiterer Folge zur Abteilung 'Produktion' kein Nachweis über die normgemäße Ausführung als Brandschutztüre vorgelegt werden konnte und die Türe weder selbstschließend eingerichtet noch ihre normgemäße Ausführung erkennbar war und im Schloss der Zylinder fehlte,

Verwaltungsübertretung nach:

ad C: Auflagen 1 und 2 des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 3. Bezirk vom , MBA 3 - BA 7980/92"

Mit Straferkenntnis des MBA vom wurde über den Mitbeteiligten mit gleichlautendem Spruch wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 2 ASchG iVm den Auflagen 1 und 2 des Bescheides des MBA vom , MBA 3 - BA 7980/92, zu Punkt C) eine Geldstrafe von EUR 1.130,00, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen und 18 Stunden verhängt.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - soweit beschwerderelevant - mit Spruchpunkt III. der Berufung des Mitbeteiligten gegen Punkt C) des angeführten Straferkenntnisses des MBA vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.

Begründend führte die belangte Behörde zu diesem Ausspruch im Wesentlichen aus, das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren stütze sich auf eine Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 1. Aufsichtsbezirk vom . Dem Mitbeteiligten seien die zur Anzeige gebrachten Verwaltungsübertretungen - wie im nachfolgenden Straferkenntnis - mit Aufforderung zur Rechtfertigung zur Last gelegt worden.

Im Hinblick auf die durch § 130 Abs. 2 ASchG gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Geboten und Verboten bedürfe es im Spruch eines auf diese Strafnorm gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen. Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen reiche nicht aus (Hinweis auf hg. Rechtsprechung zu § 367 Z. 25 GewO 1994).

Diesen in der angeführten hg. Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen sei im angefochtenen Straferkenntnis nicht entsprochen worden, da die vorgeschriebene Auflage nicht wörtlich angeführt worden sei, weshalb dieser Punkt "zur Einstellung zu bringen" gewesen sei.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, die im Wesentlichen vorbringt, es sei unzutreffend, dass - wie von der belangten Behörde offenbar vertreten - das Sprucherfordernis des § 44a VStG (der wörtlichen Anführung der Auflage) auch an eine verjährungsunterbrechende Verfolgungshandlung zu stellen sei.

Auch handle es sich beim Wortlaut der übertretenen Rechtsvorschrift (im Beschwerdefall der Bescheidauflage) um eine rechtliche Qualifikation, die ohne Einfluss auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung sei.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in seinen wesentlichen Umständen jenem, der mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/04/0020, entschieden worden ist. Auf dessen Entscheidungsgründe wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Auch im vorliegenden Beschwerdefall wurde in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom der Tatort und die Tatzeit präzisiert sowie der Tatvorwurf gegen den Mitbeteiligten unter Bezugnahme auf die ausdrücklich angeführten Auflagen 1 und 2 des Bescheides vom ausreichend konkretisiert.

Dass in der Tatbeschreibung die ÖNORM B 3850 nicht ausdrücklich angeführt wurde, schadet dabei nicht: Ausgehend von den bei der Tatumschreibung anzustellenden Rechtsschutzüberlegungen (vgl. zu diesen Punkt 2. des obzitierten Erkenntnisses vom , mwN) ist es ausreichend, wenn in der Tatumschreibung darauf abgestellt wurde, dass kein Nachweis über die normgemäße Ausführung als Brandschutztüre vorgelegt werden konnte und die Türe weder selbstschließend eingerichtet noch ihre normgemäße Ausführung erkennbar war. Mit den beiden Auflagen des Bescheides vom wurde nämlich vorgeschrieben, dass die dort näher genannten Türen "brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen" sind und als Nachweis "für die normgemäße Ausführung der Brandschutzabschlüsse (T 30)" näher genannte Prüfberichte zur Einsichtnahme durch behördliche Organe bereitzuhalten sind, soweit diese Abschlüsse nicht entsprechend der ÖNORM B 3850 bzw. B 3855 gekennzeichnet sind. Durch die oben wiedergegebene Tatumschreibung in der Verfolgungshandlung wurde der Mitbeteiligte (fallbezogen) in die Lage versetzt, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, geht es doch leicht erkennbar um die normgemäße Ausführung als Brandschutztüre und den Nachweis dieser Ausführung. Weiters ist die Tatumschreibung geeignet, den Mitbeteiligten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch dargestellten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am

Fundstelle(n):
DAAAE-68745