VwGH vom 17.06.2014, 2012/04/0032
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2012/04/0034
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerden des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger in Wien, vertreten durch die Höhne, In der Maur Partner Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 20, gegen die Bescheide des Bundesvergabeamtes 1. vom , Zlen. F/0002- BVA/13/2011-69, F/0007-BVA/13/2011-3, F/0008-BVA/13/2011-3, F/0009- BVA/13/2011-3 (protokolliert zur hg. Zl. 2012/04/0032), sowie
2. vom , Zlen. F/0011-BVA/13/2011-37, F/0012- BVA/13/2011-18, F/0013-BVA/13/2011-18 (protokolliert zur hg. Zl. 2012/04/0034), jeweils betreffend vergaberechtliche Feststellungsverfahren (weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft; mitbeteiligte Partei:
M GmbH in I, vertreten durch die Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Spruchpunkte III., IV. und V. des erstangefochtenen Bescheides sowie Spruchpunkt I. des zweitangefochtenen Bescheides werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Spruchpunkt VI. des erstangefochtenen Bescheides sowie Spruchpunkt II. des zweitangefochtenen Bescheides werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.652,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Schreiben vom , das Bundesvergabeamt (im Folgenden: Behörde) möge gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006 feststellen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durch die Auftraggeberin (= Beschwerdeführerin in den gegenständlichen Verfahren) im Zusammenhang mit der Umsetzung des Projekts e-Medikation wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hiezu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig gewesen sei. Weiters wurde beantragt, die Behörde möge den Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und der Pharmazeutischen Gehaltskasse für Österreich (P G) betreffend die Umsetzung des Projekts e-Medikation für absolut nichtig erklären.
Im Zuge der in diesem Feststellungsverfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung vom gab die Beschwerdeführerin an, dass im Zusammenhang mit dem Projekt e-Medikation von ihr - neben dem am mit der P G abgeschlossenen Vertrag - noch drei weitere Verträge abgeschlossen worden seien, nämlich jeweils am mit der C GmbH und der I GmbH sowie am mit der IB GmbH.
Mit Schreiben vom beantragte die mitbeteiligte Partei daraufhin zum einen die Feststellung, dass die Durchführung der Vergabeverfahren betreffend die Umsetzung des Systems e-Medikation mit diesen drei Unternehmen (C GmbH, I GmbH und IB GmbH; im Folgenden: Arztsoftwarehersteller) rechtswidrig gewesen sei, und zum anderen die Nichtigerklärung der zwischen der Beschwerdeführerin und den drei Arztsoftwareherstellern abgeschlossenen Verträge.
2. Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom wies die Behörde den Antrag der mitbeteiligten Partei vom auf Feststellung, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung betreffend die Umsetzung des Systems e-Medikation mit der P G rechtswidrig gewesen sei, zurück (Spruchpunkt I.) und einen diesbezüglich gestellten Antrag der mitbeteiligten Partei vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG ab (Spruchpunkt II.). Unter den Spruchpunkten III. bis V. gab die Behörde den weiteren Feststellungsanträgen der mitbeteiligten Partei vom jeweils statt und stellte fest, dass die von der Beschwerdeführerin durchgeführten Vergabeverfahren, welche mit dem Zustandekommen von Verträgen mit den drei Arztsoftwareherstellern endeten, rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt worden seien. Die genannten Verträge (vom bzw. vom ) wurden nur insoweit aufgehoben, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertminderung rückstellbar seien. Angesichts des Absehens von der Nichtigerklärung der Verträge wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, drei Geldbußen in Höhe von EUR 10.000,--, EUR 9.000,-
- und EUR 5.000,-- zu bezahlen. Weiters wurde dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Pauschalgebührenersatz teilweise stattgegeben (Spruchpunkt VI.).
2.1. Die Behörde stellte zunächst zusammengefasst das Vorbringen der Parteien in den Feststellungsverfahren sowie die Ergebnisse der am und am durchgeführten mündlichen Verhandlung dar. In ihren Sachverhaltsfeststellungen gab sie die wesentlichen Inhalte der von der Beschwerdeführerin mit den drei Arztsoftwareherstellern abgeschlossenen Verträge über die Durchführung eines Pilotbetriebs e-Medikation (von der Behörde als Arztsoftwareherstellerverträge bezeichnet) wieder. Diese Verträge seien bereits - in unterschiedlichem Ausmaß - in Vollzug gesetzt worden.
2.2. Die Zurückweisung des Feststellungsantrages betreffend den zwischen der Beschwerdeführerin und der P G am abgeschlossenen Vertrag begründete die Behörde mit der Versäumung der in § 332 Abs. 3 BVergG 2006 angeführten sechsmonatigen Frist. Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages verwies sie darauf, dass es sich bei der Antragsfrist des § 332 BVergG 2006 um eine materiell-rechtliche Frist handle, weshalb eine Wiedereinsetzung nicht möglich sei.
2.3. Hinsichtlich der weiteren Feststellungsanträge der mitbeteiligten Partei ging die Behörde zunächst auf das Argument der Beschwerdeführerin ein, dass es der mitbeteiligten Partei an der Antragslegitimation mangle. Dazu führte die Behörde aus, mangels Ausschreibungsunterlagen könne nicht festgestellt werden, welche Eignungsanforderungen im Fall der Durchführung eines Vergabeverfahrens an die mitbeteiligte Partei zu stellen gewesen wären. Weiters verwies die Behörde auf die Regelung des § 76 BVergG 2006, wonach sich ein Bieter zum Nachweis der erforderlichen Leistungsfähigkeit oder Befugnis auf die Kapazitäten anderer Unternehmer stützen könne. Da den Geschäftszweig der mitbeteiligten Partei "die strukturierten elektronischen Daten der offiziellen Arzneimittelinformation inklusive des offiziellen Gesamttextes der österreichischen Fachinformation und deren internationale Verlinkung mit deutschsprachigen Softwarelösungen zur Evaluierung und Optimierung der Arzneimittelsicherheit" bildeten, sei es plausibel, dass die mitbeteiligte Partei ein Interesse am Abschluss der verfahrensgegenständlichen Arztsoftwareherstellerverträge habe und dass ein Schaden iSd § 331 Abs. 1 BVergG 2006 gegeben sei. Die Antragslegitimation sei daher zu bejahen.
2.4. Dem Argument der Beschwerdeführerin, es handle sich vorliegend nur um Förderverträge (zugunsten der Ärzte) und nicht um die Beschaffung von Dienstleistungen, hielt die Behörde entgegen, dass die Vertragspartner der Beschwerdeführerin (die Arztsoftwarehersteller) für ihre Leistung ein marktkonformes Entgelt erhielten, weshalb eine Beschaffung von Leistungen iSd § 1 Abs. 1 BVergG 2006 vorliege. Weiters gelangte die Behörde zur Auffassung, dass für die Ermittlung des Auftragswertes die drei Aufträge an die Arztsoftwarehersteller (die alle der Durchführung des Pilotprojekts e-Medikation dienten und die daher ein einheitliches Vergabevorhaben bildeten) zusammenzurechnen seien und dass es sich vorliegend um Dienstleistungsaufträge im Oberschwellenbereich handle.
2.5. Betreffend die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung setzte sich die Behörde mit dem Argument der Beschwerdeführerin auseinander, wonach die Ausnahmebestimmung des § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 (Vorliegen von technischen Gründen oder von Ausschließlichkeitsrechten) anwendbar sei. Dazu verwies sie auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , G 113/08), wonach die bloße Berufung auf einen Ausnahmetatbestand nicht reiche, sondern der Auftraggeber das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes zu beweisen habe. Dieser Beweis sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, zumal sie selbst im Verfahren eine Liste vorgelegt habe, in der einige Dutzend andere geeignete Arztsoftwarehersteller aufgezählt seien. Es sei nicht nachvollziehbar, warum man diesen und anderen Interessenten nicht im Rahmen eines Vergabeverfahrens die Abgabe eines Angebotes ermöglicht habe. Zudem habe die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es auch eine andere technische Möglichkeit (für die Umsetzung des Projekts e-Medikation), nämlich über einen Webbrowser, gegeben hätte.
2.6. Im Zusammenhang mit der beantragten Nichtigerklärung der Verträge ging die Behörde davon aus, dass die bereits erbrachten Dienstleistungen (Erzeugung und Verteilung eines Software-Moduls sowie Betreuung der Kunden) nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden könnten, weshalb die Verträge nur soweit aufgehoben würden, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen ohne Wertminderung rückstellbar seien. Da von einer Nichtigerklärung somit abgesehen worden sei, seien Geldbußen zu verhängen gewesen. Diesbezüglich ging die Behörde davon aus, dass es sich bei der vorliegenden rechtswidrigen Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung um einen schweren Verstoß gegen das BVergG 2006 handle, wobei die Gesetzwidrigkeit einem sachkundigen öffentlichen Auftraggeber hätte auffallen müssen. Im Sinn einer Verhängung von wirksamen, angemessenen und abschreckenden Geldbußen seien die - angesichts des nicht einheitlichen Ausmaßes der Aufrechterhaltung der drei Verträge jeweils unterschiedlichen - in den Spruchpunkten III., IV. und V. angeführten Geldbußen (in der Höhe von insgesamt EUR 24.000,--) zu verhängen gewesen.
2.7. Da die mitbeteiligte Partei für jeden der vier Feststellungsanträge eine Pauschalgebühr von EUR 623,-- bezahlt und die Behörde drei Anträgen stattgegeben habe, stehe der mitbeteiligten Partei ein Aufwandersatz in der Höhe von EUR 1.869,-
- (3 x EUR 623,--) zu.
3. Mit der unter der hg. Zl. 2012/04/0032 protokollierten Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin diesen Bescheid im Umfang der Spruchpunkte III., IV., V. und VI.
4. Mit Schreiben vom beantragte die mitbeteiligte Partei, die Behörde möge gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006 feststellen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens betreffend jeweils die Umsetzung des Systems e-Medikation mit der C GmbH, der I GmbH und der IB GmbH ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hiezu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig gewesen sei. Weiters wurde beantragt, die Behörde möge die jeweils abgeschlossenen Verträge für absolut nichtig erklären bzw. eine Geldstrafe verhängen. In der Begründung führte die mitbeteiligte Partei aus, dass die Beschwerdeführerin - ungeachtet der teilweisen Aufhebung der mit den drei genannten Arztsoftwareherstellern abgeschlossenen Verträgen durch den (erstangefochtenen) Bescheid der Behörde vom - ihre Zusammenarbeit mit den drei Arztsoftwareherstellern fortsetze und die drei Unternehmen für die Beschwerdeführerin weiterhin genau die Leistungen erbringen würden, die in den aufgehobenen Teilen der ursprünglichen Verträge vorgesehen gewesen seien. Dabei habe die Beschwerdeführerin - offensichtlich in der Absicht, vergaberechtliche Bindungen zu umgehen - die am Pilotprojekt e-Medikation teilnehmenden Ärzte aufgefordert, gegen Kostenerstattung durch sie selbst Verträge mit den Arztsoftwareherstellern abzuschließen. Dies könne aber nichts daran ändern, dass die Beschwerdeführerin als Auftraggeberin und Leistungsempfängerin der gegenständlichen Dienstleistung anzusehen sei.
5. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom gab die Behörde diesem Antrag statt (Spruchpunkt I.). Sie stellte fest, dass das von der Beschwerdeführerin durchgeführte Vergabeverfahren betreffend die Umsetzung des Systems e-Medikation, welches mit dem Zustandekommen von drei Rahmenverträgen (mit den drei genannten Arztsoftwareherstellern) und von 71 in einer Tabelle aufgelisteten Einzelverträgen geendet habe, rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt worden sei. Die genannten Verträge wurden nur insoweit aufgehoben, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertminderung rückstellbar seien. Angesichts des Absehens von der Nichtigerklärung der Verträge wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, eine Geldbuße in Höhe von EUR 10.000,-- zu bezahlen. Weiters wurde dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Pauschalgebührenersatz stattgegeben (Spruchpunkt II.).
5.1. Die Behörde stellte zunächst zusammengefasst das Vorbringen der Parteien und die Ergebnisse der am durchgeführten mündlichen Verhandlung dar. Sie wies darauf hin, dass seitens der mitbeteiligten Partei ein Gutachten von Prof. A zur Frage vorgelegt worden sei, ob die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin, mit der das Pilotprojekt e-Medikation trotz des Bescheides der Behörde vom fortgeführt werden solle, (vergabe)rechtlich unbedenklich sei. Den Inhalt dieses Gutachtens habe die mitbeteiligte Partei zu ihrem eigenen Vorbringen erhoben. Weiters wies die Behörde darauf hin, dass eine "vergaberechtliche Beurteilung e-Medikation" von der Finanzprokuratur vorgelegt worden sei, dessen Inhalt von der Beschwerdeführerin zu ihrem Vorbringen erhoben worden sei. In der Folge gab die Behörde den Inhalt der Schreiben wieder, mit denen sich die Beschwerdeführerin an die am Pilotprojekt e-Medikation teilnehmenden Ärzte gewandt hatte, und sie stellte fest, in welcher Höhe von der Beschwerdeführerin mit Stand vom im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt e-Medikation Zahlungen geleistet worden seien.
5.2. Zum Argument der Beschwerdeführerin, es mangle der mitbeteiligten Partei an der Antragslegitimation, wiederholte die Behörde ihre diesbezüglichen Ausführungen aus dem erstangefochtenen Bescheid vom und bejahte wiederum die Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei.
5.3. Die Behörde verneinte eine - von der Beschwerdeführerin behauptete - Verfristung des Feststellungsantrages und sie vertrat - wie bereits im erstangefochtenen Bescheid - die Auffassung, dass es sich gegenständlich nicht um Förderverträge, sondern um Dienstleistungsaufträge handle.
5.4. Bei ihren Ausführungen zur Rechtswidrigkeit der Vorgehensweise der Beschwerdeführerin folgte die Behörde weitgehend dem - in seinen wesentlichen Teilen wiedergegebenen - von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Gutachten von Prof. A.
In den zum Bestandteil der Bescheidbegründung erklärten Ausführungen dieses Gutachtens wird zunächst festgehalten, dass die von der Beschwerdeführerin gewählte Vorgehensweise eine Umgehung des Bescheides vom darstelle. Die zwischengeschalteten, am Pilotprojekt teilnehmenden Ärzte würden in ein Korsett eintreten, das die Beschwerdeführerin und die drei Arztsoftwarehersteller gemeinsam geschnürt hätten, und sie erhielten ihren Aufwand vom wahren öffentlichen Auftraggeber, der Beschwerdeführerin, ersetzt. Die Behörde ging davon aus, dass zwischen der Beschwerdeführerin und den drei Arztsoftwareherstellern (zumindest mündlich) Rahmenverträge über die Kostenübernahme für die Installation und Schulung betreffend das Pilotprojekt e-Medikation abgeschlossen worden seien. Die von der Beschwerdeführerin angeschriebenen, am Pilotprojekt teilnehmenden Ärzte seien somit als Stellvertreter der Beschwerdeführerin anzusehen und die solcherart abgeschlossenen Verträge seien vergaberechtlich als zwischen der Beschwerdeführerin und den Arztsoftwareherstellern abgeschlossen zu werten.
Wiederum dem Gutachten von Prof. A folgend ging die Behörde davon aus, dass es bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes auf den - bereits im erstangefochtenen Bescheid vom ermittelten - Gesamtauftragswert ankomme, weshalb die Beschwerdeführerin die "Restleistung" nicht zu Recht im Wege der Direktvergabe gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 BVergG 2006 vergeben konnte.
Ausgehend davon prüfte die Behörde die Zulässigkeit der auf § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 (Schutz von Ausschließlichkeitsrechten) gestützten Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit jeweils nur einem Bieter. Auch diesbezüglich erklärte die Behörde die wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten von Prof. A zum Bestandteil ihrer Bescheidbegründung. Darin erfolgte eine Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen Stellungnahme der Finanzprokuratur, in der ins Treffen geführt worden sei, dass nur die drei Arztsoftwarehersteller Kenntnis des für die Implementierung der e-Medikation erforderlichen "Source Codes" der von ihnen gelieferten Ordinationssoftware hätten, dass die Leistung der Implementierung der e-Medikation nur von den Inhabern des "Source Codes" vorgenommen werden könne und dass somit der Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 gegeben sei. Im Gutachten von Prof. A wurde diese Auffassung zwar als gut begründbar erachtet, allerdings angemerkt, dass die Beschwerdeführerin mit der - nicht in einem transparenten Vergabeverfahren erfolgten - Auswahl der drei Arztsoftwarehersteller die Ausschließlichkeit selbst hergestellt habe. Die Behörde ging davon aus, dass die Auswahl der - in das Pilotprojekt e-Medikation eingebundenen - Arztsoftwarehersteller im Rahmen eines bekanntzumachenden Vergabeverfahrens hätte erfolgen müssen. Da die Beschwerdeführerin die "Exklusivität" durch ihre Vorselektion selbst geschaffen habe, sei die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 unzulässig gewesen.
5.5. Da von einer Nichtigerklärung der Verträge abgesehen worden sei, sei eine Geldbuße zu verhängen gewesen, die unter Berücksichtigung der Erschwerungs- und Milderungsgründe mit EUR 10.000,-- festgesetzt worden sei.
5.6. Die Beschwerdeführerin wurde verpflichtet, der mitbeteiligten Partei die entrichteten Pauschalgebühren (in der Höhe von 3 x EUR 657,--, somit insgesamt von EUR 1.971,--) zu ersetzen.
6. Mit der unter der hg. Zl. 2012/04/0034 protokollierten Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin diesen Bescheid in seinem gesamten Umfang.
7. Die Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend nicht um einen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013, die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
2. § 30 Abs. 2 BVergG 2006 in der hier maßgeblichen Stammfassung BGBl. I Nr. 17 lautet auszugsweise wie folgt:
" Wahl des Verhandlungsverfahrens bei Dienstleistungsaufträgen
§ 30. (1) ...
(2) Dienstleistungsaufträge können im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn
...
2. der Dienstleistungsauftrag aus technischen oder
künstlerischen Gründen oder auf Grund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmer ausgeführt werden kann, oder
..."
Die §§ 312 und 331 BVergG 2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 15/2010 lauten auszugsweise wie folgt:
" Zuständigkeit
§ 312. (1) ...
(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Bundesvergabeamt zuständig
...
3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren
rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde;
...
Einleitung des Verfahrens
§ 331. (1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass
...
2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne
vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war, oder
..."
3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Behörde habe die Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei zu Unrecht bejaht. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin konnte die mitbeteiligte Partei nämlich weder ein Interesse am Abschluss der von der Behörde aufgehobenen Verträge haben noch konnte ihr durch den Abschluss dieser Verträge zwischen der Beschwerdeführerin und den drei Arztsoftwareherstellern ein Schaden entstehen, weil die mitbeteiligte Partei im Hinblick auf das Vorbringen zu ihrer Geschäftstätigkeit nicht in der Lage gewesen wäre, die vertragsgegenständlichen Leistungen zu erbringen. Insbesondere habe die Behörde nicht berücksichtigt, dass die mitbeteiligte Partei - wie die Beschwerdeführerin bereits in Zuge der Feststellungsverfahren vorgebracht habe - weder Softwareadaptierungen durchführe noch ein Arztsoftwarehersteller sei. Inhalt des Pilotprojekts e-Medikation sei aber die Adaptierung bestehender Arztsoftware (konkret die Ausstattung mit Integrationsschnittstellen). Auch habe die mitbeteiligte Partei weder behauptet noch den Nachweis dafür erbracht, dass sie sich bei der Leistungserbringung anderer Unternehmen bedienen würde. Selbst bei Vermeidung der behaupteten Rechtswidrigkeit hätte der mitbeteiligten Partei kein Schaden entstehen können, weil sie hinsichtlich der hier gegenständlichen Leistungen "niemals eine Chance auf spätere Auftragserteilung" gehabt hätte.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung wiederholt mit dem Begriff des Schadens als Voraussetzung für die Antragslegitimation gemäß § 331 Abs. 1 (ebenso wie gemäß § 320 Abs. 1) BVergG 2006 befasst:
Für Feststellungsanträge ist gemäß § 331 Abs. 1 BVergG 2006 das Erfordernis eines durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandenen oder zu entstehen drohenden Schadens Voraussetzung. Ein dem Antragsteller drohender Schaden liegt bereits dann vor, wenn die Möglichkeit des Antragstellers, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden kann. Dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, wird bereits dann entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0134, mwN; vgl. für Nachprüfungsanträge das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0239, mwH). Im Erkenntnis Zl. 2011/04/0134 hat der Gerichtshof auch ausgesprochen, dass die Möglichkeit, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen bzw. den Zuschlag zu erhalten, durch eine behauptete Rechtswidrigkeit dann nicht beeinträchtigt werden kann, wenn nach den unbestrittenen Sachverhaltsannahmen davon auszugehen ist, dass die Beschwerdeführerin die auftragsgegenständliche Leistung (im dort zugrunde liegenden Fall: jedenfalls in zeitlicher Hinsicht) nicht vollständig erbringen kann. Im Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0168, hat der Gerichtshof die Auffassung der dort belangten Behörde nicht beanstandet, wonach der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung des vorliegenden Vertragsgegenstandes ein Schaden nicht entstehen oder drohen könnte, weil sie fallbezogen nicht in der Lage gewesen wäre, die nachgefragte Leistung in ihrer Gesamtheit zu erbringen. In dem - ein Nachprüfungsverfahren betreffenden - Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0209, hat der Gerichtshof für die Zulässigkeit eines vergaberechtlichen Nachprüfungsantrages darauf abgestellt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, wonach die Antragstellerin nicht in der Lage gewesen wäre, bei Ausschreibung der gegenständlichen Leistung ein für den Zuschlag in Frage kommendes Angebot zu legen.
5. Ausgehend davon ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:
5.1. Aus der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass der entstandene oder drohende Schaden vor dem Hintergrund der Möglichkeit zu beurteilen ist, die auftragsgegenständliche Leistung erbringen zu können. Im vorliegenden Fall verweist die Behörde in beiden angefochtenen Bescheiden darauf, dass mangels Ausschreibungsunterlagen nicht festgestellt werden könne, welche Eignungsanforderungen im Fall eines Vergabeverfahrens an die mitbeteiligte Partei zu stellen gewesen wären. Allerdings hat die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Behörde vorgebracht, dass Gegenstand der Verträge die Ausstattung bestehender Arztsoftware (der am Pilotprojekt e-Medikation teilnehmenden Ärzte) mit Integrationsschnittstellen, die Schulung im Umgang damit und die Bereitstellung von Support-Leistungen sind, und sie hat die drei Verträge mit den Arztsoftwareherstellern vorgelegt.
Zu diesem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Leistungsgegenstand ist Folgendes anzumerken: Die Behörde hat im erstangefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit der Prüfung des Ausnahmetatbestandes nach § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 festgehalten, dass es - auch nach Angabe der Beschwerdeführerin - (neben der letztlich umgesetzten Variante) die technische Möglichkeit gegeben hätte, die e-Medikation über einen Webbrowser zu bedienen. (Im zweitangefochtenen Bescheid wird eine mögliche "Webbrowserlösung" hingegen nicht mehr angesprochen, sondern die Rechtswidrigkeit der Heranziehung des Ausnahmetatbestandes nach § 30 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 mit der nicht im Rahmen eines bekanntgemachten Vergabeverfahrens erfolgten Auswahl der drei Arztsoftwarehersteller, die Vertragspartner der Beschwerdeführerin wurden, argumentiert.) Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass es Sache des Auftraggebers ist, welche Leistung er verlangt, soweit er dabei das Gebot der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung beachtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2008/04/0104 und 0106, mwN, vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0168, mwN). Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin - nach den Feststellungen im erstangefochtenen Bescheid - diesbezüglich vorgebracht, dass seitens der (in das Pilotprojekt e-Medikation einzubindenden) Ärzte angesichts der größeren Benutzerfreundlichkeit und der geringeren Fehleranfälligkeit eine Adaptierung der bei ihnen bestehenden Arztsoftware befürwortet (und eine Webbrowserlösung abgelehnt) worden sei. Ausgehend davon ist die Wahl der Beschwerdeführerin, die Umsetzung des Projekts e-Medikation durch Adaptierung der bestehenden Arztsoftware vorzunehmen, nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstanden, zumal angesichts der Anzahl an grundsätzlich zur Verfügung stehenden Arztsoftwareherstellern (siehe dazu unter Punkt 5.2.) auch nicht ersichtlich ist, dass durch diese Festlegung ein echter Wettbewerb jedenfalls ausgeschlossen wäre.
5.2. Die Beschwerdeführerin hat im Feststellungsverfahren ins Treffen geführt, dass die mitbeteiligte Partei die von ihr nachgefragten Leistungen nicht anbietet.
Dazu ist zunächst zwar anzumerken, dass es - entgegen der in den Beschwerden zum Ausdruck kommenden Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht darauf ankommt, ob die mitbeteiligte Partei in der Lage gewesen wäre, die Software der drei Arztsoftwarehersteller, mit denen die Beschwerdeführerin Verträge abgeschlossen hat, zu adaptieren. Inwieweit die Beschwerdeführerin berechtigt war, sich bei der Adaptierung der Arztsoftware auf die drei genannten Hersteller zu beschränken, war Sache des Feststellungsverfahrens und daher nicht auf der Ebene der Antragslegitimation zu beurteilen.
Die Beschwerdeführerin verneint aber generell, dass die mitbeteiligte Partei in der Lage gewesen wäre, die Adaptierung von Arztsoftware vorzunehmen. Diesbezüglich führt sie insbesondere ins Treffen, dass für eine Teilnahme am Pilotprojekt e-Medikation eine von ihr zertifizierte Arztsoftware erforderlich sei, über welche die mitbeteiligte Partei nicht verfüge. Die Beschwerdeführerin bringt weiter - insofern im Einklang mit den vorgelegten Verfahrensakten - vor, dass sich die mitbeteiligte Partei nicht auf der (von der Beschwerdeführerin vorgelegten) Liste der zertifizierten Anbieter bzw. Arztsoftwareprodukte finde (die knapp 200 Produkte einer Vielzahl von Anbietern enthält). Auch die mitbeteiligte Partei hat nicht behauptet, über eine Arztsoftware zu verfügen, die für eine Einbindung in das System der e-Medikation geeignet ist.
5.3. Es bestanden somit auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Feststellungsverfahren jedenfalls gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die mitbeteiligte Partei nicht in der Lage gewesen wäre, die Leistung - wäre sie ausgeschrieben worden - zu erbringen bzw. ein für den Zuschlag in Frage kommendes Angebot zu legen. Es ist daher nicht hinreichend, wenn die Behörde die Plausibilität des Vorbringens der mitbeteiligten Partei zu Schaden und Interesse an der Auftragserteilung nur unter Verweis auf den Geschäftszweig der mitbeteiligten Partei (strukturierte elektronische Daten der Arzneimittelinformation) geprüft hat und allein aus diesem Grund davon ausgeht, dass ein Schaden iSd § 331 Abs. 1 BVergG 2006 gegeben ist. Daran vermag fallbezogen auch der Verweis auf § 76 BVergG 2006 nichts zu ändern, zumal weder vorgebracht wurde, dass sich die mitbeteiligte Partei auf Kapazitäten anderer Unternehmer hätte stützen können, noch dargelegt wurde, dass die mitbeteiligte Partei zumindest Teile der nachgefragten Leistung selbst hätte ausführen können. Die belangte Behörde hätte somit auf Grund des dahingehenden Vorbringens der Beschwerdeführerin prüfen müssen, ob die mitbeteiligte Partei in der Lage gewesen wäre, die vertragsgegenständliche Leistung zu erbringen, und sie hätte die dafür erforderlichen Feststellungen treffen müssen.
6. Ausgehend davon waren die von der Behörde gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006 ausgesprochenen Feststellungen sowie - davon abhängig - die ausgesprochenen teilweisen Vertragsaufhebungen und die verhängten Geldbußen (Spruchpunkte III., IV. und V. des erstangefochtenen Bescheides sowie Spruchpunkt I. des zweitangefochtenen Bescheides) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Damit fehlt aber die Entscheidungsgrundlage für die den Ersatz der Pauschalgebühren betreffenden Spruchpunkte (Spruchpunkt VI. des erstangefochtenen Bescheides und Spruchpunkt II. des zweitangefochtenen Bescheides), sodass diese Spruchpunkte gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben waren.
Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass das VwGG keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes vorsieht, einen Rechtsträger spruchmäßig zur Rückzahlung einer geleisteten Geldbuße zu verpflichten.
7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014 - auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am