VwGH vom 30.09.2009, 2004/13/0140
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des W G in C, vertreten durch Dr. Rainer H. Schuster, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Annagasse 3A/15, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1379-W/04, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war im Bundesdienst tätig und befindet sich seit im Ruhestand. Mit Schreiben vom gab er dem Finanzamt unter dem Betreff "Wohnsitzänderung" bekannt, dass er im Dezember 2000 von Österreich nach Polen übersiedeln werde "und in Österreich kein Wohnsitz mehr besteht". Er bitte "um Kenntnisnahme bezüglich finanzieller Änderungen".
Mit Bescheid vom verpflichtete das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Rückzahlung der von ihm für seinen im Jahr 1994 geborenen Sohn im Zeitraum von Jänner 2001 bis April 2004 bezogenen Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag (insgesamt EUR 6.422,76). Es begründete diese Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer und seine Familie "seit Ende Dezember 2000 in Österreich nicht mehr gemeldet" seien.
In seiner Berufung dagegen und in einer als Vorlageantrag gewerteten "Berufung" gegen eine abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, er habe die Übersiedlung bekannt gegeben und müsse mit seiner Pension, von der er zur Zeit nur einen Teilbetrag erhalte, eine vierköpfige Familie erhalten, was ihm in Österreich gar nicht möglich wäre. Ihm sei kein Fehler vorzuwerfen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie zitierte in der Begründung u.a. die §§ 2 Abs. 1 und 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG), wonach der Anspruch auf Familienbeihilfe Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet zustehe und für Kinder mit ständigem Aufenthalt im Ausland kein Anspruch bestehe, und ging davon aus, es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer und sein Sohn ihren Wohnsitz im Rückforderungszeitraum in Polen gehabt hätten. Die Familienbeihilfe sei dem Beschwerdeführer somit nicht mehr zugestanden. In seinem Schreiben vom habe er nicht erwähnt, dass er einen Sohn habe, für den er Familienbeihilfe beziehe, und dass auch sein Sohn ab Dezember 2000 nicht mehr in Österreich wohnhaft sein werde. Die Rückforderung sei nach § 26 FLAG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber auch dann rechtmäßig, wenn man davon ausgehe, dass die weitere Auszahlung der Familienbeihilfe ausschließlich auf ein Verschulden des Finanzamtes zurückzuführen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die Beschwerde tritt der auf die zitierten Gesetzesstellen gestützten Ansicht der belangten Behörde, infolge der Übersiedlung des Beschwerdeführers und seines Sohnes nach Polen (während des Rückforderungszeitraumes nicht EU-Mitglied) habe der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht mehr bestanden, nicht argumentativ entgegen. Der Hinweis, ein ständiger Auslandsaufenthalt des Sohnes des Beschwerdeführers sei nicht (ausdrücklich) festgestellt worden, geht schon im Hinblick auf das Fehlen eines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes des Beschwerdeführers selbst ins Leere. Dass er "samt Familie" übersiedelt war, hat der Beschwerdeführer darüber hinaus in der Berufung selbst vorgebracht und wird auch in der Beschwerde nicht bestritten.
Die Mitteilung des Beschwerdeführers an das Finanzamt steht der Rückforderung der zu Unrecht ausbezahlten Beträge - unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde meint, deutlicher auf die Übersiedlung auch seines Sohnes hinzuweisen gehabt hätte - nicht entgegen, weil der Rückforderungsanspruch nach § 26 Abs. 1 FLAG - der nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a letzter Satz EStG 1988 in den hier maßgebenden Fassungen auch auf Kinderabsetzbeträge anzuwenden ist - nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges abstellt (vgl. zuletzt etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/15/0076, vom , Zl. 2008/15/0002, vom , Zl. 2005/13/0142, vom , Zl. 2006/15/0080, vom , Zl. 2008/15/0323, vom , Zl. 2007/15/0162, und vom , Zl. 2009/15/0089). Es kommt auch nicht darauf an, ob der unrechtmäßige Bezug ausschließlich auf einen Fehler des Finanzamtes zurückzuführen ist (vgl. dazu die zum Teil schon von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/15/0183, vom , Zl. 2002/13/0079, vom , Zl. 2001/13/0160, vom , Zl. 2001/13/0048, vom , Zl. 2006/13/0174, und vom , Zl. 2006/15/0080).
Der Beschwerdeführer hat aber schon in der Berufung vorgebracht, er habe von seiner Übersiedlung u.a. auch das Bundespensionsamt verständigt. Die belangte Behörde hat dies nicht überprüft und sich mit der Frage einer allfälligen ausschließlichen Verursachung durch den Bund als Selbstträger im Sinne des § 26 Abs. 1 i.V.m. § 46 FLAG i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 103/2007 in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auseinandergesetzt, was im vorliegenden Fall eines pensionierten Bundesbediensteten, an den die Familienbeihilfe vom Bundespensionsamt ausbezahlt wurde, jedoch erforderlich gewesen wäre. Der Hinweis in der Gegenschrift auf die vom Finanzamt ausgestellte Bescheinigung mag zutreffen, doch hat die belangte Behörde hierüber im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen getroffen, was in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandsersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverodnung 2008.
Wien, am