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VwGH vom 29.06.2010, 2009/18/0391

VwGH vom 29.06.2010, 2009/18/0391

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der RO in X, vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Maga. Doris Einwallner, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/215.352/2009, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei am als "undokumentierte" Fremde illegal nach Österreich gelangt. Am seien das Verfahren betreffend den am Tag der Einreise gestellten Asylantrag in zweiter Instanz rechtskräftig negativ abgeschlossen und die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß Asylgesetz widerrufen worden. Die Beschwerdeführerin sei mit mit Nebenwohnsitz bzw. ab mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet zur Anmeldung gelangt. Mit (erheblichen) Unterbrechungen sei sie seither im Bundesgebiet gemeldet. Seit bestehe ein Hauptwohnsitz in X.

Im Jahr 2003 sei die Beschwerdeführerin in X der Geheimprostitution nachgegangen. Am sei sie gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 Wiener Prostitutionsgesetz (Wr. ProstG) rechtskräftig bestraft worden. Ab 2004 habe die Beschwerdeführerin über eine Kontrollkarte als Prostituierte verfügt. Unter zwei näher genannten Aktenzahlen sei sie wegen Übertretungen des § 4 Abs. 3 Wr. ProstG rechtskräftig bestraft worden. Überdies sei am eine rechtskräftige Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen Übertretung des "§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz, § 12 Abs. 2 Geschlechtskrankheitengesetz (GKG)", erfolgt. In einem Verfahren wegen unerlaubten Aufenthaltes im Bundesgebiet sei gegen eine Strafverfügung der Behörde erster Instanz ein Rechtsmittel erhoben worden.

Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom unter anderem ausgeführt, dass sie seit dem Jahre 2002, somit seit rund sieben Jahren, in Österreich aufhältig sei, sich stets wohlverhalten habe und gut integriert sei. Der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen liege in Österreich. Sie habe umfassende private und soziale Kontakte geknüpft, auch habe sie einen Lebensgefährten. In ihr Herkunftsland könne sie nicht zurückkehren, weil sie dort als alleinstehende, kranke Frau der Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Eine Ausweisung erweise sich keinesfalls als dringend geboten. Überdies werde der Antrag gemäß § 50 FPG auf bescheidmäßige Feststellung gestellt, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria unzulässig sei.

In ihrer gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin wie in der Stellungnahme vorgetragen und unter anderem ausgeführt, dass eine Ausweisung massiv in ihr Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK eingreife, zumal sie nun auch einen Lebensgefährten habe.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom sei mitgeteilt worden, dass die Beschwerdeführerin vom österreichischen Staatsbürger J. ein Kind erwarte.

Voraussichtlicher Geburtstermin sei der Dezember 2009. Aus diesem Grund habe die Beschwerdeführerin auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK beantragt. Das Verfahren sei noch anhängig. Eine Ausweisung erweise sich jedenfalls als unzulässig im Sinne des Art. 8 EMRK.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin seit dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens am ohne Aufenthaltsberechtigung und daher illegal im Inland aufhältig sei. Die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 FPG seien gegeben.

Im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 2 FPG gebotenen Interessenabwägung legte die belangte Behörde dar, die Beschwerdeführerin sei seit ihrer illegalen Einreise im Februar 2002 in Österreich aufhältig. Nach rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens sei ihr Aufenthalt über eine erhebliche Zeit illegal. Die Beschwerdeführerin sei ledig; behauptet würden jedoch nunmehr im Kern eine Lebensgemeinschaft mit einem Österreicher, eine aktuelle Schwangerschaft, eine erfolgte Integration in Österreich auf Grund der langen Aufenthaltsdauer sowie "umfassende private und soziale Kontakte". Angesichts der angeführten Umstände sei von einem mit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme einhergehenden Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin auszugehen.

Die aus der Dauer ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet gegebenenfalls ableitbare Integration werde in ihrem Gewicht jedoch dadurch entscheidend gemindert, dass ihr Aufenthalt zuerst nur auf Grund eines von ihr gestellten Asylantrages vorläufig berechtigt und nach der rechtskräftig negativen Beendigung des Asylverfahrens unberechtigt gewesen sei. Generell sei die bloße Aufenthaltsdauer nicht allein maßgeblich, sondern es sei anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt habe, sich sozial und beruflich zu integrieren.

Eine Integration der Beschwerdeführerin auf Grund von Arbeit, Aus- oder Fortbildung oder sonstiger Umstände werde nicht behauptet und sei auch nicht erkennbar. Die Beschwerdeführerin sei im Gegenteil mittellos, ihr Auskommen werde lediglich über die Grundversorgung gewährleistet. Seit dem sei sie laut einem Sozialversicherungsdatenauszug (laufend) als Asylwerber bzw. Flüchtling gemeldet.

Zum Beweis der von der Beschwerdeführerin behaupteten Lebensgemeinschaft mit einem Österreicher und des Vorliegens einer Schwangerschaft seien Ablichtungen unter anderem eines Mutter-Kind-Passes, dem zufolge der Geburtstermin am sei, sowie des Reisepasses des präsumtiven Vaters vorgelegt worden.

In einer am bei der "MA Y" aufgenommenen Niederschrift habe die Beschwerdeführerin unter anderem ausgeführt, dass sie zwar in einer Hauptmietwohnung des angeblichen Kindesvaters J. lebe, dieser aber verheiratet sei und bei seiner Familie lebe. Auch laut Auszug aus dem Zentralen Melderegister - so die belangte Behörde - ergebe sich kein gemeinsamer Wohnsitz; die Beschwerdeführerin sei in X mit zwei weiteren - aus Nigeria stammenden Männern - gemeldet, der angebliche Kindesvater hingegen in Z. Sohin sei evident, dass keine Lebensgemeinschaft im üblich verstandenen Sinne vorliege, möge J. gegebenenfalls auch der Vater des (noch ungeborenen) Kindes sein.

Allein aus diesen Feststellungen resultiere keinesfalls notwendig das tatsächliche Bestehen oder gar eine Schutzwürdigkeit des Familienlebens. Selbst wenn - wie behauptet - eine Lebensgemeinschaft, in welcher Form und wo auch immer, vorliegen sollte, so sei eine Bindung zum Partner jedenfalls zu einem Zeitpunkt eingegangen worden, als allen Beteiligten der unsichere (bzw. der allfällige illegale) Aufenthalt der Beschwerdeführerin habe bewusst sein müssen. Insofern erführen das Vorbringen einer angeblichen Lebensgemeinschaft und die Schutzwürdigkeit des Privatlebens der Beschwerdeführerin eine Relativierung.

Der Beschwerdeführerin sei es jedenfalls ohne weiteres zuzumuten, das Bundesgebiet - auch als Schwangere - zu verlassen, um einen entsprechenden Auslandsantrag einzubringen, zumal nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Schwangerschaft einer Ausweisung nicht entgegenstehe und insofern keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund darstelle. Zudem wäre eine Rückkehr nicht auf Dauer, sondern gegebenenfalls nur für die Dauer eines ordnungsgemäßen Niederlassungsverfahrens.

Die Beschwerdeführerin habe darüber hinaus den Großteil ihres Lebens in Nigeria, jedenfalls nicht in Österreich, verbracht. Ihre Behauptung, sie sei krank und wäre im Falle der Rückkehr nach Nigeria der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt, sei völlig unsubstantiiert und unbewiesen. Mit der gegenständlichen Ausweisung werde zudem weder darüber abgesprochen, dass die Beschwerdeführerin in ein bestimmtes Land auszureisen habe, noch, dass sie allenfalls abgeschoben werde. Umgekehrt sei es auch dem (bei seiner Familie lebenden) angeblichen Vater zumutbar, Bindungen zur Beschwerdeführerin im Ausland aufrecht zu erhalten, zumal er demselben Sprach- bzw. Kulturkreis wie diese entstamme. Es sei ihm auch unbenommen, durch Auslandsüberweisungen für den künftigen allfälligen Unterhalt der Beschwerdeführerin bzw. des Kindes zu sorgen.

Der Beschwerdeführerin sei trotz ihrer strafgerichtlichen Unbescholtenheit vorzuhalten, dass sie als Geheimprostituierte im Inland "firmiert habe", auch als Kontrollprostituierte Auflagen des ProstG negiert habe und in diesem Kontext mehrfach rechtskräftig bestraft worden sei. Sie habe durch dieses Verhalten - über Jahre - als Prostituierte unter Beweis gestellt, dass sie einschlägige Normen gering achte.

Es lägen keine besonderen Umstände vor, die es der Beschwerdeführerin mit Blick auf Art. 8 EMRK unzumutbar machten, auch nur für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsbewilligungsverfahrens in ihr Heimatland zurückzukehren.

Mit Ausnahme des langjährigen (relativierten) Aufenthaltes in Österreich und der nunmehr behaupteten - ebenfalls relativierten - außerehelichen Bindungen bzw. der Schwangerschaft könne die Beschwerdeführerin auf keinerlei sonstige Kriterien einer allfälligen Integration bzw. auf verstärkte persönliche Interessen am Verbleib im Bundesgebiet verweisen. Daran vermöge auch das Vorbringen der pauschal behaupteten Freundschaften und der privaten und sozialen Kontakte nichts zu ändern.

Diesen entsprechend relativierten Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet stünden erhebliche öffentliche Interessen gegenüber. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der geordneten Abwicklung des Fremdenwesens (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse habe die Beschwerdeführerin nachhaltig beeinträchtigt, auch wenn das Berufungsverfahren - wie in Asylverfahren oftmals üblich - Jahre anhängig gewesen sei. Die vorhandenen Interessen der Beschwerdeführerin seien keinesfalls höher zu bewerten als das Interesse der Allgemeinheit an ihrer Ausreise aus dem Bundesgebiet. Die Erlassung der Ausweisung sei daher dringend geboten und zulässig im Sinn des § 66 FPG.

Überdies seien keine besonderen Umstände ersichtlich, die die Behörde zu einer Abstandnahme von der Ausweisung im Rahmen des ihr gemäß § 53 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens veranlassen hätten müssen. Daran ändere auch die jüngst erfolgte Einbringung eines Inlandsantrages durch die Beschwerdeführerin nichts, zumal mit dieser kein (weiteres) Aufenthaltsrecht verbunden sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Verletzung subjektiver Rechte aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen und in der Beschwerde nicht bekämpften Feststellungen, dass der Asylantrag der Beschwerdeführerin am rechtskräftig abgewiesen worden und diese seither ohne Aufenthaltsberechtigung und daher unrechtmäßig im Inland aufhältig sei, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen die von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG durchgeführte Interessenabwägung und behauptet eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK. Eine Auseinandersetzung mit der Situation der Beschwerdeführerin bzw. den Auswirkungen der Ausweisung auf ihr Privat- und Familienleben durch die belangte Behörde sei nahezu gänzlich unterblieben.

Der Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin seit ihrer Einreise unrechtmäßig in Österreich aufhalte, mindere für sich allein betrachtet nicht den Schutz des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Die Beschwerdeführerin befinde sich seit dem Jahr 2002 durchgehend in Österreich und habe demzufolge annähernd ein Drittel ihrer Lebenszeit in Österreich verbracht. Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass sie in dieser Zeit umfassende soziale Kontakte geknüpft sowie Integrationsschritte gesetzt habe.

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sei die Lebensgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und J. dem grundrechtlichen Schutz des Art. 8 EMRK im Sinne eines schutzbedürftigen Familienlebens zu subsumieren. Für die Beurteilung einer Lebensgemeinschaft im Schutzbereich des Art. 8 EMRK sei eine Gesamtschau aller entscheidungsrelevanten Umstände vorzunehmen. Allein die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin ein Kind von ihrem Lebensgefährten erwarte, zeige die Intensität der Beziehung. Es sei daher der Umstand, dass der Lebensgefährte auch noch über einen anderen Wohnsitz verfüge, entsprechend untergeordnet zu betrachten. Das Argument der belangten Behörde, wonach der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin verheiratet sei, stehe dem Schutz der werdenden Familie und aufrechten Lebensgemeinschaft mit der Beschwerdeführerin nicht entgegen.

Die Lebensgemeinschaft der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger sei als besondere Verfestigung ihrer Lebensinteressen im Inland zu werten. Darüber hinaus verfüge die Beschwerdeführerin über tief verwurzelte soziale Kontakte und Freundschaften in Österreich. Sie sei krankenversichert, beziehe Leistungen aus der Grundversorgung und besuche "im Moment" einen Sprachkurs.

Die belangte Behörde habe auf die massiv abgeschwächten Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Heimatstaat nicht Rücksicht genommen. In Nigeria verfüge die Beschwerdeführerin - abgesehen von ihrer Schwester, die unbekannten Aufenthaltes sei - über keinerlei soziale Netze mehr. Sie müsste als alleinstehende, alleinerziehende bzw. schwangere Frau in Nigeria auch damit rechnen, massiven Diskriminierungen ausgesetzt zu sein. Auf eine Beschäftigungsmöglichkeit zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes und jenes ihres Kindes hätte sie ebenso wenig Chancen wie auf eine Krankenversicherung und sozialen Anschluss. Diese Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben seien in Österreich hingegen erfüllt.

Im angefochtenen Bescheid sei auch eine Würdigung der Folgen einer Ausweisung für das Kind der Beschwerdeführerin und ihren Lebensgefährten, insbesondere im Zusammenhang mit deren Recht auf persönlichen Kontakt zwischen Vater und Kind, gänzlich unterblieben.

Nachdem sie sich ausschließlich zu Beginn ihres Aufenthaltes in Österreich untergeordnet Verstöße gegen § 8 Abs. 1 Z 2 Wr. ProstG sowie § 12 Abs. 2 (GKG) zuschreiben habe lassen müssen, habe sich die Beschwerdeführerin stets wohlverhalten.

2.2. Es trifft zu, dass nach der Judikatur des EGMR der Begriff des "Familienlebens" nach Art. 8 EMRK sich nicht auf eheliche Beziehungen beschränkt, sondern auch andere faktische "familiäre" Bindungen erfassen kann, wenn die Beteiligten in nichtehelicher Gemeinschaft zusammenleben. Die biologische Verwandtschaft zwischen einem leiblichen Elternteil und einem Kind allein - d.h. ohne weitere rechtliche oder tatsächliche Merkmale, die auf das Vorliegen einer engen persönlichen Beziehung hindeuten - reicht jedoch nicht aus, um unter den Schutz des Art. 8 EMRK zu fallen. In der Regel ist das Zusammenleben eine Voraussetzung für eine Beziehung, die einem Familienleben gleich kommt. Ausnahmsweise können auch andere Faktoren als Nachweis dafür dienen, dass eine Beziehung beständig genug ist, um faktische "familiäre Bindungen" zu schaffen (vgl. etwa die zusammenfassende Darstellung dieser Judikatur in der Entscheidung des EGMR vom , Nr. 33375/03, Hülsmann gegen Deutschland, in der unter anderem auf die in der Beschwerde genannten Entscheidungen des EGMR vom , Serie A Bd. 290, Keegan gegen Irland, und vom , Serie A Bd. 297-C, Kroon u.a. gegen die Niederlande, Bezug genommen wird).

Der Verweis auf diese Judikatur des EGMR in der Beschwerde zeigt indessen keine Mangelhaftigkeit der von der belangten Behörde durchgeführten Interessenabwägung auf; dies gilt sowohl hinsichtlich des Vorbringens einer intensiven Beziehung der Beschwerdeführerin zu einem österreichischen Staatsbürger als auch hinsichtlich der geltend gemachten Folgen einer Ausweisung der Beschwerdeführerin für das noch ungeborene Kind und seinen Vater.

Soweit die Beschwerdeführerin ausführt, dass ein Kind, das aus einer "de facto-Beziehung" stamme, von Anfang an Teil dieser "Familie" sei, und ferner auf das Recht auf persönlichen Kontakt zwischen dem Vater und dem Kind verweist, ist ihr zunächst zu entgegnen, dass nach der Judikatur des EGMR ein Kind, das aus einer solchen Beziehung hervorgeht, "vom Augenblick seiner Geburt an" bzw. "allein durch seine Geburt" ipso iure Teil dieser Familien-Einheit ist (vgl. die bereits zitierten Erkenntnisse des EGMR in den Rechtssachen Keegan gegen Irland, Kroon gegen die Niederlande und Hülsmann gegen Deutschland). Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war die für Dezember 2009 erwartete Geburt des Kindes noch nicht erfolgt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes hat sich die belangte Behörde mit der - von ihr bejahten - Frage der Zumutbarkeit für den künftigen Vater, Bindungen zur schwangeren Beschwerdeführerin auch im Ausland aufrecht zu erhalten, ebenso ausreichend befasst wie mit der Möglichkeit allfälliger Unterhaltsleistungen des künftigen Vaters an die Beschwerdeführerin und das Kind durch Auslandsüberweisungen.

Hinsichtlich der vorgebrachten Bindung der Beschwerdeführerin zum Vater des von ihr erwarteten Kindes ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin zwar in einer Hauptmietwohnung des Genannten lebt, dieser jedoch - entsprechend den von ihr im Zuge des behördlichen Verfahrens selbst getätigten Angaben - verheiratet ist und bei seiner Familie lebt. In der Beschwerde unbekämpft blieben auch die Ausführungen der belangten Behörde, wonach kein gemeinsamer Wohnsitz der Beschwerdeführerin und J. bestehe und die Beschwerdeführerin vielmehr mit zwei weiteren, aus Nigeria stammenden Männern gemeldet sei.

Wenn vor diesem Hintergrund nach der Beurteilung der belangten Behörde keine Lebensgemeinschaft "im üblich verstandenen Sinne" vorliege, so kann ihr - auch unter Berücksichtigung der in einigen Monaten zu erwartenden Geburt des gemeinsamen Kindes - nicht entgegengetreten werden.

Selbst wenn man aber trotz der beschriebenen Umstände im Sinne der Beschwerde vom Vorliegen eines "Familienlebens" im Sinne des Art. 8 EMRK zwischen der Beschwerdeführerin und J. ausginge, wäre damit für den Standpunkt der Beschwerdeführerin deswegen nichts gewonnen, weil - worauf die belangte Behörde zutreffend verweist - eine Bindung der Beschwerdeführerin zu J. jedenfalls zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als allen Beteiligten der unsichere bzw. sogar illegale Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich bewusst sein musste (vgl. zu diesem wesentlichen Aspekt etwa das auf die Rechtsprechung des EGMR Bezug nehmende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0487, mwN, sowie § 66 Abs. 2 Z. 8 FPG).

Die Unsicherheit des inländischen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin war spätestens mit der im Mai 2002 in erster Instanz erfolgten Abweisung des Asylantrages offenkundig (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0087). Darüber hinaus ist das Asylverfahren seit rechtskräftig negativ beendet. Entgegen dem Beschwerdevorbringen gebietet es auch eine verfassungskonforme Interpretation des § 66 Abs. 1 FPG nicht, dem genannten Kriterium im Rahmen der Interessenabwägung eine lediglich untergeordnete Rolle zuzumessen.

Ergänzend ist an dieser Stelle festzuhalten, dass der Umstand der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin in einem Verfahren im Sinne des § 53 Abs. 1 FPG insofern unbeachtlich ist, als diesem - gemäß der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage - allenfalls durch einen Abschiebungsaufschub nach § 46 Abs. 3 FPG Rechnung getragen werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0664, mwN).

2.3. Neben der von der Beschwerdeführerin dargelegten Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger und ihrer Schwangerschaft hat die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG den Aufenthalt der Beschwerdeführerin seit ihrer im Februar 2002 erfolgten illegalen Einreise nach Österreich, dabei jedoch zutreffend auch den Umstand berücksichtigt, dass dieser Aufenthalt zunächst nur auf Grund eines von ihr gestellten Asylantrages vorläufig berechtigt und nach rechtskräftiger Beendigung des Asylverfahrens unberechtigt war.

Die Beschwerdeführerin bekämpft weder die Feststellungen der belangten Behörde, dass eine Integration auf Grund beruflicher Tätigkeit nicht behauptet werde, noch die behördlichen Darlegungen, dass das Auskommen der Beschwerdeführerin lediglich über die Grundversorgung gewährleistet sei. Die in der Beschwerde behaupteten "tief verwurzelten sozialen Kontakte und Freundschaften" der Beschwerdeführerin in Österreich sind ohne nähere Konkretisierung geblieben. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ist in die behördliche Interessenabwägung ebenso eingeflossen wie mehrfache rechtskräftige Bestrafungen nach den Bestimmungen des Wr. ProstG.

Die Beschwerde verweist auf massiv abgeschwächte Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Heimatstaat, wo sie vollkommen auf sich allein gestellt wäre. Den Erwägungen der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin den Großteil ihres Lebens in Nigeria, jedenfalls nicht in Österreich verbracht habe und dass dem Vater des noch ungeborenen Kindes, der demselben Sprach- und Kulturkreis wie die Beschwerdeführerin angehöre, die Aufrechterhaltung der Bindungen zur Beschwerdeführerin im Ausland zumutbar sei, tritt die Beschwerde jedoch nicht entgegen. Die belangte Behörde hat sich darüber hinaus auch mit der Behauptung der Beschwerdeführerin befasst, dass sie in Nigeria einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre.

Dem Vorbringen, die Beschwerdeführerin müsse in Nigeria mit massiven Diskriminierungen rechnen, und es sei allgemein bekannt, dass in islamischen Staaten wie Nigeria Frauen mit unehelichen Kindern als Ehebrecherinnen gälten, was mit der Todesstrafe geahndet werde, ist zu entgegnen, dass darüber in einem gesonderten Verfahren - so z.B. in einem Asylverfahren - zu entscheiden ist. Diese Darlegungen hindern somit die Erlassung einer Ausweisung nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/18/0328, mwN).

Der erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe keine Ermittlungen zur Situation der Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr in das Heimatland durchgeführt, zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Schließlich steht auch der von der Beschwerdeführerin eingebrachte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "aus humanitären Gründen" der Erlassung einer Ausweisung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/18/0503, mwN).

2.4. Zutreffend hat die belangte Behörde dargelegt, dass dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0111, mwN).

Es sind auch die behördlichen Erwägungen nicht zu beanstanden, dass die dargelegten persönlichen Bindungen der Beschwerdeführerin in Österreich keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK darstellen, die es ihr unzumutbar machten, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen.

Vor dem Hintergrund des dargestellten großen öffentlichen Interesses und der - relativierten - persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass § 66 FPG der Erlassung der bekämpften Ausweisung der Beschwerdeführerin nicht entgegenstehe, keinem Einwand.

Der in diesem Zusammenhang in der Beschwerde erhobene Vorwurf einer mangelhaften Begründung der von der belangten Behörde durchgeführten Interessenabwägung erweist sich als unzutreffend.

3. Auch der weitere, in der Beschwerde erhobene Vorwurf einer im Zusammenhang mit dem von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen behaupteten mangelhaften Begründung findet im angefochtenen Bescheid keine Grundlage. Die belangte Behörde hat in zutreffender Weise dargelegt, weshalb keine besonderen Umstände vorliegen, die es der Beschwerdeführerin mit Blick auf Art. 8 EMRK unzumutbar machten, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen.

Vor dem Hintergrund der dargelegten rechtlichen Beurteilung zeigt auch das Vorbringen, die belangte Behörde habe ihre Entscheidung im Zusammenhang mit der Trennung der Beschwerdeführerin vom Lebensgefährten und Vater des Kindes mangelhaft begründet und sich mit der geltend gemachten, in einem fortgeschrittenen Ausmaß vorliegenden Integration der Beschwerdeführerin nicht bzw. nur unzureichend befasst, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

4. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der belangten Behörde auch kein (materieller) Ermessensfehler vorzuwerfen. Es liegen keine besonderen Umstände vor, die eine Ermessensübung nach § 53 Abs. 1 FPG zu Gunsten der Beschwerdeführerin geboten hätten.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den von der Beschwerdeführerin gestellten (neuerlichen) Antrag, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am