VwGH vom 14.03.2012, 2012/04/0012
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Dr. Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 32, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Ge(Wi)-221202/2-2011-Ng/Hof, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug die Gewerbeberechtigungen für a) "Handelsgewerbe, beschränkt auf den Einzelhandel" an einem näher bezeichneten Standort sowie b) "Bauträger gemäß § 226 GewO 1994", "Zimmermeister gemäß § 205 GewO 1994" und "Baumeister gemäß § 157 GewO 1973" an einem anderen näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 iVm § 91 Abs. 2 GewO 1994 entzogen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, gegen den gewerberechtlichen und handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin seien im Jahre 2010 insgesamt sechs - nach Datum der Entscheidungen, Aktenzahlen, verletzten Verwaltungsvorschriften, Angabe der Strafe sowie stichwortartiger Anführung der strafbaren Handlungen näher bezeichnete - rechtskräftige Straferkenntnisse wegen Übertretung des AuslBG (drei) und des ASVG (drei) ergangen.
Danach habe es der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zu verantworten, dass mehrfach gegen Bestimmungen des AuslBG verstoßen worden sei und somit Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sich aus dem AuslBG ergäben, verletzt worden seien bzw. gegen das bei der Ausübung des gegenständlichen Gewerbe zu beachtende Schutzinteresse der Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung verstoßen worden sei. Dazu kämen die angeführten Übertretungen des ASVG.
Diese Verstöße seien schwerwiegend im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994, zumal die diesbezüglichen Gesetzesverletzungen wiederholt begangen worden seien. Es sei nicht ausschlaggebend, dass die Strafverfahren nur zwei verschiedene näher bezeichnete Personen beträfen. Es seien mehrere Übertretungen des AuslBG zu jeweils verschiedenen Tatzeiträumen erfolgt. Auch das ASVG sei mehrfach zu jeweils verschiedenen Tatzeiträumen übertreten worden. Jede Verletzung der zwingenden Bestimmungen des AuslBG schädige in erheblichem Ausmaß staatliche und privatwirtschaftliche Interessen, die eine Verzerrung des Arbeitsmarktes hinsichtlich des Arbeitskräfteangebotes, des Lohndumpings, der Hinterziehung von Steuern und Abgaben zu verhindern trachteten und den primären Zugang inländischer Arbeitskräfte zum Arbeitsmarkt ermöglichten. Indem daher die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden führe, sei der objektive Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretungen als erheblich zu werten.
Da die Beschwerdeführerin der Aufforderung, den genannten handelsrechtlichen Geschäftsführer zu entfernen, nicht nachgekommen sei, seien die Entziehungen der Gewerbeberechtigungen im Sinne des § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 auszusprechen gewesen.
Im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der ergangenen Strafbescheide sei festzuhalten, dass die Behörde in der Frage, ob die in den Strafbescheiden zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen worden seien, an die rechtskräftigen Strafbescheide gebunden sei.
Da der Behörde bei der nach § 87 Abs. 1 iVm § 91 Abs. 2 GewO 1994 zu treffenden Entscheidung kein Ermessen zukomme, sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Entziehung auszusprechen sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.
Gemäß § 87 Abs. 1 letzter Absatz GewO 1994 sind Schutzinteressen gemäß Z. 3 insbesondere (auch) die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung.
Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.
2. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde den Tatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 (unter anderem) auf Grund mehrerer (drei) rechtskräftiger Bestrafungen des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin nach dem AuslBG, konkret wegen einer Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 6 iVm § 32a Abs. 4 AuslBG und zwei weiteren Übertretungen nach § 3 Abs. 1 (gemeint in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a) AuslBG, als erwiesen angenommen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die rechtskräftige Bestrafung ihres Geschäftsführers sowie den Umstand, dass sie diesen entgegen einer Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 nicht fristgerecht entfernt hat, nicht. Im Beschwerdefall ist vielmehr alleine strittig, ob der Geschäftsführer auf Grund der genannten Bestrafungen den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 verwirklicht hat.
3. Die Beschwerde bringt insofern gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, ihr Geschäftsführer habe insgesamt drei Tathandlungen gesetzt, die gleichzeitig sowohl den Tatbestand einer Übertretung nach dem AuslBG als auch eine Übertretung nach dem ASVG erfüllten.
Die von der Strafbehörde verhängten Strafen gäben einen Hinweis, dass die einzelnen Tathandlungen nicht als schwerwiegend qualifiziert worden seien. So sei wegen der illegalen Beschäftigung eines polnischen Staatsbürgers mit Straferkenntnis vom eine Geldstrafe von EUR 100,-- verhängt und wegen einer nicht gesetzeskonformen Abmeldung eines Dienstnehmers lediglich eine Ermahnung gemäß § 21 Abs. 1 VStG ausgesprochen worden. Wegen der weiteren illegalen Beschäftigung eines polnischen Staatsbürgers in zwei Fällen seien Geldstrafen von EUR 2.000,-- bzw. EUR 2.800,-- und EUR 770,-- bzw. EUR 1.050,-- wegen der damit unterbliebenen Anmeldung des Dienstnehmers beim Krankenversicherungsträger verhängt worden.
Es liege der Beschwerdeführerin fern, die Verwaltungsübertretungen zu verharmlosen. Es solle lediglich aufgezeigt werden, dass diese Übertretungen nicht vergleichbar seien mit der Handlungsweise jener Personen oder Unternehmungen, die professionell eine Vielzahl von Ausländern illegal beschäftigten und dadurch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene volkswirtschaftlichen Schaden verursachten.
Der Unrechtsgehalt der dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen reiche daher insgesamt nicht aus, die Entziehung der Gewerbeberechtigungen zu rechtfertigen.
4. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
4.1. Ob es sich bei den festgestellten Verwaltungsübertretungen um "schwerwiegende Verstöße" im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 handelt, ist danach zu beurteilen, ob sich unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt mit Entziehungen von Gewerbeberechtigungen im Gefolge von Verstößen gegen das AuslBG zu beschäftigt. Zuletzt hat er in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0222, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführlich dargelegt, dass der Einhaltung von Normen zur Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung vom Gesetzgeber großes Gewicht beigemessen wird. Daraus ergibt sich, dass bei den in Rede stehenden Übertretungen des AuslBG die "Art der verletzten Schutzinteressen" für ein Vorliegen schwerwiegender Verstöße im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 spricht. Ob auch unter dem Gesichtspunkt der "Schwere" der Verletzung dieser Schutzinteressen von der Erfüllung des letztgenannten Tatbestandes auszugehen ist, ist anhand der rechtskräftigen Straferkenntnisse zu beurteilen. Schwere Verletzungen in diesem Sinn wurden etwa dann angenommen, wenn die Verstöße trotz erfolgter Bestrafung wiederholt begangen wurden (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0180).
4.2. Der angefochtene Bescheid erweist sich zwar insofern als mangelhaft, als er (bei der Anführung der Straferkenntnisse) Feststellungen zu den der Bestrafung zugrundeliegenden Tathandlungen, insbesondere auch zu den Tatzeitpunkten, nur stichwortartig enthält. Die Beschwerde zieht aber nicht in Zweifel, dass den Bestrafungen wiederholte Übertretungen des AuslBG zugrunde lagen.
Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, die einzelnen Tathandlungen seien ausgehend von den von der Verwaltungsstrafbehörde verhängten Strafen nicht als schwerwiegend zu qualifizieren, ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Schwere der Verletzung von Schutzinteressen im Einzelfall in den verhängten Strafen (oder anderen Rechtsfolgen) ihren Ausdruck findet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0206, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/03/0062).
Im Beschwerdefall ist aber auf die oben angeführte, zu Verstößen gegen das AuslBG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach eine schwere Verletzung des in § 87 Abs. 1 GewO 1994 angeführten Schutzinteresses der Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung bereits dann angenommen wurde, wenn die Verstöße trotz erfolgter Bestrafung wiederholt begangen wurden.
Da dies im Beschwerdefall zutrifft, kann der belangten Behörde im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie fallbezogen von "schwerwiegenden Verstößen" im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ausging.
4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am