VwGH vom 18.10.2016, Ra 2016/03/0071
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Partei Verein Österreichisches Rotes Kreuz in W, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Rathausstraße 19/DG/53, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl LVwG-S-2/001-2013, betreffend eine Übertretung nach dem Rotkreuzgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Mödling; mitbeteiligte Partei: Dr. M P in W, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer und Mag. Stefan Lichtenegger, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lerchenfelderstraße 39), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Am erstattete die Revisionswerberin Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Mödling (BH) gegen den Tverein wegen Verstoßes gegen das Verbot nach § 8 Abs 1 lit d Rotkreuzgesetz (RKG). Darin verwies sie darauf, dass auf der Internet-Seite des Tvereins http://www.tverein.org mehrfach folgendes
Logo verwendet werde, das eine Nachahmung des gesetzlich geschützten Rotkreuzzeichens darstelle:
Abbildung
2 Mit Schreiben vom forderte die BH die Präsidentin des Tvereins (Mitbeteiligte) als Beschuldigte zur Rechtfertigung zum oben angeführten Vorwurf auf. Nach einer entsprechenden Stellungnahme der Mitbeteiligten stellte die BH das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Mitbeteiligte wegen Übertretung des Rotkreuzgesetzes mit Bescheid vom gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein.
3 Dagegen erhob die Revisionswerberin fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich, die mit als Beschwerde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) übernommen wurde.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das LVwG diese Beschwerde gemäß § 50 VwGVG als unbegründet ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.
5 Das LVwG stellte fest, dass am auf der Homepage des Tvereines mehrfach das (in Rz 1 dargestellte) Logo verwendet worden sei, welches aus einem horizontalen Balken und einem vertikalen Balken bestanden habe, wobei der vertikale Balken nur nach unten gegangen sei. Über dem horizontalen Balken sei ein Abstand und darüber ein Tierkopf angefügt gewesen. Um dieses Gebilde herum sei der Schriftzug "Tverein" angebracht gewesen. Das komplette Logo sei auf weißem Hintergrunde in orangem Farbton gehalten gewesen.
6 Rechtlich folgerte das LVwG, dass durch den gegenständlichen Vorfall der vorgeworfene strafbare Sachverhalt nicht verwirklicht worden sei. Das Logo des Tvereins sei orange, jenes des Roten Kreuzes rot. Der vertikale Balken führe lediglich nach unten; nach oben sei ein Abstand und darüber ein Tierkopf angefügt. Weiters sei das gesamte Zeichen vom Schriftzug "Tverein" umrahmt. Das vom Tverein verwendete Logo stelle daher keine Nachahmung des Rotkreuzzeichens dar und sei nicht geeignet, Verwechslungen oder Irrtümer erzeugen zu können oder unberechtigterweise auf eine Verbindung mit dem Österreichischen Roten Kreuz hinzuweisen. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens sei daher zu Recht erfolgt.
7 Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zusammengefasst geltend gemacht wird, das LVwG sei von der näher bezeichneten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwechslungsfähigkeit von Zeichen, die als Nachahmung des Rotkreuzzeichens im Sinne des § 8 Abs 1 lit d RKG anzusehen sind, abgewichen und es habe daher die Beschwerde gegen die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu Unrecht abgewiesen.
8 Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte erstatteten jeweils Revisionsbeantwortungen, in denen sie die Abweisung der Revision beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist im Sinne der Zulässigkeitsbegründung der
Revision zulässig und begründet.
10 Gemäß § 8 Abs 1 lit a Rotkreuzgesetz, BGBl I Nr 33/2008
(RKG), ist es unter anderem verboten, das Zeichen des Roten Kreuzes auf weißem Grund entgegen den Bestimmungen der Genfer Abkommen und Zusatzprotokolle oder als Kennzeichen ohne Ermächtigung des Österreichischen Roten Kreuzes zu verwenden. Dasselbe gilt gemäß § 8 Abs 1 lit d RKG für Zeichen oder Bezeichnungen, die eine Nachahmung der Zeichen und Bezeichnungen (unter anderem) nach § 8 Abs 1 lit a RKG darstellen, die Verwechslungen oder Irrtümer erzeugen könnte oder unberechtigterweise auf eine Verbindung mit dem Österreichischen Roten Kreuz hinweisen. Übertretungen dieser Verbote sind gemäß § 9 RKG mit den dort vorgesehen Geldstrafen zu ahnden bzw sind die in dieser gesetzlichen Bestimmung vorgesehenen weiteren Sanktionen zu verhängen.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 8 Abs 1 lit d RKG wiederholt dargelegt, dass die Verwechslungsgefahr bei Nachahmung des Rotkreuzzeichens nicht schon dann beseitigt ist, wenn das verwendete Zeichen im Farbton von jenem des Roten Kreuzes abweicht. Auch eine Abweichung in der Form beseitigt die Verwechslungsgefahr nicht, wenn die Grundform des durch das RKG geschützten Zeichens bestehen bleibt. Demzufolge wurden etwa auch bereits orange Zeichen oder Zeichen, die durch andere Symbole (teilweise) überlagert waren, als verwechslungsfähig mit dem geschützten Rotkreuzzeichen angesehen, wenn dadurch das Zeichen nicht unkenntlich wurde, sondern in seiner Kontur sichtbar und ohne weiteres als Rotes Kreuz erkennbar blieb (vgl etwa , vom , 2011/03/0189, vom , 2013/03/0058, und vom , Ra 2015/03/0092).
12 Im vorliegenden Fall erweckt die verbale Beschreibung des beanstandeten Logos durch das LVwG den Eindruck, als läge überhaupt kein Kreuzzeichen vor, das eine Verwechslungsgefahr mit dem Rotkreuzzeichen begründen könnte, weil sich oberhalb des Querbalkens - so die Feststellungen - "ein Abstand und darüber ein Tierkopf" befinde. Aufgrund des aktenkundigen Logos, dessen Aussehen unstrittig ist, ist aber präzisierend festzuhalten, dass das in Rede stehende Zeichen des Tvereins grundsätzlich in Kreuzform aufgebaut ist, also der horizontale Balken von einem - gleich langen - vertikalen Balken geschnitten wird, der nach oben nur geringfügig vom horizontalen Balken abgesetzt ist und an dessen oberen Ende kein gerader Abschluss erfolgt, sondern durch eine Wellenlinie zwei Tierohren stilisiert werden. Mit größer werdendem Beobachtungsabstand sind diese Besonderheiten des Zeichens, die es vom geschützten Rotkreuzzeichen unterscheiden, immer weniger wahrzunehmen und es entsteht in Form und Kontur der Eindruck eines Kreuzzeichens, das jenem des Österreichischen Roten Kreuzes entspricht. Daran ändert auch der das Zeichen umgebende Schriftzug "Tverein" und die farbliche Gestaltung (in orange) nichts.
13 Am Maßstab der strengen Rechtsprechung zum Verbot der Nachahmung des Rotkreuzzeichens, die ihre Grundlage in den völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs und der daraus resultierenden besonderen Stellung des Roten Kreuzes haben (vgl auch dazu die oben zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), ist der Revisionswerberin zuzustimmen, dass das Logo des Tvereins im Vergleich zum gesetzlich geschützten Rotkreuzzeichen eine Nachahmung darstellt, die Verwechslungen oder Irrtümer erzeugen könnte. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bzw die Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde mangels Verwechslungsgefahr war daher nicht rechtens.
14 Das angefochtene Erkenntnis war deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
15 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Kostenmehrbegehren war hingegen abzuweisen, weil es in den zitierten gesetzlichen Regelungen keine Deckung findet.
Wien, am