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VwGH vom 16.10.2013, 2012/04/0005

VwGH vom 16.10.2013, 2012/04/0005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Zirm, über die Beschwerde der X-GmbH in Y, vertreten durch Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Salzburg vom , Zl. 20001-SVKS/67/84-2011, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere Partei: Salzburger Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. A-GmbH in S 2. B-AG in G, vertreten durch MMag. Dr. Philipp Götzl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0143, und dessen Entscheidungsgründe verwiesen.

Mit dem dort angefochtenen Bescheid wurde ein Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin nach § 32 Abs. 4 Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007, LGBl. Nr. 28 idF LGBl. Nr. 24/2009 (S.VKG) als verspätet zurückgewiesen (die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde wurde mit dem obzitierten hg. Erkenntnis als unbegründet abgewiesen).

In der Folge stellte die Beschwerdeführerin am einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der obigen Frist.

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag gemäß den §§ 1, 2, 13 und 36 S.VKG iVm § 71 AVG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Antrag sei nach der alten Rechtslage des S.VKG (idF der Novelle LGBl. Nr. 24/2009) zu beurteilen. Die maßgebliche Bestimmung des § 33 Abs. 2 S.VKG sei § 332 Abs. 2 BVergG 2006 nachgebildet, zu welchem die Materialien ausführten, die Antragsfrist werde als materiellrechtliche Frist gestaltet, deren Versäumung zum Erlöschen des Feststellungsanspruches führe. Der Feststellungsantrag nach dieser Rechtslage sei als Teil eines schadenersatzrechtlichen Verfahrens zu qualifizieren (Verweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom , B 1426/99) und es handle sich daher um eine materiellrechtliche Frist. Für dieses Ergebnis spreche auch, dass § 33 Abs. 2 S.VKG bestimme, dass das Recht auf Feststellung erlösche, sodass es sich zweifelsfrei um eine materiellrechtliche Frist handle. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der zusammenfassend (unter Verweis auf § 56 Abs. 1 BVergG 2006, die Entscheidungspraxis des Bundesvergabeamtes (BVA) und die Literatur) vorgebracht wird, es handle sich vorliegend um eine verfahrensrechtliche Frist, zumal im Zweifel vom Vorliegen einer derartigen prozessualen Frist auszugehen sei. Die Fristversäumung sei auf einen Rechtsirrtum iSd § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG zurückzuführen gewesen, sodass dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben gewesen wäre.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Die zweitmitbeteiligte Partei erstattete ebenso eine Gegenschrift, in der zusammenfassend (unter Verweis auf das Erkenntnis des , die Materialien und die jüngere Entscheidungspraxis des BVA) vorgebracht wird, dass es sich vorliegend um eine materiellrechtliche Frist handle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Beschwerdefall geht es alleine um die Frage, ob es sich bei der vorliegend maßgeblichen Frist des § 33 Abs. 2 S.VKG (in der Fassung LGBl. Nr. 24/2009) um eine materiell- oder eine verfahrensrechtliche Frist handelt.

Nach der hg. Rechtsprechung hat eine Frist dann verfahrensrechtlichen Charakter, wenn sie die Möglichkeit, eine Handlung zu setzen, die prozessuale Rechtswirkungen auslösen soll (Verfahrenshandlung), zeitlich beschränkt. Ist hingegen eine Rechtshandlung auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet, so ist die dafür vorgesehene Zeitspanne als materiellrechtliche Frist zu qualifizieren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2008/22/0348, 0349, mwN, vgl. auch Hengstschläger/Leeb , AVG § 32 Rz. 3, und die dort wiedergegebene hg. Rechtsprechung sowie Thienel , Gesondert und verbunden anfechtbare Entscheidungen, in Griller/Holoubek , Grundfragen des Bundesvergabegesetzes 2002 (2004), 374).

2. § 33 Abs. 2 S.VKG (in der Fassung LGBl. Nr. 24/2009) lautet (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof):

" Inhalt und Zulässigkeit des Feststellungsantrages

§ 33

(2) Das Recht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zuschlages, des Widerrufs oder der rechtswidrigen Wahl des Vergabeverfahrens erlischt , wenn der Antrag gemäß § 32 Abs 1 Z 1 bis 3 oder Abs 4 nicht binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt gestellt wird, in dem der Antragsteller vom Zuschlag, vom Widerruf bzw von der rechtswidrigen Wahl des Vergabeverfahrens Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können, längstens jedoch innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten, nachdem der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wurde."

3. Im Beschwerdefall spricht der Wortlaut des § 33 Abs. 2 S.VKG idF LGBl. Nr. 24/2009 davon, dass das Recht auf Feststellung erlischt, wenn der Antrag nicht fristgerecht gestellt wird (diese Rechtslage ist nach der Neufassung des § 33 Abs. 2 S.VKG mit der Novelle LGBl. Nr. 35/2010 bereits eine historische). Dieser Wortlaut zeigt, dass die Rechtshandlung auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen, nämlich die Vermeidung des Verlustes des Rechts auf Feststellung, gerichtet ist. Dass dies die Intention des Gesetzgebers war, zeigt auch folgende Überlegung: § 33 Abs. 2 S.VKG ist dem § 332 Abs. 2 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17, nachgebildet; in den Gesetzesmaterialien dazu wird die entsprechende Frist ausdrücklich als materiellrechtliche Frist qualifiziert, gegen deren Versäumung eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht kommt (vgl. RV 1171 BlgNR 22. GP, 144). Ein Zweifelsfall, wie von der Beschwerde behauptet, liegt somit nicht vor. Daher ist die in dieser Bestimmung geregelte Frist als materiellrechtliche Frist zu qualifizieren, ohne dass auf die weiteren, insbesondere im Hinblick auf § 332 BVergG 2006 vorgetragenen Argumente eingegangen werden muss.

Schon aus diesem Grund kommt auch die in der Beschwerde geforderte unionsrechtskonforme Interpretation des § 33 Abs. 2 S.VKG nicht in Betracht.

Soweit die Beschwerde geltend macht, die Deutung der Frist für den Feststellungsantrag als materiell-rechtliche Frist bewirke, dass die Tage des Postenlaufes in die Antragsfrist einzurechnen sei und damit ausländische Bieter mittelbar diskriminiert würden, weil der Postenlauf aus dem Ausland länger dauere als im Inland, und dass zudem die durch die Einrechnung des Postenlaufes in die Antragsfristen bewirkte Verkürzung derselben mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes in Konflikt gerate, ist auch nicht zu erkennen, dass aus diesen Gründen im vorliegenden Fall ein Konflikt mit dem Unionsrecht bestehen könnte: Die Beschwerdeführerin ist eine in Österreich ansässige Gesellschaft, der Feststellungsantrag wurde für sie von einem österreichischen Rechtsanwalt eingebracht. Er ist mit datiert und nach dem Eingangsstempel der belangten Behörde noch am selben Tag bei ihr eingelangt (auf dem im Verwaltungsakt erliegenden Feststellungsantrag findet sich der Vermerk, dass er "per Telefax" und "per E-Mail" an näher bezeichnete elektronische Adressen übermittelt wurde; nach den Feststellungen im Bescheid der belangten Behörde vom , 20001-SVKS/KS/67/76-2011, mit dem dieser Feststellungsantrag als verspätet zurückgewiesen wurde, langte dieser Antrag per Email und Telefax an diesem Tag um 12h10 bei der belangten Behörde ein). Ein Postenlauf aus dem Ausland - aufgrund dessen Dauer die Beschwerdeführerin allenfalls diskriminiert sein könnte oder die Antragsfrist verkürzt worden wäre - lag daher gegenständlich nicht vor. Angesichts der Möglichkeit, Nachprüfungs- und Feststellungsanträge per Telefax oder per Email einzubringen, kann im Übrigen dahingestellt bleiben, ob hinsichtlich ausländischer Antragsteller überhaupt eine Benachteiligung bestehen und die Effektivität des Rechtsschutzes beeinträchtigt sein kann.

4. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am