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VwGH vom 18.09.2007, 2007/16/0022

VwGH vom 18.09.2007, 2007/16/0022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der Gemeinde T in T, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-1594/51-2006, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheit der Getränkesteuer und Vorschreibung der Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: JK in T), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Gemeinde T hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde nahm mit den Berufungsvorentscheidungen vom die mit den Bescheiden vom abgeschlossenen Verfahren über die Festsetzung der Getränke- und Speiseeissteuer für die mitbeteiligte Partei gemäß § 226 Abs. 1 lit. c iVm § 230 TLAO wieder auf und wies die Berufungen der mitbeteiligten Partei gegen die Bescheide vom , sowie und als unbegründet ab.

Diese Bescheide wurden am der Post zur Zustellung übergeben und gelangten "wegen Abwesenheit" des Empfängers an die Behörde zurück. Die Zustellung der Bescheide erfolgte nachweislich am .

In den gegen diese Bescheide eingebrachten Vorlageanträgen vom brachte die mitbeteiligte Partei vor, die Wiederaufnahme des Verfahrens sei unzulässig, weil bereits mit Ablauf des Jahres 2005 Verjährung eingetreten sei und überdies keine Wiederaufnahmegründe vorlägen.

Mit Bescheiden vom wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die mit Schreiben vom erhobenen "Berufungen" als unbegründet ab. In der Begründung dieser Bescheide wurde die Ansicht vertreten, die von der mitbeteiligten Partei angefochtenen Berufungsvorentscheidungen vom seien am zur Post gegeben worden. Diese Postaufgabe stelle nach ständiger Rechtsprechung eine nach außen erkennbare Amtshandlung im Sinne des § 156 Abs. 1 TLAO dar und unterbreche die Verjährung. Nicht erforderlich sei nämlich, dass dem Abgabepflichtigen der Bescheid innerhalb der Verjährungsfrist auch zugestellt werde. Da im Zeitpunkt der Postaufgabe der bekämpften Berufungsvorentscheidungen vom die fünfjährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei, seien die vorgenommenen Wiederaufnahmen der Verfahren sowie die Abweisungen der Berufungen innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt. Weiters wurde das Vorliegen der Wiederaufnahmegründe begründet.

Die mitbeteiligte Partei erhob Vorstellungen, in denen sie im Wesentlichen die bereits im Schreiben vom vertretene Ansicht wiederholte.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Vorstellungen Folge, behob die angefochtenen Bescheide und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Gemeinde. In der Begründung heißt es, die im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Festsetzungsbescheide beträfen die Betriebe der mitbeteiligten Partei und stammten vom . Im Lichte der Verjährungsbestimmungen der §§ 154 ff TLAO und unter Berücksichtigung der dort normierten Verjährungsfrist von fünf Jahren sei davon auszugehen, dass die Verjährungsfrist am begonnen und mit Ablauf des Jahres 2005 geendet habe. Ab diesem Zeitpunkt sei eine Wiederaufnahme zufolge eingetretener Verjährung nicht mehr statthaft. Wenn sich die Abgabenbehörde darauf beziehe, dass durch die versuchte Zustellung der Wiederaufnahmebescheide Ende Dezember 2005 (Datum der Postaufgabestempels ) eine Unterbrechung der Verjährungsfrist eingetreten sei, so sei ihr entgegenzuhalten, dass eine nach außen ergehende Amtshandlung der Abgabenbehörde die Verjährungsfrist nur dann unterbreche, wenn diese als nach außen erkennbar angesehen werden könne, wenn die Erledigung sohin ihren Empfänger erreicht habe, diesem also zugestellt worden sei. Aktenmäßig stehe jedoch fest, dass der von der Behörde am in die Wege geleitete Zustellversuch fehlgeschlagen sei. Den Vermerken auf den Rückscheinen sei, wie bereits ausgeführt, zu entnehmen, dass an der Kanzleiadresse des vertretenden Steuerberaters bis zum wegen Abwesenheit von der Abgabestelle keine Zustellung möglich gewesen sei. Ein allfälliger Nachsendeauftrag nach § 18 Zustellgesetz könne dem Akteninhalt nicht entnommen werden. Der mitbeteiligten Partei sei innerhalb der Verjährungsfrist kein die Wiederaufnahme des Verfahrens begründender Bescheid zugestellt worden. Die am zugestellten Wiederaufnahmebescheide seien infolge Ablaufs der Verjährungsfrist rechtswidrig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht, die gegenständlichen Verfahren wieder aufzunehmen - die Aufgabe eines Bescheides zur Post als nach außen erkennbare Amtshandlung anzusehen, die die Verjährungsfrist für die Wiederaufnahme eines Verfahrens unterbreche und somit den Vorstellungen vom keine Folge zu geben gewesen sei - verletzt.

Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils Gegenschriften mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 227 TLAO ist nach dem Eintritt der Verjährung eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein vor diesem Zeitpunkt oder vor dem Ablauf einer Frist von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches eingebrachter Antrag nach § 226 Abs. 1 zugrunde liegt.

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 154 Abs. 2 erster Satz TLAO fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.

Die Verjährung wird gemäß § 156 Abs. 1 TLAO durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Auf Grund der Bescheide vom begann die Verjährungsfrist für die mit diesen Bescheiden festgesetzten Abgaben am (neu) zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2005.

Amtshandlungen müssen, um Unterbrechungswirkung zu haben, nach außen wirksam und einwandfrei nach außen erkennbar sein. Schriftliche Erledigungen unterbrechen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verjährung nur dann, wenn sie ihren Empfänger erreicht haben; diese somit zugestellt wurden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 15/1296/79, vom , Zl. 97/16/0217, vom , Zl. 95/15/0132, und vom , Zl. 96/17/0333).

Eine wirksame Unterbrechung der Verjährung konnte nur innerhalb der Verjährungsfrist erfolgen. Da eine wirksame Unterbrechung erst mit der Zustellung des Bescheides und nicht schon mit der Postaufgabe gegeben war und die Zustellung der Wiederaufnahmebescheide erst am vorgenommen wurde, während die Verjährungsfrist am endete, war die Wiederaufnahme des Verfahrens im Beschwerdefall wegen eingetretener Verjährung nicht mehr zulässig. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Wiederaufnahme der Verfahren wegen bereits eingetretener Verjährung nicht mehr statthaft war.

Die in der Beschwerde zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, nach denen bereits die Postabfertigung von Bescheiden für die Unterbrechung der Verjährung entscheidend ist, beziehen sich auf die Rechtsprechung zur Verfolgungshandlung nach dem VStG und FinStrG und nicht auf die Unterbrechung der Festsetzungsverjährung nach den Bestimmungen der BAO. Damit wird keine Rechtswidrigkeit der Entscheidung der belangten Behörde aufgezeigt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil § 49 Abs. 1 VwGG einen Kostenersatz für Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand nur dann vorsieht, wenn die Partei tatsächlich durch einen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer vertreten war.

Wien, am