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VwGH vom 13.09.2016, Ra 2016/03/0047

VwGH vom 13.09.2016, Ra 2016/03/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Österreichischen Rundfunks in Wien, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl W194 2013491-1/7E, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Kommunikationsbehörde Austria; weitere Partei: Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom wurde im Rahmen der Rechtsaufsicht über den Österreichischen Rundfunk (ORF) festgestellt, dass der ORF am im Zuge der von ca 19:00 Uhr bis ca 19:19 Uhr im Fernsehprogramm ORF 2 Kärnten ausgestrahlten Sendung "Kärnten Heute"

1. durch die Ausstrahlung von Sponsorhinweisen für a.) "R" (ca 19:17 Uhr und ca 19:19 Uhr), b.) "K K" (ca 19:17 Uhr), c.) "O G" (ca 19:19 Uhr) und d.) "N B" (ca 19:19 Uhr) jeweils § 17 Abs 3 ORF-G verletzt habe, wonach Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information nicht finanziell unterstützt werden dürfen;

2. gegen ca 19:17 Uhr Sponsorhinweise für a) "R" und b) "K K" während der laufenden Sendung "Kärnten Heute" ausgestrahlt und dadurch jeweils § 17 Abs 1 Z 2 Satz 2 ORF-G verletzt habe, wonach Sponsorhinweise während einer Sendung unzulässig seien;

3. gegen ca 19:19 Uhr einen Sponsorhinweis "S K ausgestattet von (Logo) O G" ausgestrahlt und dadurch § 13 Abs 2 ORF-G verletzt habe, wonach in der kommerziellen Kommunikation keine Personen auftreten dürfen, die regelmäßig Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen vorstellen.

Dem ORF wurde überdies aufgetragen, die festgestellten Rechtsverletzungen durch Verlesung eines näher bezeichneten Textes im Fernsehprogramm ORF 2 Kärnten zu veröffentlichen und diese Veröffentlichung der KommAustria nachzuweisen.

2 Der Entscheidung legte die KommAustria im Wesentlichen folgenden - unstrittigen - Sachverhalt zugrunde:

"Am wurde von ca. 19:00 Uhr bis ca. 19:19 Uhr im Programm ORF 2 Kärnten die Sendung ‚Kärnten Heute' ausgestrahlt.

Die Sendung beginnt nach einer Signation mit der Begrüßung durch die Moderatorin S K. Diese präsentiert zu Beginn in Form einer kurzen Vorankündigung die Hauptthemen der Sendung, wobei jeweils ein paar Sekunden lang Ausschnitte des Bildmaterials des jeweiligen Beitrages gezeigt werden. Es sind dies am 1. ein verhinderter Großbrand, 2. der Rückzug des EU-Abgeordneten A M, 3. der verfrühte Schädlingsbefall im Garten und 4. der Wetterbericht.

Nach dieser Einleitung beginnt unmittelbar im Anschluss die Präsentation der Sendung, wobei Beiträge in folgender Reihenfolge und mit folgendem Inhalt ausgestrahlt werden: 1. Bericht über einen verhinderten Großbrand, 2. Bericht über den Gerichtsprozess gegen den Ex-Hypo-Vorstand, 3. Bericht über geforderte Hypo-Gespräche mit dem Bund, 4. Bericht über den Rücktritt des EU-Abgeordneten A M von seiner Kandidatur, 5. Bericht über die Insolvenz eines Unternehmens, 6. Bericht über einen Eisenbahnunfall, 7. Bericht über den V, 8. Bericht über Schädlinge im Garten, 9. Bericht über W S 10. Bericht über Schloss Velden und 11. Bericht über das ‚Terzett M'.

Nach dem letzten Bericht leitet die Moderatorin S K mit folgenden Worten über: ‚Musikalisches am Ende von ‚Kärnten Heute'. Stürmisches Aprilwetter erwartet uns morgen am Mittwoch. Genaueres haben wir jetzt noch für Sie vorbereitet.' Während dieser Ansage werden im unteren Bildteil in Laufschrift Produktions- und Copyrighthinweise eingeblendet. Unmittelbar danach, gegen ca. 19:17 Uhr, wird bildfüllend ein Sponsorhinweis der Firma ‚R' für den Bericht ‚Kärnten Wetter' ausgestrahlt, gefolgt von einem weiteren bildfüllenden Sponsorhinweis der ‚K K'. Im Anschluss daran folgen 12. der Wetterbericht für Kärnten, und

13. der Wetterbericht für die Alpen-Adria-Region.

Während der nachfolgenden Abmoderation der Sendung durch S K (ca. 19:19 Uhr), wird am unteren Bildschirmrand ein Sponsorhinweis mit folgendem Inhalt eingeblendet: ‚S K ausgestattet von (Logo) O G' . Die Moderatorin verabschiedet sich mit den Worten ‚Vielen Dank für's Zuschauen, im Namen der gesamten Mannschaft vor und hinter der Kamera wünsche ich noch einen schönen Abend und sage ‚Auf Wiedersehen''. Danach wird wieder der bildfüllende Sponsorhinweis der Firma ‚R' ausgestrahlt, gefolgt von einem bildfüllenden Sponsorhinweis der Firma ‚N B'.

(...) S K ist seit Dezember 2007 Moderatorin der Sendung ‚Kärnten Heute'."

3 Die gegen diesen Bescheid der KommAustria erhobene Beschwerde des ORF wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 Begründend führte das BVwG - zusammengefasst - aus, es sei unstrittig, dass es sich bei den in den Spruchpunkten 1. und 2. des angefochtenen Bescheides festgehaltenen Sponsorhinweisen tatsächlich um solche gehandelt habe. Strittig sei hingegen Folgendes: Während die belangte Behörde davon ausgeht, dass es sich bei der Sendung "Kärnten Heute" um eine einheitliche Sendung handle, bringe der ORF vor, dass die Wetterprognosen für Kärnten und den Alpen-Adria-Raum nicht Bestandteil der Sendung "Kärnten Heute" gewesen seien, sondern es sich um eine eigene Wettersendung gehandelt habe. Da nicht die Nachrichtensendung "Kärnten Heute", sondern lediglich die anschließende Wettersendung gesponsert worden sei, welche keine Nachrichtensendung oder Sendung zur politischen Information gewesen sei und daher gesponsert habe werden dürfen, sei § 17 Abs 3 ORF-G nicht verletzt worden. Aufgrund des Vorliegens zweier Sendungen liege zudem kein Verstoß gegen das Verbot von Sponsorhinweisen während einer Sendung (§ 17 Abs 1 Z 2 zweiter Satz ORF-G) vor. Das BVwG trete jedoch der Einschätzung der belangten Behörde, dass es sich bei dem am in der Zeit von ca 19:00 bis ca 19:19 Uhr ausgestrahlten Programm um eine in sich geschlossene Sendung im Sinne des § 1a Z 5 lit a ORF-G gehandelt habe, nicht entgegen. So sprächen in der erforderlichen Gesamtbetrachtung aus der Perspektive des durchschnittlichen Zusehers die besseren Gründe dafür, dass in der konkreten Konstellation der Wetterbericht ein Teil der Sendung "Kärnten Heute" gewesen sei. Auch wenn die Moderatorin nach dem Bericht über das "Terzett M" auf das Ende der Sendung verwiesen habe ("Musikalisches am Ende von ‚Kärnten Heute'") und zugleich im unteren Bildteil in Laufschrift Produktions- und Copyrighthinweise eingeblendet worden seien, würden diese Aspekte doch insoweit in den Hintergrund treten, als die wesentlichen Themen beim einleitenden Überblick zu Beginn von "Kärnten Heute" den Wetterbericht inkludiert hätten, die Ansage der Moderatorin um ca 19:17 Uhr zwar mit "Musikalisches am Ende von ‚Kärnten Heute'" begonnen habe, der nächste Satz ("Stürmisches Aprilwetter erwartet uns morgen am Mittwoch. Genaueres haben wir jetzt noch für Sie vorbereitet.") jedoch einen weiteren Beitrag im Rahmen der laufenden Sendung habe erwarten lassen und im Anschluss an den Wetterbericht für Kärnten sowie die Alpen-Adria-Region dieselbe Moderatorin noch einmal mit den Worten "Vielen Dank für's Zuschauen, im Namen der gesamten Mannschaft vor und hinter der Kamera wünsche ich noch einen schönen Abend und sage ‚Auf Wiedersehen'" zu sehen gewesen sei. Speziell die einleitende Signation zu Beginn von "Kärnten Heute" mit nachfolgender Begrüßung durch die Moderatorin um ca 19:00 Uhr sowie die Verabschiedung um ca 19:19 Uhr durch dieselbe Moderatorin hätten das deutliche Bild einer (in sich geschlossenen) Sendung mit unterschiedlichen Beiträgen gezeichnet. Dieser Sendungszusammenhang sei letztlich auch durch den zugleich mit der Verabschiedung eingeblendeten Sponsorhinweis ("XXXX ausgestattet von (Logo) O G.") unterstrichen worden. Die KommAustria habe daher die Verletzungen von § 17 Abs 3 sowie § 17 Abs 1 Z 2 Satz 2 ORF-G zu Recht festgestellt.

5 Zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides führte das BVwG zusammengefasst aus, der ORF releviere, dass die Einblendung der Formulierung "XXXX wurde ausgestattet von O G" keinen Verstoß gegen das Auftrittsverbot von Moderatoren in der kommerziellen Kommunikation im Sinne von § 13 Abs 2 ORF-G begründet habe, weil von einem "Auftritt" der Moderatorin in der kommerziellen Kommunikation in Bild oder Ton im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden könne. Laut Duden sei unter einem "Auftritt" eine Aufführung, (Gast)Rolle oder Darbietung zu verstehen. Ein bloßer textlicher Hinweis auf die Ausstattung könne hingegen kein Auftritt in Bild oder Ton sein, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Moderatorin während des Sponsorhinweises noch im Bild befinde. Dem sei aus Sicht des BVwG zu erwidern, dass die Moderatorin der gegenständlichen Sendung unstrittig eine Person gewesen sei, welche regelmäßig Nachrichtensendungen vorgestellt habe; unstrittig sei auch, dass es sich beim eingeblendeten Hinweis um kommerzielle Kommunikation gehandelt habe. Strittig könne lediglich sein, ob durch den beschriebenen Sachverhalt ein "Auftreten" im Sinne des § 13 Abs 2 ORF-G verwirklicht worden sei. Dies sei nach Ansicht des BVwG angesichts der konkreten Konstellation, in der die Moderatorin im Bild zu sehen gewesen sei, während zugleich ein Sponsorhinweis eingeblendet worden sei, welcher ausdrücklich (das heiße: namentlich) auf sie Bezug genommen habe, zu bejahen. Die gewählte Form der optischen Verknüpfung von Moderatorin und Sponsorhinweis sei geeignet gewesen, den gemäß § 13 Abs 2 ORF-G verpönten "Imagetransfer" von der Moderatorin einer Nachrichtensendung hin zu einem Unternehmen, welches das Sponsoring in Auftrag gegeben habe, zu bewirken.

6 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das BVwG damit, dass die Rechtslage im gegenständlichen Fall klar und eindeutig gewesen sei, weshalb die Voraussetzungen für eine Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vorlägen.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

8 Zur Zulässigkeit der Revision und in der Sache selbst wird in der Revision ausgeführt, dass das BVwG seiner Entscheidung ein Begriffsverständnis von "Sendung" zugrunde gelegt habe, das der durch die ORF-G-Novelle neu geschaffenen Begriffsdefinition von "Sendung" in § 1a Z 5 ORF-G, die im Wesentlichen an formalen Kriterien anknüpfe, nicht entspreche. Zu dieser Frage gebe es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Richtigerweise wäre davon auszugehen gewesen, dass die Sendung "Wetter Kärnten" gegenüber "Kärnten Heute" - aus näher dargestellten Gründen - eine selbständige Sendung gewesen sei, weshalb weder eine Verletzung von § 17 Abs 1 Z 2 ORF-G noch von § 17 Abs 3 ORF-G vorgelegen sei.

9 Auch existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur hier maßgeblichen Auslegung von § 13 Abs 2 ORF-G (Auftrittsverbot von Moderatoren in der kommerziellen Kommunikation) und dessen Verhältnis zu § 17 Abs 3 ORF-G. Das Auftrittsverbot von Moderatoren in der Werbung solle verhindern, dass zwischen Werbung und Nachrichten nicht unterschieden werden könne. Mit der Novelle BGBl I 2010/50 sei das Auftrittsverbot zwar auf alle Formen kommerzieller Kommunikation ausgeweitet worden. Sofern nicht mit der Novelle überhaupt nur eine begriffliche Anpassung an die neue Diktion des Werberechts - ohne inhaltliche Änderung - angestrebt gewesen sein sollte, liege der Sinn der Bestimmung nur darin, die Seriosität der Personen, die regelmäßig Nachrichtensendungen präsentieren, nicht auf die umworbenen Unternehmen abfärben zu lassen. Schon deshalb liege nahe, den vom Gesetz verwendeten Begriff "Auftritt" so zu verstehen, wie es seiner Bedeutung entspreche. Laut Duden sei unter einem "Auftritt" eine Aufführung, (Gast)Rolle oder Darbietung zu verstehen. Ein bloßer textlicher Hinweis auf die Ausstattung könne hingegen kein Auftritt in Bild oder Ton sein. Allein schon deshalb sei die Ansicht des BVwG (und der KommAustria) verfehlt. Dieses Verständnis entspreche auch der Genese der Bestimmung, gehe es in historischer Interpretation doch darum, dass die von der Bestimmung ins Visier genommenen Personen nicht "in der Werbung" auftreten sollen, nicht aber darum, dass Sendungen, in welchen diese Personen aktiv sind, nicht von Werbung "umrahmt" werden dürfen. Um diesem Zweck gerecht zu werden, müsste bezogen auf die nunmehrige Rechtslage die Person im Sponsorhinweis selbst auftreten, die bloße Präsenz in der Sendung begründe hingegen keine Verletzung von § 13 Abs 2 ORF-G. Vielmehr seien diese Konstellationen von einer eigenen Bestimmung - § 17 Abs 3 ORF-G - erfasst.

10 Die KommAustria erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie - mit näherer Begründung - die Zurück- bzw Abweisung der Revision beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht begründet. 12 Zur Frage der Zulässigkeit ist der Revision zuzustimmen,

dass weder zur Auslegung des Sendungsbegriffes nach § 1a Z 5 ORF-G noch zur strittigen Norm des § 13 Abs 2 ORF-G Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, anhand derer insbesondere beurteilt werden könnte, ob die zur Rechtslage vor der Novelle BGBl I Nr 50/2010 ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Sendungsbegriff weiterhin Anwendung finden kann bzw unter welchen Voraussetzungen von einem "Auftritt" eines Nachrichtenmoderators in der kommerziellen Kommunikation auszugehen ist. Die Rechtslage ist auch nicht eindeutig und klar, weshalb die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG - entgegen der Rechtsansicht des BVwG - vorliegen.

13 Die maßgeblichen Bestimmungen des ORF-Gesetzes, BGBl Nr 379/1984 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 50/2010 (ORF-G), lauten auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 1a. Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet

(...)

5. ‚Sendung'

a) in Fernsehprogrammen und Abrufdiensten eine einzelne, in sich geschlossene und zeitlich begrenzte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die im Fall von Fernsehprogrammen Bestandteil eines Sendeplans oder im Fall von Abrufdiensten eines Katalogs ist;

b) in Hörfunkprogrammen einen einzelnen, in sich geschlossenen und zeitlich begrenzten Bestandteil des Programms;

6. ‚Kommerzielle Kommunikation' jede Äußerung, Erwähnung oder Darstellung, die

a) der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, oder

b) der Unterstützung einer Sache oder Idee dient und einer Sendung oder einem Angebot gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder im Fall der lit. a als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten ist. Zur kommerziellen Kommunikation zählen jedenfalls Produktplatzierung, die Darstellung von Produktionshilfen von unbedeutendem Wert, Sponsorhinweise und auch Werbung gemäß Z 8;

...

Kommerzielle Kommunikation

Inhaltliche Anforderungen und Beschränkungen

§ 13. (1) ...

(2) In der kommerziellen Kommunikation dürfen weder im Bild noch im Ton Personen auftreten, die regelmäßig Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen vorstellen oder die regelmäßig als programmgestaltende und journalistische Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks sonstige Sendungen moderieren.

...

Sponsoring

§ 17. (1) Gesponserte Sendungen müssen folgenden Anforderungen genügen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
2.
Sie sind durch den Namen oder das Firmenemblem oder ein anderes Symbol des Sponsors, etwa einen Hinweis auf seine Produkte oder Dienstleistungen oder ein entsprechendes unterscheidungskräftiges Zeichen am Anfang oder am Ende eindeutig als gesponserte Sendung zu kennzeichnen (Sponsorhinweise). Sponsorhinweise während einer Sendung sind unzulässig. ...
3.
...

(2) ...

(3) Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information dürfen nicht im Sinne von Abs. 1 finanziell unterstützt werden. ..."

Zum Sendungsbegriff nach § 1a Z 5 lit a ORF-G:

14 Bis zur Novelle des ORF-G BGBl I Nr 50/2010 wurde der Begriff der "Sendung" im ORF-G nicht eigens definiert, sondern als bekannt vorausgesetzt. In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung war anerkannt, dass eine einheitliche Sendung dadurch charakterisiert ist, dass ihre Teile - ausgehend vom Blickwinkel des durchschnittlich aufmerksamen und informierten Zusehers - in einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang stehen (vgl etwa , "Formel 1 - der Große Preis von Ungarn").

15 Der ORF vertritt im gegenständlichen Verfahren die Auffassung, dass dieses Begriffsverständnis seit Inkrafttreten des § 1a Z 5 ORF-G idF BGBl I Nr 50/2010 nicht mehr zugrunde gelegt werden dürfe, weil seiner Rechtsansicht nach nicht mehr inhaltliche, sondern formale Kriterien für den Sendungsbegriff konstituierend seien. Dem ist zu erwidern, dass auch § 1a Z 5 ORF-G die "Sendung" als eine in sich geschlossene und zeitlich begrenzte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton umschreibt, woraus sich das Erfordernis ergibt, die gesendete Bildabfolge daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie in einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang steht und daher insgesamt als in sich geschlossene Sendung anzusehen ist. Dass gemäß § 1a Z 5 ORF-G die "Sendung" im Fall von Fernsehprogrammen auch Bestandteil eines Sendeplans sein muss, ist zwar ein formales Kriterium, bedeutet aber nicht, dass sich eine inhaltliche Prüfung, ob und welche im Sendeplan aufscheinenden Programmteile als - in sich geschlossene und zeitlich begrenzte - "Sendungen" begriffen werden können, erübrigen würde.

16 Ausgehend davon kann dem BVwG nicht entgegengetreten werden, wenn es in einer nachvollziehbaren Einzelfallbeurteilung die Sendung "Kärnten Heute" als Einheit mit dem anschließenden Wetterbericht auffasste (vgl insbesondere den einleitenden Überblick über die Sendungsthemen, zu denen auch der Wetterbericht gehörte, die Überleitung zum Wetterbericht nach dem Bericht über das "Terzett M" und die Verabschiedung durch die Moderatorin der Sendung am Ende des Wetterberichts); dem vermag der ORF nichts Stichhaltiges entgegen zu setzen.

Zum Auftrittsverbot von Moderatoren in der kommerziellen Kommunikation:

17 Gemäß § 13 Abs 2 ORF-G dürfen in der kommerziellen Kommunikation weder im Bild noch im Ton Personen auftreten, die regelmäßig Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen vorstellen oder die regelmäßig als programmgestaltende und journalistische Mitarbeiter des ORF sonstige Sendungen moderieren.

18 Es ist in diesem Verfahren nicht strittig, dass die Sendung "Kärnten Heute" als Nachrichtensendung zu qualifizieren ist, in der die namentlich bezeichnete Moderatorin regelmäßig tätig ist. Überdies kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Sponsorhinweis während der Abmoderation der Sendung, die Moderatorin sei von einem näher bezeichneten Modeunternehmen ausgestattet worden (zur Einordnung derartiger Hinweise als Sponsorhinweis vgl ), unter den Begriff der kommerziellen Kommunikation fällt (vgl § 1a Z 6 lit b ORF-G, wonach zur kommerziellen Kommunikation jedenfalls auch Sponsorhinweise zählen).

19 Der ORF bestreitet aber, dass die zeitgleiche Einblendung des Sponsorhinweises während der Abmoderation als "Auftritt" der Moderatorin im Sinne des § 13 Abs 2 ORF-G angesehen werden könne. Von einem "Auftritt" könne nach Ansicht des ORF nur dann gesprochen werden, wenn die Moderatorin im Sponsorhinweis selbst auftrete, die bloße Präsenz in der Sendung begründe hingegen nach Auffassung des ORF keine Verletzung von § 13 Abs 2 ORF-G, sondern es seien diese Konstellationen von § 17 Abs 3 ORF-G erfasst, der ein Sponsoring von Nachrichtensendungen allgemein verbiete.

20 Dieser rechtlichen Argumentation ist nicht zuzustimmen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst erkannt hat, zielt § 17 Abs 3 ORF-G darauf ab, Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information von jeglichen Einflüssen durch Sponsoren frei zu halten und nicht einmal den Eindruck einer solchen Einflussnahme entstehen zu lassen, weil letzteres schon ausreichen würde, um das Vertrauen der Zuseher in die unbeeinflusste Berichterstattung und Information in Frage zu stellen. Somit dient § 17 Abs 3 ORF-G nicht nur der redaktionellen Unabhängigkeit des ORF, sondern auch den Interessen der Zuseher, umfassend und angemessen geschützt zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, begnügt sich das Gesetz nicht mit der Regelung des § 17 Abs 2 Z 1 ORF-G, wonach Sponsoren den Inhalt und Programmplatz auf keinen Fall in der Weise beeinflussen dürfen, dass die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit in Bezug auf die Sendungen angetastet wird. § 17 Abs 3 ORF-G ordnet vielmehr ein vollständiges Verbot des Sponsorings von Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information an (vgl ).

21 Das Auftrittsverbot des § 13 Abs 2 ORF-G, das auf das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen, BGBl III 1998/164 idF BGBl III 2002/64, zurückgeht, verfolgte nach seiner Entstehungsgeschichte das Ziel, im Sinne des Schutzes von Konsumenten vor Täuschung zu verhindern, dass diese nicht mehr zwischen Nachrichten und Werbung unterscheiden können (vgl Kogler/Traimer/Truppe , Österreichische Rundfunkgesetze3 (2011), 145, mit Hinweisen auf den Erläuternden Bericht zum genannten Übereinkommen), wobei der Begriff der "Werbung" in diesem Zusammenhang weit zu verstehen ist und - nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut - nunmehr sämtliche Formen der kommerziellen Kommunikation, somit auch Sponsorhinweise, umfasst.

22 Die KommAustria führt in ihrer Revisionsbeantwortung daher zu Recht aus, dass § 17 Abs 3 ORF-G und § 13 Abs 2 ORF-G unterschiedliche Schutzzwecke bedienen. Zwar geht es in beiden Fällen (auch) um den Schutz des Konsumenten; während § 17 Abs 3 ORF-G aber auf das Sponsoring der Sendung selbst abstellt und diese kommerziellen Einflüssen entziehen soll, zielt § 13 Abs 3 ORF-G auf die Person des - den Zusehern durch seine regelmäßigen Auftritte bekannten - Nachrichtensprechers ab; durch das Auftrittsverbot soll, wie der ORF selbst zugesteht, vermieden werden, dass "die Seriosität der Personen, die regelmäßig Nachrichtensendungen präsentieren, (...) auf das umworbene Unternehmen abfärbe(...)"; mit anderen Worten dient das Verbot vor allem dazu, bekannte Moderatoren, denen das Publikum erhöhte Glaubwürdigkeit beimisst, nicht zu Werbeträgern zu machen.

23 Im vorliegenden Fall wurde der Sponsorhinweis, die Moderatorin S K sei von einem näher bezeichneten Modehaus ausgestattet worden, zu einem Zeitpunkt eingeblendet, als diese Moderatorin die Abmoderation vornahm. Sie war für die Zuseher zeitgleich mit der gesponserten Kleidung im Bild zu sehen und sie verrichtete überdies jene Tätigkeit, aus der sie dem Publikum als Präsentatorin einer Nachrichtensendung bekannt war. Es kann dem BVwG nicht entgegengetreten werden, wenn es diese Form der Sendungsgestaltung als "Auftritt" der Moderatorin in einem Sponsorhinweis qualifizierte, wurden dabei doch in höchstem Maße jene Grenzen zwischen Nachrichten und Werbung (im weiteren Sinn) verwischt, deren Aufrechterhaltung das in Rede stehende Verbot gewährleisten soll.

24 Die Revision war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

25 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am