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VwGH vom 27.02.2013, 2012/03/0164

VwGH vom 27.02.2013, 2012/03/0164

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des F M in E, vertreten durch Stolz Schartner Rechtsanwälte Gesellschaft m. b.H. in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Salzburg vom , Zl A3/26810/2/2012, betreffend Entschädigung für verfallene Waffen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Gewährung einer angemessenen Entschädigung für verfallene Waffen gemäß § 12 Abs 4 WaffG als verspätet zurück.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, das über den Beschwerdeführer verhängte Waffenverbot sei durch den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom , mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom abgewiesen worden sei, in Rechtskraft erwachsen. Daran ändere die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (die mit Erkenntnis vom , 2008/03/0175 als unbegründet abgewiesen worden war) nichts. Die Frist für die Stellung eines Antrags auf angemessene Entschädigung nach § 12 Abs 4 letzter Satz WaffG (ein Jahr ab Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbots) sei daher bei Stellung des Antrags des Beschwerdeführers () längst verstrichen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Gemäß § 12 Abs 2 WaffG sind die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen Waffen und Munition (Z 1) sowie zu Erwerb, Besitz, Führen oder Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigende Urkunden (Z 2) unverzüglich sicherzustellen.

Gemäß § 12 Abs 3 WaffG hat eine Berufung gegen ein Waffenverbot keine aufschiebende Wirkung. "Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbotes" gelten die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen (Z 1) und die im § 12 Abs 2 Z 2 WaffG angeführten Urkunden als entzogen (Z 2).

Gemäß § 12 Abs 4 WaffG hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag für die verfallenen Waffen (seit der Novelle BGBl I Nr 43/2010 auch für verfallene Munition), soweit er deren rechtmäßigen Erwerb glaubhaft macht, mittels Bescheid eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen. Ein solcher Antrag ist "binnen einem Jahr ab Eintritt der Rechtskraft des Verbotes nach Abs 1" zu stellen.

2. Im Beschwerdefall ist allein strittig, ob die einjährige Frist nach § 12 Abs 4 zweiter Satz WaffG, innerhalb der also ein Antrag auf Entschädigung für die verfallenen Waffen zu stellen ist, ab dem Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde (als zweite und letzte Instanz) oder ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die vom Beschwerdeführer gegen die letztinstanzliche Entscheidung eingebrachte Beschwerde nach Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG zu rechnen ist.

3. Die Beschwerde wendet sich nicht dagegen, dass die formelle Rechtskraft bedeutet, dass der betreffende Bescheid nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann; ebenso wenig wird in Abrede gestellt, dass die Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (deren Zulässigkeit die Erschöpfung des Instanzenzugs voraussetzt, vgl Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG) an der formellen Rechtskraft eines Bescheids nichts ändert (vgl dazu auch ).

Sie vertritt aber die Auffassung, bezogen auf die Bestimmung des § 12 Abs 4 WaffG habe eine andere Sichtweise Platz zu greifen:

Anträgen nach § 30 Abs 2 VwGG auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen einen Waffenverbotsbescheid werde nämlich regelmäßig mit der Begründung nicht Folge gegeben, dass die Gefahr einer Veräußerung der verfallenen Waffen unter ihrem Verkehrswert deshalb nicht bestehe, weil dem Betroffenen auf Antrag eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen sei. Ein Waffenverbotsbescheid sei daher regelmäßig (unabhängig von einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof) vollstreckbar und könne von der Behörde durchgesetzt werden.

Im Fall einer erfolgreichen Beschwerde gegen einen letztinstanzlichen Waffenverbotsbescheid habe die Behörde - nach Aufhebung des Bescheids - neuerlich zu entscheiden, wobei es auch zu einer Aufhebung des Waffenverbots kommen könne. Seien dann die zuvor verfallenen Waffen bereits vernichtet bzw allenfalls auch eine Entschädigung bezahlt, sei die Rückstellung nicht mehr möglich.

Aus Gründen der Rechtssicherheit und wegen des Gebots eines fairen Verfahrens und zur Verhinderung unzulässiger Eingriffe in die Freiheit des Eigentums sei daher für die Berechnung der einjährigen Frist nach § 12 Abs 4 WaffG - in analoger Anwendung des § 505 Abs 4 ZPO, wonach die Erhebung einer außerordentlichen Revision nicht den Eintritt der Vollstreckbarkeit, sondern nur den der Rechtskraft hemme - auf die Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs abzustellen.

Eine solche Sichtweise sei umso mehr geboten, als seit der Novelle BGBl I Nr 51/2012 der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs 3a VwGG auch in der Sache selbst entscheiden könne.

4. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Festzuhalten ist zunächst, dass mit dem eingangs genannten hg Erkenntnis vom die Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Waffenverbotsbescheid als unbegründet abgewiesen worden ist; die Konsequenzen einer Aufhebung eines letztinstanzlichen Waffenverbotsbescheids nach § 42 Abs 2 VwGG sind im Beschwerdefall also nicht zu beurteilen.

Die von der Beschwerde hervorgehobenen Folgen der Aufhebung eines durch Beschwerde angefochtenen letztinstanzlichen Bescheids im Fall der zwischenzeitigen faktischen Umsetzung des Waffenverbots sind die regelmäßigen Folgen des vom Gesetz vorgegebenen Systems der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle von letztinstanzlichen Bescheiden durch Beschwerde nach Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG, der aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zukommt (§ 30 Abs 1 VwGG), vielmehr nur unter den Voraussetzungen des § 30 Abs 2 VwGG über Antrag zuzuerkennen ist. Eine gesetzliche Grundlage für eine abweichende Beurteilung im Fall des § 12 Abs 4 letzter Satz WaffG ist für den Verwaltungsgerichtshof im Lichte der Beschwerdeausführungen nicht zu erkennen. Solches ist schon deshalb angezeigt, als nicht nur in § 12 Abs 4 WaffG auf die "Rechtskraft" des Waffenverbots abgestellt wird, sondern auch in § 12 Abs 3 WaffG: Danach tritt die Rechtswirkung des Verfalls der sichergestellten Gegenstände (also des Eigentumsübergangs an den Bund) bereits mit Rechtskraft des ein Waffenverbot verfügenden Bescheids ein, ohne dass es eines gesonderten, den Verfall aussprechenden Bescheides bedürfte (). Ebenfalls mit diesem Zeitpunkt gelten die in § 12 Abs 2 Z 2 WaffG angeführten Urkunden, also iW Waffenpass und Waffenbesitzkarte, entzogen. Im genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch betont, dass in diesem Zeitpunkt (Rechtskraft des Waffenverbots) die in § 12 Abs 4 letzter Satz WaffG normierte Frist für die Antragstellung auf Entschädigung zu laufen beginnt.

Den verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerde ist zunächst mit dem Hinweis darauf zu begegnen, dass ein unverhältnismäßiger Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht des Betroffenen gerade durch den Rechtsanspruch auf Zuerkennung einer angemessenen Entschädigung verhindert wird (vgl , und vom , 2000/20/0010).

Vor dem Hintergrund, dass der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer gar nicht behauptet, im Waffenverbotsbescheid nicht auf die Rechtswirkungen des Verfalls und die Möglichkeit der Stellung eines Entschädigungsantrages binnen einem Jahr ab Eintritt der Rechtskraft hingewiesen worden zu sein, kann auch nicht gesehen werden, dass die mit Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbots ausgelöste Einjahresfrist nach § 12 Abs 4 letzter Satz WaffG zu kurz sei (vgl auch diesbezüglich das zitierte hg Erkenntnis 2005/03/0033).

Welchen Einfluss schließlich die von der Beschwerde aufgezeigte, durch die Novelle BGBl I Nr 51/2012 eröffnete, mit in Kraft getretene Möglichkeit einer Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst (§ 42 Abs 3a VwGG) auf die - nach Zustellung des letztinstanzlichen Waffenverbotsbescheides am - bereits im November 2009 eingetretene Verfristung einer Antragstellung nach § 12 Abs 4 WaffG haben könnte, wird von der Beschwerde nicht dargelegt. Im Übrigen ändert diese Möglichkeit nichts an der (formellen) Rechtskraft eines vor dem Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Bescheides.

5. Der Beschwerdeinhalt lässt daher erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am