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VwGH vom 29.01.2009, 2007/16/0012

VwGH vom 29.01.2009, 2007/16/0012

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2007/16/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerden der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch die Hübner & Hübner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung Gesellschaft m. b. H. in 1120 Wien, Schönbrunnerstraße 222-228/7, gegen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates Außenstelle Wien je vom 1.) Zl. RV/1729-W/03 und 2.) Zl. RV/1730-W/03, je betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.572,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Datiert mit richtete die Republik Österreich "vertreten durch die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur" ein Schreiben an die Beschwerdeführerin, welches (auszugsweise) folgenden Inhalt hat:

"Wir nehmen Bezug auf die geführten Gespräche und bestätigen den Abschluss des folgenden kurzfristigen Darlehens der ASFINAG mit der Republik Österreich (RÖ):

Die ASFINAG erhält (Zinsen vorweg abgezogen) EUR 247.025.436,35; Valuta ; Konto

Nr. 90.013.306 bei der PSK, BLZ 60000.

Die ASFINAG zahlt zurück (Darlehensnominale) EUR 250.000.000,00; Valuta auf das Konto mit der Nummer 1-1100-7 bei der OeNB, zugunsten der Republik Österreich, Ref. 08 0501."

Das Schreiben schloss mit dem Ersuchen an die Beschwerdeführerin "zum Zeichen ihres Einverständnisses beiliegende Gleichschrift nach Gegenfertigung zu retournieren."

Unstrittig ist, dass der Betrag von EUR 247,025.436,35 am von einem Konto der Republik Österreich an die Beschwerdeführerin überwiesen und dass die Gleichschrift des Schreibens vom von der Beschwerdeführerin am gegengezeichnet und an die Republik Österreich übermittelt wurde.

Bereits datiert mit hatte zuvor die Republik Österreich, wiederum vertreten durch die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur ein Schreiben an die Beschwerdeführerin gerichtet, das (ebenfalls auszugsweise) folgenden Inhalt hatte:

"Wir nehmen Bezug auf die geführten Gespräche und bestätigen den Abschluß des folgenden kurzfristigen Darlehens der ASFINAG mit der Republik Österreich (RÖ):

Die ASFINAG erhält (Zinsen vorweg abgezogen) EUR 92.559.462,31; Valuta ; Konto

Nr. 90.013.306 bei der PSK, BLZ 60000.

Die ASFINAG zahlt zurück (Darlehensnominale) EUR 93.127.211,77; Zusätzlich zahlt die ASFINAG der RÖ die EUR-Differenz vom USD/EUR Forward-Exchange (siehe Punkt 4) in Höhe von EUR 580.327,00. Somit zahlt die ASFINAG netto EUR 93.707.538,77 Valuta auf das Konto mit der Nummer 1-1100-7 bei der OeNB, zugunsten der Republik Österreich, Ref. 08 0501."

Auch dieses Schreiben enthielt ein entsprechendes Ersuchen um Unterfertigung und Retournierung der Gleichschrift.

Auch betreffend diesen Vorgang ist unstrittig, dass der Betrag von EUR 92,559.462,31 am von einem Konto der Republik Österreich an die Beschwerdeführerin überwiesen und dass die Gleichschrift des Schreibens vom von der Beschwerdeführerin am gegengezeichnet und an die Republik Österreich übermittelt wurde.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien setzte mit Bescheiden je vom ausgehend von "Kreditsummen" von EUR 250,000.000,00 bzw. EUR 93,127.211,77 jeweils Rechtsgebühr gem. § 33 TP 19 Abs. 1 Z. 1 GebG in der Höhe von je 0,8 % der genannten Summen fest (= EUR 2,000.000.,00 bzw. EUR 745.017,69).

Dagegen berief die Beschwerdeführerin.

Mit den im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen teilweise Folge, indem sie in Abänderung der erstinstanzlichen Bescheide die Gebühr jeweils ausgehend von EUR 247,025.436,35 bzw. EUR 92,559.462,31 festsetzte. In der Begründung dieser Bescheide vertrat die belangte Behörde - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren noch von Interesse ist - jeweils die Meinung, dass zwar die Republik Österreich als Kreditgeberin gem. § 2 Z. 1 GebG von der Gebühr befreit sei, dass sich jedoch die Befreiungsbestimmung des § 9 Satz 2 Bundesfinanzierungsgesetz nur auf die "Aufnahme von Schulden" beziehe, nicht aber auf die in den Beschwerdefällen vorliegende "Weitergabe des aus der Aufnahme erzielten Kapitals" an die Beschwerdeführerin.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerden je wegen Rechtswidrigkeit ihres Inahaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in beiden Beschwerden in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht "auf Zuerkennung der (sachlichen) Gebührenbefreiung gem. § 9 BFinG iVm § 2 Abs. 1 Z. 10 BFinG (= lex specialis zu § 2 Z. 1 GebG) bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sowie im Zusammenhang mit der persönlichen Gebührenbefreiung des Bundes gem. § 2 Z. 1 GebG verletzt."

Die belangte Behörde legte die Akten des jeweiligen Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in denen die Abweisung der Beschwerden als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerdesachen wegen ihres rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Ausgehend von der eindeutigen und unmissverständlichen Fassung der Beschwerdepunkte ist gem. § 41 Abs. 1 VwGG für den Verwaltungsgerichtshof in den beiden Beschwerdefällen allein die Frage Prüfungsgegenstand, ob die Gebührenbefreiung gem. § 9 iVm § 2 Abs. 1 Z. 10 Bundesfinanzierungsgesetz zum Tragen kommt.

Die Beschwerdeführerin ist eine gem. § 1 ASFINAG-Gesetz, BGBl. Nr. 591/1982 (idF BGBl. I Nr. 142/2000) errichtete Kapitalgesellschaft, deren gesamte Anteile dem Bund vorbehalten bleiben.

Gem. § 65c Z 1 Bundeshaushaltsgesetz (idF BGBl. I Nr. 26/2000) hat der Bund sonstigen Rechtsträgern, an denen er mehrheitlich beteiligt ist, (unter Einhaltung der Rahmenbedingungen des § 65b leg. cit.) Finanzierungen zu gewähren und sich dabei der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur zu bedienen.

Das Bundesfinanzierungsgesetz BGBl. Nr. 763/1992 bestimmt folgendes:

"§ 1. (1) (Verfassungsbestimmung) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, zur Durchführung der in § 2 bezeichneten Aufgaben eine Gesellschaft mir beschränkter Haftung zu gründen, die zur Gänze im Eigentum des Bundes steht. Der Sitz der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist Wien. Das Stammkapital beträgt eine Million Schilling.

(2) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung führt die Firma 'Österreichische Bundesfinanzierungsagentur' (ÖBFA) und ist berechtigt, das Bundeswappen zu führen. Eine Gründermehrheit ist nicht erforderlich ..."

§ 2. (1) (Verfassungsbestimmung) Die ÖBFA hat im Namen und auf Rechnung des Bundes folgende Aufgaben unter Beachtung der im § 2 BHG festgelegten Ziele zu besorgen:

1. ...

...

10. (Verfassungsbestimmung) die Aufnahme von Schulden, den Abschluss von Währungstauschverträgen und die Durchführung von Veranlagungen für sonstige Rechtsträger und Sonderkonten des Bundes nach Aufforderung des Bundesministers für Finanzen.

(2) ...

...

§ 9. Die ÖBFA ist abgabenrechtlich wie eine Körperschaft öffentlichen Rechts zu behandeln, die im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches keine Erwerbszwecke verfolgt. Die Durchführung der Aufgaben gemäß § 2 unterliegt nicht den bundesgesetzlich geregelten Abgaben und Gebühren."

Die mit Novelle BGBl. I Nr. 124/1997 in Gestalt des Satzes 2 des § 9 Bundesfinanzierungsgesetz vorgenommene Gebührenbefreiung hat der Gesetzgeber mit dem Zweck geschaffen, eine steuerliche Gleichstellung mit der Schieneninfrastrukturfinanzierungs GmbH zu bewirken (siehe dazu den Bericht des Finanzausschusses vom , 864 der Blg. zu den Stenografischen Protokollen des NR XX. GP). Er hat dabei aber nach dem ausdrücklichen Wortlaut der zitierten Bestimmung unzweifelhaft eine sogenannte sachliche Gebührenbefreiung angeordnet, weil sie nicht eine bestimmte physische oder juristische Person, sondern bestimmte Vorgänge, nämlich die "Durchführung der Aufgaben" gem. § 2 leg. cit. befreit (siehe zur Unterscheidung sachlicher und persönlicher Gebührenbefreiung z.B. die Ausführungen von Fellner, MGA Stempel- und Rechtsgebühren8 Anm. 1 zu § 2 GebG).

Diese sachliche Gebührenbefreiung für die "Durchführung der Aufgaben" gem. § 2 des Bundesfinanzierungsgesetzes betrifft im Bereich der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 10 leg. cit. unter anderem die "Aufnahme von Schulden für sonstige Rechtsträger des Bundes", worunter im Beschwerdefall die durch die beiden beschwerdegegenständlichen Verträge für die Beschwerdeführerin aufgenommenen, an den Bund rückzahlbaren Verbindlichkeiten fallen.

Für die von der belangten Behörde dabei vorgenommene Differenzierung des Vorganges in einen Bereich der "Aufnahme der Schuld" (offenbar gemeint durch den Bund vertreten durch die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur) und in einen weiteren der "Weitergabe dieser Mittel" an die Beschwerdeführerin, findet sich im zitierten Befreiungstatbestand keinerlei Grundlage. Es wäre darüber hinaus auch nicht einzusehen, wieso sich der Befreiungstatbestand (wie die belangte Behörde vermeint) nur auf den Vorgang der Aufnahme einer Schuld durch den Bund beziehen sollte, weil die Sphäre des Bundes ja ohnehin schon von der persönlichen Befreiungsbestimmung des § 2 Z. 1 GebG erfasst wäre. Da dem Bund ohnehin die dort normierte persönliche Gebührenbefreiung zukommt, kann sich der Befreiungstatbestand des § 9 Satz 2 Bundesfinanzierungsgesetz vernünftigerweise nur auf die durch die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur in Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 2 leg. cit. vorgenommenen Transaktionen beziehen und damit im Anwendungsbereich der Z. 10 des Abs. 2 dieser Bestimmung auch auf den Bereich der "Aufnahme von Schulden für sonstige Rechtsträger", womit aber gerade der von der belangten Behörde in den Mittelpunkt ihrer Entscheidung gestellte Bereich einer "Weiterleitung der Mittel" ebenfalls von der Gebührenbefreiung erfasst ist.

Dass die in Rede stehende Befreiungsbestimmung schon vor ihrer späteren weiteren Novellierung durch das BG BGBl. I Nr. 24/2007 so zu verstehen war, ergibt sich eindeutig aus dieser Novellierung selbst und ihrem Zweck.

§ 9 Satz 2 Bundesfinanzierungsgesetz lautete seither wie folgt: "Die Durchführung der Aufgaben gemäß § 2 und die damit verbundenen Rechtsgeschäfte unterliegen nicht den bundesgesetzlich geregelten Abgaben und Gebühren."

Dass auch der von der von der belangten Behörde als maßgeblich angesehene Bereich einer "Weiterleitung der aufgenommenen Mittel" unter die Neufassung des Befreiungstatbestandes zu subsumieren ist, ist vollkommen klar, weil die beiden beschwerdegegenständlichen Verträge, die die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur im Namen des Bundes mit der Beschwerdeführerin abgeschlossen hat, selbstverständlich als mit "der Durchführung der Aufgaben gem. § 2 Bundesfinanzierungsgesetz verbundene Rechtsgeschäfte" zu verstehen sind. Zweck dieser Novellierung war aber nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers nicht die Neuschaffung einer bisher nicht bestandenen sachlichen Gebührenfreiheit sondern nur die Vermeidung aufgetretener Unklarheiten. In den EB zur Regierungsvorlage der Novelle (siehe 43 der Blg. zu den Stenografischen Protokollen des NR XXIII. GP) findet sich dazu nämlich die folgende Aussage: "Zur Vermeidung jeglicher Unklarheiten soll durch die vorgeschlagene Änderung von § 9 des Bundesfinanzierungsgesetzes die sachliche Gebührenbefreiung der Durchführung der Aufgaben bzw. der damit verbundenen Rechtsgeschäfte gemäß § 2 des Bundesfinanzierungsgesetzes klar zum Ausdruck kommen; d.h. es ist der Rechtsvorgang selbst von den Gebühren befreit und keiner der Vertragspartner kann zur Gebührenentrichtung herangezogen werden."

Es wurde sohin mit der zitierten Novelle nur eine Klarstellung der Rechtslage vorgenommen, was eine Auslegung des vorher bestandenen Wortlautes der Befreiungsbestimmung des § 9 Satz 2 Bundesfinanzierungsgesetz im Sinne der später vorgenommenen Klarstellung nicht hindert.

Aus all dem folgt aber, dass die belangte Behörde durch ihre Rechtsansicht, es sei zwischen der "Aufnahme von Schulden" und der "Weiterleitung der Mittel" zu differenzieren, ihre Bescheide je mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastete hat, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu ihrer Aufhebung führen muss. Auf die weiteren Beschwerdeausführungen braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Mit Rücksicht darauf konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und Z. 6 VwGG auch von der Durchführung der beantragten Verhandlung Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008 insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am