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VwGH vom 23.06.2009, 2004/13/0088

VwGH vom 23.06.2009, 2004/13/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. Alfred Strobl, Rechtsanwalt in 1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 141, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0497- W/02, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1996 sowie Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 1998 und die Folgejahre, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit über die Einkommensteuer für das Jahr 1996 entschieden wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Biochemiker, erklärte für das Jahr 1996 Einkünfte aus einem Dienstverhältnis zu einer österreichischen Universität und Einkünfte aus selbständiger Arbeit für eine GmbH in Deutschland. Als Werbungskosten in Bezug auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (in der beigelegten Aufgliederung: als "steuerrelevante Ausgaben") machte er u.a. Kosten einer Mietwohnung in Frankfurt am Main in der Höhe von DM 11.045,04 Miete, DM 480,92 Stromkosten und DM 202,96 Telefonkosten (zusammen umgerechnet S 80.929,55) abzüglich DM 3.500,-- (umgerechnet S 24.150,--) Erlös aus Untervermietung geltend.

Das Finanzamt brachte von den insgesamt geltend gemachten Werbungskosten ("steuerrelevanten Ausgaben") in der Höhe von S 180.967,-- den Betrag von S 80.929,55 sowie zwei Beträge nicht anerkannter Spenden (zusammen S 3.332,--) in Abzug, zählte die vom Beschwerdeführer abgezogenen Einnahmen aus der Untervermietung wieder hinzu und berücksichtigte den so ermittelten Betrag von S 120.855,45 als Werbungskosten bei den Einkünften des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit. In der Begründung wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, Kosten für "doppelte Haushaltsführung" könnten "nur als vorübergehend zu den Werbungskosten subsumiert werden, wobei hinsichtlich des Wohnsitzwechsels von einer angemessenen Frist auszugehen ist". Der Beschwerdeführer habe die "Kosten für doppelte Haushaltsführung" schon seit 1993 geltend gemacht, womit "der Tatbestand von vorübergehend anzuerkennenden Werbungskosten längst verwirklicht" worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid des Finanzamtes - und gegen einen zweiten Bescheid vom selben Tag, mit dem Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 1998 und die Folgejahre festgesetzt worden waren - teilweise Folge. Sie stellte fest, der Beschwerdeführer habe die Wohnung in Frankfurt am Main während eines Aufenthaltes als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem dortigen Universitätsinstitut im Studienjahr 1993/94 angemietet und danach für vorübergehende Aufenthalte in Frankfurt am Main beibehalten. Diese Aufenthalte stünden einerseits mit einem unvergüteten Lehrauftrag in Frankfurt am Main, mit dem der Beschwerdeführer seit dem Sommersemester 1994 betraut sei, und andererseits mit seiner Beratungstätigkeit für die GmbH in Zusammenhang. Letztere verpflichte ihn zu höchstens sechs Anreisen pro Kalenderjahr, wobei er die Reise- und Aufenthaltskosten aus dem vereinbarten Pauschalhonorar selbst zu begleichen habe. Im Jahr 1996 habe sich der Beschwerdeführer insgesamt fünfmal in Frankfurt am Main aufgehalten, wobei jedesmal sowohl Projektbesprechungen im Rahmen seiner Beratungstätigkeit für die GmbH als auch Diskussionen mit Dissertanten stattgefunden hätten. Drei dieser Aufenthalte seien jeweils kurz gewesen (1.-2. Februar, 11.-12. Juli, 24.-25. Oktober). Während der zwei etwas längeren Aufenthalte (1.-14. Mai, 2.-10. Dezember) habe der Beschwerdeführer auch Vorlesungen gehalten. Der Beschwerdeführer habe eines der beiden Zimmer (etwa zwei Drittel) der etwa 70 m2 großen Wohnung untervermietet, um die Kosten der Wohnung gering zu halten. Dies sei ihm aber nicht laufend gelungen, sodass es zu Leerstehungen gekommen sei.

Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdevertreter u. a. vorgebracht, dem unvergüteten Lehrauftrag habe er nur wegen der Einnahmen aus der Projektmitarbeit im Rahmen der Beratungstätigkeit für die GmbH nachkommen können. Zu Letzterer hätten auch die Gespräche mit Dissertanten gehört. Mit der Untervermietung habe er seiner Erinnerung nach erst im Juli 1996 begonnen. Die Telefonkosten seien von da an vom Untermieter getragen worden. Die Stromrechnungen habe weiterhin der Beschwerdeführer gezahlt, die monatliche Untermiete von DM 600,-- habe aber einen Teilbetrag zur Abdeckung der Stromkosten enthalten. Warum sich aus einer Untervermietung ab Juli 1996 ein Gesamtbetrag von DM 3.500,-- und nicht DM 3.600,-- ergeben habe, könne er (im Zeitpunkt dieses Vorbringens im März 2004) nicht mehr sagen.

In ihren rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde aus, bei der Untervermietung eines Teiles der Wohnung handle es sich um eine eigene Betätigung, die zur Einkunftsart Vermietung und Verpachtung gehöre. Eine gemeinsame Betrachtung mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit sei gesetzlich nicht zulässig.

Aus den Art. 3 und 15 des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland leitete die belangte Behörde ab, dass Österreich in Bezug auf die Einkünfte aus der Untervermietung in Deutschland kein Besteuerungsrecht zukomme, solche - auch negative - Einkünfte aber bei der Anwendung des Einkommensteuertarifs im Rahmen des sogenannten Progressionsvorbehaltes von Bedeutung sein könnten. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass es sich bei der zugrundeliegenden Betätigung um eine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechtes handle. Im Fall des Beschwerdeführers treffe dies nicht zu, weil nach den Maßstäben der Liebhabereiverordnung in der von der belangten Behörde herangezogenen Fassung Liebhaberei anzunehmen sei. Im Jahr 1996 seien den Aufwendungen für Miete und Strom (DM 11.525,96, davon zwei Drittel: DM 7.683,97) Einnahmen von lediglich DM 3.500,-- gegenübergestanden. Leerstehungen zählten dabei zur Untervermietung. Ein positives Ergebnis habe durch die Untervermietung auch in weiterer Folge bis zur Aufgabe der Wohnung im Jahr 2001 nicht erzielt werden können. Es handle sich um eine abgeschlossene Tätigkeit, die ausschließlich Verluste erwirtschaftet habe und somit als Liebhaberei einzustufen sei. Die Verluste seien daher steuerlich unbeachtlich und nicht im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen.

Das verbleibende Drittel der Aufwendungen für Miete und Stromkosten zuzüglich der gesamten geltend gemachten Telefonkosten (insgesamt S 27.910,13) berücksichtigte die belangte Behörde als Betriebsausgaben im Zusammenhang mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Sie führte dazu aus, bei den Lehrveranstaltungen und der damit fachlich und personell eng verbundenen Beratungstätigkeit in Frankfurt am Main habe es sich um eine einheitliche Betätigung gehandelt, die Aufenthalte seien betrieblich bedingt gewesen und sachliche Gründe - jederzeitige Verfügbarkeit ohne vorherige Buchung und unabhängig von Feiertagen und Kongressen, Möglichkeit der Lagerung von z.B. Unterlagen - hätten für die Nutzung einer Wohnung an Stelle etwa eines Hotelzimmers gesprochen.

Schließlich setzte die belangte Behörde die Vorauszahlungen für 1998 und die Folgejahre entsprechend niedriger fest als das Finanzamt.

In der vorliegenden Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer durch den Bescheid der belangten Behörde in seinem subjektiven Recht auf "gerechte und gleichmäßige" Besteuerung seines Einkommens im Jahr 1996, gesetzmäßige Ermittlung seines steuerpflichtigen Einkommens im Jahr 1996 und gesetzmäßige Berechnung seiner Einkommensteuer für dieses Jahr verletzt. Er macht geltend, die Wohnung - wie auch von der belangten Behörde angenommen - aus sachlichen Gründen im Zusammenhang mit seiner Beratungstätigkeit beibehalten zu haben, was auch aus der späteren Aufgabe der Wohnung nach der Beendigung dieser Tätigkeit hervorgehe. Die Untervermietung sei nie auf Gewinn ausgerichtet gewesen. Sie habe nur "als Deckungsbeitrag zur Verringerung der Betriebsausgaben" gedient und sei keine eigene Betätigung, sondern bloß eine untergeordnete Hilfstätigkeit gewesen. Statt des Betrages von DM 3.841,99 hätte die belangte Behörde daher (gemeint: abgesehen von den von ihr anerkannten Telefonkosten in der Höhe von DM 202,96) die Differenz zwischen den gesamten Ausgaben für Miete und Strom (DM 11.525,96) und den aus der Untervermietung erzielten Einnahmen (DM 3.500,--), d.s. DM 8.025,96, als Betriebsausgaben aus selbständiger Tätigkeit anerkennen müssen. Wollte man stattdessen der Argumentation der belangten Behörde folgen, so sei der angefochtene Bescheid ebenfalls nicht richtig. Da der Beschwerdeführer mit der Untervermietung erst im Juli 1996 begonnen habe, wären für das erste Halbjahr auch diesfalls die gesamten Kosten der Wohnung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen gewesen.

Die belangte Behörde hält dem in der Gegenschrift entgegen, entscheidend seien nicht die Absichten des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Anmietung der Wohnung, sondern der Umstand, dass er sich in der Folge zur Untervermietung entschlossen habe. Das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht mache die Untervermietung nicht zu einer untergeordneten Hilfstätigkeit. Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe erst im Juli 1996 mit der Untervermietung begonnen, stehe entgegen, dass er schon in der Beilage zur Einkommensteuererklärung für das Jahr 1995 Erlöse aus Untervermietung für den Zeitraum "10.11./95" erklärt habe. Ab dem Beginn der Untervermietungstätigkeit seien allfällige Leerstehungen, wie auch im angefochtenen Bescheid ausgeführt, der Untervermietungstätigkeit zuzuordnen. Ein Vermietungsbeginn erst im Juli 1996 sei entgegen dem in der Beschwerde vertretenen Standpunkt nicht "unbestritten". Die diesbezügliche Erklärung des Beschwerdeführers sei nach Ansicht der belangten Behörde nur auf den in diesem Zusammenhang konkret genannten Untermieter zu beziehen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die zuletzt wiedergegebene Argumentation der belangten Behörde findet im angefochtenen Bescheid keine Grundlage. Dass der Beschwerdeführer schon im Jahr 1995 mit der Untervermietung begonnen habe, ist der Bescheidbegründung nicht entnehmbar. In der Darstellung des Sachverhaltes ist von der Untervermietung zunächst an zwei Stellen - im Zusammenhang mit ihrem "nicht laufenden" Gelingen und mit der Einkommensteuererklärung des Beschwerdeführers für das Jahr 1996 - ohne Bezugnahme auf den Zeitpunkt ihres Beginns die Rede. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom wird mit den Worten wiedergegeben, er habe "die Untervermietung erst im Juli 1996 begonnen", was mit dem tatsächlichen Inhalt der Stellungnahme übereinstimmt ("Soviel ich heute noch rekonstruieren kann, begann die Untervermietung erst im Juli 1996.") In den Erwägungen der belangten Behörde beginnt die Prüfung, ob Liebhaberei vorliegt, mit dem Jahr 1996. Als Ergebnis wird festgestellt, die Vermietung habe "in sämtlichen Jahren ab dem Jahr 1996 zu Verlusten geführt". Von einer Vermietungstätigkeit schon ab dem Jahr 1995, der sich die Kosten der Wohnung im ersten Halbjahr 1996 anteilig zuordnen ließen, wurde im angefochtenen Bescheid daher erkennbar nicht ausgegangen.

Zumindest in Bezug auf die erste Jahreshälfte hätte sich die belangte Behörde daher - ausgehend von ihren Sachverhaltsannahmen -

damit auseinandersetzen müssen, ob auch die Kosten der gesamten Wohnung aus den von ihr angenommenen Gründen als Betriebsausgaben im Zusammenhang mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit in Betracht kommen konnten.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist im Übrigen auch insofern verfehlt, als die belangte Behörde die Untervermietung im Jahr 1996 einer Prüfung nach den Maßstäben des § 1 Abs. 2 Z 3 und des § 2 Abs. 4 der insoweit erst durch die Verordnung BGBl. II Nr. 358/1997 für Zeiträume ab dem eingeführten Fassung der Liebhabereiverordnung unterzogen hat.

In Bezug auf die Einkommensteuer 1996 war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Durch die Entscheidung der belangten Behörde über die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 1998 und Folgejahre wurden die als Beschwerdepunkte geltend gemachten Rechte des Beschwerdeführers nicht berührt. Insoweit war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am