VwGH vom 18.09.2007, 2007/16/0004

VwGH vom 18.09.2007, 2007/16/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der O Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Andreas Peyrer-Heimstätt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 7/DG, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A8 K-161/1999-3, betreffend Getränkeabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom setzte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz für den Zeitraum bis für die entgeltliche "Lieferung" alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke sowie Speiseeis die Getränkeabgabe mit insgesamt S 438.985,-- (EUR 31.902,28) fest und lehnte den Antrag auf Rückerstattung der entrichteten Abgabe ab.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz der Berufung keine Folge und lehnte den Antrag auf Rückerstattung der entrichteten Abgabe ab.

Die beschwerdeführende Partei stellte den Vorlageantrag.

Mit Berufungsvorentscheidung vom setzte die belangte Behörde die Entscheidung über die Berufung gemäß § 211 Stmk LAO aus.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte die vorgenommene Abgabenfestsetzung. In der Begründung dieses Bescheides heißt es zur Einhebung der Getränkesteuer auf Dienstleistungen, wie aus dem Abgabenakt ersichtlich sei, habe die beschwerdeführende Partei im Abgabenzeitraum Konzessionen für den Betrieb des Gastgewerbes an unterschiedlichen Standorten in Graz inne gehabt. In der Eingabe der beschwerdeführenden Partei vom werde ausgeführt, dass sie Selbstbedienungsrestaurants betrieben habe. Bedienungspersonal sei nicht eingesetzt worden. Die Filialen hätten Küchen und Gasträume gehabt. Neben Speisen seien alkoholfreie Getränke sowie Bier und Wein zur Selbstentnahme angeboten worden. Die alkoholfreien Flaschengetränke seien verschlossen und in Kühlvitrinen den Konsumenten präsentiert worden. Das Flaschenbier sei wie die alkoholfreien Getränke angeboten worden. Der offene Wein, das offene Bier und die alkoholfreien "Postmixgetränke" seien in Zapfstationen vom Konsumenten selbst gezapft worden. Der Kaffee habe über vollautomatische Kaffeemaschinen selbst entnommen werden können.

Bei der gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung von gastronomischen Umsätzen als "Lieferungen" oder als Dienstleistungen, orientiere sich die Rechtsprechung an den Entscheidungsgründen des C- 231/94: Ob bestimmte Umsätze Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen seien, richte sich nach ihrem Wesen. Dieses sei im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Die Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr sei das Ergebnis einer Reihe von Dienstleistungen vom Zubereiten bis zum Darreichen der Speisen. Dabei werde dem Gast zugleich eine organisatorische Gesamtheit zur Verfügung gestellt, die sowohl einen Speisesaal mit Nebenräumen (Garderoben u.a.) als auch das Mobiliar und das Geschirr umfasse. Gegebenenfalls würden Kellner das Gedeck auflegen, den Gast beraten, die angebotenen Speisen oder Getränke erläutern, diese auftragen und schließlich nach dem Verzehr die Tische abräumen. Der EuGH habe in diesem Urteil weiters festgestellt, dass Restaurationsumsätze keine Lieferungen von Gegenständen im Sinne von Art. 5 oder 6 der Richtlinie 77/388 darstellten, sondern als Dienstleistungen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie anzusehen seien. Solche Umsätze seien durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln bestehe, während die Dienstleistungen bei weitem den überwiegenden Teil darstellten.

Die beschwerdeführende Partei wende ein, dass sie ausschließlich ein Selbstbedienungs-Restaurant betreibe und somit keine Bedienung der Gäste erfolge. Dabei übersehe sie jedoch, dass auch in Selbstbedienungsrestaurants ein Bündel von Dienstleistungen die Lieferelemente überwiege: Die Getränke würden zwar nicht serviert, die beschwerdeführende Partei stelle jedoch einen Speisesaal mit Nebenräumen (WC, Garderobe etc.) Mobiliar und Geschirr zur Verfügung. Der Gast brauche sich auch nicht um den Abwasch oder die Reinigung der Tische, Räume, WC-Anlagen etc. kümmern. Hinzu komme bei der beschwerdeführenden Partei, dass die Getränke vorwiegend in Automaten dargeboten würden. Dabei obliege es der beschwerdeführenden Partei diese Automaten zu befüllen, in Stand zu halten und die dortige Reinigung zu besorgen. Auch wenn es sich bei dem Betrieb der Abgabepflichtigen um ein Selbstbedienungsrestaurant handle, seien vom Personal der beschwerdeführenden Partei die Tabletts mit dem schmutzigen Geschirr im Bedarfsfall eingesammelt und zum Abwasch zu bringen. Aus all dem ergebe sich, dass die Komponente der Dienstleistungen in den Selbstbedienungsrestaurants der beschwerdeführenden Partei den Dienstleistungscharakter im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsteuerrichtlinie bestimme. Für die Gemeinschaftsrechtskonformität der Getränkeabgabe sei es somit irrelevant, ob bedient bzw. serviert werde oder nicht. So habe der EuGH in seinem Urteil vom , Rs C-231/94, in der Randziffer 13 zum Ausdruck gebracht, dass das Gedeck auflegen, das Beraten des Gastes, das Auftragen und das Tischabräumen nach dem Verzehr durch einen Kellner nur einen Teil der Dienstleistungskomponente ausmache.

Damit unterscheide sich der Betrieb der beschwerdeführenden Partei deutlich von jenen Betrieben, die ausschließlich die Vermarktung alkoholischer Getränke und somit lediglich die Lieferung zum Gegenstand hätten. Der Betrieb der beschwerdeführenden Partei sei daher unter dem Begriff des Gastronomie- und Restaurationsbetriebes zu subsumieren. Dafür sprächen auch die diversen Gewerbeberechtigungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht, für die entgeltliche Abgabe von alkoholischen Getränken keine Getränkesteuer entrichten zu müssen, sowie in ihrem Recht auf Einräumung des rechtlichen Gehörs verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2005/16/0217, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH entschieden, dass die Einhebung der Getränkesteuer auf die Abgabe von alkoholischen Getränken im Rahmen einer Dienstleistung nicht gemeinschaftsrechtswidrig ist.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob solche Dienstleistungen vorlagen.

Das Vorliegen einer Dienstleistung ist aus einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln und in jedem Beschwerdefall für jeden besteuerten Umsatz festzustellen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/16/0217, mit den Entscheidungsgründen des C- 491/03).

Mit dem hat der EuGH in der RS C- 231/94, Faaborg-Gelting Linie A/S, Slg. 1996, I-02395, entschieden:

"Restaurationsumsätze sind als Dienstleistungen im Sinne von

Artikel 6 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage anzusehen, als deren Ort nach Artikel 9 Abs. 1 der Richtlinie derjenige Ort gilt, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat."

Im Leitsatz dieses Urteils heißt es:

"Restaurationsumsätze, die in der Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr bestehen, stellen keine Lieferungen von Gegenständen im Sinne von Artikel 5 der Sechsten Richtlinie 77/388 dar, sondern sind als Dienstleistungen im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 dieser Richtlinie anzusehen. Solche Umsätze sind nämlich durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht, während die Dienstleistungen bei weitem überwiegen."

In den Entscheidungsgründen dieses Urteils heißt es:

"12 Ob bestimmte Umsätze Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen sind, richtet sich nach ihrem Wesen. Dieses ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln.

13 Die Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr ist das Ergebnis einer Reihe von Dienstleistungen vom Zubereiten bis zum Darreichen der Speisen. Dabei wird dem Gast zugleich eine organisatorische Gesamtheit zur Verfügung gestellt, die sowohl einen Speisesaal mit Nebenräumen (Garderoben u. a.) als auch das Mobiliar und das Geschirr umfasst. Gegebenenfalls werden Kellner das Gedeck auflegen, den Gast beraten, die angebotenen Speisen oder Getränke erläutern, diese auftragen und schließlich nach dem Verzehr die Tische abräumen.

14 Somit ist der Restaurationsumsatz durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht, während die Dienstleistungen bei weitem überwiegen. Er ist daher als Dienstleistung im Sinne von

Artikel 6 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie zu betrachten. Etwas anderes gilt hingegen, wenn sich der Umsatz auf Nahrungsmittel 'zum Mitnehmen' bezieht und daneben keine Dienstleistungen erbracht werden, die den Verzehr an Ort und Stelle in einem geeigneten Rahmen ansprechend gestalten sollen."

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zunächst auf den Inhalt der erteilten Konzessionen verwiesen und danach die Art und Weise der Abgabe der Getränke in den Selbstbedienungsrestaurants dargestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, die Abgabeneinhebung für alkoholische Getränke sei in den Selbstbedienungsrestaurants auf Dienstleistungen erfolgt und damit nicht gemeinschaftsrechtswidrig.

Wenn auch bekanntermaßen das Ausmaß der Dienstleistungen bei der Abgabe von Getränken in einem Selbstbedienungsrestaurant weit geringer sind als in anderen Restaurants, dann darf nicht übersehen werden, dass nach dem bereits zitierten , Restaurationsumsätze, die in der Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr bestehen, keine Lieferungen von Gegenständen im Sinne von Art. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388, sondern Dienstleistungen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie sind. Werden die Getränke in einem Selbstbedienungsrestaurant zum sofortigen Verzehr abgegeben, erfolgte dies im Sinne des zitierten Urteils im Rahmen einer Dienstleistung und es liegen damit "Restaurationsumsätze" vor, auf die nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts Getränkeabgabe erhoben werden darf. Bei der Abgabe von Getränken in Selbstbedienungsrestaurants steht dem Konsumenten die gesamte Infrastruktur eines "Restaurants" samt seinen Einrichtungen auch während der Konsumation der Getränke zur Verfügung (vgl. die zu einem weiteren Betrieb der beschwerdeführenden Partei in einem obiter dictum des Erkenntnisses vom , Zl. 2006/16/0138, festgehaltene Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für das dort fortgesetzte Verfahren).

Dass die Getränke nicht zum sofortigen Verzehr abgegeben wurden, wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet. Im Übrigen ist entgegen der Behauptung in der Beschwerde in den Auflagen der erteilten Konzessionen auch eine gratis benützbare Toiletteanlage zwingend vorgeschrieben. Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Garderobe ist nicht entscheidungserheblich.

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Vorschreibung der Getränkeabgabe auch für die im Selbstbedienungsrestaurant abgegebenen alkoholischen Getränke aus den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen als nicht rechtswidrig. Die Verfahrensrüge des mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahrens und die Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht näher ausgeführt und somit wurde die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am