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VwGH vom 22.04.2009, 2007/15/0307

VwGH vom 22.04.2009, 2007/15/0307

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der P Gesellschaft mbH & Co KG in S, vertreten durch Mag. Dr. Paul Huber, Wirtschaftsprüfer in 5020 Salzburg, Fürstenallee 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0422-S/05, betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende KG betreibt mehrere Seilbahn- und Schiliftanlagen. Für das Jahr 2003 beantragte sie eine Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 in Höhe von EUR 126.732,72.

Im Zuge einer Nachschau wurde festgestellt, dass die geltend gemachten Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Errichtung einer neuen Vierersesselbahn zu einem (wesentlichen) Teil die begünstigte Liftanlage, aber auch nicht prämienbegünstigte Gebäude (Tal- und Bergstation) beträfen. In der Folge wurden die Gebäudekosten auf der Grundlage eines seitens der Beschwerdeführerin beauftragten Gutachtens mit einem Betrag von rund EUR 119.240,-- ermittelt. Das Finanzamt erhöhte diesen Betrag auf EUR 124.728,-- und setzte nach Abzug dieses Wertes und weiterer - vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht strittiger - unbelegt gebliebener Kosten die Investitionszuwachsprämie in Höhe von EUR 113.709,89 fest.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Beurteilung der Berg- und Talstation als nicht prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei der Berg- und Talstation um unselbständige Teile der Liftanlage handle. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Bauwerke bei Einstellung des Liftbetriebes abzutragen wären. Eine anderweitige, vom Betrieb der Liftanlage losgelöste Nutzung sei nicht möglich. Dass die Berg- und Talstation Teile der Liftanlage darstellten, werde auch aus dem Wertverhältnis der Herstellungskosten deutlich. Lediglich 7% der Gesamtinvestitionskosten entfielen auf die strittigen Liftstationen. Im Übrigen erfüllten sie auch für sich genommen den Gebäudebegriff im Sinne des § 108e Abs. 2 EStG 1988 nicht. Der Gesetzgeber habe bewusst nicht den Begriff der unbeweglichen Wirtschaftsgüter, sondern den viel engeren Begriff "Gebäude" verwendet. Die Hauptfunktion der Berg- und Talstation läge nicht darin, Menschen Schutz vor äußeren Einflüssen zu bieten, sondern darin, den Betrieb der Anlage mittels der darin befindlichen maschinellen Anlagen zu ermöglichen. Die Tatsache, dass die beiden Stationen in Teilbereichen eine "räumliche Umfriedung" darstellten, die den Eintritt von Menschen zur Vornahme von Wartungs- und Überwachungsarbeiten gestatteten und auch WC-Anlagen enthielten, ändere nichts daran, dass sie im Verhältnis zur gesamten vAnlage on vollkommen untergeordneter Bedeutung seien und Teile des Wirtschaftsgutes Sesselbahn bildeten. Weiters wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die vom Finanzamt gegenüber dem Gutachten vorgenommene Erhöhung der Gebäudekosten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung lediglich insoweit teilweise statt, als die nicht prämienbegünstigten Gebäudekosten in Höhe des vom Gutachter ermittelten Wertes bemessen wurden.

Die vorliegenden Pläne wiesen die Talstation als kleines Haus mit Fenstern, Türen und Holzsatteldachkonstruktion aus. Getrennt davon, jedoch unmittelbar im Anschluss dazu befinde sich die Einstiegsstelle der Liftanlage mit Förderband. Ein ähnliches Bild vermittle der Ansichtsplan der Bergstation. Dieser zeige ein "kleines Häuschen und in etwa in zwei Meter Abstand die Ausstiegsstelle der Liftanlage". Die Talstation bestehe aus einem Führerraum, WC, Lager-, Niederspannungs-, Notantriebs- und Installationsraum. Die Bergstation verfüge laut Baubeschreibung über einen Dienstraum und einen Lagerkeller im Untergeschoss.

Nach der Verkehrsauffassung stellten sich die Berg- und Talstation damit als "Häuser unterschiedlicher Größe" und somit als Gebäude im Sinne des § 108e EStG 1988 dar. Dass insbesondere in der Talstation, welche mit WC, Wärmedämmung und Heizung ausgestattet sei, auch Räumlichkeiten für die Unterbringung von Maschinen vorgesehen seien, mache die Talstation nicht - wie die Beschwerdeführerin meine - zu einem Anlagenteil ähnlich einer gemauerten Maschinenumhüllung, zumal ein Gebäude nicht nur Menschen, sondern auch Maschinen Schutz gegen äußere Einflüsse gewähren solle. Da für die Beurteilung des Vorliegens eines Gebäudes allein das tatsächliche äußere Erscheinungsbild entscheidend sei, komme den rechtlichen Erwägungen der Beschwerdeführerin zum Bestehen einer Abtragungsverpflichtung im Falle der Einstellung des Liftbetriebes keine Relevanz zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 108e Abs. 1 und 2 EStG 1988 lauten auszugsweise:

"(1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

(2) Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens.

Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen:

- Gebäude.

..."

Strittig ist im gegenständlichen Fall ausschließlich, ob die beiden Bauwerke bei den Einstiegs- und Ausstiegsstellen der Liftanlage "Gebäude" (iSd § 108e Abs. 2 EStG 1988) darstellen.

Aus § 1 Abs. 2 BewG 1955 folgt, dass die Bestimmungen des zweiten Teiles des BewG für die Investitionszuwachsprämie nicht anwendbar sind. Die aus § 51 Abs. 1 leg.cit. abgeleitete Unterscheidung zwischen Gebäude (Grundvermögen) und "Betriebsvorrichtungen" ist daher im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung

Die Beurteilung, ob ein Gebäude vorliegt, ist an Hand der Verkehrsauffassung zu treffen (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, III, § 108e Tz. 4).

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass nach der Verkehrsauffassung unter einem Gebäude jedes Bauwerk zu verstehen ist, das durch räumliche Umfriedung Menschen und Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Eintritt von Menschen gestattet, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0156).

Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde zum äußeren Erscheinungsbild der strittigen Liftstationen. Dass die Tal- und Bergstation "ähnlich einem Gebäude im klassischen Sinn" aussehe, ergebe sich auf Grund "der Erfordernisse zur Einfügung der Stationen in das Landschaftsbild". Der Einbau eines WC für das Bedienungspersonal sei in einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen begründet und nehme der Talstation nicht "ihren grundsätzlichen Charakter", der sich ausschließlich aus den technischen Erfordernissen für den Betrieb der Seilbahn ergebe. Die beiden Stationen gehörten zur wirtschaftlichen Einheit "Sesselbahn". Es handle sich um (auch nach Wertverhältnissen betrachtet) untergeordnete, nicht als selbständige Wirtschaftsgüter zu betrachtende Teile der gesamten Liftanlage. Die Existenz derartiger Liftstationen sei für den Betrieb einer Sesselbahn erforderlich. Auch bestehe eine rechtliche Verpflichtung, die "Einrichtungen" bei Einstellung des Liftbetriebes abzutragen und sei eine andere Nutzung der Liftstationen auf Grund ihrer Eigenart auch gar nicht denkbar.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Im gegenständlichen Fall ist entscheidend, dass die Beschwerdeführerin der in der Aktenlage gedeckten Feststellung der belangten Behörde, wonach die strittigen Bauwerke die typischen Merkmale eines Gebäudes aufweisen, nicht entgegentritt. Dass Betriebsgebäude in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem betrieblichen Geschehen stehen und ohne das Vorhandensein eines Betriebes ihrer wirtschaftlichen Funktion beraubt wären, trifft auf eine Vielzahl derartiger Gebäude zu. Die Zweckbestimmung des Bauwerks hat unberücksichtigt zu bleiben, weil ansonsten die räumliche Umschließung von Betriebsanlagen stets als wirtschaftlicher Teil der Betriebvorrichtung anzusehen wäre, wenn ihr Fehlen den Zweck der Anlage beeinträchtigen würde. Die hier streitgegenständlichen Bauwerke haben nach dem wiedergegebenen Beschwerdevorbringen nicht nur die Funktion, Teile der Seilbahnanlage zu "umschließen", sondern dienen auch dem Aufenthalt des Bedienungspersonals, was eine entsprechende Ausstattung der Räumlichkeiten erforderlich machte.

In welchem Wertverhältnis Betriebsgebäude zu den Betriebsvorrichtungen stehen, ist für das Vorliegen eines Gebäudes nach der Verkehrsauffassung unerheblich. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob das Bauwerk auf Dauer oder nur auf begrenzte Zeit, so wie im Beschwerdefall für die (unbestimmte) Dauer des Liftbetriebes errichtet wird. Zwar trifft es zu, dass von einem Gebäude auch eine gewisse Beständigkeit zu verlangen ist. Entscheidend ist aber die Beschaffenheit (Material) des Bauwerks und dessen feste Verbindung mit dem Grund und Boden, nicht die Dauer der voraussichtlichen Nutzung (vgl. zum selben Begriffsverständnis nach der deutschen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis auch Nolde in Hermann/Heuer/Raupach, § 7 EStG, Anm. 325 und 326). Diese aus der Beschaffenheit der Liftstationen abgeleitete Beständigkeit ist im Beschwerdefall unstrittig erfüllt.

Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am