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VwGH vom 21.11.2011, 2009/18/0208

VwGH vom 21.11.2011, 2009/18/0208

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des Z T (geborener T) in K, vertreten durch Dr. Wolfgang Zajc, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/57.366/2009, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und Z. 6 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

Der Beschwerdeführer sei im August 1990 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Diebstahls und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Wochen rechtskräftig verurteilt worden. Am sei er neuerlich vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen schweren Einbruchsdiebstahls und Verleumdung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, davon neun Monate bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt worden. Auf Grund dieser Verurteilungen sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen und dieser am in seine Heimat abgeschoben worden.

Am habe der Beschwerdeführer (in Serbien) eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und deren Familiennamen angenommen. Gestützt auf diese Ehe seien ihm 1999 ein Einreisevisum und in der Folge mehrere Aufenthaltstitel, am ein unbefristeter Aufenthaltstitel, erteilt worden, weil er verschwiegen habe, dass er bereits zweimal unter anderem Namen verurteilt worden sei und gegen ihn ein aufrechtes Aufenthaltsverbot bestehe.

Am sei der Beschwerdeführer neuerlich vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß § 127 StGB sowie § 50 Abs. 1 Z. 3 Waffengesetz zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt und in diesem Zusammenhang von der Erstbehörde schriftlich ermahnt worden, dass er im Fall eines weiteren Fehlverhaltens mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu rechnen habe. Dem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer im Jänner 2006 - im angefochtenen Bescheid näher dargestellte - durch Diebstahl erlangte Munition im Gesamtausmaß von 1.580 Stück besessen habe, obwohl gegen ihn im Jahr 2003 ein Waffenverbot rechtskräftig verhängt worden sei, weil er seine damalige Ehefrau mit dem Umbringen bedroht und ihr mehrere Faustschläge sowie Fußtritte versetzt habe.

Eine weitere Verurteilung sei (am ) durch das Landesgericht für Strafsachen Wien (richtig: Landesgericht Korneuburg) wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch gemäß § 127, § 128 Abs. 1 Z. 4, § 129 Z. 1 und § 130 zweiter Fall sowie § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren erfolgt. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit zwei Mitbeteiligten zwischen April und Juli 2008 in mehreren Angriffen Kupferdrähte gestohlen bzw. zu stehlen versucht, um sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Der Gesamtschaden betrage beinahe EUR 10.000,--.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG sei auf Grund der Verurteilungen des Beschwerdeführers erfüllt. Andererseits habe er anlässlich seines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung am seine strafrechtlichen Verurteilungen und die Tatsache, dass unter seinem Geburtsnamen gegen ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, verschwiegen und dadurch unrichtige Angaben im Sinn des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG gemacht.

Bei der Beurteilung des Gefährdungsmaßstabes sei auch das den bereits getilgten Verurteilungen aus den Jahren 1990 und 1991 zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Er gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Anbetracht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität sowie an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in hohem Maße, sodass sich auch die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme als gerechtfertigt erweise. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er offenbar nicht in der Lage oder gewillt sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Eine Verhaltensprognose könne schon in Ansehung der gewerbsmäßigen Tatbegehung und des immer wieder erfolgten Rückfalls nicht positiv ausfallen.

Der Beschwerdeführer sei geschieden und für eine Tochter sorgepflichtig. Auf Grund seines langjährigen inländischen Aufenthaltes sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dieser sei jedoch zulässig, weil im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Eigentumskriminalität die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz des Eigentums Dritter, aber auch zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten sei.

Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG sei zu berücksichtigen, dass der aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als diese durch sein strafbares Verhalten erheblich relativiert werde. Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer halte sich seit Anfang der Neunzigerjahre durchgehend im Bundesgebiet auf, sei entgegenzuhalten, dass er auf Grund des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes im Juli 1991 in sein Heimatland abgeschoben worden sei, erst beinahe acht Jahre später, nämlich im Juni 1999, einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung eingebracht habe und in diesem Zeitraum auch nicht im Bundesgebiet gemeldet gewesen sei. Er sei somit trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes nach Österreich zurückgekehrt und habe hier - unter Missachtung der maßgeblichen fremden- und melderechtlichen Vorschriften - gelebt, bis er sich durch falsche Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen eine Aufenthaltsberechtigung verschafft habe. Allein dieses Fehlverhalten gefährde das öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zukomme, in gravierender Weise.

Auf Grund dessen und unter weiterer Bedachtnahme auf das den zahlreichen Verurteilungen des Beschwerdeführers zu Grunde liegende strafbare Verhalten seien die öffentlichen Interessen ungleich schwerer zu gewichten als die gegenläufigen - mehrfach relativierten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Eine Trennung von seinen Angehörigen müsse er im öffentlichen Interesse in Kauf nehmen. Dies umso mehr, als ihm bereits bei der Eheschließung und späteren Familiengründung bewusst habe sein müssen, dass ihm ein Ehe- und Familienleben in Österreich verwehrt sei.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er wisse nichts von den der Verurteilung im Jahr 1991 zu Grunde liegenden Einbruchsdiebstählen sowie dem darauf erlassenen Aufenthaltsverbot, widerspricht dies dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG). Im Übrigen steht dieses Vorbringen mit dem Akteninhalt nicht im Einklang, hat doch der Beschwerdeführer die Übernahme des erstinstanzlich erlassenen Aufenthaltsverbotsbescheides am mit seiner Unterschrift bestätigt und dagegen auch eine - erfolglos gebliebene - Berufung eingebracht.

Angesichts der in der Beschwerde nicht bestrittenen Verurteilung des Beschwerdeführers vom durch das Landesgericht Korneuburg zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass auch das den bereits getilgten Verurteilungen aus den Jahren 1990 und 1991 zu Grunde liegende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers im Rahmen der Gefährdungsprognose berücksichtigt werden darf (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0690, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hegt in Anbetracht des langjährigen und wiederholten strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers, wobei er sich weder durch Haftstrafen noch durch eine Abschiebung oder die Androhung aufenthaltsbeendender Maßnahmen von der Begehung weiterer, in ihrem Unrechtsgehalt wesentlich gesteigerten und zuletzt gewerbsmäßig ausgeführten Tathandlungen abhalten ließ, keine Bedenken, dass im vorliegenden Fall vom Bestehen der im § 60 Abs. 1 FPG ausgedrückten Gefährdung auszugehen ist. Aufgrund der Verurteilungen des Beschwerdeführers auch wegen eines Verbrechens (§ 56 Abs. 2 Z. 1 erster Fall FPG) und des geschilderten Fehlverhaltens wären auch die auf den Beschwerdeführer allenfalls anzulegenden - gegenüber § 60 Abs. 1 FPG strengeren - Voraussetzungen des Gefährdungsmaßstabes nach § 56 Abs. 1 FPG erfüllt. Daran vermag auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer zwischen 1991 und 2006 strafrechtlich "völlig unauffällig" gewesen sei, nichts zu ändern, wurde er doch im Frühjahr 2008 in massiver Weise neuerlich straffällig.

Angesichts dessen war auf die Frage, ob auch der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt ist, nicht mehr einzugehen.

Auch das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung gemäß § 66 FPG kann nicht als fehlerhaft beurteilt werden. Auch wenn sich der Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde behauptet - "seit etwa 18 Jahren" oder "seit fast 20 Jahren in Österreich" aufhält und mit seiner geschiedenen Ehefrau sowie seiner etwa 16- jährigen Tochter zusammenlebt, hier arbeitet und gesellschaftlich integriert ist, hat die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht der durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers bewirkten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen und damit den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes kein geringeres Gewicht beigemessen als den im angefochtenen Bescheid genannten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers. Dabei durfte sie auch berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Abschiebung im Jahr 1991 trotz des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes wieder in das Bundesgebiet eingereist ist und unter Angabe unvollständiger Daten zu seiner Person Aufenthaltstitel und damit den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erwirkt hat. Angesichts dessen durfte er zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen, das erst nach seiner Abschiebung begründete Familienleben auf Dauer in Österreich fortführen zu können. Bei dem Beschwerdevorbringen, die geschiedene Frau des Beschwerdeführers bedürfe auf Grund ihrer psychischen Erkrankung und seine Tochter auf Grund deren Minderjährigkeit des Beistandes des Beschwerdeführers, handelt es sich um eine unbeachtliche Neuerung. Die Trennung von diesen hat der Beschwerdeführer im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen. Auch das Fehlen von Bindungen des Beschwerdeführers in seinem Heimatstaat macht das Aufenthaltsverbot fallbezogen nicht unzulässig.

Schließlich bekämpft die Beschwerde noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung durch die erstinstanzliche Behörde. Dies geht - abgesehen davon, dass dies in der Berufung nicht bekämpft wurde - schon deshalb ins Leere, weil durch die Entscheidung der Berufungsbehörde in der Hauptsache der Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung jedenfalls seine Wirkung verloren hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-68533