VwGH vom 27.01.2009, 2004/13/0057
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. Oliver Koch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kramergasse 3/7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1139- W/02, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1995 bis 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Gastwirtin. Sie ermittelt den Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988. Im Rahmen einer bei ihr durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung für den Zeitraum 1995 bis 1997 wurde u.a. festgestellt, auf Grund des von der Prüfungsabteilung Strafsachen zur Auswertung der Daten übermittelten "Kontrollmaterials" der Brauerei, von der die Beschwerdeführerin Getränke bezogen habe, würden für die verfahrensgegenständlichen Jahre nicht erfasste Einkäufe im Ausmaß von netto S 30.455,38 (1995), S 122.075,97 (1996) und S 123.917,69 (1997) zu Umsätzen im Ausmaß von S 107.653,27 (1995), S 416.539,33 (1996) und S 401.007,97 (1997) hochgerechnet. Aus diesen Umsatzzurechnungen ergäben sich Gewinnzurechnungen von S 71.106,81 (1995), S 270.028,17 (1996) und S 252.306,74 (1997). Der nicht erklärte Wareneinkauf werde brutto angesetzt, weil die Vorsteuer mangels ordnungsgemäßer Rechnung nicht in Abzug gebracht werden könne. Als Sicherheitszuschlag werde auf Grund der Zurechnungen und mangels Aufbewahrung von Grundaufzeichnungen und Inventuren sowie auf Grund des Umstandes, dass die Lebenshaltungskosten durch die in den Bilanzen 1995 und 1996 aufscheinenden Entnahmen nicht gedeckt gewesen seien, ein durch griffweise Schätzung ermittelter Betrag von S 30.000,-- netto pro Jahr in Anschlag gebracht.
Mit den erstinstanzlichen Bescheiden folgte das Finanzamt - jeweils unter Wiederaufnahme des Verfahrens - den Feststellungen der Betriebsprüfung.
In ihrer Berufung vom hielt die Beschwerdeführerin dem im Wesentlichen entgegen, das Finanzamt habe sich auf "angebliches Kontrollmaterial" hinsichtlich der Brauerei gestützt, der Beschwerdeführerin seien aber keine Unterlagen darüber, um welche Zukäufe es sich handle und wie sich diese zuordnen ließen, vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin habe "niemals Schwarzeinkäufe getätigt". Da die Brauerei die Barumsätze nicht kundenspezifisch verbucht (zugeordnet) habe, gehe die Argumentation, durch Hinweise auf Lieferadressen sei es dennoch möglich, eine Zurechnung zu bestimmten Kundenumsätzen vornehmen zu können, "mangels an Beweisen ins Leere". Die Verweigerung der Einsicht in die zu Grunde gelegten Kontrollmitteilungen könne nur als Indiz für die nicht fehlerfreie bzw. sorgfältige Beweisaufnahme gewertet werden.
Mit Schreiben vom übermittelte das Finanzamt der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin in der Form von "Beilagen: 30 ... einen Ausdruck" der Daten, die der Betriebsprüfung seitens der Prüfungsabteilung Strafsachen zur Verfügung gestellt worden seien. Die Daten stammten aus dem Originaldatenbestand der Brauerei, nur die Steuernummer sei jeweils hinzugefügt worden. Die Zurechnung der Umsätze sei jeweils auf Grund der zu jedem "Schwarzeinkauf" vermerkten Kundennummer erfolgt. Die "Barumsätze" seien - entgegen der Behauptung in der Berufung - sehr wohl kundenspezifisch verbucht worden, sodass eine eindeutige Zuordnung der Verkäufe möglich gewesen sei. Angemerkt werde, dass die Einsicht in die Kontrollmitteilungen nicht seitens der Betriebsprüfung verwehrt, sondern von der Beschwerdeführerin nicht begehrt worden sei.
Eine Kopie des der Beschwerdeführerin mit diesem Schreiben übermittelten Ausdrucks (30 Beilagen) ist in den vorgelegten Akten nicht enthalten.
Mit Schriftsatz vom erstattete die Beschwerdeführerin durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter eine Berufungsergänzung, in der sie geltend machte, das erstinstanzliche Verfahren sei mangelhaft gewesen. Bei Beachtung ihrer Ermittlungspflichten hätte die Behörde "zum Schluss kommen müssen, dass jenen von der Behörde angenommenen Umständen, die zu einer Umsatz- und Gewinnzuschätzung geführt haben, auch Umstände gegenüberstehen, die zu einer derartigen Umsatz- und Gewinnminderung führen, dass eine Wiederaufnahme hätte unterbleiben können bzw. die wiederaufgenommenen Verfahren kein Nachzahlung hätten ergeben dürfen."
Dieses Vorbringen verband die Beschwerdeführerin mit Ausführungen darüber, dass sich ihr Lokal in der Nähe eines Obdachlosenheimes befinde, aus dessen Bewohnern die Kundschaft der Beschwerdeführerin zum Großteil bestehe. Dies führe aus näher dargestellten Gründen dazu, dass die im Lokal der Beschwerdeführerin konsumierten Getränke oft unbezahlt blieben. Die Beschwerdeführerin sei "bemüht, diesbezüglich weitere Anhaltspunkte, Aufzeichnungen, Zeugen und sonstige Beweismittel ausfindig zu machen und so ihrer Mitwirkungspflicht im bestmöglichen Ausmaß nachzukommen, bereits jetzt kann aber auch ohne alldem festgestellt werden, dass die erwähnten Umstände zu Umsatzeinbußen geführt haben, die größer als die von der Abgabenbehörde vorgenommenen Umsatzzuschätzungen sind. Aus den angeführten Gründen wiederholt die Berufungswerberin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter den Antrag, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben ..."
Mit Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom wurde "in Ergänzung zum bisherigen Vorbringen beantragt, die in den gegenständlichen Lieferungen enthaltene Vorsteuer zu berücksichtigen. Da die Abgabepflichtige nicht bzw. nicht mehr im Besitz der Rechnungen ist, sind diese von der Abgabenbehörde, welche ohnedies über eine detaillierte Aufstellung verfügt, zu schätzen."
Mit Schriftsatz vom teilte die Beschwerdeführerin mit, in Bezug auf die in der Berufungsergänzung vom dargestellten umsatz- und gewinnmindernden Umstände habe die Beschwerdeführerin "nun bereits einige ladungsfähige Zeugen eruieren, Namen von Verstorbenen, welche beträchtliche Zechen nicht bezahlt haben, nennen, weitere Namen von mit offenen Zechen nicht wiedergekehrten oder verstorbenen Personen nennen, bezüglich derer ihr nur Vor- und Spitznamen bekannt sind, sowie weitere Personen eruieren" können, "welche noch leben, aber offene Rechnungen haben. In diesem Sinne liegt bereits eine Liste mit 20 Namen auf und eruiert die Berufungswerberin weiterhin die Ausfälle durch die in der Berufungsergänzung genannten Umstände."
Darüber hinaus wurde in diesem Schriftsatz vorgebracht, es sei "aber nun überhaupt die Frage aufgetaucht, ob die gesamten 'Letztverbraucherlieferungen' nicht zu Unrecht der Berufungswerberin zugeordnet wurden. Wie sich herausgestellt hat, scheint bezüglich der gesamten Lieferungen ... keine einzige der Berufungswerberin zuzurechnende Dummynummer auf. Es handelt sich vielmehr ausschließlich um die Dummynummer ..., welche der M. GmbH in 1200 Wien zugeordnet ist, sowie um die Nummer ..., welche der ... P(artei) Brigittenau in 1200 Wien zugeordnet ist. Die Berufungswerberin ist sich überdies absolut sicher, niemals diese Adressen für Lieferungen an sich selbst angegeben zu haben. Es besteht daher der Verdacht, dass die gesamten Umsatz- und Gewinnzuschätzungen bzw. die gesamten der Prüfung zugrundegelegten Lieferungen zu Unrecht der Berufungswerberin zugeordnet wurden und diese als völlig Unbeteiligte die steuer- und finanzstrafrechtlichen Folgen zu tragen hätte." Aus diesen Gründen werde beantragt, bekannt zu geben, "aus welchen Erwägungen die Steuer- und Kundennummer der Berufungswerberin mit der Dummynummer der M. GmbH und der ... P(artei) Brigittenau verknüpft wurde und welche Beweismittel dafür existieren, dass an die M. GmbH und die ... P(artei) Brigittenau adressierte Lieferungen an den Betrieb der Berufungswerberin zugestellt wurden."
Zu dieser Eingabe und dem übrigen Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin holte die belangte Behörde mit Schreiben vom eine Stellungnahme des Finanzamtes ein. "Nach der Aktenlage" seien die Behauptungen der Beschwerdeführerin, wonach bezüglich der gesamten Lieferungen keine einzige ihr zuzurechnende "Dummynummer" aufscheine und es sich um Nummern handle, die anderen Adressaten zuzurechnen seien, "nicht überprüfbar".
In seiner Stellungnahme zu diesem Schreiben vom verwies das Finanzamt hinsichtlich der Zurechnung der Umsätze auf angeschlossene Unterlagen. Die Zurechnungskriterien seien in einem (u.a. angeschlossenen) Aktenvermerk vom dargelegt. Daraus ergebe sich, "dass anhand des beschlagnahmten Datenmaterials bei der ... Brauerei AG bewiesen werden konnte, dass Kunden nicht nur offizielle Lieferungen erhielten, sondern auch über Scheinkunden (Dummy) Waren bezogen haben."
Dass dieses Schreiben und seine Beilagen der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden wären, ist den vorgelegten Akten nicht entnehmbar. Keine der Beilagen bezieht sich spezifisch auf den Fall der Beschwerdeführerin. Es handelt sich (abgesehen von der Erwähnung auch des Einkommensteueraktes, der Arbeitsbögen der Betriebsprüfung und zweier Schreiben der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren als weitere Beilagen im Kopf des Schreibens) um Begründungsmuster und allgemeine Ausführungen über das Vorgehen bei der Brauerei und bei der Verwertung der darüber gewonnen Erkenntnisse durch die Finanzbehörden.
Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, zu ihrem Antrag auf Berücksichtigung von Vorsteuern - für den Fall, dass dieser aufrecht erhalten werden solle - verschiedene Fragen zu beantworten und näher bezeichnete Unterlagen vorzulegen. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin hat Schwarzeinkäufe im Berufungsverfahren zunächst pauschal bestritten (Berufungsschriftsatz vom ), nach Vorhalt in den vorgelegten Akten nicht enthaltener Daten aus dem Originaldatenbestand der Brauerei aber in der Berufungsergänzung vom und vor allem in der Eingabe vom ("Da die Abgabepflichtige nicht bzw. nicht mehr im Besitz der Rechnungen ist ...") implizit zugestanden. In dem Schreiben des Finanzamtes vom , mit dem ihr die Daten übermittelt worden waren, war behauptet worden, die Umsätze seien bei der Brauerei "sehr wohl kundenspezifisch verbucht" worden, "sodass eine eindeutige Zuordnung der Verkäufe möglich war".
Im Schriftsatz vom hatte die Beschwerdeführerin dem gegenüber geltend gemacht, es habe sich herausgestellt, dass die beiden ihr zugerechneten "Dummynummern" einer bestimmten GmbH und einer Bezirkspartei zugeordnet gewesen seien. Es werde daher beantragt, ihr mitzuteilen, aus welchen Erwägungen ihre Steuer- und Kundennummer mit diesen beiden "Dummynummern" verknüpft worden seien und welche Beweise dafür existierten, dass die an die GmbH und an die Bezirkspartei adressierten Lieferungen der Beschwerdeführerin zugestellt worden seien.
In der Beschwerde wird u.a. geltend gemacht, die belangte Behörde habe in dieser Hinsicht nicht die erforderlichen Ermittlungen gepflogen. In einem mängelfreien Verfahren wäre es "jedenfalls geboten gewesen, zu erwägen und zu erheben, warum nicht die - eigentlich näherliegende - Variante als feststehend angenommen wird, dass die gemäß herangezogener Unterlagen und zugeordneter Dummynummern als Empfänger der Lieferungen aufscheinenden Personen auch tatsächliche Empfänger der Lieferungen waren".
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg, weil der angefochtene Bescheid - der nicht erkennen lässt, dass der belangten Behörde die die Beschwerdeführerin betreffenden, in den vorgelegten Akten nicht enthaltenen Originaldaten der Brauerei jemals vorlagen - keine ausreichend konkrete fallbezogene Begründung dafür enthält, dass die (nach dem Standpunkt der belangten Behörde: scheinbaren) Kundennummern der GmbH und der Bezirkspartei erstens überhaupt "Dummynummern" und zweitens solche für die Beschwerdeführerin gewesen seien.
Die diese Thematik betreffenden Ausführungen der belangten Behörde lauten - unter Weglassung eines Textteiles, in dem auf die zweimalige Änderung der Verantwortung der Beschwerdeführerin näher eingegangen wird - wie folgt:
"Die Zurechnung der Umsätze (Schwarzeinkäufe) erfolgte durch das FA anhand der von der Prüfungsabteilung Strafsachen übermittelten Kontrollmitteilungen. Die Auswertung des Datenmaterials der X. Brauerei erfolgte durch die Großbetriebsprüfung für Körperschaften Wien. Auf Grund des beschlagnahmten Datenmaterials konnte bewiesen werden, dass die Bw. von der X. Brauerei nicht nur offizielle Lieferungen erhalten hatte, sondern auch über Scheinkunden (Dummy) Getränke bezogen hatte ("Schwarzeinkäufe"). Der Zusammenhang zwischen der offiziellen und den inoffiziellen Kundennummern ist mengen- und betragsmäßig nachweisbar.
Die Rechnungen sind an fiktive Letztverbraucher adressiert. Bei der X. Brauerei sind diese fiktiven 'Letztverbraucherrechnungen' unmittelbar nach der über die Kundennummer erfolgten offiziellen Bestellung erfasst worden. Im Rechenwerk der X. Brauerei waren die offizielle und die fiktive Rechnung als zusammenhängend zu erkennen.
Aus den Niederschriften, die im Zuge der Ermittlungen bei der X. Brauerei aufgenommen wurden, geht nämlich hervor, dass es beim Verkauf von Waren an Gastwirte, wenn es von diesen gewünscht wurde, üblich war, einen Teil des Verkaufs auf eine andere, als die dem Erwerber der Waren zugehörige Kundennummer (Dummynummer) zu buchen.
Aufzeichnungen, aus welchen die Zuordnung von Dummynummern zur Kundennummer der Bw. hervorgeht, wurden beschlagnahmt. Die Verbuchung des Verkaufes unter Heranziehung dieser Dummynummer erfolgte auf eine Art und Weise, dass sich aus dem Datenbestand ein Konnex zur Kundennummer der Bw. herstellen ließ.
Der Bw. wurde vom FA ein Ausdruck der Daten, die der Bp. seitens der Prüfungsabteilung Strafsachen zur Verfügung gestellt wurde, zur Einsichtnahme und Stellungnahme übermittelt. Diese Daten stammten aus dem Originaldatenbestand der X. Brauerei. Die 'Schwarzverkäufe' waren von der X. Brauerei kundenspezifisch verbucht worden, sodass eine eindeutige Zuordnung zur Bw. möglich war. Die 'weiß' (ordnungsgemäß verbuchten) und die 'schwarzen' (nicht ordnungsgemäß verbuchten) Listen, die der Bw. zuzuordnen sind, sind auch im Arbeitsbogen der Bp. enthalten. Somit sind sowohl Art und Mengen der Waren als auch die jeweiligen Einkaufspreise bezüglich der 'Schwarzeinkäufe' ersichtlich und stehen fest.
Auch aus der Kongruenz zwischen den 'weißen' und 'schwarzen' Listen wird der Zusammenhang erkennbar. Auf beiden Listen, die die monatsweisen Bestellungen ausweisen, werden von der Bw. exakt die gleichen Waren eingekauft, z.B. X. helles Bier, Kiste 20x0,50 oder Pepsi Cola Limonaden, Kiste 12x1. Diese Übereinstimmung zieht sich durch alle Listen. Auch die anderen Waren stimmen überein (s. Arbeitsbogen Bp.). Diese Struktur spricht für die Richtigkeit der Feststellungen der Bp.
Allgemein ist festzuhalten, dass im Zuge weitreichender Ermittlungen der Finanzbehörden bei der X. Brauerei umfangreiche 'Schwarzverkäufe' festgestellt wurden, die alle nach dem gleichen System abliefen. In allen diesen Fällen der 'Schwarzeinkäufe' besteht ein eindeutiger Zusammenhang der 'weißen' mit den 'schwarzen' Bestellvorgängen. Ein nicht verbuchter 'schwarzer' Bestellvorgang steht stets in unmittelbarem Zusammenhang mit einer 'weißen' Lieferung, die in die Buchhaltung Eingang gefunden hat. Ohne diesen Zusammenhang wäre das von der X. Brauerei betriebene System von umfangreichen 'Schwarzlieferungen' nicht möglich gewesen.
Die Annahme, dass auch bei der Bw. dieses System etabliert wurde, hat a.G. der dargelegten Tatsachen und der allgemeinen Lebenserfahrung die weitaus größere Wahrscheinlichkeit für sich als dass gerade bei der Bw. anders als bei zahlreichen anderen Gastronomen vorgegangen (zu ergänzen: worden) wäre.
Noch dazu kommt, dass die Verantwortung der Bw. widersprüchlich und unschlüssig ist. Zuerst bringt sie vor, sie habe niemals 'Schwarzumsätze getätigt. (...) Schlussendlich wurde der Vorhalt des UFS, ob sie den Antrag auf Schätzung der Vorsteuern aufrecht erhalte, gar nicht beantwortet.
Zusammenfassend gelangt der UFS zur Überzeugung, dass die Behauptungen der Bw. aus taktischen Gründen vorgetragen wurden und nicht einmal eine einheitliche Linie aufweisen. Das Argument, die Hinzurechnungen seien zu Unrecht erfolgt, wird nur vage vorgetragen und steht in klarem Widerspruch zu den anderen Vorbringen. Es wurde auch kein einziger Beweis angeboten, der dieses Vorbringen erhärten würde. Das diesbezügliche Vorbringen der Bw. ist daher nicht glaubwürdig.
Auch die Behauptung, bei den Dummynummern, die der Bw. zugeordnet worden wären, handle es sich um eine GmbH in Wien sowie um eine Bezirkspartei in Wien, spricht nicht gegen die Zurechnung. Denn das dargestellte System beruht ja eben auf fingierten Letztverbrauchernummern, die zum Schein anderen (existierenden oder nicht existenten) Firmen zugeordnet sind.
Die allgemeine diesbezügliche Praxis war laut Auskunft der PAST folgende:
Der Kunde der X. Brauerei deponiert seine (offizielle) Bestellung in der telefonischen Bestellannahme, worauf diese sofort in die EDV zur (offiziellen) Kundennummer eingegeben wird. Weiters ordert der Kunde die inoffiziellen Warenmengen, die zu einer fingierten Kundennummer ebenfalls in die EDV eingegeben werden.
Z.B. hat der Kunde 'In-Beisl GmbH, per Adresse 'Stadtplatz', die offizielle Kundennummer '4711'. Die gespeicherten und artikelweise angeführten Liefermengen zu dieser Kundennummer wurden mit den jeweils gültigen Nettopreisen von der Finanzbehörde aus dem Datenbestand der X. Brauerei entnommen und die Beträge in den Spalten 'offiziell' eingetragen.
Die inoffiziellen Einkäufe dieses Kunden gehen einerseits an die Kundennummer '1234', lautend auf eine tatsächlich nicht existierende Firma 'ARGE Stadtplatz', per Adresse 'Stadtplatz', andererseits an die Kundennummer '9876' der bestehenden 'Feuerwache Stadtplatz', per Adresse 'Stadtplatz', die jedoch von der Fa. X. Brauerei keinerlei Waren bezieht. Auch in diesem Fall erfolgte die Erstellung der Liste (Spalten 'schwarz') durch Entnahme der bei der X. Brauerei gespeicherten und artikelweise angeführten Liefermengen mit den jeweils gültigen Nettopreisen.
Die Zuordnung dieser 'Schwarzeinkäufe' zum tatsächlichen Abnehmer ist eindeutig feststellbar, da bei den Kundennummern '1234' und '9876' die Fa. 'In-Beisl GmbH', per Adresse 'Stadtplatz', bei jedem einzelnen Datensatz (Lieferung) als Verleger (Zwischenhändler) angeführt ist. Durch Verknüpfung der Kundennummer 4711 im Datenfeld 'Kunde' und im Datenfeld 'Verleger' konnten die Gesamtlieferungen an den jeweiligen Kunden festgestellt werden.
Nach diesem System wurde auch im ggstdl. Fall vorgegangen. Dem entsprechen - neben der 'offiziellen' Kundennummer - die zwei Dummynummern der Bw. Dass diese 'offiziell' nicht der Bw., sondern anderen Letztverbrauchern zugeordnet sind, ist systemimmanent. Dass die Bw. niemals diese Adressaten für Lieferungen an sich selbst angegeben hat, ist einerseits eine unbewiesene Behauptung und andererseits können diese Adressen auch von der X. Brauerei 'vergeben' worden sein.
Somit steht fest, dass die der Bw. zugerechneten 'Schwarzeinkünfte' stattgefunden haben ..."
Diese Ausführungen enthalten - in mehrfacher Wiederholung - die Behauptung einer eindeutigen Verknüpfung der Daten im Originaldatenbestand der Brauerei und konkretisieren dies schließlich dahingehend, dass der wirkliche Abnehmer in der fiktiven Bestellung des scheinbaren Letztverbrauchers als Verleger (Zwischenhändler) angeführt sei. Eine konkrete Bezugnahme auf - in den vorgelegten Akten auch nicht enthaltene - Unterlagen, anhand deren sich die belangte Behörde davon überzeugt hätte, dass die Beschwerdeführerin in den Bestellungen der GmbH und der Bezirkspartei als Verleger (Zwischenhändler) angeführt sei, fehlt jedoch. Die Ausführungen lassen vielmehr erkennen, dass der belangten Behörde schon der Umstand, dass es sich bei den ihrem Standpunkt zufolge fiktiven Letztverbrauchern tatsächlich um die von der Beschwerdeführerin genannte GmbH und Bezirkspartei handeln solle, nur als "Behauptung" der Beschwerdeführerin bekannt war. Die Behauptung der belangten Behörde, nach dem von ihr dargestellten System sei "auch im ggstdl. Fall vorgegangen" worden und es stehe "fest, dass die der Bw. zugerechneten 'Schwarzeinkäufe' stattgefunden haben", gründet sich im angefochtenen Bescheid daher noch nicht nachvollziehbar auf Ermittlungsergebnisse.
Die Hilfsargumente der belangten Behörde ändern daran nichts. Was zunächst die während des Berufungsverfahrens wiederholt geänderte Verantwortung der Beschwerdeführerin anlangt, so wird von der belangten Behörde nicht dargelegt, dass die Beschwerdeführerin schon auf Grund der mit dem Schreiben vom übermittelten, nicht aktenkundigen Daten erkennen konnte, dass die im Begleitschreiben behauptete "kundenspezifische Verbuchung" bei der Brauerei in der Verbuchung unter Kundennummern der GmbH und der Bezirkspartei (und nicht unter solchen der Beschwerdeführerin) bestand.
Die von der Finanzbehörde erstellten zusammenfassenden Listen der ordnungsgemäß verbuchten ("weißen") und der jeweils als "schwarz" hinzugerechneten Einkäufe aus dem Arbeitsbogen der Betriebsprüfung standen der belangten Behörde - im Gegensatz zu den Daten der Brauerei - erkennbar zur Verfügung und sind auch in den vorgelegten Akten enthalten. Die belangte Behörde nimmt auf sie als weiteres Hilfsargument mit der Behauptung Bezug, die monatsweisen Bestellungen hätten sich in den "weißen" und den "schwarzen" Listen jeweils auf "exakt die gleichen Waren" bezogen und diese Übereinstimmung ziehe sich "durch alle Listen".
Diese Behauptung - wonach jeweils nur eine mengenmäßige Aufteilung stattgefunden hätte - ist aktenwidrig. Unter den 27 verfahrensgegenständlichen Monaten finden sich in den Listen nur vier, in denen sich "weiße" und "schwarze" Bestellungen auf "exakt die gleichen Waren" bezogen (Januar 1996 sowie Februar, April und August 1997; bei vier weiteren Monaten erschöpft sich der Unterschied in der "weißen" Bestellung von Gläsern u.dgl.). Ohne vergleichende Gegenüberstellung mit den Bestellungen anderer Abnehmer der Brauerei wäre das auf die Gleichartigkeit der bestellten Sortimente abzielende Hilfsargument der belangten Behörde aber auch sonst nicht tragfähig.
Das Fehlen einer nachvollziehbaren Bezugnahme auf konkrete Ermittlungsergebnisse, aus denen sich ergibt, dass die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin als Bestellungen der GmbH und der Bezirkspartei verbuchten Bestellungen im Datenbestand der Brauerei mit der behaupteten Eindeutigkeit der Beschwerdeführerin zugeordnet waren, belastet die Entscheidung der belangten Behörde daher mit einem wesentlichen Begründungsmangel, sodass der angefochtene Bescheid - ohne Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen - gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Ausmaß des Begehrens gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 59 Abs. 1) VwGG.
Wien, am