VwGH vom 27.11.2012, 2012/03/0131
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H S in H, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Mag. Johann Huber und Dr. Melanie Taufner, Rechtsanwälte in 3390 Melk, Bahnhofplatz 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl LF1-J- 139/215-2011, betreffend Zurückweisung eines Antrags in einer Angelegenheit nach dem Niederösterreichischen Jagdgesetz 1974 (NÖ JG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalls wird auf das hg Erkenntnis vom , 2010/03/0181, verwiesen.
Mit dem nun angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Einleitung eines Verfahrens zur "Feststellung der Voraussetzungen für das Bestehen eines Wildgeheges" betreffend die umfriedete Eigenjagd "Jagdgehege G" der K M GmbH (iF: KM) zurück.
Dem Beschwerdeführer, Jagdausübungsberechtigter in einem an die Eigenjagd der KM anschließenden Jagdgebiet, der sich in seinen Rechten dadurch verletzt fühle, dass seitens der Jagdbehörde hinsichtlich des Jagdgeheges der KM lediglich eine Zaunhöhe von 2,2 bis 2,4 m vorgeschrieben worden sei, was seiner Auffassung nach das Einwechseln von Gamswild nicht ausschließe, stünden keine subjektiven öffentlichen Rechte in Bezug auf das in Form eines Jagdgeheges geführte Eigenjagdgebiet der KM zu.
Die Feststellung des Jagdgeheges und die damit verbundenen Eigenschaften im Sinne des § 7 NÖ JG gehörten nämlich nicht zu den Angelegenheiten, die geeignet seien, die unmittelbare Rechtsposition des Beschwerdeführers zu beeinträchtigen. Ein rechtliches Interesse an der Einhaltung des § 7 NÖ JG komme nur dem Betreiber des Jagdgeheges zu. Die belangte Behörde verwies dazu auf das - oben zitierte - Erkenntnis vom .
An dieser Beurteilung habe die 18. Novelle zum NÖ JG (6500- 26) entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nichts geändert:
Mit dieser, am in Kraft getretenen Novelle sei geregelt worden, dass gemäß § 7 Abs 1 NÖ JG umfriedete Eigenjagdgebiete gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes und das Einwechseln des außerhalb vorkommenden Schalenwildes vollkommen abgeschlossen sein müssen, während "in der davor gültigen Gesetzesversion" eine umfriedete Eigenjagd "nur gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes dicht" sein habe müssen. Wie aus den Materialien ersichtlich, sei durch die Neuformulierung ein Redaktionsversehen beseitigt und die Rechtslage vor 2002 wieder hergestellt worden. Daraus sei aber für die Frage der Parteistellung Dritter in Verfahren zur Überprüfung von bereits festgestellten Jagdgebieten nichts zu gewinnen. Nach wie vor handle es sich bei allfälligen Interessen Dritter in Bezug auf das Errichten umfriedeter Eigenjagdgebiete um tatsächliche Interessen, die keine Parteistellung begründeten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:
1. Bei Feststellung des Eigenjagdgebiets der KM durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom stand das NÖ JG idF der 17. Novelle, LGBl 6500-25, in Geltung (vgl das zitierte Erkenntnis 2010/03/0181).
§ 7 NÖ JG in der damaligen Fassung lautete (auszugsweise) wie
folgt:
"§ 7
Jagdgehege
(1) Die Befugnis zur Eigenjagd steht auch dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha zu, welche der Wildhege gewidmet und hiefür geeignet ist und die gegen das Aus- und Einwechseln des gehegten Schalenwildes vollkommen abgeschlossen wird (Jagdgehege). Die Sondervorschriften betreffend Jagdgehege gelten für diese Flächen erst mit Beginn des Jagdjahres, das der Fertigstellung der schalenwilddichten Einfriedung folgt. Die Fertigstellung ist der Behörde unverzüglich zu melden.
…
(3) Für die in einem Jagdgehege gehaltenen Wildarten müssen:
o ausreichende natürliche oder künstliche Fütterungsmöglichkeiten und
o geeignete Biotope
vorhanden sein. Die Zahl der gehaltenen Wildtiere muß diesen Voraussetzungen und der Sozialstruktur der jeweiligen Wildarten
entsprechen.
…"
2. Durch die Änderung des NÖ JG durch die 18. Novelle, LGBl Nr 6500-26 (kundgemacht am ), erhielt § 7 Abs 1 NÖ JG folgende - auszugsweise wiedergegebene - Fassung:
"§ 7
Umfriedetes Eigenjagdgebiet
(1) Die Befugnis zur Eigenjagd steht auch dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha zu, welche der Wildhege gewidmet und hiefür geeignet ist und die gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes und das Einwechseln des außerhalb vorkommenden Schalenwildes vollkommen abgeschlossen wird (umfriedetes Eigenjagdgebiet). Die Vorschriften der Abs. 3, 6 und 7 sowie der §§ 81 Abs. 1, 83 Abs. 7, 84 Abs. 1, 85 Abs. 4, 87 Abs. 3 und 6, 94b Abs. 1 Z. 6, Abs. 3 und 95a betreffend umfriedete Eigenjagdgebiete gelten für diese Flächen erst mit Beginn des Jagdjahres, das der Fertigstellung der schalenwilddichten Einfriedung folgt. …"
Weiters wurde u.a. der Abs 4 des § 7 neu gefasst, sodass er wie folgt lautete:
"(4) Die Anerkennung von umfriedeten Eigenjagdgebieten darf - unbeschadet der §§ 6, 9 und 12 - nur erfolgen, wenn
o die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen und o durch die Einfriedung keine erheblichen nachteiligen
Auswirkungen für die Wildhege in den umliegenden Jagdgebieten oder für überregionale Wildkorridore zu erwarten sind.
Die Landesregierung hat mit Verordnung die Lage der überregionalen Wildkorridore im Raum festzulegen. Sie hat sich dabei an anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen, der Biologie der fernwechselnden Schalenwildarten und der Topographie zu orientieren."
§ 7 Abs 4 tritt am in Kraft (Art II der Novelle LGBl 6500-26).
3. In den Materialien (RV, LF 1-LEG-40/007-2010) wird ausgeführt, dass durch die Änderung des Begriffs "Jagdgehege" in "umfriedetes Eigenjagdgebiet" auch sprachlich klar zum Ausdruck gebracht werden solle, dass es sich hierbei um eine Form des Eigenjagdgebietes handelt. Die Bestimmungen des NÖ JG sollten in den Bereichen, in denen es keinen fachlichen Grund für abweichende Regelungen gebe, für alle Jagdgebiete, daher auch für umfriedete Eigenjagdgebiete, gelten.
Zu § 7 wird ausgeführt:
"…
Zu Abs. 1:
Bei der Neufassung der gegenständlichen Bestimmung anlässlich einer früheren Novelle entstanden im Hinblick auf das Erfordernis der Schalenwilddichtheit der Einfriedung aufgrund eines Redaktionsversehens Unklarheiten in der Vollziehung. Diese sollen nunmehr beseitigt werden.
…
Zu Abs. 4 (neu):
Werden durch plötzliches Einfrieden (Abzäunen) ganzer Täler oder Bergstöcke lokale aber auch weiträumige Wildwechsel unterbrochen, welche oft seit langer Zeit von Wildtieren im Zuge ihrer artbedingten, saisonalen Wanderungen (z.B. Aufsuchen der Brunftplätze, etc.) benützt wurden, kann es zu erheblichen Auswirkungen auf die umliegenden Jagdgebiete kommen.
Die wandernden Wildtiere werden nach einiger Zeit versuchen dem Hindernis auszuweichen. Bis zu dieser Aktion bleiben sie jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit einige Zeit im Bereich der Unterbrechung stehen. Dort kann es zu Wildschäden kommen, die während der ungehinderten Wanderschaft in diesen Bereichen nicht auftreten.
Weiters können durch solche Wanderungsblockaden 'ökologische Fallen' entstehen, wenn die wandernden Tiere durch den Zaun geleitet, in die unmittelbare Nähe von Infrastruktureinrichtungen (Straßen, Bahnanlagen, Gewässer, etc.) 'gezwungen' werden, denen sie bisher ausweichen konnten. Dadurch ist mit einer Erhöhung der Fallwildzahlen in den, den umfriedeten Eigenjagdgebieten angrenzenden Jagdgebieten, zu rechnen.
Die Landesregierung hat mit Verordnung die überregionalen Wildkorridore festzulegen. Von der Universität für Bodenkultur wurden im Rahmen eines Projektes die wildökologischen Korridore wissenschaftlich untersucht. Dieses könnte beispielsweise als Basis für die Festlegung solcher Korridore herangezogen werden.
Diese Bestimmung soll im Zuge der Jagdgebietsfeststellung für die Jagdperiode ab 2020 erstmals angewendet werden (siehe Art. II Z. 1). Diese beginnt mit dem .
…"
4. Die Beschwerde wendet sich - wie schon in dem dem zitierten Vorerkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall - gegen die Auffassung der belangten Behörde, die Bestimmung der Zaunhöhe des Jagdgeheges der KM berühre subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers nicht. Sie bringt dazu im Wesentlichen die gleichen Argumente wie im Vorverfahren vor und vertritt die Auffassung, auf Grund der Neuformulierung des § 7 NÖ JG durch die Novelle LGBl 6500-26 sei die Rechtsauffassung der belangten Behörde nicht mehr zutreffend.
5. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten.
5.1. Festzuhalten ist zunächst, dass entgegen der Annahme der Beschwerde ein Jagdgehege gemäß § 7 NÖ JG idF vor der genannten Novelle nicht bloß "gegen das Auswechseln von Schalenwild vollkommen abgeschlossen" sein musste, vielmehr § 7 Abs 1 JG (alt) verlangte, dass das Gehege "gegen das Aus- und Einwechseln des gehegten Schalenwildes vollkommen abgeschlossen" wird; auch das Einwechseln von Schalenwild war also zu verhindern.
Die dargestellte Neufassung diente, so die Materialien (abgesehen von der sprachlichen Klarstellung, dass es sich auch bei einem "Jagdgehege" um ein Eigenjagdgebiet handelt) der Beseitigung eines Redaktionsversehens. Die Materialien nehmen damit offenkundig, wie auch der angefochtene Bescheid zutreffend ausführt, darauf Bezug, dass schon § 7 NÖ JG in der Fassung bis zur Novelle LGBl 6500-16 das Erfordernis "gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes … und gegen das Einwechseln von Schalenwild vollkommen abgeschlossen" normierte, und die der Rechtslage vor der Novelle LGBl Nr 6500-26 entsprechende Formulierung ("gegen das Aus- und Einwechseln des gehegten Schalenwildes vollkommen abgeschlossen") durch die Novelle LGBl 6500-16 (in § 7a NÖ JG) erfolgte, wobei diese Formulierung bis zur Novelle 6500-26 beibehalten wurde.
Unzutreffend ist daher schon die der Auffassung der Beschwerde zugrunde liegende Annahme, das NÖ JG habe idF vor der Novelle 6500-26 eine auch das Einwechseln von Schalenwild hindernde "Schalenwilddichtheit" nicht verlangt.
Schon deshalb kann der Novellierung nicht die von der Beschwerde gewünschte Konsequenz beigemessen werden. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auch der - explizite (vgl RV, aaO, 2) - Wille des Gesetzgebers, die Regelungen für "Jagdgehege" denen für (sonstige) Eigenjagdgebiete anzupassen.
5.2. Klarzustellen ist weiters, dass entsprechend der - am in Kraft tretenden - Regelung des § 7 Abs 4 NÖ JG eine Anerkennung von umfriedeten Eigenjagdgebieten nur dann erfolgen darf, wenn durch die Einfriedung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen für die Wildhege in den umliegenden Jagdgebieten oder für überregionale Wildkorridore zu erwarten sind.
Diese Bestimmung verpflichtet die Jagdbehörde, allfällige negative Auswirkungen durch Unterbrechung von lokalem und weiträumigem Wildwechsel zu überprüfen, zumal es dadurch "zu erheblichen Auswirkungen auf die umliegenden Jagdgebiete kommen" kann. Auch dem ist aber nicht zu entnehmen, dass Dritten, etwa Jagdausübungsberechtigten in angrenzenden Jagdgebieten wie dem Beschwerdeführer, subjektiv-öffentliche Rechte in diesem Verfahren zukämen. Allfällige Interessen des Beschwerdeführers in Bezug auf die Errichtung bzw Beibehaltung des Jagdgeheges sind vielmehr als bloß tatsächliche Interessen anzusehen und können seine Parteistellung im Verfahren nicht begründen.
5.3. Die belangte Behörde hat daher zutreffend erkannt, dass dem Beschwerdeführer keine Parteistellung zukommt.
6. Da also schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG in dem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-68524