VwGH vom 23.02.2010, 2007/15/0289

VwGH vom 23.02.2010, 2007/15/0289

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des GS in S, vertreten durch Mag. Dr. Karl Braunschmid, Steuerberater in 4020 Linz, Landstraße 38, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0085- L/04, RV/0949-L/05, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist praktischer Arzt mit der Befugnis zum Betrieb einer ärztlichen Hausapotheke. In den Jahren 2001 und 2002 errichtete er ein Ordinationsgebäude inklusive Hausapotheke. Hinsichtlich der Baukosten nahm er die Aufteilung der Vorsteuern unter Anwendung des "Umsatzschlüssels gemäß § 12 Abs. 4 UStG 1994" vor und machte einen Vorsteuerabzug im Ausmaß von 50 % der gesamten Vorsteuern geltend.

Das Finanzamt nahm eine Nachschau gemäß § 144 BAO vor und stellte die gesamte Nutzfläche des Gebäudes mit ca. 311 m2 (100%), die "reine" Apothekenfläche mit 12,8 m2 (4,12%) und einen gemischt genutzten Bereich bestehend aus Windfang und Empfangsraum von 48,1 m2 (15,47%) fest. Ausgehend davon ließ sie den Vorsteuerabzug für die "reine" Apothekenfläche zur Gänze und von den gemischt genutzten Flächen zu 50% zu.

In der Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Aufteilung der Vorsteuerbeträge aus den Baukosten für das Ordinationsgebäude nach dessen Nutzfläche und beharrte auf einer Aufteilung gemäß dem Umsatzschlüssel.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte aus, Streit bestehe lediglich über die Methode der Aufteilung der Vorsteuer in einen abzugsfähigen und einen nicht abzugsfähigen Teil und damit über die Höhe der Vorsteuer. Die Vorsteuer sei gemäß § 12 Abs. 4 UStG 1994 grundsätzlich nach Maßgabe ihrer Zurechenbarkeit aufzuteilen. Sie sei demnach danach aufzuteilen, wie sie den unecht befreiten Umsätzen und den übrigen Umsätzen bei wirtschaftlicher Betrachtung ganz oder teilweise zuzurechnen sei. Eine bestimmte Form der Aufteilung sei nicht vorgesehen. Es sei jede Methode, die im Einzelfall eine wirtschaftlich zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge ermögliche, zulässig. Die nicht ausschließlich zurechenbaren Vorsteuerbeträge könnten auch schätzungsweise aufgeteilt werden. Dabei komme es auf die Verhältnisse des Einzelfalles an.

Im Beschwerdefall sei zu beachten, dass die in Rede stehenden Vorsteuerbeträge ihren Ursprung in einem von der laufenden Tätigkeit des Beschwerdeführers getrennten Vorgang, nämlich in der Bautätigkeit für die neue Ordination samt Räumlichkeiten für die Hausapotheke und den daraus resultierenden Aufwendungen genommen haben. Mangels eines direkten wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen den Vorsteuern aus der Errichtung des Ordinationsgebäudes und den vom Beschwerdeführer getätigten laufenden Umsätzen aus der Tätigkeit als praktischer Arzt samt Hausapotheke seien die Vorsteuerbeträge nach Maßgabe der Umstände des Beschwerdefalles schätzungsweise aufzuteilen. Als Aufteilungsmaßstab erscheine im Rahmen einer sachgerechten Schätzung das Flächenausmaß des Gebäudes zutreffend. Da die aufzuteilenden Vorsteuern ausschließlich aus den Herstellungskosten des Gebäudes resultierten, in welchem im Streitjahr - weil im Bau befindlich - noch keine Tätigkeit ausgeübt worden sei, müssten bei Verwendung des vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Umsatzschlüssel Ausgangsumsätze zugrunde gelegt werden, die bei Verwendung anderer Räumlichkeiten und somit unter anderen Rahmenbedingungen erzielt worden seien. Vor diesem Hintergrund erscheine jedoch eine sachgerechte Aufteilung der Vorsteuer nicht möglich. Das Argument des Beschwerdeführers, warum der Medikamentenverkauf bei einem Hausarzt mit Hausapotheke keine von der medizinischen Diagnose und Behandlung völlig abgespaltene Handlung darstelle und der Beschwerdeführer "in allen Ordinationsräumen Medikamenten-Umsätze generiere" sei nicht nachvollziehbar. Worin hierbei im Vergleich mit einem Hausarzt ohne angeschlossene Hausapotheke der Unterschied liegen solle, habe der Beschwerdeführer nicht ausgeführt und es könne ein Unterschied zwischen diesen beiden Betriebsformen nach Ansicht der belangten Behörde nicht erkannt werden.

Mit der vorgenommenen Aufteilung der Vorsteuern werde auch dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 17 Abs. 2, 3 und 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - gemeinsames Mehrwertsteuersystem: Einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - Rechnung getragen. Argumente dahingehend, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit dieser Bauführung zu den verschiedenen Kostenelementen der Ausgangsumsätze (Hausapotheke, Ordination) gehörten, habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Als Maßstab für die Aufteilung der in Rede stehenden Vorsteuern aus den Herstellungsleistungen für das Ordinationsgebäude böte sich die Nutzfläche der Räumlichkeiten des Gebäudes an, in welchem nach dessen Fertigstellung die gesamte Tätigkeit des Beschwerdeführers ausgeübt werde. Die in diesem Sinne nach dem Flächenschlüssel vorgenommene Aufteilung der Vorsteuern sei auch insofern als zutreffend anzusehen, als die im Streitjahr angefallenen Kosten ausschließlich die Kosten für die Herstellung des Gebäudes betroffen hätten und eine differenzierte Betrachtungsweise im Hinblick auf die Kosten einer allenfalls unterschiedlichen Ausstattung der einzelnen Räume nicht geboten gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, die Zuordnung nach der Nutzfläche sei nicht sachgerecht. Der Flächenschlüssel führe bei einer unteilbaren ärztlichen Gesamtleistung - Diagnose, Therapie, Medikamentenabgabe - zu einer wirtschaftlich nicht zutreffenden Zuordnung der Vorsteuerbeträge. Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüsselverfahren führe insofern zu einem sachgerechten Ziel, als er als medikamentenabgabeberechtigter Arzt alle Räumlichkeiten bei Ausübung dieser Gesamttätigkeit verwende.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Vom Vorsteuerabzug sind gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. unter anderem ausgeschlossen die Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, soweit der Unternehmer die Gegenstände oder sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet bzw. in Anspruch nimmt. Bewirkt der Unternehmer neben Umsätzen, die zum Ausschluss von Vorsteuerabzug führen, auch Umsätze, bei denen ein solcher Ausschluss nicht eintritt, so hat der Unternehmer nach § 12 Abs. 4 UStG 1994 die Vorsteuerbeträge nach Maßgabe der Abs. 1 und 3 in abziehbare und nicht abziehbare Vorsteuerbeträge aufzuteilen. Anstelle einer Aufteilung nach Abs. 4 kann der Unternehmer nach Abs. 5 leg. cit. 1. die Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen in nicht abziehbare und abziehbare Vorsteuerbeträge aufteilen, oder

2. nur jene Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze aufteilen, die den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Abs. 3 führenden Umsätzen und den übrigen Umsätzen nicht ausschließlich zuzurechnen sind.

Nach dem 6. Absatz des § 12 UStG 1994 ist die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach Abs. 5 ausgeschlossen, wenn in einem Veranlagungszeitraum die auf Grund der Aufteilung der Vorsteuern nach Umsätzen sich ergebende abziehbare Vorsteuer um mehr als 5 %, mindestens aber um EUR 75,--, oder um mehr als EUR 750,-- höher ist als die Vorsteuer, welche sich auf Grund der Aufteilung nach Abs. 4 ergibt.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass hinsichtlich der "Zurechenbarkeit" der Vorsteuer darauf abzustellen ist, ob und inwieweit der Unternehmer, dem eine Lieferung oder eine sonstige Leistung mit Umsatzsteuerausweis in Rechnung gestellt wird, diese Lieferung oder sonstige Leistung des rechnungsausstellenden Unternehmers zur Ausführung steuerpflichtiger oder unecht steuerbefreiter Umsätze in Anspruch nimmt. Grundsätzlich verlangt das Gesetz eine Zuordnung nach Maßgabe des Zusammenhanges der Vorsteuern mit den Ausgangsumsätzen. Entscheidend ist der objektive wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den für das Unternehmen erworbenen Gegenständen bzw. sonstigen Leistungen und den eigenen unternehmerischen Leistungen (Ruppe, UStG3, § 12 Tz 179 mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Bei Vorsteuerbeträgen, die sowohl mit unecht steuerfreien als auch mit anderen Umsätzen im Zusammenhang stehen, muss ein Aufteilungsmaßstab gewählt werden, der im Einzelfall zu einem möglichst sachgerechten Ergebnis führt. Eine bestimmte Vorgangsweise schreibt das Gesetz hiefür nicht vor. Zulässig ist jede Methode, die eine wirtschaftlich zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge gewährleistet (Ruppe, aaO, § 12 Tz 181). Fehlen die Grundlagen für eine sachgerechte exakte Zuordnung dieser gemischten Vorsteuerbeträge nach § 12 Abs. 4 UStG 1994, so ist zu schätzen. Grundsätzlich ist jede im Gesetz vorgesehene Methode zulässig, die im Einzelfall eine wirtschaftliche zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge gewährleistet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 87/15/0087).

Wenn die belangte Behörde für die Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung eines Ordinationsgebäudes samt Räumlichkeiten für die Hausapotheke den Flächenschlüssel als sachgerechten Aufteilungsmaßstab angesehen hat, kann das nicht als rechtswidrig angesehen werden. Hiebei kommt es lediglich auf die Flächen an, die unmittelbar dem Bewirken der Umsätze der Hausapotheke oder der Tätigkeit als praktischer Arzt dienen. Für erstere finden der im Bauplan mit "Apotheke" bezeichnete Raum zur Gänze und die mit "Windfang" und "Empfangsraum" bezeichneten Räumlichkeiten teilweise Verwendung. Der Umstand, dass die Nutzung der anderen, der Ordination dienenden, Räume Auswirkungen auf den Hausapothekenumsatz insofern haben, weil die dort gestellte Diagnose und die Therapie regelmäßig zu einem Medikamentenumsatz führen, bedeutet nicht, dass auf diesen Flächen die Hausapothekenumsätze bewirkt werden. Von einer "unteilbaren ärztlichen Gesamtleistung" zu sprechen, ist auch deswegen verfehlt, weil die Abgabe bzw. der Verkauf von Medikamenten nicht als ärztliche Leistung zu beurteilen ist. Im Übrigen würde die Annahme einer "ärztlichen Gesamtleistung" dazu führen, dass die in Rede stehenden Vorsteuerbeträge mit den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Leistungen des Beschwerdeführers in Zusammenhang stünden.

Es ist nicht zweifelhaft, dass die Aufteilung nach dem vom Beschwerdeführer gewünschten Umsatzschlüssel zu Ergebnissen führt, die mit der von der belangten Behörde zutreffend vorgenommenen wirtschaftlichen Zuordnung in erheblichem (§ 12 Abs. 6 UStG 1994) Widerspruch stehen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am