VwGH vom 16.12.2016, Ra 2016/02/0201

VwGH vom 16.12.2016, Ra 2016/02/0201

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ra 2016/02/0202 E

Ra 2016/02/0203 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer, Dr. N. Bachler sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des S in S, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl und Dr. Christian Ressi, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Khevenhüllerstraße 12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W158 2108946-1/6E, betreffend Übertretung des WAG 2007 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Finanzmarktaufsichtsbehörde; mitbeteiligte Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom hat die FMA den Revisionswerber folgender Übertretung schuldig erkannt (Großschreibung und Fettdruck im Original):

"I. Sie sind seit Mitglied des Vorstands der

S BANK AG (in der Folge ‚H S' oder ‚das KI'), eines konzessionierten Kreditinstituts gemäß § 1 Abs 1 Bankwesengesetz (BWG) mit der Geschäftsanschrift ...S. In Ihrer Funktion als zur Vertretung nach außen Berufener gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) haben Sie Folgendes zu verantworten:

Die H S hat entgegen § 18 Abs 1, § 44 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) seit (Beginn der Vor-Ort-Prüfung) bis keine angemessenen Strategien und Verfahren gehabt, um dafür zu sorgen, dass aufgrund der vom Kunden angegebenen Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Wertpapierveranlagungen nach vernünftigem Ermessen beurteilt werden kann, ob der betreffende Kunde die Risiken im Zusammenhang mit den angebotenen oder gewünschten Produkten oder Dienstleistungen versteht bzw. diese für den Kunden geeignet sind. Dies dadurch, dass die Höhe der Teileinstufung der ‚Kenntnisse oder Erfahrungen mit Wertpapierveranlagungen' des Kunden im Anlegerprofil, die für die Gesamteinstufung relevant ist, sich aus dem höheren der beiden Werte ‚Informationen zu den Erfahrungen mit Wertpapierveranlagungen' oder ‚Informationen zu den Kenntnissen mit Wertpapierveranlagungen' ergibt. Der niedrigere der beiden Werte bleibt unberücksichtigt, sodass entweder die Kenntnisse oder die Erfahrungen - und zwar der niedrigere der beiden erhobenen Werte - nicht in die Gesamteinstufung des Kunden im Anlegerprofil mit einfließen. Demnach kann im Rahmen der Anlageberatung einem Kunden ein Produkt empfohlen bzw. im Rahmen der Portfolioverwaltung für ihn ein Geschäft getätigt werden, das entweder seinen Kenntnissen oder seinen Erfahrungen nicht entspricht, zumal lediglich der höhere der beiden erhobenen Werte für die Teilnote ausschlaggebend war.

Ab Ende November 2013 wurde in der H S ein neues Anlegerprofil implementiert, wonach im Anschluss an eine Prüfung der ‚Tragfähigkeit' (Risikobereitschaft und finanzielle Verhältnisse) in einem zweiten Prüfschritt ermittelt wird, ob der Kunde über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken im Zusammenhang mit dem angebotenen oder gewünschten Produkt zu verstehen.

II. Die S BANK AG haftet über verhängte Strafe gemäß § 9 Abs 7 VStG zur ungeteilten Hand.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 18 Abs 1 WAG 2007, BGBI I Nr. 60/2007, § 44 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 WAG 2007, BGBl I Nr. 60/2007, iVm § 95 Abs 2 Z 1 und Z 2 WAG 2007, BGBI I Nr. 60/2007 idF BGI Nr. 119/2012

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Geldstrafe von 10.000 EURO
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Stunden
Freiheitsstrafe von ---
Gemäß §§ § 95 Abs 2 Z 1 und Z 2 WAG 2007, BGBl I Nr. 60/2007 idF BGBl I Nr. 119/2012"

2 Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis in der Schuldfrage keine Folge gegeben, während es "die Strafe hinsichtlich Spruchpunkt I.2. auf EUR 400,-- bzw. zwei Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt" und als Strafnorm § 95 Abs. 2 Z 1 und 2 WRG 2007 angeführt hat. Die Revision hat das Verwaltungsgericht für unzulässig erklärt.

3 In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses hat das Verwaltungsgericht unter anderem folgende Feststellungen getroffen:

"Im Zeitraum von (Beginn der Vorort-Prüfung) bis verwendete das KI für die Informationseinholung vom Kunden gemäß §§ 43 ff WAG 2007 im Rahmen der Eignungs- und Angemessenheitsprüfung ein standardisiertes Formular ‚Anlegerprofil für private Anleger' (Beilage ./31) Die Mitarbeiter des KI wurden laut dem im KI verwendeten ‚WAG-Handbuch Anlegerprofil gemäß WAG 2007 und Auftragsprüfung' (Beilage ./30) dazu verpflichtet, zur Kundeneinstufung Informationen zu den Bereichen ‚Anlageziele und Risikobereitschaft', ‚Kenntnisse oder Erfahrungen mit Wertpapierveranlagung' sowie ‚finanzielle Verhältnisse' im Anlegerprofil einzuholen.

Aufgrund der vom Kunden im Rahmen des Anlegerprofils erhobenen Informationen wurde der Kunde in jedem der drei genannten Teilbereiche mittels einer ‚Teileinstufung' einer Risikokategorie von 1 bis 5 zugeordnet, wobei Kategorie ‚1' dem geringsten und Kategorie ‚5' dem höchsten Risiko entspricht. Die sich jeweils ergebende niedrigste Teileinstufung der drei Teilkategorien ‚Anlageziele und Risikobereitschaft', ‚Kenntnisse oder Erfahrungen mit Wertpapierveranlagung' sowie ‚finanzielle Verhältnisse' war gemäß WAG-Handbuch (Beilage ./30, Seite 6) entscheidend für die Gesamteinstufung des Kunden.

Jedes Finanzinstrument war ebenso einer der fünf Risikokategorien zugeordnet. Gemäß dem WAG-Handbuch hatte die Gesamteinstufung des Kunden mit der Risikoeinstufung des Produkts im Hinblick auf die Anlageberatung und Portfolioverwaltung übereinzustimmen (Beilage ./30).

Zum Teilbereich ‚Kenntnisse oder Erfahrungen mit Wertpapierveranlagungen' hatte der Mitarbeiter des KI zu jedem Kunden einerseits ‚Informationen zu den Erfahrungen mit Wertpapierveranlagungen' und andererseits ‚Informationen zu den Kenntnissen mit Wertpapierveranlagungen' zu erheben. Sowohl für die Kenntnisse als auch für die Erfahrungen konnte im Anlegerprofil eine Einstufung zwischen 1 und 5 vergeben werden. Die Höhe der Teilnote ‚Kenntnisse oder Erfahrungen mit Wertpapierveranlagungen', die für die Gesamteinstufung relevant war, ergab sich aus dem höheren der beiden Werte: ‚Informationen zu den Erfahrungen mit Wertpapierveranlagungen' oder ‚Informationen zu den Kenntnissen mit Wertpapierveranlagungen'. Der niedrige Wert blieb unberücksichtigt, sodass entweder die Kenntnisse oder die Erfahrungen - und zwar der niedrigere der beiden erhobenen Werte - nicht in die Gesamteinstufung des Kunden im Anlegerprofil mit einflossen. Demnach konnte im Rahmen der Anlageberatung einem Kunden ein Produkt empfohlen bzw. im Rahmen der Portfolioverwaltung für den Kunden ein Geschäft getätigt werden, das entweder nicht seinen Kenntnissen oder nicht seinen Erfahrungen entsprach, da lediglich der höhere der beiden erhobenen Werte für die Teilnote ausschlaggebend war.

Ab Ende November 2013 wurde durch das KI ein neues Anlegerprofil implementiert, wonach im Anschluss an eine Prüfung der ‚Tragfähigkeit' (Risikobereitschaft und finanzielle Verhältnisse) in einem zweiten Prüfschritt ermittelt wird, ob der Kunde über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken im Zusammenhang mit dem angebotenen oder gewünschten Produkt zu verstehen.

Jedenfalls ab bis mindestens stand auf der Homepage der belangten Behörde unter ‚Schutz- und Aufklärungspflichten der Finanzberater', dass ‚die Erbringer von Finanzdienstleistungen von ihren Kunden Angaben über ihre Erfahrungen oder Kenntnisse verlangen müssen.' In dieser Veröffentlichung wurde zudem auf den ‚Leitfaden zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007)' der WKO (Bank-Versicherung) als Quelle verwiesen. Unter Punkt 4.1. dieses Leitfadens zu den den Eignungstest gem. § 44 WAG umfassenden Informationen fand sich die Textierung ‚Erfahrungen oder Kenntnisse in den beabsichtigten Anlagegeschäften'."

4 In seiner rechtlichen Beurteilung gab das Verwaltungsgericht die §§ 18 Abs. 1, 44 und 95 Abs. 2 Z 1 und 2 WAG 2007 wieder und ging von deren Anwendung im Revisionsfall aus. Das Verwaltungsgericht schloss sich der Rechtsansicht der FMA an, wonach Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden kumulativ zu überprüfen seien und für das Risikoverständnis einer bestimmten Produktgruppe ebenso kumulativ in der entsprechenden Einstufung vorliegen müssten. Es sei daher unzulässig, durch Heranziehung des jeweils höheren ermittelten Wertes an Erfahrungen oder Kenntnissen die gesetzliche Bestimmung im Grunde als Erfahrungen und/oder Kenntnisse zu lesen. So könne das Kreditinstitut im Rahmen der Anlageberatung ein Produkt empfehlen, das entweder nicht den Kenntnissen oder nicht den Erfahrungen eines Kunden entspreche. Die FMA habe sowohl zum Tatzeitpunkt als auch zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf ihrer Website unter dem Punkt "Schutz- und Aufklärungspflichten der Finanzberater" ausgeführt, dass die Erbringer von Finanzdienstleistungen von ihren Kunden Angaben über ihre Erfahrungen oder Kenntnisse, die Gegenstand der Finanzdienstleistung sein sollten, verlangen müssten. Offensichtlich herrsche daher auch bei der FMA selbst Unsicherheit darüber, wie die gesetzliche Textierung tatsächlich zu verstehen sei. Richtig halte die FMA in ihren rechtlichen Folgerungen fest, dass sich dem Gesetzeswortlaut entsprechend der Rechtsträger zunächst über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden informieren und sodann feststellen müsse, ob diese zum Verständnis des Risikos hinreichten. Dabei sei unstrittig, dass auf Grund der vom Kreditinstitut angewandten Strategie der Fall eintreten könne, dass ein höherer Erfahrungswert neben geringeren Kenntnissen dazu führen könne, dass dem Kunden Finanzprodukte empfohlen werden könnten, die dem höheren Erfahrungswert entsprächen, wobei seine Kenntnisse in jenem Fall darunter lägen, also keinen entsprechend hohen Wert erreichten. In der Teilrubrik "Informationen zu den Kenntnissen mit Wertpapierleistungen" seien ausschließlich theoretische Kenntnisse wie Erwerb durch berufliche Tätigkeit, Schulbildung, Beratung durch Kundenbetreuer, Eigenstudium festgehalten. Praktisch erworbene Kenntnisse seien von der Teilrubrik "Informationen zu den Erfahrungen mit Wertpapierleistungen" erfasst. Für das Risikoverständnis einer bestimmten Stufe müssten nicht nur die entsprechenden Erfahrungen gegeben sein, sondern unbedingt auch entsprechende "theoretische" Kenntnisse. Die Einstufung in der Rubrik "Erfahrungen mit Wertpapierleistungen" erfasse Erfahrungen und praktische Kenntnisse.

5 Zum Verschulden des Revisionswerbers führte das Verwaltungsgericht - zusammengefasst - aus, die FMA habe auf ihrer Homepage ausdrücklich angeführt, dass Angaben über Erfahrungen oder Kenntnisse verlangt werden müssten und dabei auf einen Leitfaden verwiesen, der den gleichen Inhalt habe. Mit dieser allgemeinen Auskunft habe die FMA ihre Auslegung der Wendung "Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden" im § 44 Abs. 1 WAG 2007 ausreichend kundgetan. Warum die FMA selbst nach Bekanntwerden im Oktober 2013, dass sich Normunterworfene auf die Homepagetextierung beriefen, nichts unternommen habe, um der Allgemeinheit ihre zu diesem Zeitpunkt schon klar gefasste anders lautende Ansicht über ihre Homepage mitzuteilen, sei nicht nachvollziehbar. Dieser Zustand habe bis mindestens Mai 2016 gewährt. Gehe aber die Aufsichtsbehörde offensichtlich selbst davon aus, dass bei der vom WAG 2007 geforderten Eignungsprüfung einer Wertpapierdienstleistung auf eines der beiden Kriterien abgestellt werden könne, könne dem Revisionswerber nur geringes Verschulden angelastet werden, weshalb mit der geminderten Strafe das Auslangen gefunden werden könne. Eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG scheide trotz geringer Schuld und unbedeutender Tatfolgen aus, weil das geschützte Rechtsgut, nämlich der Anlegerschutz, nicht geringfügig sei.

6 Im Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision sah das Verwaltungsgericht eine grundsätzliche Rechtsfrage im Fehlen von Rechtsprechung zu § 44 Abs. 2 Z 3 WAG 2007, allerdings sei die Revision deswegen unzulässig, weil gemäß § 25a Abs. 4 VwGG die verhängte Geldstrafe EUR 400,-- nicht überschritten habe.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich - erkennbar wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes - die vorliegende Revision.

8 Die FMA hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

10 Zunächst ist festzuhalten, dass die Revision gemäß § 25a Abs. 4 VwGG wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) dann nicht zulässig ist, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu EUR 750,-- und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu EUR 400,-- verhängt wurde.

11 Im Revisionsfall beträgt die Strafdrohung für die vom Verwaltungsgericht angelasteten Delikte gemäß § 95 Abs. 2 letzter Satz WAG 2007 in der Fassung BGBl. I Nr. 119/2012 EUR 100.000,-- und EUR 60.000,--.

12 Der Begründung des Verwaltungsgerichtes, die Revision sei gemäß § 25a Abs. 4 VwGG wegen Verletzung in Rechten (jedenfalls) unzulässig, weil die verhängte Geldstrafe EUR 400,-- nicht überschritten habe, erweist sich daher als rechtswidrig, weil es die jeweils über EUR 750,-- liegenden Strafdrohungen außer Acht gelassen hat.

13 Allerdings zeigen sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Revisionswerber zutreffend auf, dass Rechtsprechung zu § 44 Abs. 2 Z 3 WAG 2007 fehlt, weshalb die Revision zulässig ist.

14 Die für den Revisionsfall maßgebenden Bestimmungen des WAG 2007 lauten samt Überschriften:

"Einhaltung der Vorschriften (‚Compliance')

§ 18. (1) Ein Rechtsträger hat durch Festlegung angemessener Strategien und Verfahren dafür zu sorgen, dass er selbst, seine Geschäftsleitung, Beschäftigten und vertraglich gebundenen Vermittler den Verpflichtungen dieses Bundesgesetzes sowie den Vorkehrungen für persönliche Geschäfte gemäß § 24 dieser Personen nachkommen.

...

Eignung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen

§ 44. (1) Ein Rechtsträger, der Anlageberatungs- oder Portfolioverwaltungsdienstleistungen erbringt, hat Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Anlagebereich in Bezug auf den speziellen Typ der Produkte oder Dienstleistungen, seine finanziellen Verhältnisse und seine Anlageziele einzuholen, damit er dem Kunden für ihn geeignete Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumente empfehlen kann.

(2) Diese Informationen müssen es dem Rechtsträger ermöglichen, die wesentlichen Fakten in Bezug auf den Kunden zu erfassen. Der Rechtsträger muss unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Dienstleistung nach vernünftigem Ermessen davon ausgehen können, dass das Geschäft, das im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden empfohlen oder das im Rahmen einer Portfolioverwaltungsdienstleistung getätigt werden soll, die folgenden Anforderungen erfüllt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Es entspricht den Anlagezielen des Kunden;
2.
etwaige mit dem Geschäft einhergehende Anlagerisiken sind für den Kunden, seinen Anlagezielen entsprechend, finanziell tragbar und
3.
der Kunde kann die mit dem Geschäft oder der Verwaltung seines Portfolios einhergehenden Risiken aufgrund seiner Kenntnisse und Erfahrungen verstehen.
...
§ 95.(in der Fassung BGBl. Nr. 119/2012) ...

(2) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers

1. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 14, 28 bis 59, 61 bis 63, 73 oder 74 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 29 Abs. 4, 35 Abs. 4, 41 Abs. 3 oder 55 Abs. 2 erlassenen Verordnung der FMA verstößt;

2. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 9 bis 11, 13, 16 bis 22, 24 bis 26 oder 67 bis 71 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 26 Abs. 3, 68 Abs. 3 oder 68 Abs. 4 erlassenen Verordnung der FMA verstößt;

3. gegen eine Verpflichtung gemäß Art. 59 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 verstößt oder nicht die notwendigen Verfahren und Kontrollen gemäß Art. 59 Abs. 5 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 1031/2010 eingeführt hat,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der Z 1 und der Z 3 mit Geldstrafe bis zu 100 000 Euro und hinsichtlich der Z 2 mit Geldstrafe bis zu 60 000 Euro zu bestrafen."

15 Die Wendung "Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Anlagebereich" in § 44 WAG 2007 lässt schon dem Wortlaut nach keinen Raum für die vom Revisionswerber vertretene Ansicht, der Kunde könne bei einer höheren Einstufung seiner "Kenntnisse" oder seiner "Erfahrungen" in die sich daraus ergebende höhere Risikoklasse eingestuft werden. Das Gesetz verlangt nämlich die Einholung von Informationen sowohl über die Kenntnisse als auch über die Erfahrungen des Kunden und gebietet demnach eine einheitliche Beurteilung bzw. Einstufung nach diesen Kriterien. Wählt man die vom Kreditinstitut angewandte Methode der getrennten Einstufung, wäre bei unterschiedlicher Beurteilung die niedrigere Risikostufe heranzuziehen. In diesem Punkt erweist sich die Revision daher als unbegründet.

16 Der Revisionswerber macht jedoch in der Zulässigkeitsbegründung als wesentliche Rechtsfrage weiter geltend, das Verwaltungsgericht habe entgegen ständiger Rechtsprechung für zwei Delikte eine Gesamtstrafe verhängt.

17 Dieses Argument erweist sich im Ergebnis als begründet, weshalb die Revision auch berechtigt ist:

18 Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 VStG sind die Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt.

19 Durch die Verhängung einer Gesamtstrafe ist nicht erkennbar, wie hoch das Ausmaß der Strafe für jede einzelne von mehreren selbständigen Handlungen ist, sodass keine nachprüfende Kontrolle des Gerichtshofes in der Richtung möglich ist, ob die Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessen hinsichtlich jeder der einzelnen Übertretungen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. etwa ).

20 Die FMA und mit ihr das Verwaltungsgericht hat als Strafnormen § 95 Abs. 2 Z 1 WAG 2007, der unter anderem die Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen eine Verpflichtung nach § 44 WAG 2007 regelt, sowie § 95 Abs. 2 Z 2 WAG 2007, der unter anderem die Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen eine Verpflichtung nach § 18 WAG 2007 regelt, herangezogen. Als Übertretungsnormen hat das Verwaltungsgericht § 18 Abs. 1 WAG 2007 und § 44 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 WAG 2007 angeführt.

21 Wie schon die unterschiedlichen Strafnormen in § 95 Abs. 2 Z 1 WAG 2007 (Verstoß nach § 44 WAG 2007) und § 95 Abs. 2 Z 2 WAG 2007 (Verstoß nach § 18 WAG 2007) zeigen, handelt es sich bei den §§ 18 und 44 WAG 2007 um unterschiedliche Tatbestände. Während § 18 WAG 2007 ausdrücklich die Einhaltung der Compliance-Vorschriften im Auge hat, regelt § 44 Abs. 1 und 2 WAG 2007 die Prüfung der Eignung eines Wertpapieres für einen konkreten Kunden.

22 Es kann dahinstehen, ob eine Kombination der beiden Tatbestände den an die Bestimmtheit eines (verwaltungs)strafrechtlichen Tatbestandes gestellten Anforderungen genügt (vgl. dazu die in W. Wessely in N. Raschauer, W. Wessely , VStG , in Rn 10 ff zu § 1 zitierte Rechtsprechung; gegen eine Kombination von § 18 WAG 2007 und § 41 WAG 2007 ).

23 Es ergibt sich nämlich nicht nur aus der Formulierung des Spruches des angefochtenen Erkenntnisses, sondern auch aus der Wendung im Spruch: "Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt", wodurch im Übrigen die Verhängung der Gesamtstrafe auch verbal zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Verwaltungsgericht sowohl das Unterlassen angemessener Strategien und Verfahren als auch die mangelnde Eignung der Informationseinholung, somit die Übertretung beider Tatbestände, bestrafen wollte.

24 Damit verstößt das angefochtene Erkenntnis gegen das Kumulationsprinzip des § 22 VStG, demzufolge über jemanden, der durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, die Strafen nebeneinander zu verhängen sind.

25 In diesem Zusammenhang verweist der Revisionswerber zutreffend auf den Umstand, dass das Verwaltungsgericht die Strafe "hinsichtlich Spruchpunkt I.2. auf EUR 400,-- bzw. 2 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt" hat, ohne dass sich im Straferkenntnis der FMA vom ein solcher Spruchpunkt findet. Durch diese Unklarheit im Spruch wurden die Verteidigungsrechte des Revisionswerbers weiter eingeschränkt.

26 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

27 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am