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VwGH vom 20.03.2012, 2009/18/0181

VwGH vom 20.03.2012, 2009/18/0181

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des S G in W, vertreten durch Dr. Alice Hoch, Rechtsanwältin in 2361 Laxenburg, Schlossplatz 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/87.902/2009, betreffend Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus Österreich aus.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am die österreichische Staatsbürgerin M W. geheiratet und in der Folge einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gestellt, der mit Bescheid vom rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Einem Erhebungsbericht der Erstbehörde vom zufolge sei M W. bei einer Hauserhebung an der gemeinsamen Wohnadresse nicht angetroffen worden. Es hätten auch keine persönlichen Gegenstände einer weiblichen Person wie Kleidung oder Toiletteartikel gefunden werden können. Der Beschwerdeführer habe angegeben, nicht zu wissen, wo sich seine Ehefrau aufhalte.

Im Zuge einer schriftlichen Vernehmung am habe M W. ausgesagt, eine Aufenthaltsehe mit dem Beschwerdeführer eingegangen zu sein, weil sie sich in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe und ihr dafür Geld geboten worden sei. Sie habe nie mit dem Beschwerdeführer zusammengelebt. Während der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung am bestritten habe, eine Aufenthaltsehe eingegangen zu sein, habe M W. ihre Aussage bei einer neuerlichen Vernehmung am wiederholt und bestätigt. Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom sei diese gemäß § 104 Abs. 1 FrG, gemäß § 293 Abs. 2 StGB sowie gemäß § 223 Abs. 2 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Den Entscheidungsgründen sei zu entnehmen, dass M W. u.a. die rechtswidrige Einreise des Beschwerdeführers in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union gefördert habe, indem sie diesen am zum alleinigen Zweck geheiratet habe, um ihm dadurch in Österreich fremden- und ausländerbeschäftigungsrechtliche Vorteile zu verschaffen.

Bei einer Vernehmung am habe schließlich auch der Beschwerdeführer u.a. angegeben, nie in einem Haushalt mit M W. gewohnt zu haben.

Die Ehe des Beschwerdeführers sei am rechtskräftig geschieden worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer verfüge über keinen Aufenthaltstitel, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien.

Seinen eigenen Angaben zufolge habe der Beschwerdeführer mit M W. zu keiner Zeit zusammengewohnt oder "ein Familienleben im Sinne des Ehegesetzes" geführt. Vor dem Hintergrund der widerspruchsfreien mehrfachen Aussagen von M W. sowie der gerichtlichen Feststellungen sei davon auszugehen, dass es sich bei der Ehe des Beschwerdeführers um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe. Der Beschwerdeführer habe lediglich auf Grund der durch seine Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin bevorzugten Stellung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erhalten und ein Arbeitsverhältnis eingehen können. Aktuelle familiäre Bindungen seien nicht geltend gemacht worden.

Selbst wenn man aufgrund des langjährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet von einem Eingriff in sein Privatleben ausgehe, sei dieser zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Erreichung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - als dringend geboten zu erachten. Die durch den mehrjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erzielte Integration werde durch die bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens auf Grund des Eingehens einer Aufenthaltsehe wesentlich gemindert.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt den Feststellungen der belangten Behörde, wonach sein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden sei, nicht entgegen. Die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig sei und somit die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, begegnet daher keinen Bedenken.

An dieser Beurteilung vermag auch das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe "einen der damaligen Gesetzeslage konformen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels" gestellt und halte sich daher "bis dato" rechtmäßig im Bundesgebiet auf, schon deshalb nichts zu ändern, weil sein Antrag unbestritten rechtskräftig abgewiesen wurde. Im Übrigen bedurfte es auch nach dem bis anzuwendenden Fremdengesetz 1997 für die Rechtmäßigkeit der Niederlassung einer (rechtsbegründenden) Niederlassungsbewilligung, wenn sich das Aufenthaltsrecht nicht schon unmittelbar aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ergab (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0167, mwN). Dafür, dass im gegenständlichen Fall das Gemeinschaftsrecht unmittelbar ein Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers begründet hätte, gibt es jedoch keine Hinweise. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung kommt einem Fremden, der den Zugang zum Arbeitsmarkt rechtsmissbräuchlich im Weg einer Aufenthaltsehe - wie unten näher ausgeführt - erlangt hat, die Begünstigung nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom über die Entwicklung der Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei ebenfalls nicht zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/21/0035, mwN).

Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde nicht, eine Aufenthaltsehe mit M W. eingegangen zu sein. Im Hinblick auf die wiederholten, nachvollziehbar begründeten Aussagen von M W. über das Vorliegen einer Aufenthaltsehe, die mit den Ergebnissen der Hauserhebung übereinstimmen, begegnet diese Annahme der belangten Behörde auch keinen Bedenken seitens des Gerichtshofes.

Mit Blick auf § 66 FPG bringt der Beschwerdeführer vor, er halte sich seit sieben Jahren im Bundesgebiet auf und sei die meiste Zeit erwerbstätig gewesen.

Damit stützt sich der Beschwerdeführer auf keine relevanten Umstände, die die belangte Behörde nicht bereits berücksichtigt hätte. Zutreffend hat die belangte Behörde einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers angenommen. Sie hat aber auch auf das große öffentliche Interesse an der Einhaltung eines geordneten Fremdenwesens verwiesen, das durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe sowie dadurch verletzt wird, dass Fremde nach rechtskräftiger Abweisung ihres Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung unrechtmäßig im Bundesgebiet bleiben. Diesem öffentlichen Interesse an der Erlassung der Ausweisung stehen ein siebenjähriger inländischer Aufenthalt des Beschwerdeführers sowie seine Berufstätigkeit gegenüber. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsehe eingegangen ist und nur aufgrund dieser Ehe Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erlangt hat, relativiert das Gewicht seiner persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt jedoch erheblich.

Im Ergebnis ist es somit nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die Ausweisung des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unverhältnismäßig angesehen und die Ermessensübung nicht zu seinen Gunsten vorgenommen hat, zumal auch die Beschwerde keine besonderen Umstände vorbringt, aufgrund derer die Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgehen hätte müssen.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
FAAAE-68484