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VwGH vom 16.12.2016, Ra 2016/02/0178

VwGH vom 16.12.2016, Ra 2016/02/0178

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer, Dr. N. Bachler und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-050074/2/Bi, betreffend Vorschreibung einer Maßnahme nach dem Tierschutzgesetz (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: BH Kirchdorf/Krems; mitbeteiligte Partei: B K), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid der BH Kirchdorf an der Krems vom wurde in Bestätigung des Mandatsbescheides vom dem Mitbeteiligten zur Herstellung einer den Zielen und sonstigen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (TSchG) entsprechenden Haltung seiner Tiere (Wachteln) aufgetragen, binnen vier Wochen nach Erhalt dieses Bescheides folgende Maßnahme durchzuführen:

"Den Hühnern ist eine Voliere nach den Mindestanforderungen an die Haltung von Hühnervögeln zur Verfügung zu stellen (pro Paar eine Grundfläche von 2 m2 und einer Höhe von 2 m)".

2 In rechtlicher Hinsicht verwies die BH Kirchdorf an der Krems auf § 35 Abs. 6 TSchG iVm mit der


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5.
Mindestanforderung Abs. 2 der Anlage 2 der
2.
Tierhaltungsverordnung (2. THVO).
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Mitbeteiligten abgewiesen und den angefochtenen Bescheid mit einer hier nicht wesentlichen Maßgabe bestätigt.
4 In der Begründung wird das Vorbringen des Mitbeteiligten in seiner Beschwerde wiedergegeben, wonach er domestizierte Japanwachteln halte, die als Hausgeflügel einzustufen seien und für die daher die 1. Tierhaltungsverordnung (1. THVO) gelte. Die von ihm gehaltenen Wachteln würden nicht im Sinne einer Zoo- oder Heimtierhaltung gehalten, sondern dienten der Lebensmittelerzeugung in Form von Eiern bzw. Fleisch. Auf die Wachtelhaltung träfen die allgemein zur Haltung von Hausgeflügel normierten Bestimmungen der 1. THVO zu.
5 Das Verwaltungsgericht traf die Feststellung, dass der Mitbeteiligte bei der unangekündigten Kontrolle durch Amtstierärzte am in einer Gartenhütte in K. ca. 350 Wachteln in Käfiganlagen gehalten habe, wobei die Käfige näher festgestellte Ausmaße aufgewiesen hätten.
6 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, dass Japanwachteln ("Coturnix Japonica") unter die "Hühnervögel" fielen, die in der Anlage 2.5 der 2. THVO explizit geregelt seien. Die Anlage 6 der 1. THVO gelte hingegen für Hausgeflügel der Art "Gallus gallus", darunter fielen sicher keine Wachteln. Die Anlage 2 der 2. THVO sehe in Punkt 5. für die Haltung von Hühnervögeln als Mindestgröße einer Voliere eine Größe vor, die vom Mitbeteiligten nicht eingehalten worden sei. Die von der revisionswerbenden Bundesministerin eingewendeten Zwecke der Haltung, nämlich der Ei- und Fleischgewinnung im Sinne einer landwirtschaftlichen Nutzung der Tiere, sei völlig unbeachtlich, weil die 2. THVO nicht auf den Zweck der Tierhaltung abstelle, sondern das Wohlbefinden der Tiere im Vordergrund stehe. Die auf Fotos dokumentierte Käfigmassenhaltung auf kleinstem Raum in einer Gartenhütte entspreche weder der 2. THVO noch der Empfehlung des Tierschutzrates, weshalb der Beschwerde der Erfolg zu versagen gewesen sei.
7 Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht als unzulässig.
8 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Bundesministerin für Frauen und Gesundheit Amtsrevision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
9 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er sich der Rechtsmeinung der revisionswerbenden Bundesministerin anschloss.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Die revisionswerbende Bundesministerin erachtet die Revision als zulässig, weil zur Frage, ob domestizierte Japanwachteln als "Hausgeflügel" oder als "Hühnervögel" zu beurteilen seien, je nachdem für die Haltung die 1. THVO oder die

2. THVO anzuwenden sei, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehle.

11 Die Revision ist zulässig und auch berechtigt. 12 § 4 Z 2 bis 6 TSchG enthält folgende Begriffsbestimmungen:

"2. Haustiere: domestizierte Tiere der Gattungen Rind, Schwein, Schaf, Ziege und Pferd, jeweils mit Ausnahme exotischer Arten, sowie Großkamele, Kleinkamele, Wasserbüffel, Hauskaninchen, Haushunde, Hauskatzen, Hausgeflügel und domestizierte Fische;

3. Heimtiere: Tiere, die als Gefährten oder aus Interesse am Tier im Haushalt gehalten werden, soweit es sich um Haustiere oder domestizierte Tiere der Ordnungen der Fleischfresser, Nagetiere, Hasenartige, Papageienvögel, Finkenvögel, Taubenvögel und der Klasse der Fische handelt;


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4.
Wildtiere: alle Tiere außer den Haus- und Heimtieren;
5.
Schalenwild: Rotwild, Damwild, Sikahirsche, Davidshirsche, Muffelwild und Schwarzwild;
6.
landwirtschaftliche Nutztiere: alle Haus- oder Wildtiere, die zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse (z. B. Nahrungsmittel, Wolle, Häute, Felle, Leder) oder zu anderen land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden"
13 In den Erläuterungen (RV 446 Blg XXII. GP) heißt es dazu unter anderem:
"Zu § 4 (Begriffsbestimmungen): Nach legistischen Grundsätzen ist eine Legaldefinition nur in solchen Fällen vorzusehen, in welchen die rechtssprachliche Bedeutung eines Begriffes von alltagssprachlichen Verständnis abweicht. Dies ist bei den im vorgeschlagenen Bundesgesetz verwendeten Begriffen zwar grundsätzlich nicht der Fall, doch kann eine Konkretisierung der einzelnen Tierkategorien (zB Haustier, Wildtier, Heimtier, landwirtschaftliches Nutztier) im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, weshalb Legaldefinitionen im Sinne der Rechtsklarheit angebracht scheinen. ...
Zu Z 2 bis 6: Die Einteilung von Tieren in Haustiere, Wildtiere, landwirtschaftliche Nutztiere und Heimtiere ist grundsätzlich keine rein zoologische, von der Natur vorgegebene Ordnung, sondern erfolgt hauptsächlich nach der von Menschen den Tieren in der Vergangenheit und Gegenwart zugedachten Bestimmung (Herbrüggen, Tierschutzrecht im Lichte der Europäischen Integration, 2001, S. 50). Dementsprechend ist es - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () - nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein und dieselbe Tierart mehreren Tierkategorien zugeordnet werden kann. Nichtsdestoweniger ist eine begriffliche Abgrenzung notwendig, da unterschiedliche Rechtfolgen an die Haltung der einzelnen Tierkategorien geknüpft sind. Dies gilt in erster Linie für die Kategorie der Wildtiere: Wildtiere, die besondere Ansprüche an die Haltung stellen, dürfen, sofern deren Haltung nicht überhaupt verboten ist, nur nach behördlicher Genehmigung gehalten werden. Z 2 nimmt die exotischen Arten vom Haustierbegriff aus. Ausgenommen ist zum Beispiel in der Gattung Rind die exotische Art Yak (bos grunniens). Die Definition der Haustiere ist zugleich ein Kriterium bei der Abgrenzung zu den Wildtieren. Bei Schalenwild im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt es sich um Rotwild, Damwild, Sikahirsche, Davidshirsche, Muffelwild und Schwarzwild. Nach Art. 2 der Richtlinie 98/58/EG über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere, ABl. Nr. L 221 vom , S. 23, ist unter "Tier" im Sinne der Richtlinie ‚jedes Tier (einschließlich Fische, Reptilien und Amphibien) (zu verstehen), das zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten oder Fellen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten wird.' In Anlehnung daran sind im Sinne dieses Bundesgesetzes unter landwirtschaftlichen Nutztieren alle Haus- oder Wildtiere, die zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse (z.B. Nahrungsmittel, Wolle, Häute, Felle, Leder) oder zu anderen land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden, zu verstehen. Gewinnung tierischer Erzeugnisse umfasst auch solche tierische Urprodukte bzw. Produkte der ersten Verarbeitungsstufe, die in der Aufzählung nicht enthalten sind, wie zB Honig, Wachs, Horn etc. Die aus der Umschreibung des § 2 der Gewerbeordnung 1994 bekannten Definitionsmerkmale ‚Zucht' und ‚Mast' sind unter den Tatbestand der ‚anderen landwirtschaftlichen Zwecke' subsumierbar. Gleiches gilt für Tiere, die - wenn auch der ersten Kategorie zurechenbar - auch als Arbeitstiere im land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb herangezogen werden. Damit fällt zB das Pferd als Zug- oder Lasttier auf dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb unter den Begriff des landwirtschaftlichen Nutztieres, nicht jedoch zB ein Hund, der zur Schafehütung gehalten wird. Als Heimtiere gelten Tiere, die als Gefährten oder aus Interesse am Tier im Haushalt gehalten werden, soweit es sich um Haustiere oder domestizierte Tiere der Ordnungen der Fleischfresser, Nagetiere, Hasenartige, Papageienvögel, Finkenvögel, Taubenvögel und der Klasse der Fische handelt."
§ 24 Abs. 1 TSchG lautet:
"Unter Berücksichtigung der Zielsetzung und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie unter Bedachtnahme auf den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und die ökonomischen Auswirkungen hat der Bundesminister für Gesundheit, in Bezug auf Tiere gemäß Z 1 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, für die Haltung
1.
von Pferden und Pferdeartigen, Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen, Schalenwild, Lamas, Kaninchen, Hausgeflügel, Straußen und Nutzfischen sowie
2.
anderer Wirbeltiere
durch Verordnung die Mindestanforderungen für die in § 13 Abs. 2 genannten Haltungsbedingungen und erforderlichenfalls Bestimmungen hinsichtlich zulässiger Eingriffe sowie sonstiger zusätzlicher Haltungsanforderungen zu erlassen."
14 In den Erläuterungen (RV 446 Blg XXII. GP) heißt es dazu:
"Während das vorgeschlagene Bundesgesetz die Grundsätze und allgemeinen Anforderungen für die Haltung und den Umgang mit Tieren regelt, sollen die (Mindest
)Detailanforderungen für die Haltung einzelner Tierarten als Sonderbestimmungen im Rahmen von Verordnungen geregelt werden. Diese Regelungstechnik, welche auch dem Tierschutzrecht der Bundesländer (im Übrigen auch dem deutschen und Schweizer Tierschutzrecht) zugrunde liegt, trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei den Haltungsanforderungen vorwiegend um verrechtlichte fachwissenschaftliche Erkenntnisse bzw. um technische Normen und damit um eine dynamische Materie handelt. Es muss schon aus der Sicht der Verwaltungsökonomie möglich sein, diese Vorgaben möglichst einfach und rasch an Veränderungen in der Tierhaltungstechnik und an die laufend in Veränderung befindlichen Rechtsakte der Europäischen Union sowie an den Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Tierschutzforschung anzupassen. Bei der Festlegung von Mindestanforderungen für die Haltung sind vor allem die Zielsetzung und die sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu berücksichtigen. Auf den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie - im Lichte der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Erwerbs- und Eigentumsfreiheit - die ökonomischen Auswirkungen ist Bedacht zu nehmen."
15 § 1 der auf Grundlage des § 24 TSchG erlassenen 1. THVO, BGBl. II Nr. 485/2004, lautet:
"Diese Verordnung regelt die Mindestanforderungen für die Haltung von Pferden und Pferdeartigen, Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen, Schalenwild, Lamas, Kaninchen, Hausgeflügel, Straußen und Nutzfischen, die an diesen Tieren zulässigen Eingriffe sowie Art und Nachweis der Sachkunde von Betreuungspersonen und sonstigen sachkundigen Personen, die Eingriffe vornehmen dürfen."
16 In Anlage 6 der 1. THVO heißt es unter anderem (Fett- und Großdruck im Original):
"
MINDESTANFORDERUNGEN FÜR DIE HALTUNG VON HAUSGEFLÜGEL
1.
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
Legehennen: Hennen im legereifen Alter der Art Gallus gallus, die zur Erzeugung von Eiern, die nicht zum Ausbrüten bestimmt sind, gehalten werden.
Zuchttiere: Hennen im legereifen Alter der Art Gallus gallus, die zur Erzeugung von Bruteiern gehalten werden sowie Hähne.
Aufzucht von Küken und Junghennen: Haltung von Jungtieren der Art Gallus gallus, die zur späteren Eiererzeugung bestimmt sind.
Masthühner: Männliche und weibliche Hühner der Art Gallus Gallus, die zur Fleischgewinnung gehalten werden.
...
2.
ALLGEMEINE HALTUNGSVORSCHRIFTEN FÜR HAUSGEFLÜGEL
...
5.
BESONDERE HALTUNGSVORSCHRIFTEN FÜR MASTGEFLÜGEL
...

5.2. BEWEGUNGSFREIHEIT

5.2.1. Folgende Grenzwerte sind einzuhalten:

___________________________________________________________

Mastgeflügelart Höchstbesatz Auslauffläche *1) Masthühner 30 kg/m2 2,00 m2/Tier Truthühner 40 kg/m2 10,00 m2/Tier Gänse 15 kg/m2 10,00 m2/Tier Enten 25 kg/m2 2,00 m2/Tier" 17 § 1 Abs. 1 und 2 2. THVO, BGBl. II Nr. 486/2004, lautet:

"(1) In der vorliegenden Verordnung werden Mindestanforderungen für Wirbeltiere, die zur Haltung in menschlicher Obhut geeignet sind, festgelegt sowie solche Wildtiere, die besondere Anforderungen an die Haltung stellen und solche Wildtierarten, deren Haltung aus Tierschutzgründen verboten ist, bezeichnet.

(2) Diese Verordnung gilt für die Haltung von Wirbeltieren, die nicht unter die 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 485/2004, fallen."

18 In Anlage 2 ("Mindestanforderungen an die Haltung von Vögeln") der 2. THVO heißt es unter anderem:

"1. Mindestanforderungen für die Haltung von domestizierten Vögeln

(1) Zu den besonders häufig gehaltenen domestizierten

Vögeln zählen: der Wellensittich (Meliopsittacus undulatus), der Nymphensittich (Nymphicus hollandicus), der Kanarienvogel (Serinus canaria), der Reisfink (Padda oryzivora), der Zebrafink (Taeniopygia guttata f. dom.) und das Japanische Mövchen (Lonchura striata f. dom.)....

5. Mindestanforderungen an die Haltung von Hühnervögeln

(1) Die Mindestanforderungen gelten für Vögel der Ordnung Hühnervögel (Galliformes) mit der Familie Großfußhühner (Megapodiidae), Hokkohühner (Cracidae), Truthühner (Meleagrididae), Rauhfußhühner (Tetraonidae), Zahnwachteln (Odontophoridae), Glattfußhühner (Phasianidae) und Perlhühner (Numididae).

(2) Die Voliere müssen pro adultem Paar folgende Mindestmaße an Fläche in m2 x Höhe in m aufweisen:


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1.
für sehr kleine Hühner (zB Wachteln) pro Paar 2 x 2
2.
für kleine Hühner (zB Frankoline) pro Paar 4 x 2
3.
für mittelgroße bis große Hühner (zB Fasane) pro Paar 18
x 2,5
4.
für sehr große Hühner (z. B. Pfaue) pro Paar 18 x 3."
19 Die Begriffe "Hausgeflügel" und "Hühnervögel" sind in den tierschutzrechtlichen Bestimmungen nicht näher definiert.
20 Das Verwaltungsgericht hat die Wachteln des Mitbeteiligten als "Hühnervögel" beurteilt und damit die Anwendbarkeit der
2.
THVO bejaht. Dieser vom Verwaltungsgericht offenbar allein aus den oben wieder gegebenen "Begriffsbestimmungen" in Anlage 6 der
1.
THVO gezogene (Umkehr)Schluss, wonach die 1. THVO nur für Hausgeflügel der Art "gallus gallus" gelte, steht allerdings nicht im Einklang mit dem Anwendungsbereich der Haltungsvorschriften der
1.
THVO, die neben besonderen Vorschriften für die in den "Begriffsbestimmungen" angeführten Hühner auch "Allgemeine Haltungsvorschriften für Hausgeflügel" (Punkt 2.) sowie darüber hinaus weitere spezielle Haltungsvorschriften etwa für Truthühner, Enten und Gänse (Punkt 5.2.1.) enthält. Von einer Beschränkung auf Haltungsvorschriften für die Art "gallus gallus" kann daher keine Rede sein.
21 Vielmehr erscheint eine Einordnung der vom Mitbeteiligten gehaltenen Wachteln unter das "Hausgeflügel" aus folgenden Gründen als geboten:
22 Die 2. THVO gilt für Wirbeltiere (zu denen auch die Vögel zählen), die nicht unter die 1. THVO fallen und für Wildtiere.
23 Die 1. THVO regelt die Mindestanforderungen für die Haltung von Tieren, die üblicherweise in höherer Stückzahl und regelmäßig als landwirtschaftliche Nutztiere gehalten werden (etwa Schweine, Rinder oder Ziegen), wozu der Gesetz- und Verordnungsgeber auch das Hausgeflügel zählen (§ 24 TSchG, § 1 1. THVO). Die Mindesterfordernisse betreffen in aller Regel die Haltung (landwirtschaftlicher) Nutztiere (vgl.
Herbrüggen/Randl/Raschauer/Wessely , Österreichisches Tierschutzrecht, Band I2, Anm. 2. Zu § 2 1. THVO).
24 Die 1. THVO bezweckt somit im Unterschied zur 2. THVO, die tendenziell auf die Haltung von einzelnen (oder einigen wenigen) der Art nach benannten Tieren abstellt, die Regelung der Haltung von üblicherweise in Herden oder Gruppen gehaltenen Haustieren, die auch landwirtschaftlich genutzt werden.
25 Wird in der 2. THVO in Punkt 5. Abs. 1 und 2 die Wachtel ausdrücklich als Hühnervogel angeführt, schließt dies nicht aus, dass es auch entsprechende Hausformen, die der 1. THVO unterliegen, gibt, auch wenn die domestizierte Art dort nicht ausdrücklich angeführt wird.
26 Brachten somit der Gesetz- und Verordnungsgeber nach dem Gesagten zum Ausdruck, dass sie eine durch Anzahl und Zweck der Großtierhaltung angenäherte Haltung unter anderem von Geflügel der
1.
THVO unterstellt wissen wollten, sind 350 domestizierte Wachteln, deren Haltung zum Zweck der landwirtschaftlichen Produktion erfolgt, als "Hausgeflügel" zu bewerten. Ihre Haltung unterliegt daher den Bestimmungen der 1. THVO.
27 Stützte das Verwaltungsgericht den Maßnahmenauftrag an den Mitbeteiligten auf die Haltungsvorschriften der 2. THVO, hat es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
28 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am