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VwGH 03.10.2016, Ra 2016/02/0150

VwGH 03.10.2016, Ra 2016/02/0150

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
VStG §5 Abs1;
WettenG Vlbg 2003 §15 Abs1 lita idF 2012/009;
RS 1
Bei der Übertretung nach § 15 Abs. 1 lit. a Vlbg WettenG 2003 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG, weil zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört.
Normen
VStG §31 Abs1 idF 2013/I/033;
VStG §31 Abs2 idF 2013/I/033;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §29 Abs4;
VwRallg;
RS 2
Gemäß § 31 Abs. 2 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 tritt Strafbarkeitsverjährung ein, wenn das Straferkenntnis bzw. das dieses bestätigende Erkenntnis des VwG erst nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet ab dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt (Tatzeit), erlassen wird. Die Frist des § 31 Abs. 2 VStG ist nur dann gewahrt, wenn das Straferkenntnis bzw. das dieses bestätigende Erkenntnis des VwG innerhalb der dort genannten dreijährigen Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde, wobei die Erlassung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei nicht geeignet ist, diese Wirkung herbeizuführen (vgl. E , Ro 2014/02/0074). Als erlassen gilt die Entscheidung eines VwG in diesem Zusammenhang, wenn sie dem Beschuldigten rechtswirksam zugestellt oder - unabhängig von der in § 29 Abs. 4 VwGVG 2014 geforderten Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung - mündlich verkündet wird (vgl. B , Ra 2015/17/0029; B , Fr 2015/03/0007).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision 1. des K sowie 2. der K GmbH, beide in W, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom , Zl. LVwG- 1-184/2016-R14, betreffend Übertretung des Vorarlberger Wettengesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Erstrevisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom verhängte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz über den Erstrevisionswerber als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der zweitrevisionswerbenden Partei gemäß § 15 Abs. 3 des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Vorarlberger Wettengesetz), LGBl. Nr. 18/2003, i.d.F. LGBl. Nr. 9/2012, eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden). Er habe zu verantworten, dass die zweitrevisionswerbende Partei an einer näher bezeichneten Betriebsstätte (in einer Tankstelle) die Tätigkeit des Wettunternehmers ausgeübt habe, weil dort Wetten gewerbsmäßig abgeschlossen werden könnten, obwohl der Erstrevisionswerber nicht im Besitze der hierfür erforderlichen Bewilligung der Vorarlberger Landesregierung gewesen sei. In der Betriebsstätte bzw. in der Tankstelle stehe seit mindestens zwei bis drei Monaten ein näher bezeichneter Wettterminal, an dem der Kunde selbstständig die Sportwetten auswählen und die Wetten mit den entsprechenden Einsätzen platzieren könne. Der Wettterminal werde seit zwei bis drei Monaten, zumindest bis zum betrieben. Der Gesamteinsatz werde dem Spieler vor Beginn durch das Personal der Tankstelle auf eine persönlich zugewiesene Kundenkarte aufgebucht. Die abgeschlossene Wette werde elektronisch festgehalten. Die Wettgewinne würden den Spielern in der Tankstelle in bar ausbezahlt. Die zweitrevisionswerbende Partei hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG über die verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand.

Im Straferkenntnis wird als Tatzeit , 9:18 Uhr, als Tatort der Standort der Betriebsstätte und als verletzte Rechtsvorschrift § 15 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 2 Abs. 1 Vorarlberger Wettengesetz, i.d.F. LGBl. Nr. 9/2012, angegeben.

2 Der von den revisionswerbenden Parteien dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) keine Folge gegeben; das Verwaltungsgericht bestätigte das Straferkenntnis mit mehreren - hier nicht entscheidungswesentlichen - Maßgaben.

3 Dagegen richtet sich die Revision der revisionswerbenden Parteien mit den Anträgen, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

4 Im Rahmen des vom Verwaltungsgerichtshof über die außerordentliche Revision eingeleiteten Vorverfahrens wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, das angefochtene Erkenntnis widerspreche der Bestimmung des § 31 Abs. 2 VStG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Nach Eintritt der (Strafbarkeits-)Verjährung dürfe ein Straferkenntnis nämlich nicht mehr erlassen werden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/02/0074). In der Begründung der Revision wird dazu ausgeführt, dass die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur gewahrt sei, wenn die Beschwerdeentscheidung innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten wirksam erlassen worden sei. Die Erlassung der Rechtsmittelentscheidung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei sei nicht geeignet, diese Wirkung herbeizuführen. Im vorliegenden Fall habe die Frist mit dem Tatzeitpunkt vom zu laufen begonnen, sodass die Strafbarkeitsverjährung am eingetreten sei. Da die Zustellung der angefochtenen Beschwerdeentscheidung an die revisionswerbenden Parteien mit erst nach Ablauf der in § 31 Abs. 2 VStG geregelten Frist, und damit nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung, erfolgt sei, habe das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Die Revision ist zulässig und begründet:

6 Zufolge § 15 Abs. 1 lit. a Vorarlberger Wettengesetz, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 9/2012, begeht eine Übertretung, wer die Tätigkeit als Wettunternehmer ohne die erforderliche Bewilligung oder Berechtigung aufgrund einer Anzeige ausübt. Nach § 15 Abs. 2 leg. cit. sind Übertretungen (u.a.) nach Abs. 1 mit einer Geldstrafe bis zu 25.000 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Damit handelt es sich bei der Übertretung nach § 15 Abs. 1 lit. a Vorarlberger Wettengesetz um ein Ungehorsamsdelikt i.S.d. § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG, weil zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört.

7 Gemäß § 31 Abs. 2 VStG i.d.F. BGBl. I Nr. 33/2013 tritt Strafbarkeitsverjährung ein, wenn das Straferkenntnis bzw. das dieses bestätigende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes erst nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet ab dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt (Tatzeit), erlassen wird. Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn das Straferkenntnis bzw. das dieses bestätigende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes innerhalb der dort genannten dreijährigen Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde, wobei die Erlassung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei nicht geeignet ist, diese Wirkung herbeizuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/02/0074). Als erlassen gilt die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes in diesem Zusammenhang, wenn sie dem Beschuldigten rechtswirksam zugestellt oder - unabhängig von der in § 29 Abs. 4 VwGVG geforderten Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung - mündlich verkündet wird (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/17/0029, mit Hinweis auf den hg. Beschluss vom , Zl. Fr 2015/03/0007).

8 Ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis und der im Straferkenntnis vom umschriebenen Tat fällt der Beginn der Frist nach § 31 Abs. 2 zweiter Satz i.V.m. Abs. 1 zweiter Satz VStG auf den , sodass - wie die Revision zutreffend aufzeigt - die Frist gemäß § 31 Abs. 2 VStG am endete. Nach dem - unbestrittenen - Revisionsvorbringen wurde das angefochtene Erkenntnis den revisionswerbenden Parteien am zugestellt. In den vorgelegten Verfahrensakten findet sich auch ein Zustellnachweis mit diesem Zustelldatum (wenngleich dieser nicht die Zustellung durch das Verwaltungsgericht belegt, sondern die durch die Bezirkshauptmannschaft vorgenommene Zustellung).

9 Damit wurde das angefochtene Erkenntnis gegenüber dem Beschuldigten erst nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung erlassen, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.

10 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 i.d.F. BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VStG §31 Abs1 idF 2013/I/033;
VStG §31 Abs2 idF 2013/I/033;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §29 Abs4;
VwRallg;
WettenG Vlbg 2003 §15 Abs1 lita idF 2012/009;
Sammlungsnummer
VwSlg 19464 A/2016
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016020150.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAE-68439