VwGH vom 15.04.2016, Ra 2016/02/0028
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des K in W, vertreten durch die Schuppich Sporn Winischhofer Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zlen. VGW-042/007/30926/2014-6, VGW- 042/007/30927/2014, VGW-042/007/30929/2014, betreffend Übertretungen des Arbeitsinspektionsgesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom verhängte der Magistrat der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) über den Revisionswerber gemäß § 24 Abs. 1 Z 3 Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und 12 Stunden). Der Revisionswerber habe als verantwortlicher Beauftragter der H GmbH gemäß § 9 Abs. 2 VStG zu verantworten, dass die H GmbH als Arbeitgeberin von bis es entgegen § 7 Abs. 5 des Arbeitsinspektionsgesetzes (ArbIG) unterlassen habe, die folgenden, vom Verkehrs-Arbeitsinspektorat mit Schreiben vom (Anmerkung: das in den vorgelegten Verfahrensakten befindlichen Schreiben trägt als Absenderbezeichnung "Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz", gibt weiters die Organisationseinheiten "Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat" und "Verkehrs-Arbeitsinspektorat" an, und wurde "für den Bundesminister" gefertigt) geforderten Auskünfte erteilen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | das Organigramm des Unternehmens, |
2. | die Arbeitsstätten des Unternehmens, |
3. | die Anzahl der in den Arbeitsstätten beschäftigen Arbeitnehmer, |
4. | die Bekanntgabe der Organisation hinsichtlich Überwachung und Einhaltung der notwendigen Schutzmaßnahmen, |
5. | die Organisation der Koordination gemäß § 8 Abs. 1 und 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) für die Tätigkeiten in den Arbeitsstätten, |
6. | die Anzahl der von anderen Unternehmen überlassenen Arbeitskräfte, |
7. | die Bestellung von Sicherheitsvertrauenspersonen, |
8. | die bestellten Personen zur Brandbekämpfung und Evakuierung der Arbeitnehmer, |
9. | die bestellten Ersthelfer, |
10. | die bestellten Präventivdienste, |
11. | den anzuwendenden Kollektivvertrag sowie |
12. | die Arbeitszeiten und Dienstpläne der Arbeitnehmer |
Außerdem habe es die H GmbH unterlassen, die mit Schreiben vom (Anmerkung: auch dieses Schreiben trägt dieselbe Absenderbezeichnung und Fertigungsklausel wie das bereits erwähnte Schreiben vom ) geforderten Auskünfte - einen schriftlichen Bericht über Maßnahmen im Zusammenhang mit der Kündigung eines näher bezeichneten Betriebszusatzkollektivvertrages - zu erteilen. Die H GmbH hafte für die über den Revisionswerber verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.
2 Mit einem weiterem Straferkenntnis vom verhängte der Magistrat über den Revisionswerber gemäß § 24 Abs. 1 Z 3 ArbIG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 18 Stunden). Der Revisionswerber habe als verantwortlicher Beauftragter der H GmbH gemäß § 9 Abs. 2 VStG zu verantworten, dass die H GmbH als Arbeitgeberin von bis es entgegen § 7 Abs. 2 und 5 ArbIG unterlassen habe, die vom Verkehrs-Arbeitsinspektorat im Schreiben vom (Anmerkung:
auch dieses Schreiben trägt dieselbe Absenderbezeichnung und Fertigungsklausel wie das in RN 1 erwähnte Schreiben vom ) geforderten Auskünfte betreffend den Arbeitsunfall des Herrn K. am zu erteilen, nämlich das Ergebnis der Untersuchung des Arbeitsunfalls, insbesondere Ablauf und Ursache, sowie Angaben zur Einhaltung mehrerer näher bezeichneter arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften. Die H GmbH hafte für die über den Revisionswerber verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.
3 Mit einem weiteren Straferkenntnis vom verhängte der Magistrat über den Revisionswerber gemäß § 24 Abs. 1 Z 3 ArbIG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 18 Stunden). Der Revisionswerber habe als verantwortlicher Beauftragter der H GmbH gemäß § 9 Abs. 2 VStG zu verantworten, dass die H GmbH als Arbeitgeberin von bis die Bestimmung des § 7 Abs. 2 ArbIG insofern nicht eingehalten habe, als sie mit Schreiben vom die Erteilung der erforderlichen Auskünfte verweigert habe, nämlich die vom Arbeitsinspektorat (Anmerkung: das in den Verfahrensakten befindlichen Schreiben ist auf den datiert trägt dieselbe Absenderbezeichnung und Fertigungsklausel wie das in RN 1 erwähnte Schreiben vom ) verlangte Berichterstattung über den Arbeitsunfall vom um 15:50 Uhr im Zug A von Frau W. sowie Auskünfte über die Einhaltung mehrerer näher bezeichneter arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften. Die H GmbH hafte für die über den Revisionswerber verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.
4 Gegen diese Straferkenntnisse erhob der Revisionswerber jeweils Beschwerde und bestritt darin die Zuständigkeit des Zentral-Arbeitsinspektorates. § 26 Abs. 8 ArbIG sehe dessen Zuständigkeit nämlich grundsätzlich nur in jenen Fällen vor, die bis zum Ablauf des gemäß § 1 des Bundesgesetzes über die Verkehrs-Arbeitsinspektion (VAIG) in den Wirkungsbereich des Verkehrs-Arbeitsinspektorates gefallen seien. Die H GmbH sei von der Ö AG mit der " Zugbewirtschaftung mit Bewirtschaftung von Zugrestaurants und das Mobile Bordservice in den Zügen der (Ö) AG " beauftragt worden. Der Vertrag umfasse insbesondere " die gastronomische und serviceorientierte Bewirtschaftung der Zugrestaurants, das Trolleyservice sowie Zusatzservices auf der gesamten Zuglaufstrecke. Hinzu kommen für konkret definierte Zugläufe weitere Aufgaben, wie insbesondere die Fahrgeldsicherung im internationalen Verkehr über den Brennerpass. " Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b VAIG seien nur solche Betriebsstätten in die Zuständigkeit der Verkehrs-Arbeitsinspektion gefallen, die im Bereich von Eisenbahnanlagen ausschließlich unmittelbar dem Betrieb von Schlaf-, Liege-, Buffet- oder Speisewagen gedient hätten. Jede weitere Tätigkeit - wie "Mobiles Bordservice", "Trolleyservice" und Fahrgeldsicherung - schließe die Zuständigkeit des Verkehrs-Arbeitsinspektorates aus.
5 Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz trat dieser Auffassung in einer Stellungnahme entgegen und vertrat darin die Ansicht, dass sich eine Zuständigkeit des Zentral-Arbeitsinspektorates eindeutig aus § 26 Abs. 8 ArbIG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b VAIG ergebe. Die Schreiben, mit denen der Revisionswerber wiederholt auf die gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmungen hingewiesen worden sei, seien zuletzt durch die Sektionschefin der Sektion VII (Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat) im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gefertigt worden. Dieser Sektion gehöre einerseits das Zentral-Arbeitsinspektorat (Verkehrs-Arbeitsinspektorat) an und seien andererseits die regionalen Arbeitsinspektorate zugeordnet, sodass die gemeinsame Vorgesetzte beider Behörden dazu eine eindeutige Festlegung getroffen habe.
6 Mit dem nunmehr angefochtenem Erkenntnis, das nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am verkündet und am schriftlich ausgefertigt wurde, gab das Verwaltungsgericht den Beschwerden jeweils in der Schuldfrage keine Folge und setzte die Strafen (hinsichtlich des erstgenannten Straferkenntnisses) auf Geldstrafen in der Höhe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen), (hinsichtlich des zweitgenannten Straferkenntnisses) EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und zwölf Stunden) und (hinsichtlich des drittgenannten Straferkenntnisses) EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und zwölf Stunden) herab. Das Verwaltungsgericht sprach außerdem aus, dass eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
Nach der Wiedergabe des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften führte das Verwaltungsgericht - soweit hier entscheidungswesentlich - aus, es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Aufforderungen zur Auskunftserteilung, die offenkundig Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes betroffen hätten, von "Personen" an das Unternehmen der H GmbH gerichtet worden seien, die nicht die Qualifikation als "Arbeitsinspektionsorgane" im Sinne des § 7 Abs. 5 ArbIG erfüllt hätten oder die nicht befugter Weise als "Arbeitsinspektorate" (§ 7 Abs. 2 ArbIG) tätig geworden seien.
Mit einer umfangreichen Stellungnahme sei das Unternehmen und damit auch der Revisionswerber als verantwortlich(er) Beauftragter ausführlich und völlig zutreffend auf die anzuwendende Rechtslage hingewiesen worden. In der mündlichen Verhandlung habe sich herausgestellt, dass die lange Zeit unterlassene Auskunftserteilung in allen drei Fällen mit großer Verspätung zwischenzeitlich nachgeholt worden sei. Allein dieser Umstand zeige, dass die in den gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren geltend gemachten Bedenken im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Auskünften zwischenzeitig offenbar fallen gelassen worden seien.
In allen drei Verwaltungsstrafverfahren sei die Nichterteilung der verlangten Auskünfte unbestritten, die "mitbeteiligte Partei" (gemeint ist wohl der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren und auch in der im Beschwerdeverfahren ergangenen Stellungnahme die anzuwendende und geltende Rechtslage ausführlich und zutreffend dargestellt. Im gesamten Verfahren habe sich kein Hinweis darauf ergeben, dass die Aufforderung zur Auskunftserteilung nicht von (dazu befugten) Arbeitsinspektionsorganen oder Arbeitsinspektoraten an das Unternehmen gerichtet worden seien.
Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer Rechtsprechung. Weiters sei die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls würden keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Revisionswerbers mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge (kostenpflichtig) in der Sache selbst entscheiden, das angefochtene Erkenntnis aufheben und das gegen den Revisionswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.
8 Der Magistrat erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision zurückzuweisen, allenfalls als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
9 Die maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitsinspektionsgesetzes (ArbIG), BGBl. Nr. 27/1993, in der hier maßgeblichen Fassung lauten (auszugsweise):
" Geltungsbereich
§ 1. (1) Der Wirkungsbereich der Arbeitsinspektion erstreckt sich auf Betriebsstätten und Arbeitsstellen aller Art. (...)
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Arbeitnehmer/in im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jede Person, die in Betriebsstätten oder auf Arbeitsstellen im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig ist. Keine Arbeitnehmer/innen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind geistliche Amtsträger/innen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften.
(...)
(3) Betriebsstätten im Sinne dieses Bundesgesetzes sind örtlich gebundene Einrichtungen, in denen regelmäßig Arbeiten ausgeführt werden. Arbeitsstellen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Stellen außerhalb von Betriebsstätten, auf denen Arbeiten ausgeführt werden.
Aufgaben der Arbeitsinspektion
§ 3. (1) Die Arbeitsinspektion ist die zur Wahrnehmung des gesetzlichen Schutzes der Arbeitnehmer/innen und zur Unterstützung und Beratung der Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen bei der Durchführung des Arbeitnehmerschutzes berufene Behörde. Sie hat durch ihre Tätigkeit dazu beizutragen, daß Gesundheitsschutz und Sicherheit der Arbeitnehmer/innen sichergestellt und durch geeignete Maßnahmen ein wirksamer Arbeitnehmerschutz gewährleistet wird. Zu diesem Zweck hat die Arbeitsinspektion die Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen erforderlichenfalls zu unterstützen und zu beraten sowie die Einhaltung der dem Schutz der Arbeitnehmer/innen dienenden Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen zu überwachen, insbesondere soweit diese betreffen
1. den Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit sowie der Integrität und Würde,
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2. | die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, |
3. | die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen, vor allem auch während der Schwangerschaft und nach der Entbindung, |
4. | die Beschäftigung besonders schutzbedürftiger Arbeitnehmer/innen (Behinderter), |
5. | die Arbeitszeit, die Ruhepausen und die Ruhezeit, die Arbeitsruhe, die Urlaubsaufzeichnungen und |
6. | die Heimarbeit. |
(2) Die Organe der Arbeitsinspektion haben Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen zur Erfüllung ihrer Pflichten im Bereich des Arbeitnehmerschutzes anzuhalten und sie hiebei nötigenfalls zu unterstützen und zu beraten. Die Arbeitsinspektion hat die Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen auf Wunsch im Zusammenhang mit der Errichtung und Änderung von Betriebsstätten und Arbeitsstellen sowie sonstigen Maßnahmen, die den Arbeitnehmerschutz berühren, im vorhinein zu beraten. Die Arbeitsinspektionsorgane haben nach Möglichkeit im Rahmen ihres Wirkungsbereiches bei widerstreitenden Interessen zwischen Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen zu vermitteln sowie nötigenfalls zur Wiederherstellung des guten Einvernehmens beizutragen, um so das Vertrauen beider Teile zu gewinnen und zu erhalten. Sie haben bei dieser Tätigkeit auf eine Mitwirkung der Organe der Arbeitnehmerschaft hinzuwirken.
(...)
Vernehmung von Personen
§ 7. (1) Organe der Arbeitsinspektion sind befugt, bei Besichtigungen gemäß § 4 Arbeitgeber/innen, Arbeitnehmer/innen und die gemäß § 4 Abs. 5 und 7 beauftragten Personen über alle Umstände zu vernehmen, die den Aufgabenbereich der Arbeitsinspektion berühren. Die Vernehmung hat tunlichst ohne Störung des Betriebes zu erfolgen. Die Vernehmung ist ohne Gegenwart dritter Personen durchzuführen, wenn dies nach Ansicht des Arbeitsinspektionsorgans erforderlich ist oder wenn die Person, die vernommen werden soll, es verlangt.
(2) Die Arbeitsinspektorate können von Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen schriftliche Auskünfte verlangen.
(...)
(4) Für die Vernehmung von Auskunftspersonen gemäß Abs. 1 gilt § 48 AVG. Jede Auskunftsperson ist zu Beginn ihrer Vernehmung über die für die Vernehmung maßgebenden persönlichen Verhältnisse zu befragen und zu ermahnen, die Wahrheit anzugeben und nichts zu verschweigen. Sie ist auf die gesetzlichen Gründe für die Verweigerung der Aussage (Abs. 5) und auf die Folgen einer ungerechtfertigten Verweigerung der Aussage aufmerksam zu machen. Die Aussagen sind erforderlichenfalls in einer Niederschrift gemäß § 14 AVG festzuhalten.
(5) Arbeitgeber/innen, Arbeitnehmer/innen und die gemäß § 4 Abs. 5 und 7 beauftragten Personen sind verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Aussage darf aus den in § 49 Abs. 1 und 2 AVG genannten Gründen verweigert werden, wobei aber der Weigerungsgrund wegen Gefahr eines Vermögensnachteiles sowie eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses nicht gilt. Unterlagen
§ 8. (1) Arbeitgeber/innen und die gemäß § 4 Abs. 5 und 7 beauftragten Personen sind verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Zusammenhang stehen. Dies gilt insbesondere für Unterlagen über die Betriebsräumlichkeiten, Betriebseinrichtungen, sonstigen mechanischen Einrichtungen, Betriebsmittel, beigestellten Wohnräume oder Unterkünfte, Arbeitsvorgänge, Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffe samt den dazugehörigen Plänen, Zeichnungen, Beschreibungen und Betriebsvorschriften. Dies gilt auch für Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen, Arbeitsverträge, Lehrverträge, Lohn-, Gehalts- und Urlaubslisten sowie insbesondere auch für alle Verzeichnisse, Vormerke oder Aufstellungen, die auf Grund von Arbeitnehmerschutzvorschriften oder von Regelungen für die Heimarbeit zu führen sind.
(2) Die Arbeitsinspektionsorgane sind befugt, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge von Unterlagen gemäß Abs. 1 anzufertigen.
(3) Arbeitgeber/innen haben dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs. 1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln. Für die Ablichtung und Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.
(...)
Arbeitsinspektorate
§ 14. (1) Das Bundesgebiet wird, sofern nicht Zweckmäßigkeitsgründe entgegenstehen, unter Berücksichtigung der Grenzen der Länder (Stadt Wien) in Aufsichtsbezirke der Arbeitsinspektion eingeteilt. Für jeden Aufsichtsbezirk ist ein allgemeines Arbeitsinspektorat einzurichten. In jedem Land muß mindestens ein solches Arbeitsinspektorat bestehen.
(2) Wenn dies für die Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes zweckmäßig ist, können einzelne Wirtschaftszweige oder Beschäftigtengruppen oder Teile von solchen unter die Aufsicht von besonderen Arbeitsinspektoraten gestellt werden. Der örtliche Wirkungsbereich solcher Arbeitsinspektorate kann sich über den Bereich mehrerer Länder erstrecken.
(3) Für einzelne Wirtschaftszweige oder Beschäftigtengruppen oder Teile von solchen kann einem allgemeinen Arbeitsinspektorat nach Abs. 1 die Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes auch hinsichtlich der zu anderen Aufsichtsbezirken gehörenden Betriebsstätten und Arbeitsstellen übertragen werden, wenn dies wegen der in diesen Wirtschaftszweigen oder Beschäftigtengruppen bestehenden besonderen Bedingungen für die Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes zweckmäßig ist.
(4) Durch Verordnung sind nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer nähere Vorschriften zu regeln über
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | die Aufsichtsbezirke der allgemeinen Arbeitsinspektorate, |
2. | die Errichtung von besonderen Arbeitsinspektoraten sowie ihren sachlichen und örtlichen Wirkungsbereich und |
3. | die Übertragung von Aufgaben gemäß Abs. 3 an allgemeine Arbeitsinspektorate. |
Örtliche Zuständigkeit |
§ 15. (1) Soweit im folgenden nicht anders bestimmt ist, stehen die Befugnisse nach diesem Bundesgesetz jenem allgemeinen Arbeitsinspektorat (§ 14 Abs. 1) zu, in dessen Aufsichtsbezirk sich die Betriebsstätte oder Arbeitsstelle befindet.
(2) Erstreckt sich eine Betriebsstätte oder Arbeitsstelle über mehrere Aufsichtsbezirke der Arbeitsinspektion, so ist jenes Arbeitsinspektorat zuständig, in dessen Aufsichtsbezirk sich die Leitung dieser Betriebsstätte oder Arbeitsstelle befindet.
(...)
Zentral-Arbeitsinspektorat
§ 16. (1) Die Arbeitsinspektorate unterstehen unmittelbar dem Zentral-Arbeitsinspektorat, dem die oberste Leitung und zusammenfassende Behandlung der Angelegenheiten der Arbeitsinspektion sowie die Aufsicht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektorate obliegt. Der Leiter/die Leiterin des Zentral-Arbeitsinspektorates (der Zentral-Arbeitsinspektor/die Zentral-Arbeitsinspektorin) untersteht direkt dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.
(2) Auf die Organe des Zentral-Arbeitsinspektorates sind die für Arbeitsinspektionsorgane gemäß §§ 3 Abs. 4 sowie 4 bis 8 geltenden Regelungen anzuwenden, soweit dies für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Abs. 1 erforderlich ist. §§ 18 und 20 Abs. 4 und 5 gelten auch für Organe des Zentral-Arbeitsinspektorates.
Strafbestimmungen
§ 24. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 41 EUR bis 4 140 EUR, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 83 EUR bis 4 140 EUR zu bestrafen,
(...)
3. als Arbeitgeber/in, als gemäß § 4 Abs. 5 oder 7 beauftragte Person oder als Arbeitnehmer/in entgegen § 7 die erforderlichen Auskünfte nicht erteilt;
(...)
(2) Das Arbeitsinspektorat hat mit der Anzeige von Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 ein bestimmtes Strafausmaß zu beantragen. Für das Verwaltungsstrafverfahren gelten §§ 11 und 13.
(...)
Übergangsbestimmungen
§ 26. (1) (...)
(7) Die Parteistellung des Verkehrs-Arbeitsinspektorates in Verwaltungsstrafverfahren und Verwaltungsverfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des 2. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 35/2012, anhängig sind, ist ab von der Arbeitsinspektion wahrzunehmen. (...)
(8) Hinsichtlich jener Betriebsstätten und Arbeitsstellen, die bis zum Ablauf des gemäß § 1 VAIG 1994 in den Wirkungsbereich des Verkehrs-Arbeitsinspektorates gefallen sind, obliegen abweichend von § 16 bis zur Neuregelung des Gegenstandes durch eine Verordnung nach § 14 Abs. 4 die nach diesem Bundesgesetz den Arbeitsinspektoraten zustehenden Aufgaben und Befugnisse dem Zentral-Arbeitsinspektorat."
10 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Verkehrs-Arbeitsinspektion (VAIG), BGBl. Nr. 650/1994, in der zuletzt (vor Aufhebung dieses Gesetzes durch Art. 58 des 2. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 35/2012, mit Ablauf des ) geltenden Fassung BGBl. I Nr. 51/2011, lauteten (auszugsweise):
" Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Wahrnehmung des gesetzlichen Schutzes der Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit im Rahmen des Wirkungskreises nach Abs. 2 (Verkehrs-Arbeitsinspektion). Die Verkehrs-Arbeitsinspektion obliegt dem Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Verkehrs-Arbeitsinspektorat, im folgenden als ‚Verkehrs-Arbeitsinspektorat' bezeichnet.
(2) Der Wirkungskreis der Verkehrs-Arbeitsinspektion umfaßt:
1.alle Betriebsstätten und Arbeitsstellen
a) von Eisenbahnunternehmen im Sinn des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60, soweit es sich nicht um Gewerbebetriebe, um bergbauliche oder um land- und forstwirtschaftliche Betriebe handelt,
b) die im Bereich von Eisenbahnanlagen ausschließlich unmittelbar dem Betrieb von Schlaf-, Liege-, Buffet- oder Speisewagen oder der Instandhaltung solcher Wagen (Wagenwerkstätten) dienen,
(...)
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Betriebsstätten im Sinn dieses Bundesgesetzes sind örtlich gebundene Einrichtungen, in denen regelmäßig Arbeiten ausgeführt werden. Arbeitsstellen im Sinn dieses Bundesgesetzes sind alle Stellen außerhalb von Betriebsstätten, insbesondere auch die Stellen in Verkehrsmitteln, auf denen Arbeiten ausgeführt werden.
(...)
(3) Arbeitnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes ist jede Person, die in Betriebsstätten oder auf Arbeitsstellen gemäß § 1 im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses tätig ist."
11 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision mit dem Fehlen von Rechtsprechung zur Frage, ob die Befugnisse des § 7 Abs. 2 und § 7 Abs. 5 ArbIG, nach der die Arbeitsinspektorate (unter anderem) von Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen Auskünfte verlangen können, jedem oder nur dem sachlich und örtlich zuständigen Arbeitsinspektorat zukommen. Zudem sei ungeklärt, ob eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 Z 3 ArbIG auch dann zu verantworten sei, wenn das Verlangen zur Auskunftserteilung von einem Organ eines unzuständigen Arbeitsinspektorates stamme. Schließlich habe das Verwaltungsgericht auch gegen fundamentale Verfahrensgrundsätze verstoßen, insbesondere habe es keinen Sachverhalt festgestellt, den es seiner rechtlichen Begründung zugrunde gelegt habe.
12 Die Revision erweist sich damit, entgegen dem nur formelhaft und somit unzureichend begründeten Ausspruch des Verwaltungsgerichts, als zulässig. Sie ist auch begründet:
13 Gemäß § 24 Abs. 1 Z 3 ArbIG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von EUR 41 bis EUR 4.140, im Widerholungsfall mit Geldstrafe von EUR 83 bis EUR 4.140 zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in, als gemäß § 4 Abs. 5 oder 7 beauftragte Person oder als Arbeitnehmer/in entgegen § 7 die erforderlichen Auskünfte nicht erteilt.
14 Da der Wortlaut von § 24 Abs. 1 Z 3 ArbIG hinsichtlich des Tatbildes (Nichterteilung der Auskünfte), ohne weitere Voraussetzungen aufzustellen und ohne jede Einschränkung, auf § 7 ArbIG verweist, ist zunächst zu prüfen, ob der Revisionswerber (als verantwortlicher Beauftragter der H GmbH) verpflichtet war, dem tätig gewordenen Zentral-Arbeitsinspektorat die begehrten Auskünfte zu erteilen. Dafür ist zunächst die - in der Revision aufgeworfene - Frage zu klären, ob jedes oder nur das sachlich und örtlich zuständige Arbeitsinspektorat befugt war, auf Grundlage von § 7 Abs. 2 oder 5 ArbIG Auskünfte zu den verfahrensgegenständlichen Betriebsstätten bzw. Arbeitsstellen von der H GmbH zu verlangen.
15 Das Verwaltungsgericht scheint angesichts des Wortlautes in § 7 Abs. 2 und 5 ArbIG (arg. "(d)ie Arbeitsinspektorate" bzw. "den Arbeitsinspektionsorganen") die Ansicht zu vertreten, dass diese Befugnisse von jedem Arbeitsinspektorat bzw. von den Organen jedes Arbeitsinspektorats ausgeübt werden können.
16 Demgegenüber geht die Revision davon aus, dass gemäß § 7 ArbIG nur gegenüber einem sachlich und örtlich zuständigen Arbeitsinspektorat Auskünfte erteilt werden müssten. Mit dieser Auffassung ist die Revision im Recht:
17 Die Arbeitsinspektion erfolgt gemäß § 14 Abs. 1 ArbIG durch allgemeine Arbeitsinspektorate, deren Zuständigkeit sich auf verschiedene (durch Verordnung gemäß § 14 Abs. 4 Z 1 und 3 ArbIG festgelegte) Aufsichtsbezirke bezieht und von denen in jedem Land mindestens eines bestehen muss. Daneben können gemäß § 14 Abs. 2 ArbIG besondere Arbeitsinspektorate für einzelne Wirtschaftszweige oder Beschäftigungsgruppen oder Teile von solchen eingerichtet sein.
18 Für die Ausübung der Befugnisse nach dem ArbIG sieht § 15 eine Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit vor. Nach der Grundregel des § 15 Abs. 1 ArbIG ist jenes allgemeine Arbeitsinspektorat zuständig, in dessen Aufsichtsbezirk sich die jeweilige Betriebsstätte oder Arbeitsstelle befindet. In § 15 Abs. 2 ArbIG ist ergänzend vorgesehen, dass bei Betriebsstätten oder Arbeitsstellen, die sich über mehrere Aufsichtsbezirke erstrecken, jenes Arbeitsinspektorat zuständig ist, in dessen Aufsichtsbezirk sich die Leitung dieser Betriebsstätte oder Arbeitsstelle befindet. Davon abweichende Vorschriften enthalten die Abs. 4 bis 9 leg. cit. 19 Daneben sieht das ArbIG seit der Novelle BGBl. I Nr. 35/2012 in § 26 Abs. 8 (bis zu einer Neuregelung durch Verordnung nach § 14 Abs. 4 ArbIG) eine eigene Sachzuständigkeit des Zentral-Arbeitsinspektorats hinsichtlich jener Betriebsstätten und Arbeitsstellen vor, die bis zum Ablauf des gemäß § 1 VAIG in den Wirkungsbereich des Verkehrs-Arbeitsinspektorates gefallen sind. Durch diese Bestimmung gingen sämtliche Zuständigkeiten der Verkehrs-Arbeitsinspektion auf das Zentral-Arbeitsinspektorat über; dieses umfasst nach der Überleitung nunmehr auch zwei Abteilungen im Rahmen des "Kompetenzzentrums Verkehrs-Arbeitsinspektorat" (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/02/0170). Damit ist das Zentral-Arbeitsinspektorat nicht mehr nur mit der obersten Leitung und zusammenfassenden Behandlung der Angelegenheiten der Arbeitsinspektion sowie der Aufsicht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektorate betraut und veranlasst allenfalls das zuständige Arbeitsinspektorat dazu, erforderliche Schritte zu setzen (§ 16 Abs. 1 ArbIG; vgl dazu RV 813 BlgNR 18. GP, S. 29); vielmehr übt es in diesem Bereich selbst Befugnisse gegenüber den Beaufsichtigten aus.
20 Die Arbeitsinspektorate werden im Bereich der Arbeitsinspektion überwiegend (wie auch gegenständlich bei der Inanspruchnahme der Befugnisse zur Erlangung von Auskünften nach § 7 Abs. 2 und 5 ArbIG) im Rahmen der in der Lehre so genannten "schlichten Hoheitsverwaltung" tätig. Mit diesem Begriff wird Verwaltungshandeln erfasst, das nicht privatwirtschaftlicher Natur ist, sondern zum Bereich der Hoheitsverwaltung gehört, auch wenn im konkreten Fall kein Hoheitsakt gesetzt wird. In der schlichten Hoheitsverwaltung werden die Verwaltungsorgane nicht in den Handlungsformen des Bescheides, der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt sowie der Verordnung tätig, obwohl diese ihre Befugnis, anzuordnen und durchzusetzen, im Hintergrund vorhanden ist. In diesem Sinn ist die schlichte Hoheitsverwaltung eine potentiell hoheitliche Verwaltung, die durch Einsatz von Imperium zur aktuell hoheitlichen Verwaltung werden kann; es handelt sich also um eine "verschiedene Intensität" einer Verwaltungstätigkeit, die insgesamt zum Bereich der Hoheitsverwaltung gehört (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/02/0045, m.w.N.; B. Raschauer , Allgemeines Verwaltungsrecht4 (2013) Rz 699 ff; Antoniolli/Koja , Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996) 25 ff). Nur ausnahmsweise werden die Arbeitsinspektorate in den typisierten Handlungsformen der Hoheitsverwaltung tätig (ausdrücklich erwähnt ist etwa die Erlassung von Bescheiden in § 10 Abs. 3 und 5 ArbIG).
21 Eine Dienststelle (ein Amt) ist eine planmäßige, rechtlich geregelte, von einer physischen Person unabhängige Stelle, eine organisatorische Einheit der Verwaltung, die zur Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben berufen ist. Dienststellen oder Verwaltungsorgane besonderen Ranges sind Behörden; diesen sind vom Gesetz hoheitliche Befugnisse verliehen; sie können befehlen und (oder) erzwingen. Sie müssen Kompetenz zu rechtsetzenden oder zu Zwangsakten haben. Damit eine Dienststelle Behörde ist, genügt es, dass sie - wenn auch vielleicht nur in geringem Umfang - Imperium hat. Entscheidend ist die Funktion im gesamten Verwaltungsapparat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/15/0154; Antoniolli/Koja , Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996) 332, m.w.N.).
22 Demgemäß sind die Arbeitsinspektorate nach § 14 Abs. 1 und 2 ArbIG Dienststellen des Bundes, denen aufgrund ihrer hoheitlichen Tätigkeit (die zuweilen auch in typisierte Verwaltungsakte mündet) Behördencharakter zukommt. Sie unterstehen gemäß § 16 Abs. 1 ArbIG unmittelbar dem Zentral-Arbeitsinspektorat, das seinerseits organisatorisch der Sektion "Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat" des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz untersteht (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/02/0170); der Leiter/die Leiterin des Zentral-Arbeitsinspektorats untersteht direkt dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Das Zentral-Arbeitsinspektorat ist damit keine vom Bundesminister bzw. von der Bundesministerin zu unterscheidende Behörde, vielmehr wird es für diesen bzw. diese tätig (vgl. zu alledem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/02/0079).
23 Entsprechend der Einrichtung der Arbeitsinspektorate nach § 14 Abs. 1 und 2 ArbIG als Behörden einerseits und dem Zentral-Arbeitsinspektorat als für den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz handelnde Organisationseinheit des Bundesministeriums andererseits sehen die Vorschriften der §§ 14 f, 26 Abs. 8 ArbIG eine (sachliche und örtliche) Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den genannten Behörden vor. So hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung regelmäßig auf die (vorhandene) Zuständigkeit des tätig gewordenen Arbeitsinspektorates abgestellt (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2013/02/0278, vom , Zl. 98/09/0031, vom , Zl. 94/02/0079, vom , Zl. 92/04/0283, und vom , Zl. 90/19/0217). Dass in manchen der Bestimmungen des ArbIG vom "zuständigen Arbeitsinspektorat" (z.B. § 23 Abs. 1) die Rede ist, während andere auf "die Arbeitsinspektorate" Bezug nehmen (z.B. § 7 Abs. 2), wurzelt historisch in dem Umstand, dass es der Gesetzgeber als notwendig ansah, die Zuständigkeit des in Verfahren vor anderen Behörden involvierten Arbeitsinspektorats näher zu umschreiben (so die Erläuterungen zum ArbIG 1974, RV 928 BlgNR 13. GP, S. 14), während die ausdrückliche Zuständigkeitsregel des § 15 Abs. 1 ArbIG erst mit dem ArbIG 1993 vorgesehen wurde.
24 Als Zwischenresultat ist daher festzuhalten, dass die Befugnisse nach § 7 Abs. 2 und 5 ArbIG nur dem jeweils sachlich und örtlich zuständigen Arbeitsinspektorat (bzw. dessen Organen) zukommen.
25 In einem zweiten Schritt ist daher zu prüfen, ob das Zentral-Arbeitsinspektorat zu Recht im Rahmen der Verkehrs-Arbeitsinspektion gegenüber der H GmbH tätig geworden ist. Entsprechend der Überleitungsbestimmung des § 26 Abs. 8 ArbIG kommt es bei der Beurteilung dieser Frage darauf an, ob die verfahrensgegenständlichen Betriebsstätten bzw. Arbeitsstellen der H GmbH bis zum Ablauf des gemäß § 1 VAIG in den Wirkungsbereich des Verkehrs-Arbeitsinspektorates gefallen sind.
26 Bis zum Ablauf des umfasste der Wirkungskreis der Verkehrs-Arbeitsinspektion alle Betriebsstätten und Arbeitsstellen von Eisenbahnunternehmen im Sinn des Eisenbahngesetzes, BGBl. Nr. 60/1957 (EisbG), soweit es sich nicht um Gewerbebetriebe, um bergbauliche oder um land- und forstwirtschaftliche Betriebe handelte (§ 1 Abs. 2 Z 1 lit. a VAIG). Weiters umfasst waren alle Betriebsstätten und Arbeitsstellen, die im Bereich von Eisenbahnanlagen ausschließlich unmittelbar dem Betrieb von Schlaf-, Liege-, Buffet- oder Speisewagen oder der Instandhaltung solcher Wagen (Wagenwerkstätten) dienten (§ 1 Abs. 2 Z 1 lit. b VAIG).
27 Gemäß § 2 Abs. 3 ArbIG sind Betriebsstätten örtlich gebundene Einrichtungen, in denen regelmäßig Arbeiten ausgeführt werden. Arbeitsstellen sind demgegenüber alle Stellen außerhalb von Betriebsstätten, auf denen Arbeiten ausgeführt werden.
28 Die Gesetzesmaterialien machen deutlich, dass diese beiden Begriffe insofern weit auszulegen sind, als nicht nur Betriebe im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes vom Anwendungsbereich des ArbIG erfasst sein sollen und es auf das Vorliegen einer organisatorischen Einheit und die Eigentumsverhältnisse nicht ankommt (vgl. RV 813 BlgNR 18. GP S. 12f und 16).
29 Nach den Gesetzesmaterialien sollte sich die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzung der örtlichen Gebundenheit einer Betriebsstätte an der Literatur und Judikatur zum gewerblichen Betriebsanlagenbegriff orientieren. Jedenfalls vom Betriebsstätten-Begriff ausgenommen sein sollten mobile Einrichtungen, Fahrzeuge und Baustellen (RV 813 BlgNR 18. GP, S. 16). Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewerbeordnung wurden bewegliche Einrichtungen bisher nur in solchen Fällen als örtlich gebunden angesehen, in denen sie nach der Absicht des Gewerbetreibenden für längere Zeit an einem bestimmten Standort der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit dienen sollten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/04/0104, sowie Grabler/Stolzlechner/Wendl , GewO3 (2011) § 74 Rz. 3, m.w.N.).
30 Nach dem Vorbringen im Verfahren und den in den Verfahrensakten vereinzelt auffindbaren Sachverhaltserhebungen erbringt die H GmbH ihre Dienste ("die gastronomische und serviceorientierte Bewirtschaftung der Zugrestaurants, das Trolleyservice sowie Zusatzservices auf der gesamten Zuglaufstrecke") in Personenzügen. Da solche ihrer Bestimmung nach in der Regel nicht an einem festen Standort verweilen, kann es sich dabei nach dem Vorgesagten um keine örtlich gebundene Einrichtung und damit um keine Betriebsstätte im Sinne des § 2 Abs. 3 erster Satz ArbIG handeln.
31 Der Begriff der Arbeitsstelle stellt erkennbar einen Sammelbegriff dar, der alle Stellen außerhalb von Betriebsstätten erfassen soll. Die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiel für solche Arbeitsstellen auch "Arbeitsplätze von Lenkern", die etwa im Rahmen eines Güterbeförderungsgewerbes von einem Fuhrhof aus ihre Fahrten unternehmen (vgl. nochmals RV 813 BlgNR 18. GP, S. 16). Die von den Arbeitnehmern der H GmbH in den Personenzügen verrichteten Tätigkeiten sind mit solchen Arbeitsplätzen von Lenkern vergleichbar, weil sie - wie auch diese - ihre Arbeiten in beweglichen Einrichtungen an verschiedenen Orten ausführen. Im Übrigen nennen auch die Gesetzesmaterialien zum VAIG "Arbeitsstellen" in Verkehrsmitteln als Beispiel für vom Wirkungsbereich der Verkehrs-Arbeitsinspektion erfasste Stellen (vgl. RV 1675 BlgNR 18. GP, S. 14).
32 Damit ist schließlich zu prüfen, ob die verfahrensgegenständlichen Arbeitsstellen der H GmbH vom durch § 1 Abs. 2 VAIG abgesteckten Wirkungsbereich der Verkehrs-Arbeitsinspektion umfasst waren:
33 Soweit sich dies dem angefochtenen Erkenntnis bzw. den verwaltungsbehördlichen Straferkenntnissen und den dort als erwiesenen angenommenen Tathandlungen in Zusammenschau mit dem Vorbringen des Revisionswerbers entnehmen lässt, dürften die begehrten Auskünfte allesamt Arbeitsstellen der H GmbH in Personenzügen der Ö AG, einem Eisenbahnunternehmen nach dem Verständnis des EisbG, betroffen haben.
34 Da es nach dem Vorgesagten vor dem Hintergrund der Gesetzesmaterialien (vgl. RNr. 28) für die Qualifikation einer Stelle als Betriebsstätte oder Arbeitsstelle nicht auf die Eigentumsverhältnisse ankommt, kann es sich bei den verfahrensgegenständlichen Arbeitsstellen um solche eines Eisenbahnunternehmens handeln (§ 1 Abs. 2 Z 1 lit. a VAIG).
35 In Frage käme aber auch, dass die Arbeitsstellen im Bereich von Eisenbahnanlagen ausschließlich unmittelbar dem Betrieb von Schlaf-, Liege-, Buffet- oder Speisewagen dienten (§ 1 Abs. 2 Z 1 lit. b erster Fall VAIG). Da dieser Tatbestand nach den Gesetzesmaterialien auf Tätigkeiten eingeschränkt zu verstehen ist, die in den Wagen ausgeübt werden oder unmittelbar der Belieferung der Wagen vor Ort im Bahnbereich dienen (vgl. RV 1675 BlgNR 18. GP, S. 19), käme eine Anwendbarkeit auf die verfahrensgegenständlichen Arbeitsstellen der H GmbH etwa in Betracht, wenn das angebotene "Trolleyservice" bloß eine Erweiterung eines Buffet- oder Speisewagens darstellt und insoweit von einem solchen aus bereitgestellt wird.
36 Um jedoch die Zuständigkeit des Zentral-Arbeitsinspektorates zur Stellung der verfahrensgegenständlichen Auskunftsbegehren beurteilen zu können, bedürfte es näherer Feststellungen dazu, auf welche konkreten Arbeitsstellen sich die Auskunftsbegehren bezogen haben bzw. wie diese Arbeitsstellen (im Sinne der RNr. 35) konkret ausgestaltet sind. Wie auch in der Revision vorgebracht wird, lässt das angefochtene Erkenntnis Sachverhaltsfeststellungen - offenkundig auch ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht - gänzlich vermissen, sodass es schon aus diesem Grund aufzuheben war.
37 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
38 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl II Nr. 8/2014.
Wien, am