VwGH vom 15.04.2005, 2004/12/0162
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom , Zl. BMWA-209.023/5003- Pers/2/2004, betreffend Sonderurlaub (§ 74 BDG 1979), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Beamtin in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienststelle ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
Anlässlich des Ablebens ihres Schwiegervaters am beantragte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom die Gewährung eines Sonderurlaubes für den zum Zwecke der Teilnahme am Begräbnis des Verstorbenen.
Mit Dienstrechtsmandat vom gab die belangte Behörde dem genannten Antrag gemäß § 74 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), nicht Folge.
Begründend führte sie dort aus, gemäß § 74 Abs. 1 BDG 1979 könne dem Beamten auf sein Ansuchen aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen oder aus einem sonstigen besonderen Anlass ein Sonderurlaub gewährt werden. Voraussetzung sei, dass keine zwingenden dienstlichen Erfordernisse entgegen stünden und die dem Anlass angemessene Dauer nicht überstiegen werde. Als wichtig im Sinne des Gesetzes könnten nur jene Gründe angesehen werden, die die Person oder die Familie des Beamten beträfen und volles Gewicht hätten, also gewichtig, bedeutsam und wesentlich seien. Bei der Gewährung von Sonderurlauben müsse darüber hinaus ein dem Gesetz entsprechender strenger Maßstab angelegt werden. Dementsprechend werde bei Todesfällen, sofern es sich um den Tod naher Angehöriger handle, ein Sonderurlaub gewährt. Unter den Begriff der "nahen Angehörigen" seien Verwandte in gerader Linie zu subsumieren. Dem Antrag der Beschwerdeführerin sei keine Folge zu geben. Dies umso mehr, als es ihr freistehe, zum Zweck des Besuches des Begräbnisses ihres Schwiegervaters Zeitausgleich oder Erholungsurlaub zu nehmen.
Gegen dieses Dienstrechtsmandant erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Dort vertrat sie zunächst die Auffassung, der Begriff "nahe Angehörige" sei im Dienstrechtsmandant falsch ausgelegt worden. So umfasse dieser Begriff im Verständnis des § 72 StGB auch Verschwägerte in gerader Linie; Gleiches gelte für das Aussageverweigerungsrecht von Zeugen nach § 49 AVG. Schließlich bestehe die Möglichkeit der Familienhospizfreistellung nach § 78d BDG 1979 auch zur Sterbebegleitung von Schwiegereltern. Jedenfalls sei der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand als wichtiger familiärer Grund im Verständnis des § 74 Abs. 1 BDG 1979 anzusehen.
Schließlich legte die Beschwerdeführerin dar, sie habe sich im Zeitpunkt ihrer Antragstellung mit mehr als zwei Stunden im Minus bei der Zeiterfassung befunden, sodass sie auch auf Grund der Betreuungspflichten gegenüber ihrer Tochter gar nicht die Möglichkeit gehabt hätte, noch ausreichend Plusstunden anzusammeln, um einen Zeitausgleichstag nehmen zu können. Es treffe zwar zu, dass sie aus dem Anspruch auf Erholungsurlaub für das laufende Jahr noch über 16 Urlaubstage verfüge. Es sei allerdings unzulässig, sie auf die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub zum Zweck der Teilnahme am Begräbnis ihres Schwiegervaters zu verweisen.
Überdies werde das Begräbnis der Schwiegereltern in anderen Ressorts als ausreichender familiärer Grund anerkannt. Des Weiteren wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass im März des Jahres 2004 jeder Bedienstete der belangten Behörde, der auf die so genannten "Skitage" mitgefahren sei, "automatisch" zwei volle Werktage als Sonderurlaub erhalten habe, ohne dass eine Prüfung erfolgt wäre, ob diese Teilnahme auch durch Inanspruchnahme von Zeitausgleich oder Erholungsurlaub möglich gewesen wäre. Die von der belangten Behörde geübte Praxis (Gewährung von Sonderurlaub für "Skitage", Verweigerung desselben für die Teilnahme am Begräbnis des Schwiegervaters) sei in sich widersprüchlich.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung des Sonderurlaubes gemäß § 74 BDG 1979 nicht Folge gegeben.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des § 74 Abs. 1 BDG 1979 führte die belangte Behörde aus, ein Erlass des Bundesministers für Finanzen vom bestimme, dass als wichtiger Grund im Verständnis des § 74 Abs. 1 BDG 1979 nur ein solcher aufgefasst werden könne, der die Person oder die Familie des Beamten betreffe und "volles Gewicht" habe, also gewichtig, bedeutsam und wesentlich sei. In einem näher genannten Erlass des Bundesministers für Finanzen aus dem Jahr 1981 sei auf einen Beschluss der Bundesregierung hingewiesen worden, wonach bei der Gewährung von Sonderurlaub ein dem Gesetz entsprechender strenger Maßstab angelegt werden müsse. Die im Bereich der belangten Behörde gültigen Durchführungsbestimmungen des Bundeskanzleramtes sähen vor, dass bei Todesfällen, sofern es sich um den Tod naher Angehöriger handle, die mit dem Bediensteten nicht im gleichen Haushalt gelebt hätten, ein Tag Sonderurlaub zu gewähren sei. Schwiegereltern seien jedoch nicht als "nahe Angehörige" im Verständnis der genannten Durchführungsbestimmungen anzusehen, wie sich aus der "Legaldefinition im Rahmen des Beamtendienstrechtes" gemäß § 76 Abs. 2 BDG 1979, welche Verschwägerte nicht erfasse, ergebe. Hingegen sei der Begriff des "nahen Angehörigen" nicht im Verständnis des StGB, des AVG oder des § 78d BDG 1979 auszulegen. Auch liege kein der Sterbebegleitung im Verständnis des § 78d Abs. 1 BDG 1979 vergleichbarer Fall vor, zumal die in der letztgenannten Bestimmung geregelte Familienhospizfreistellung zum Entfall der Bezüge führe, was bei einem Sonderurlaub gemäß § 74 BDG 1979 jedoch nicht der Fall sei.
Da im gegebenen Falle die Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderurlaub nicht erfüllt seien, bleibe es der Beschwerdeführerin unbenommen, für die Teilnahme am Begräbnis ihres Schwiegervaters entweder Zeitausgleich oder Erholungsurlaub zu konsumieren. Die erstgenannte Möglichkeit sei bis zu einem Ausmaß von zehn Minusstunden monatlich gegeben.
Liege kein Fall des § 74 Abs. 3 BDG 1979 vor, so liege die Gewährung des Sonderurlaubes im freien Ermessen der zuständigen Dienstbehörde, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 90/12/0223, ausgeführt habe. Solange nicht vom verpflichtenden Grundsatz der Gleichbehandlung von Beamten abgewichen werde, liege es sohin im Ermessen der zuständigen Dienstbehörde, über die Handhabung der Gewährung von Sonderurlauben zu bestimmen. Innerhalb der belangten Behörde sei die Gewährung eines Sonderurlaubes bei Todesfällen schon seit Jahren einheitlich geregelt. Im Ermessensbereich hänge nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Gewährung und die Dauer des Sonderurlaubes von einer Abwägung aller im Einzelfall relevanten öffentlichen (insbesondere dienstlichen) und privaten Interessen ab. Aus dem bereits eingangs zitierten Erlass des Bundesministers für Finanzen vom folge, dass ein unter § 74 Abs. 1 BDG 1979 (in der Auslegung dieses Erlasses) fallender außergewöhnlicher Anlass auch ein sportlicher sein könne. Vor diesem Hintergrund könne die Gewährung von Sonderurlaub für "Skitage", welche das Zusammengehörigkeitsgefühl und die sozialen Kontakte innerhalb der Bediensteten der belangten Behörde förderten, nicht als Argument dafür ins Treffen geführt werden, dass die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall diskriminiert werde. Die Teilnahme an "Skitagen" und die von der Beschwerdeführerin als Grund für die Gewährung des Sonderurlaubes ins Treffen geführte beabsichtigte Teilnahme an einem Begräbnis stellten völlig verschiedene Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderurlaub dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf (gesetzmäßige Entscheidung in Sachen) Sonderurlaub nach § 74 BDG 1979 und in Verbindung damit in ihrem Recht darauf verletzt, dass nicht ausgehend von einer gesetzwidrigen Ablehnung der Sonderurlaubsgewährung der Erholungsurlaub nach § 65 BDG 1979 verkürzt werde. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik zur Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zum Fortbestand eines rechtlichen Interesses der Beschwerdeführerin an einer Entscheidung über ihren Antrag vom ungeachtet des Verstreichens des Tages, für den der Sonderurlaub begehrt wurde (), genügt es zum einen auf ihr in der Gegenschrift unbestritten gebliebenes Vorbringen, sie habe am Erholungsurlaub konsumiert, zum anderen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2000/12/0047, zu verweisen).
§ 74 Abs. 1 bis 3 BDG 1979 (Stammfassung), BGBl. Nr. 333/1979, lautet:
"Sonderurlaub
§ 74. (1) Dem Beamten kann auf sein Ansuchen aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen oder aus einem sonstigen besonderen Anlass ein Sonderurlaub gewährt werden.
(2) Für die Zeit des Sonderurlaubes behält der Beamte den Anspruch auf die vollen Bezüge.
(3) Der Sonderurlaub darf nur gewährt werden, wenn keine zwingenden dienstlichen Erfordernisse entgegenstehen, und darf die dem Anlass angemessene Dauer nicht übersteigen."
§ 76 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 BDG 1979, in der Fassung (im Wesentlichen) nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 873/1992, lautet:
"Pflegefreistellung
§ 76. (1) Der Beamte hat - unbeschadet des § 74 - Anspruch auf Pflegefreistellung, wenn er aus einem der folgenden Gründe nachweislich an der Dienstleistung verhindert ist:
1. wegen der notwendigen Pflege eines im gemeinsamen
Haushalt lebenden erkrankten oder verunglückten nahen Angehörigen oder
...
(2) Als nahe Angehörige sind der Ehegatte und Personen anzusehen, die mit dem Beamten in gerader Linie verwandt sind, ferner Geschwister, Stief-, Wahl- und Pflegekinder sowie die Person, mit der der Beamte in Lebensgemeinschaft lebt."
§ 78d Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2002 lautete:
"Familienhospizfreistellung
§ 78d. (1) Dem Beamten ist auf sein Ansuchen die zum Zwecke
der Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen im Sinne des § 76
Abs. 2 für einen bestimmten, drei Monate nicht übersteigenden
Zeitraum erforderliche
1. Dienstplanerleichterung (zB Diensttausch,
Einarbeitung),
2. Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit in
dem von ihm beantragten prozentuellen Ausmaß unter anteiliger
Kürzung seiner Bezüge oder
3. gänzliche Dienstfreistellung gegen Entfall der Bezüge
zu gewähren. ... Dem Beamten ist auf sein Ansuchen eine
Verlängerung der Maßnahme zu gewähren, wobei die Gesamtdauer der Maßnahmen pro Anlassfall sechs Monate nicht überschreiten darf."
Durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 119/2002 wurde dem § 78d Abs. 1 nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:
"Eine solche Maßnahme ist auch für die Sterbebegleitung von Geschwistern, Schwiegereltern und Schwiegerkindern zu gewähren."
Aus § 74 Abs. 1 BDG 1979 folgt zunächst, dass eine der Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderurlaub im Wege einer Ermessensentscheidung das Vorliegen eines wichtigen persönlichen oder familiären Grundes oder eines sonstigen besonderen Anlasses darstellt (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/12/0223). Diese eben zitierten unbestimmten Gesetzesbegriffe sind striktrechtlich auszulegen. Die Prüfung, ob die in § 74 Abs. 1 BDG 1979 umschriebene Einstiegsvoraussetzung vorliegt, stellt somit selbst keine Ermessensentscheidung dar, sondern erfolgt im gebundenen Bereich. Gleiches gilt für die Beurteilung, ob die in § 74 Abs. 3 BDG 1979 umschriebenen Umstände einer Ermessensübung entgegen stehen.
Im hier angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese in § 74 Abs. 1 BDG 1979 umschriebene Einstiegsvoraussetzung (alternatives Vorliegen der dort umschriebenen Gründe bzw. Anlässe) verneint. Dies zeigt sich daran, dass sie in Auslegung von Erlässen, deren Intention offenbar darauf gerichtet ist, die in § 74 Abs. 1 BDG 1979 umschriebenen Gründe bzw. Anlässe zu präzisieren, zum Ergebnis gelangte, die "Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderurlaub" seien nicht erfüllt.
Die von der belangten Behörde zitierten Ministerialerlässe binden den Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung der in § 74 Abs. 1 BDG 1979 umschriebenen, striktrechtlich auszulegenden Einstiegsvoraussetzung schon deshalb nicht, weil erstere nicht im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurden. Die von der belangten Behörde erörterte Frage, wie der Begriff "naher Angehöriger" in den von ihr zitierten Durchführungsbestimmungen "des Bundeskanzleramtes" auszulegen ist, ist für die Frage, ob die Beschwerdeführerin die Einstiegsvoraussetzung nach § 74 Abs. 1 BDG 1979 erfüllt hat oder nicht, folglich bedeutungslos.
Entscheidend ist vielmehr, ob die Teilnahme am Begräbnis des Schwiegervaters der Beschwerdeführerin als "wichtiger persönlicher oder familiärer Grund" oder als "sonstiger besonderer Anlass" im Sinne des § 74 Abs. 1 BDG 1979 anzusehen ist.
Die hier beantragte Gewährung von Sonderurlaub für einen Tag zu dem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Zweck ist schon von der Dauer des damit typischerweise verbundenen Entfalles der Dienstleistung her weder mit der Gewährung einer Pflegefreistellung nach § 76 BDG 1979 noch mit der Gewährung einer Familienhospizfreistellung nach § 78d BDG 1979 vergleichbar. Wie die belangte Behörde überdies zutreffend ausführt, besteht in Ansehung der zuletzt genannten Maßnahme auch deshalb keine Vergleichbarkeit, weil diese zu einem Entfall der Bezüge führt.
Der Argumentation der Beschwerdeführerin folgend ist die Frage, ob die begehrte Teilnahme am Begräbnis des Schwiegervaters der Beschwerdeführerin als wichtiger persönlicher oder familiärer Grund anzusehen ist, eigenständig und losgelöst von den Wertungen der §§ 76 und 78d BDG 1979 auszulegen. In diesem Zusammenhang wird in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde Folgendes ausgeführt:
"Was diese Teilnahme betrifft, ist andererseits der Lebenswirklichkeit entsprechend zu berücksichtigen, dass Begräbnisse der Eltern von ihren Kindern organisiert werden, wobei es trotz aller geänderten sozialen Zustände nach wie vor unzweifelhaft so ist, dass Ehegatten hiebei zusammenarbeiten, dass also beim Tod eines Menschen nicht nur dessen Kind, sondern auch der Ehepartner dieses Kindes bei der gesamten Gestaltungstätigkeit mitwirkt, die im Zusammenhang mit dem Ableben, der Bestattung, der Trauerfeierlichkeiten, etc. anfallen. Das ist sehr oft und typischerweise auch dann der Fall, wenn der betreffende Elternteil nicht im Haushalt dieses Kindes und seines Ehepartners gelebt hat.
Erst recht stellt es eine absolute Selbstverständlichkeit dar, dass in unserer Gesellschaft bei intakten Beziehungen an einem Begräbnis eines Schwiegervaters teilgenommen wird und ebenso an im Zusammenhang damit stattfindenden Trauerfeierlichkeiten. Es könnte sogar eine ernstliche Belastung einer Ehe darstellen, wenn sich ein Ehepartner in der Beziehung nicht entsprechend engagieren würde."
Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ausführungen und gelangt daher zum Auslegungsergebnis, dass die Teilnahme am Begräbnis eines Schwiegerelternteils aus der Sicht des Beamten jedenfalls dann einen wichtigen persönlichen oder familiären Grund darstellt, wenn zu dem Schwiegerelternteil eine persönliche Beziehung bestand, wie sie zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern üblich ist. Bei typisierender Betrachtung - gegenteilige Feststellungen werden im angefochtenen Bescheid nicht getroffen - liegt die in § 74 Abs. 1 BDG 1979 umschriebene Einstiegsvoraussetzung - anders als die belangte Behörde rechtsirrtümlich meint - vor. Ermessen steht der Dienstbehörde bei Prüfung des Vorliegens dieser Einstiegsvoraussetzung - wie bereits ausgeführt - nicht zu.
Dass die belangte Behörde in Bejahung des Vorliegens der striktrechtlichen Voraussetzungen für die Ermessensübung tatsächlich eine Ermessensentscheidung gegen die Gewährung von Sonderurlaub getroffen hätte, lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen. Zwar weist der angefochtene Bescheid auf der Dienstbehörde zustehendes Ermessen hin, nimmt für sich aber offenbar bloß vermeintliche Ermessensfreiräume in der Auslegung der in § 74 Abs. 1 BDG 1979 umschriebenen Einstiegsvoraussetzung in Anspruch.
Aber auch wenn man die Auffassung vertreten wollte, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid (darüber hinaus) Ermessen üben wollen, wäre seine Begründung nicht geeignet, die abweisliche Entscheidung zu tragen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom ausführte, hat sich eine Ermessensentscheidung - abgesehen von der "allgemeinen" Ermessensrichtlinie, wonach mit Rücksicht auf den Ausnahmecharakter des Sonderurlaubes ein strenger Maßstab anzulegen ist - von einer Abwägung aller im Einzelfall relevanten öffentlichen (insbesondere dienstlichen) und privaten Interessen leiten zu lassen. Eine derartige Interessensabwägung enthält der angefochtene Bescheid aber nicht.
Insbesondere ließe sich eine negative Ermessensentscheidung nicht allein mit dem Argument begründen, ein als "wichtig" im Verständnis des § 74 Abs. 1 BDG 1979 zu qualifizierender Grund sei für die Gewährung des Sonderurlaubes aus Ermessensgründen nicht wichtig genug. Vielmehr setzte eine negative Ermessensentscheidung bei Vorliegen eines wichtigen persönlichen oder familiären Grundes voraus, dass der Gewährung des Sonderurlaubes entsprechend gewichtige öffentliche (insbesondere dienstliche) Interessen entgegen stünden, mögen diese dienstlichen Erfordernisse auch nicht zwingend sein. Die in diesem Zusammenhang in Betracht kommenden dienstlichen Interessen müssten freilich über das allgemein bestehende Interesse an der Erbringung von Dienstleistungen durch den Beamten während der Zeit des beantragten Sonderurlaubes hinausgehen und in der Ermessensentscheidung entsprechend konkretisiert dargestellt werden.
Schließlich könnte auch der Hinweis der belangten Behörde auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Zeitausgleich oder Erholungsurlaub eine negative Ermessensentscheidung nicht tragen. Die Möglichkeit, aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen oder sonstigen besonderen Anlässen statt des Sonderurlaubes jedenfalls auch Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen, besteht für Beamte typischerweise; dessen ungeachtet sah der Gesetzgeber die Möglichkeit der Gewährung von Sonderurlaub unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 BDG 1979 vor. Er ging dabei offenbar von der Grundwertung aus, dass der Sonderurlaub im Falle seiner Gewährung die Inanspruchnahme anderer das Gesamtausmaß an dienstfreier Zeit vermindernder Möglichkeiten durch den Beamten ersetzen soll. Diese Grundwertung ließe aber auch den Hinweis der belangten Behörde auf die für den konkreten Beamten bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme von Zeitausgleich als keine Ermessensübung im Sinne des Gesetzes erscheinen.
Da die belangte Behörde die Rechtslage in Ansehung des Vorliegens der Einstiegsvoraussetzungen für eine Ermessensübung verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am