VwGH vom 23.10.2013, 2012/03/0066
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des DKfm. Dr. K M und der T M, beide in A, beide vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in 8530 Deutschlandsberg, Kirchengasse 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl FA10A-40Mi-5/2011-9, betreffend Zuerkennung eines Vorpachtrechts, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
A. Angefochtener Bescheid
Mit dem bekämpften Bescheid wies die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Parteien - die Jagdausübungsberechtigten der (benachbarten) Eigenjagd Gut W - auf Zuerkennung eines Vorpachtrechts gemäß § 12 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, LGBl Nr 23/1986 idF LGBl Nr 102/2011 (JG), für die im Antrag im beigelegten Grundbuchsverzeichnis aufgelisteten Grundstücke in der KG A ("Jagdeinschluss F") ab.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Der jagdfachliche Amtssachverständige habe bezüglich des vorliegenden
Antrags folgende Beurteilung abgegeben:
"Nach Durchsicht der vorhandenen Unterlagen, Beurteilung des Sachverhaltes anhand der Darstellung im Digitalen Jagdkataster (DJK) und im Grundstückskataster, Überprüfung der Eigentumsverhältnisse und Grundstücksgrenzen durch Abfrage der Grundstücksdatenbank sowie Erhebung an Ort und Stelle am wird in gegenständlicher Angelegenheit jagdfachlich wie folgt Stellung genommen:
Mit Schreiben vom an die Gemeinde A ersucht Herr Ofö. Ing. H J, im Auftrag von T und DKfm. Dr. K M, um Zuerkennung des Vorpachtrechtes für den Jagdeinschluss 'F' im Ausmaß von 28,5469 ha. Es handelt sich jagdfachlich gesehen um einen gut bejagbaren Revierteil.
Die als Jagdeinschluss beantragte Fläche liegt nordöstlich des Eigenjagdgebietes 'Gut W' (203 ha. lt. DJK) und ist Teil der KG A beziehungsweise des Gemeindejagdgebietes A (1.019 ha lt. DJK). Im Westen und Süden grenzt demnach das Eigenjagdgebiet 'Gut W', im Norden die Gemeinde beziehungsweise die KG S und im Osten die Gemeinde H mit der KG Fe an.
Betreffend den Verlauf der Gemeindegrenzen grenzt, beginnend im Westen, das Gst. Nr. 881/1, KG S, Eigentümer T und DKfm. Dr. K M, an die Gemeindegrenze von S beziehungsweise A. In Folge setzt sich der Verlauf der Gemeindegrenze in West-Ost-Richtung bis an die Gemeindegrenze von H fort. Die gemeinsame Grenze der Gemeinden A und H folgt entlang der Gstraße, Gst. Nr. 1651, KG A, weiter Richtung Süden.
Das Eigenjagdgebiet 'Gut W' grenzt im Bereich 'Gö' mit den Gst. Nr. 541 und Nr. 514, je KG A und im Eigentum der Antragsteller, an die Gemeindestraße, wobei das Gst. Nr. 541 auf einer Länge von ca. 30 m an die Gemeindegrenze grenzt und mit dem Gst. Nr. 514 Punktberührung besteht. Laut Kataster verläuft die Gemeindegrenze in diesem Gemeindestraßenabschnitt östlich der Straßenmitte, während die dem Eigenjagdgebiet 'Gut W' zugehörigen Grundstücke an die westliche Straßenböschung angrenzen.
Hinterlegt man den Katasterplan mit dem Luftbild, liegt die gemeinsame Gemeindegrenze von A und H auf der orographisch gesehen linken Straßenseite, unmittelbar daran schließt das ebenfalls als öffentliches Gut ausgewiesene Gst. Nr. 2105, KG Fe, Gemeinde H, an. Die Grundstücke des Eigenjagdgebietes 'Gut W' befinden sich rechtsseitig der Gemeindestraße. In der Natur besteht Übereinstimmung mit der Darstellung der Situation im Lageplan.
Das Eigenjagdgebiet 'Gut W' wird in diesem Bereich daher weder von der Gemeindestraße durchschnitten, sodass keine Unterbrechung des Zusammenhangs begründet wäre, noch grenzt dieses direkt an das Gemeindegebiet der benachbarten Gemeinde H an."
Vorliegend sei bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Leibnitz um die Feststellung und die Einräumung des Vorpachtrechts gemäß § 12 Abs 6 JG rechtzeitig angesucht worden; da diese Behörde darüber (was näher dargestellt wird) nicht innerhalb der Entscheidungsfrist nach § 73 AVG entschieden habe, sei die Zuständigkeit zur Entscheidung über den in Rede stehenden Antrag auf die belangte Behörde übergegangen.
Die Voraussetzungen für die Einräumung eines Vorpachtrechts seien in § 12 Abs 2 JG geregelt. Demnach liege ein Jagdeinschluss vor, wenn ein das Ausmaß von 115 ha nicht erreichender Teil des Gemeindejagdgebietes (wie im vorliegenden Fall rund 28,5 ha) von einem oder mehreren Eigenjagdgebieten dem ganzen Umfang nach eingeschlossen werde (lit a) oder außer an oder mehrere Eigenjagdgebiete nur an das Gemeindejagdgebiet ein oder mehrerer anderer Gemeinden oder an ein fremdes Staatsgebiet angrenze (lit b). Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Beschwerdefall nicht gegeben. In dem Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen werde schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die als Jagdeinschluss beantragte Fläche Teil der KG A und Teil des Gemeindejagdgebietes A sei. Die gemeinsame Grenze an der Gemeinde A und H folge entlang der Gstraße Grundstück Nr 1651 KG A. Der betreffende Gemeindejagdgebietsteil grenze daher nicht nur an das Gemeindegebiet eines oder mehrerer anderer Gemeinden an. Entgegen dem Standpunkt der beschwerdeführenden Parteien regle § 55 JG die öffentlichen Verbote der Jagdausübung, treffe aber keine Aussage darüber, dass von solchen Verboten betroffene Grundstücke nicht zu einem Jagdgebiet gehörten; die die besagte Straße bildenden Grundstücke gehörten jedenfalls zu einem Jagdgebiet, im vorliegenden Fall zum Gemeindejagdgebiet A. Zum Gemeindejagdgebiet zählten gemäß § 8 Abs 1 JG alle im Bereich einer Gemeinde bzw Katastralgemeinde liegenden Grundstücke, hinsichtlich welcher die Befugnis zur Eigenjagd überhaupt nicht besteht oder nicht in Anspruch genommen werde; Überlegungen hinsichtlich des Längenzuges, wie sie sich (worauf die beschwerdeführenden Parteien hinwiesen) aus § 6 JG für Eigenjagdgebiete ergeben würden, hätten für Gemeindejagdgebiete keine Geltung.
B. Beschwerdeverfahren
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
C. Erwägungen
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. § 12 JG mit der Überschrift "Vorpachtrechte auf Jagdeinschlüsse; Jagdgebietsabrundung" lautet - soweit vorliegend maßgeblich - wie folgt:
"(1) Der von der Pachtung einer Gemeindejagd nicht im Sinne des § 15 ausgeschlossene Besitzer einer gemäß § 3 bestehenden Eigenjagd hat das Recht, die Jagd auf einem von seinem Eigenjagdgebiet umschlossenen Teil des Gemeindejagdgebietes, dem Jagdeinschluß (Enklave), für die festgesetzte Pachtzeit vor jedem anderen zu pachten. Erfüllt der Eigenjagdberechtigte die Erfordernisse des § 15 Abs. 1 und 2 nicht selbst, so kann er das Vorpachtrecht ausüben, wenn für die Dauer des Vorpachtverhältnisses ein Jagdverwalter namhaft gemacht wird.
(2) Ein solcher Jagdeinschluß (Enklave) liegt vor, wenn ein das Ausmaß von 115 ha nicht erreichender Teil des Gemeindejagdgebietes
a) von einem oder mehreren Eigenjagdgebieten dem ganzen Umfange nach umschlossen wird oder
b) außer an ein oder mehrere Eigenjagdgebiete nur an das Gemeindegebiet einer oder mehrerer anderer Gemeinden oder an ein fremdes Staatsgebiet angrenzt."
2. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die vorliegend bedeutsame Wortfolge "Teil des Gemeindejagdgebietes" in § 12 Abs 2 JG so auszulegen, dass zum Gemeindejagdgebiet - entgegen dem eingehenden Vorbringen der beschwerdeführenden Partei - auch die Flächen zählen, auf denen die Ausübung der Jagd nur beschränkt möglich oder überhaupt verboten ist; für den Begriff des Gemeindejagdgebiets ist es hier bedeutungslos, ob auf einer Fläche die Ausübung der Jagd nur beschränkt möglich oder überhaupt verboten ist (vgl , sowie die dort verwiesene Rechtsprechung). Demnach sind - anders als die Beschwerde meint - Jagdverbotszonen (dazu zählen auch öffentliche Straßen wie die im angefochtenen Bescheid genannte Gstraße) iSd § 55 Abs 2 JG bei der Beurteilung der Grenzgegebenheiten zu berücksichtigen. Des weiteren ist entgegen der Beschwerde die Regelung, wonach Längenzüge, die räumlich auseinanderliegende Grundflächen verbinden, den für die Ausübung der Jagd erforderlichen Zusammenhang nur unter bestimmten Voraussetzungen herstellen, nach dem Abs 3 des mit "Eigenjagdgebiet" überschriebenen § 6 JG 1986 nur für Eigenjagdgebiete und daher nicht für Gemeindejagdgebiete maßgeblich (vgl nochmals ).
Da die vom Antrag der beschwerdeführenden Parteien erfasste Grundfläche - unstrittig - in dem im Sachverständigengutachten genannten Bereich nicht unmittelbar an das Grundstück der Nachbargemeinde H, sondern an die in Rede stehende Straße (die, wie erwähnt, zum Gemeindejagdgebiet im Bereich der Gemeinde A zählt) grenzt, fehlt im Beschwerdefall die nach dem fallbezogen in Betracht kommenden § 12 Abs 2 lit b JG für das Vorliegen eines Jagdeinschlusses geforderte Voraussetzung, dass diese Grundfläche außer an ein oder mehrere Eigenjagdgebiete nur an das Gemeindegebiet einer oder mehrerer anderer Gemeinden (oder an ein fremdes Staatsgebiet) angrenzt.
Schließlich zeigt die Beschwerde mit dem Vorbringen, dass der Amtssachverständige in seinem Gutachten zur Beurteilung der Rechtsfrage, ob iSd § 12 JG ein Jagdeinschluss gegeben sei, nicht Stellung nahm, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am