VwGH vom 15.05.2012, 2009/18/0098
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des Z D in W, vertreten durch Dr. Christof Dunst, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 18/1/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/56.809/2008, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.128,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus Österreich aus.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei eigenen Angaben zufolge im März 2003 nach Österreich eingereist, um seine Tante und seinen Onkel zu besuchen. Diese seien österreichische Staatsbürger und hätten den Beschwerdeführer an Kindes statt angenommen, was mit Beschluss vom genehmigt worden sei.
Der Beschwerdeführer sei nach seiner sichtvermerkfreien Einreise in Österreich geblieben, ohne je über einen Aufenthaltstitel verfügt zu haben. Die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 FPG seien daher gegeben. Auch im Rahmen der gemäß § 66 FPG durchzuführenden Interessenabwägung gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers zulässig sei.
II.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdefall gleicht vor dem Hintergrund der Ausführungen des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom , C-256/11, darin, dass die belangte Behörde in Verkennung der durch den EuGH nunmehr klargestellten Rechtslage nicht anhand des unionsrechtlich vorgegebenen Maßstabes geprüft hat, ob der vorliegende Fall einen solchen Ausnahmefall, wonach die Erlassung einer auf § 53 Abs. 1 FPG gestützten Ausweisung unzulässig wäre, darstellt, jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/18/0589 (betreffend einen volljährigen Wahlsohn eines österreichischen Staatsbürgers, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0158), zugrunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Auch im vorliegenden Fall wird die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren nach Einräumung von Parteiengehör - die Frage, ob ein Ausnahmefall im Sinne der oben genannten Ausführungen des EuGH vorliegt, ist nicht mit der Beurteilung nach Art. 8 EMRK gleichzusetzen und war bisher nicht Gegenstand des behördlichen Verfahrens - entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Bei ihrer Entscheidung wird auch zu berücksichtigen sein, dass der Beschwerdeführer - wie er bereits in seiner Stellungnahme vom vorgebracht hatte - von seinen Wahleltern finanziell unterstützt wird, der Wahlvater des Beschwerdeführers - laut Beschwerdevorbringen - gravierende gesundheitliche Probleme aufweist und der Beschwerdeführer sich maßgeblich um ihn kümmert, zumal auch die leibliche Tochter der Wahleltern eine Behinderung aufweist und sich daher nicht um ihre Eltern kümmern kann.
Der angefochtene Bescheid war somit schon deswegen - ohne das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung mit Blick auf Art. 8 EMRK einer Prüfung zu unterziehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im beantragten Umfang - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-68309