VwGH 12.12.2016, Ra 2016/01/0164
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen wurde, ist nicht die Ausfertigung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Entscheidungsinhalt und die Tatsache der Verkündung nach dem auch betreffend § 29 VwGVG 2014 einschlägigen § 62 Abs 2 AVG angefertigt wurde (vgl § 17 VwGVG 2014; siehe dazu E , 2002/03/0158; E , 2008/09/0218, mwH). Dazu ist es insbesondere erforderlich, dass die gemäß § 62 Abs 2 AVG zu erstellende Niederschrift nach den Regelungen des § 14 Abs 5 AVG unterschrieben wird (vgl idS E vom , 2007/09/0315 (VwSlg 17.968A/2010)). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Fr 2015/03/0007 B RS 4
hier: ohne den letzten Satz |
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RS 2 | Mit der Verkündung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung steht einer neuerlichen im Wesentlichen gleichen Entscheidung der Einwand der entschiedenen Sache entgegen (vgl § 32 Abs. 1 Z 4 VwGVG 2014). An die Verkündung dieser Entscheidung knüpft daher auch ihre Unwiderrufbarkeit an, weshalb die schriftliche Entscheidungsausfertigung nicht in einem wesentlichen Spruchelement von der verkündeten Entscheidung abweichen darf (Hinweis B vom , Fr 2015/03/0007, mit Verweis auf die Erkenntnisse vom , 98/03/0207 (VwSlg 15.026 A/1998), und vom , 2008/09/0218). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2015/04/0039 E RS 1 |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ra 2016/01/0165
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der revisionswerbenden Parteien 1. K (geboren 1979) und 2. A (geboren 1986), beide vertreten durch Mag. Mahmut Sahinol, LL.M., Rechtsanwalt in 1060 Wien, Linke Wienzeile 124/10, der gegen die Erkenntnisse vom , 1) I408 1437939-1/9E und
2) I408 1437940-1/10E, des Bundesverwaltungsgerichts, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
1 Gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
2 Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision jedoch auf Antrag der revisionswerbenden Parteien die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug der angefochtenen Erkenntnisse oder mit der Ausübung der durch die angefochtenen Erkenntnisse eingeräumten Berechtigung für die revisionswerbenden Parteien ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
3 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde ist dem Antrag - trotz einer hiezu ausdrücklich eingeräumten Gelegenheit, insbesondere hinsichtlich des Entgegenstehens zwingender öffentlicher Interessen - nicht entgegen getreten. Eine nähere Begründung der Antragsstattgebung kann daher in sinngemäßer Anwendung des § 30 Abs. 2 letzter Satz VwGG unterbleiben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ra 2016/01/0165
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Fasching und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision 1. des K R und 2. der A I, beide in W, beide vertreten durch die Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG in 1060 Wien, Linke Wienzeile 124/10, gegen das schriftlich ausgefertigte Erkenntnis vom zu 1) Zl. I408 1437939- 1/9E und 2) Zl. I408 1437940-1/10E, des Bundesverwaltungsgerichts, betreffend eine Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt A) 2., soweit damit die angefochtenen Bescheide des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) jeweils vom im Umfang des Spruchpunktes III. aufgehoben wurden und die Angelegenheit gemäß § 75 Abs. 20 Asylgesetz 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerber sind tunesische Staatsangehörige und stellten am einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheiden vom wies das Bundesasylamt (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) die Anträge der Revisionswerber jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) (Spruchpunkt I.) sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Tunesien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab und sprach gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 die Ausweisung der Revisionswerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tunesien aus (Spruchpunkt III.).
3 Gegen diese Bescheide erhoben die Revisionswerber jeweils Beschwerde an den Asylgerichtshof. Die Beschwerdeverfahren wurden ab gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) weitergeführt.
4 Wie in der Verhandlungsschrift beurkundet, wies das BVwG mit in der Verhandlung vom mündlich verkündetem Erkenntnis die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide als unbegründet ab (protokollierter Spruchpunkt A) I.), und gab den Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt III. statt und stellte fest, dass gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei (protokollierter Spruchpunkt A) II.). Die Revision erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (protokollierter Spruchpunkt B)).
5 Abweichend vom Spruchpunkt A) II. des mündlich verkündeten Erkenntnisses hob das BVwG in Spruchpunkt A) 2. der schriftlichen Ausfertigung vom den angefochtenen Bescheid im Umfang des Spruchpunktes III. auf und wies die Angelegenheit gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
7 Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
8 Die vorliegende Revision ist hinsichtlich der darin zur Zulässigkeit dargelegten Rechtsfrage des Abweichens des Inhalts der schriftlichen Ausfertigung vom mündlich verkündeten Erkenntnis zulässig und berechtigt.
9 Der maßgebliche Inhalt einer Entscheidung ergibt sich nicht aus der Ausfertigung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern aus jener Urkunde, die über den Entscheidungsinhalt und die Tatsache der Verkündung nach dem auch betreffend § 29 VwGVG einschlägigen § 62 Abs. 2 AVG angefertigt wurde (vgl. den hg. Beschluss vom , Fr 2015/03/0007, mwN).
10 Mit der Verkündung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung steht einer neuerlichen im Wesentlichen gleichen Entscheidung der Einwand der entschiedenen Sache entgegen (vgl. § 32 Abs. 1 Z 4 VwGVG). An die Verkündung dieser Entscheidung knüpft daher auch ihre Unwiderrufbarkeit an, weshalb die schriftliche Entscheidungsausfertigung nicht in einem wesentlichen Spruchelement von der verkündeten Entscheidung abweichen darf (vgl. nochmals den hg. Beschluss vom , Fr 2015/03/0007, und das hg. Erkenntnis vom 23. November 2016 Ra 2015/04/0039).
11 Indem das BVwG in Spruchpunkt A) 2. der schriftlichen Ausfertigung die Angelegenheit gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwies, wich es von der verkündeten Entscheidung, mit welchem es die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärte, in einem wesentlichen Spruchelement ab. Es hat in diesem Punkt gegen die Unwiderrufbarkeit der mündlich verkündeten Entscheidung verstoßen, weshalb das schriftliche Erkenntnis im Umfang des Spruchpunktes A) 2. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
12 Demgegenüber zeigt die Revision, soweit sie sich gegen die Nicht-Zuerkennung des Status als Asylberechtigte bzw. des Status als subsidiär Schutzberechtigte richtet, keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Sie war daher insoweit zurückzuweisen.
13 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.
14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere §§ 50 und 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AsylG 2005; VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016010164.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAE-68283