VwGH vom 16.12.2009, 2007/15/0208

VwGH vom 16.12.2009, 2007/15/0208

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der W KEG in T, vertreten durch Mag. Rene Gsaxner, Wirtschaftsprüfer in 6020 Innsbruck, Meinhardstraße 9/IV, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zlen. RV/0019-F/07, RV/0032-F/07, betreffend Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2002 bis 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen der beschwerdeführenden KEG (kurz Beschwerdeführerin) gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte für die Streitjahre als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin betreibe eine Sport- und Freizeitagentur. Ein Teil ihrer Einnahmen bestehe aus Einnahmen aus einem Trainervertrag mit dem österreichischen Schiverband. Laut dem als "Betreuungsauftrag" genannten Vertrag sei der Gesellschafter der Beschwerdeführerin mit der Betreuung einer Mannschaft des österreichischen Schiverbandes im Rahmen des Trainings- und Wettkampfprogrammes des österreichischen Schiverbandes betraut worden. Im Rahmen dieses Betreuungsauftrages seien folgende Leistungen übernommen worden:

1. Die Erstellung einer inhaltlichen und organisatorischen Trainingsplanung für die einvernehmlich festgelegte(n) Gruppe(n) sowie die Durchführung aller zu deren Umsetzung erforderlichen Maßnahmen.

2. Betreuung der entsprechenden Gruppe(n) während der Wettkampfsaison bzw. der übernommenen Mannschaft während der Wettkampfsaison.


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3.
Erstellung der Saisonbilanz und Analyse.
4.
Beratung bei der Auswahl der für Aktive verwendeten Ausrüstungen.
5. Vertretung des Auftraggebers im nationalen und internationalen Sportverkehr (soweit gemäß 3.1./3.2. notwendig).
Die Beschwerdeführerin habe von den aus diesem Betreuungsauftrag erzielten Umsätzen jenen Teil, der auf die Trainertätigkeit im Inland entfallen sei, zur Umsatzsteuer erklärt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung habe der Prüfer festgestellt, die Tätigkeit des Trainers stelle eine einheitliche Leistung dar. Erstrecke sich eine als Einheit zu betrachtende Leistung auf das In- und Ausland, sei festzustellen, was nach der Verkehrsauffassung der wesentliche Teil der Leistung sei und wo diese erbracht werde. Eine qualitative Gewichtung der Art, dass der wesentliche Teil der Leistung in einem bestimmten Staat ausgeübt werde, könne nicht vorgenommen werden. Auf Grund der zeitlichen Zuordnung sei die Gesamtleistung in Österreich steuerbar, weil im Vergleich mit jedem einzelnen Tätigkeitsstaat zeitlich betrachtet die Tätigkeit zum wesentlichen Teil in Österreich erbracht worden sei. Die Vergütungen des österreichischen Schiverbandes unterlägen daher zur Gänze der 20 %igen Steuerpflicht.
In der Berufung gegen die diesen Feststellungen folgenden Bescheide habe die Beschwerdeführerin vorgetragen, § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 stelle nur darauf ab, ob die Leistung im Inland erbracht werde oder nicht. Inland sei das Bundesgebiet, alle anderen Gebiete seien umsatzsteuerrechtlich Ausland. Ihr Gesellschafter sei in den Streitjahren im Wesentlichen im Ausland tätig geworden.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, die Leistung von Sporttrainern sei als eine der im § 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 explizit genannten Leistungen ähnliche Leistung zu beurteilen und daher ebenfalls unter diese Bestimmung zu subsumieren. Die Tätigkeit eines Sporttrainers sei als unteilbare Leistung zu werten. Für die Leistung eines Sporttrainers komme daher nur ein Leistungsort in Frage. Erstrecke sich nun - wie im vorliegenden Fall - eine als Einheit zu betrachtende Leistung auf das Inland und auf das Ausland, so müsse festgestellt werden, welches der wesentliche Teil der Leistung sei und wo diese erbracht worden sei. Diese Beurteilung habe grundsätzlich nach qualitativen Gesichtspunkten zu erfolgen. Lasse sich eine qualitative Gewichtung nicht durchführen, könne die Gewichtung nach dem zeitlichen Aufwand erfolgen.
Zur Ermittlung des Zeitaufwandes seien die der Betriebsprüfung vorgelegten Zeitaufzeichnungen des Gesellschafters der Beschwerdeführerin heranzuziehen. Demnach sei dieser in den Streitjahren an bestimmten Tagen in bestimmten Staaten tätig geworden. Die so zu erstellende Tabelle zeige, dass der relativ größte Teil des Zeitaufwandes in den Streitjahren jeweils in Österreich gelegen sei. Dies werde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Es sei der Ort der in Rede stehenden Trainerleistung in diesen Jahren in Österreich anzunehmen und die gesamten Umsätze der Streitjahre aus dieser Tätigkeit der österreichischen Umsatzsteuer zu unterziehen.
Die Beschwerdeführerin habe die Auffassung vertreten, der inländische Anteil sei dem ausländischen gegenüberzustellen und zu vergleichen und keine weitere Differenzierung des ausländischen Teiles nach den einzelnen Staaten vorzunehmen. Dieser Auffassung folge die belangte Behörde nicht. Zweck der Bestimmung des wesentlichen Teiles einer einheitlichen Leistung sei es, einen einheitlichen Leistungsort zu ermitteln und die mit dieser Leistung erzielten Umsätze damit einem Staat zur Gänze zur Besteuerung zuweisen zu können. Das "Ausland" sei aber kein Staat und könne diesem daher auch kein Besteuerungsrecht zugewiesen werden. Der Begriff "Ausland" im Sinn des § 1 UStG 1994 diene lediglich der Definition des Begriffes "Inland", tauge aber nicht für die Bestimmung des Ortes einer Leistung. Die bloße Aufteilung des Zeitaufwandes in einen inländischen und einen ausländischen Anteil würde nämlich im Falle eines Überwiegens des ausländischen Anteiles am Zeitaufwand mangels Völkerrechtssubjektivität und damit mangels Steuerhoheiten des "Auslandes" zu einer Nichtbesteuerung der in Rede stehenden Trainerleistung führen. Der ausländische Anteil würde zudem in jedem Fall überwiegen, in dem in keinem Staat mehr als 50 % des Zeitaufwandes erbracht würde, gleichgültig, aus der Perspektive welchen Staates die Berechnung erfolge. Eine Nichtbesteuerung von Dienstleistungen sei aber gerade nicht im Sinne des Art. 9 der 6. Richtlinie, 77/388/EWG des Rates vom , der im Wesentlichen dem § 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 entspreche. Mit der Besteuerung von Dienstleistungen am Tätigkeitsort solle eine Nichtbesteuerung gerade vermieden werden. Es sei daher für die Gewichtung der Leistung nach dem Zeitaufwand sehr wohl auf die zeitliche Tätigkeit in den einzelnen Tätigkeitsstaaten abzustellen und seien diese Staaten nicht zu den beiden Begriffen "Inland" und "Ausland" zusammenzufassen. Überwöge in keinem der Tätigkeitsstaaten der Zeitaufwand absolut, so sei auf den relativen Zeitaufwand abzustellen. Dies deshalb, weil andernfalls wiederum der Umstand eintreten könnte, dass keinem Staat ein Besteuerungsrecht zukäme, sobald eine Tätigkeit in keinem Staat zu mehr als 50 % ausgeübt werden würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

Gemäß Art. 2 Nr. 1 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden

6. Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer - gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (kurz: RL) unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.

Der Umsatzsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchstabe c RL lauten:

"Art. 9

(1) Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

(2) Es gilt jedoch

...

c) als Ort der folgenden Dienstleistungen der Ort, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden:


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-
Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten, einschließlich derjenigen der Veranstaltung solcher Tätigkeiten sowie gegebenenfalls der damit zusammenhängenden Tätigkeiten,
-
... "

"(8) Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird:

a) künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter, ..."

Die gegenständlich zu beurteilende Tätigkeit ist unstrittig eine Tätigkeit auf dem Gebiet des Sports oder eine damit zusammenhängende Tätigkeit. Weiters gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend davon aus, dass die Leistung als Sporttrainer als einheitliche Leistung anzusehen und damit unter die Bestimmung des § 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 zu subsumieren ist.

Die Beschwerde bekämpft die Auffassung der belangten Behörde, dass die Gesamtleistungen der Beschwerdeführerin in Österreich steuerbar seien, weil § 1 UStG 1994 nur darauf abstelle, ob die Leistung im Inland erbracht werde oder nicht. Wenn eine überwiegende Zuordnung einer einheitlichen Leistung zu einem Land nicht gegeben sei, sei eine tätigkeits- und länderbezogene Umsatzbesteuerung vorzunehmen. In diesem Fall habe der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung in den Hintergrund zu treten. Der Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 lit. c RL lasse den Schluss zu, dass die Dienstleistungen in dem Staat zu erfassen seien, in dem der Unternehmer tatsächlich tätig werde. Als zusätzliches Indiz für diese Auffassung könne auch § 3a Abs. 7 UStG 1994 herangezogen werden.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Steuerobjekt der Umsatzsteuer ist die einzelne Leistung. Der Umfang der einzelnen Leistung ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen. Ist eine Leistungseinheit anzunehmen, so ist umsatzsteuerlich nur eine einzige Leistung gegeben. Die steuerlichen Folgen richten sich einheitlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Gesamt(Haupt-)leistung (vgl. Ruppe, UStG3, § 1 Tz. 33). Anders als bei einheitlichen Beförderungsleistungen, bei welchen als Ort der Leistung nach Art. 9 Abs. 2 Buchstabe b RL der Ort gilt, an dem die Beförderung nach Maßgabe der zurückgelegten Beförderungsstrecke jeweils stattfindet, und bei denen demnach bei einer einheitlichen Leistung der Ort der Leistung auf mehrere Mitgliedstaaten (oder auch ein Drittland) "aufgeteilt" werden kann, gilt als Ort einer in Art. 9 Abs. 2 Buchstabe c RL beschriebenen einheitlichen Leistung des Sportes oder einer damit zusammenhängenden Tätigkeit der Ort, an dem die einheitliche tatsächliche Leistung bewirkt wird. Aus § 3a Abs. 7 UStG 1994 (entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchstabe b RL) kann daher für die Bestimmung des § 3a Abs. 8 lit. b (entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchstabe c RL) nichts gewonnen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2002/15/0075, betreffend einen Schitrainer des österreichischen Schiverbandes, dessen Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht überwiegend im Inland und teilweise im Ausland durchgeführt worden war, Aussagen zu § 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 getroffen. Er hat ausgesprochen, dass dann, wenn sich eine qualitative Gewichtung des zum Bewirken der Leistung führenden Tätigwerdens nicht durchführen lasse, auf den Zeitaufwand abzustellen sei. Art. 9 Abs. 2 Buchstabe c RL sehe zwar eine Gewichtung nicht vor, sondern spreche nur vom Ort des Bewirkens, die auf das ausschließliche oder zum wesentlichen Teil Tätigwerden abstellende Regelung des § 3a Abs. 8 UStG 1994 sei jedoch eine sachgerechte Auslegung. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsauffassung fest. Wird die Leistung in verschiedenen Ländern erbracht, ohne dass der Zeitaufwand wie im Beschwerdefall in einem Land absolut überwiegt, ist auf den relativ größeren Zeitaufwand abzustellen (vgl. Ruppe, a.a.O., § 3a Tz 45). Die in der Beschwerde angesprochenen anders lautenden Literaturmeinungen geben keinen Anlass, von dieser Rechtsauffassung abzugehen, weil diese Auffassungen dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung nicht das gebotene Gewicht einräumen.

Die Beschwerdeführerin führt in diesem Zusammenhang aus, dass auch nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung in den Hintergrund zu treten habe, um eine sachgerechte Umsatzbesteuerung zu erreichen.

Das von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang zitierte , Talacre, betrifft einen gänzlich anderen Sachverhalt und kann daher die Beschwerdeauffassung nicht stützen. In diesem Urteil ist es um das Zusammentreffen der Besteuerung einheitlicher Leistungen mit Ausnahmeregelungen im Sinne des Art. 28 RL gegangen.

Die bereits im Erkenntnis vom , 2002/15/0075, vertretene und hier aufrecht erhaltene Rechtsauffassung widerspricht auch nicht dem Zweck des Art. 9 RL. Diese Bestimmung enthält Regeln, wie der Ort der Dienstleistung zu bestimmen ist. Während in Abs. 1 eine allgemeine Regel niedergelegt ist, enthält Abs. 2 eine Reihe besonderer Anknüpfungspunkte. Durch diese Bestimmungen sollen Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, sowie das Unterbleiben einer Besteuerung von Umsätzen verhindert werden. Zum Verhältnis zwischen den ersten beiden Absätzen von Art. 9 RL hat der EuGH bereits entschieden, dass Abs. 1 keinen Vorrang gegenüber Abs. 2 hat. In jedem Einzelfall stellt sich vielmehr die Frage, ob eine der Bestimmungen des Art. 9 Abs. 2 einschlägig ist; andernfalls gilt Abs. 1 (vgl. das , RAL, Tz 23, 24).

Die Annahme einer einheitlichen Leistung entspricht jedenfalls dem Gemeinschaftsrecht (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0075). Ausgehend von einer einheitlichen Leistung kann es in derartigen Fällen nicht zu Kompetenzkonflikten kommen.

Die Beschwerde - die nur Ausführungen zur Umsatzsteuer enthält, sodass die Einkünftezurechnung an die Beschwerdeführerin nicht zu prüfen war - zeigt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am