VwGH vom 19.12.2013, 2012/03/0052
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2012/03/0053 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dipl.-Jur. C B in B, Deutschland, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1d, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien vom , Zl UVS-06/27/6592/2010-8, betreffend Übertretung des TKG 2003 (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer Folgendes angelastet:
"Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer der E GmbH, Hplatz 13, B, Deutschland, HRB: 1 und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ und gem § 9 Abs 1 VStG 1991 idgF verwaltungsrechtlich Verantwortlicher und haben daher für folgendes einzustehen:
Am , 12:35:45 + 0200 wurde von Ihrem Unternehmen aus über den PC mit der IP-Adresse 8 unter Verwendung der Emailadresse t@e.eu eine Email mit Werbung für ein von Ihrem Unternehmen veranstaltetes Seminar, somit elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung, an den Empfänger mit der Emailadresse h@u.com gesendet, ohne dass dieser Empfänger vorher seine Einwilligung zur Zusendung von Werbeemails erteilt hat. Die Versendung erfolgte von Deutschland aus, das Email erreichte jedoch den Empfänger in Wien, weshalb gem § 107 Abs 6 TKG 2003 Wien auch als Tatort gilt. Die Email findet sich in der Beilage, die Bestandteil des Spruches dieses Bescheides ist."
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 107 Abs 2 Z 1, Abs 6 TKG 2003 iVm § 9 Abs 1 VStG verletzt, über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 200,-- bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
In der Begründung legte die belangte Behörde dar, Ausgangspunkt des Verfahrens sei eine Anzeige des Dr. M H an das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland (iF: FM) gewesen, in der sich der Anzeiger über unerbetene Werbung ("Spamnachrichten") beschwert habe, die er - ohne dass er seine vorherige Zustimmung dazu erteilt hätte - von der E GmbH, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, erhalten habe. Er sei nicht Kunde dieses Unternehmens, unrichtig sei auch die Behauptung im ersten Satz der zweiten Spamnachricht vom , er habe mit diesem Unternehmen ein Telefongespräch geführt.
Die belangte Behörde gab den Inhalt dieser E-Mail-Nachricht wieder, bei der es sich unstrittig um "Werbung" iSd § 107 TKG 2003 handelt.
Der zur Rechtfertigung aufgeforderte Beschwerdeführer habe im Wesentlichen vorgebracht, bei der Adresse h@u.com (an die die Werbemail übermittelt worden sei) handle es sich um eine in den USA registrierte Domain. Da auch die Namensserver in den USA angesiedelt seien, fehle jeder Bezug zu Österreich. Dazu habe der Anzeiger mitgeteilt, er habe die inkriminierte E-Mail an seinem Hauptwohnsitz in Wien empfangen; er sei Gründer und Mitinhaber der U A.S., einer türkischen Aktiengesellschaft mit Sitz in Istanbul und einer Zweigniederlassung in Wien; deren Mailserver befinde sich in den USA.
In der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Es fehlten erkennbare inländische Anknüpfungspunkte sowohl hinsichtlich der Domain U.com als auch der E-Mail-Adresse h@u.com. Der Umstand, dass der Anzeiger die E-Mail an seinem Hauptwohnsitz in Wien abgerufen habe, könne nicht den Tatort iSd § 107 Abs 6 TKG 2003 begründen, zumal es damit dem potentiellen Opfer möglich wäre, den Tatort dorthin zu "verlagern", wo ein entsprechender Sachverhalt unter Sanktion steht. Die Tatortfiktion des § 107 Abs 6 TKG 2003 stelle auf jenen Ort ab, an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht. Der Begriff "Anschluss" werde im TKG 2003 nicht definiert, ein Rückgriff auf den legaldefinierten "Teilnehmeranschluss" nach § 3 Z 20 TKG 2003 sei wegen des im Strafrecht geltenden Analogieverbots unzulässig.
Entgegen der Auffassung der Erstbehörde sei als "Anschluss" jener Ort anzusehen, an dem sich der Domaininhaber bzw der Mailserver befinde. Jedenfalls ein Verschulden des Beschwerdeführers sei auszuschließen, weil es dem Versender von E-Mails nicht zugemutet werden könne, sich mit sämtlichen weltweit existierenden Rechtsordnungen vertraut zu machen, die für potentielle Abrufer versendeter E-Mails in Frage kämen.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers liege der (eigentliche) Tatort, weil die inkriminierte E-Mail von Deutschland aus versendet worden sei, dort und sei die Behörde in Österreich unzuständig. Empfangen worden sei die Botschaft technisch dann vom elektronischen Postfach im Server in den USA. Damit wäre das gesamte kausale, vom Beschwerdeführer überseh- und beeinflussbare Geschehen beendet. Der fiktive Tatort iSd § 107 Abs 6 TKG 2003 liege daher in den USA, weil dort der Standort des Servers gelegen sei; nur das dortige elektronische Postfach könne der "Anschluss" des TKG 2003 sein. Da die Tätigkeit des Beschwerdeführers dort geendet habe, hätte er auf die Abrufung der E-Mail keinen weiteren Einfluss gehabt und könne dafür nicht haften. Jedenfalls aber habe er nicht damit rechnen können, dass sich der Abrufende ausgerechnet in Österreich aufhalte, zumal der Adressat eine türkische Firma mit Sitz in Istanbul gewesen sei.
Die belangte Behörde stellte folgenden Sachverhalt fest:
"Am , um 12:35:45 (+0200), wurde von der E GmbH, Hplatz 13, B, Deutschland, über den PC mit der IP-Adresse 8 unter Verwendung der Emailadresse t@e.eu eine E-Mail an den Empfänger mit der E-Mailadresse h@u.com gesendet. Diese E-Mail diente der Werbung für ein von diesem Unternehmen veranstaltetes Seminar. Der Empfänger der E-Mail, Herr Dr. M H, hatte der E keine Zustimmung zur Zusendung von Werbemails erteilt. Abgerufen wurde die Werbemail vom Empfänger an seinem Wohnort in Wien.
Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der E GmbH und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ und gem. § 9 Abs 1 VStG 1991 idgF verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher."
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde nach einer Darlegung des § 107 Abs 2 Z 1 und Abs 6 TKG 2003 zusammengefasst Folgendes aus:
Durch die genannten Bestimmungen des TKG 2003 würde die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation, iF: Richtlinie) umgesetzt. Diese Richtlinie diene der Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten zur Gewährleistung eines gleichwertigen Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten, insbesondere des Rechts auf Privatsphäre. Die Richtlinie sehe vor, dass Vorkehrungen getroffen werden sollen, um die Teilnehmer gegen die Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung etwa durch elektronische Post zu schützen, weil diese Formen von unerbetenen Werbenachrichten zum einen relativ leicht und preiswert zu versenden seien und zum anderen eine Belastung und/oder einen Kostenaufwand für den Empfänger bedeuteten. Die Richtlinie verfolge einen Opt-in-Ansatz, es müssten die Nutzer daher vorab ihre Zustimmung erteilen, bevor sie solche Nachrichten erhalten. Diese Zustimmungsregelung gelte auch für SMS-Kurzmitteilungen und andere elektronische Nachrichten, die mit festen oder mobilen Endgeräten empfangen werden könnten. In Art 2 lit h der Richtlinie werde als "elektronische Post" jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschicktes Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht definiert, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden könne, bis sie von diesem abgerufen wird. Der genaue Zeitpunkt des Abschlusses der Übermittlung einer Nachricht könne von der Art des bereitgestellten elektronischen Kommunikationsdienstes abhängen. Bei einem Sprach-Telefonanruf etwa sei die Übermittlung abgeschlossen, sobald einer der Teilnehmer die Verbindung beendet. Bei der elektronischen Post sei die Übermittlung dann abgeschlossen, wenn der Adressat die Nachricht - üblicherweise vom Server seines Diensteanbieters - abrufe (Hinweis auf Erwägungsgrund 27).
Ausgehend vom Gebot der richtlinienkonformen Interpretation seien bei Auslegung der im vorliegenden Verfahren in Betracht kommenden Bestimmungen des TKG 2003 die Bestimmungen der Richtlinie heranzuziehen. Daraus ergebe sich, dass im Fall einer unerwünschten Zusendung einer E-Mail zu Zwecken der Direktwerbung zur Feststellung des Tatorts ausschließlich darauf abzustellen sei, wo der Adressat der Nachricht, die im Netz oder Endgerät des Empfängers gespeichert wurde, diese mit seinem festen oder mobilen Endgerät abruft. Ein Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich des Tatorts auf den Standort des Servers, auf dem die E-Mail zum Abrufen bereitliege, abzustellen, sei nicht erkennbar. Ebenso wenig sei von Bedeutung, von welchem Land aus die unerwünschte Werbeemail versandt werde.
Folgerichtig sehe die Tatortfiktion des § 107 Abs 6 TKG 2003 vor, dass die Verwaltungsübertretung als an jenem Ort begangen gelte, an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht. Da die unerwünschte Werbemail vom Empfänger in Wien abgerufen wurde, sei die erstinstanzliche Behörde, das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland, zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses zuständig gewesen. Aus den Erwägungsgründen und dem Wortlaut der Richtlinie selbst ergebe sich betreffend die Auslegung des Begriffs "Anschluss", dass darunter ein festes oder mobiles Endgerät zu verstehen sei, mit dem der Empfänger die Nachricht abruft. Es sei daher die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Übertretung des TKG 2003 in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers treffe ihn auch ein Verschulden an der vorliegenden Übertretung: Schon der - zuletzt unbestritten gebliebene - Umstand, dass ein in der E-Mail wahrheitswidrig behauptetes Telefonat mit dem Empfänger gar nicht stattgefunden habe, lasse den Schluss zu, dass dem Versender bewusst gewesen sei, dass eine unerwünschte E-Mail zu Werbezwecken versendet werde. Durch den Hinweis auf ein gar nicht erfolgtes Telefonat sei versucht worden, den Anschein zu erwecken, die Versendung des E-Mail erfolge in Reaktion auf ein persönliches Gespräch mit dem Empfänger. Zudem sei davon auszugehen gewesen, dass dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer einer E bekannt sein müsse, dass die verfahrensgegenständliche Richtlinie erlassen wurde, zumal diese auch in Deutschland in nationales Recht umgesetzt worden sei. Die Behauptung, die unerwünschte Werbemail sei für ein Unternehmen mit Sitz in der Türkei bestimmt gewesen, sei durch keinerlei Unterlagen belegt worden; auch ihr Inhalt (Werbung für eine Konferenz im Bereich "IP Management in European Research Co-operations") lasse den Schluss zu, dass ein Unternehmen mit einer Niederlassung in einem EU-Mitgliedstaat Adressat gewesen sei. Das diesbezügliche Vorbringen erweise sich daher als Schutzbehauptung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst gemäß Art 144 B-VG Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof.
Dieser hat deren Behandlung mit Beschluss vom , B 545/11-9, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der Begründung dieses Beschlusses wird Folgendes ausgeführt:
"Die Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie in den durch Art. 18 B-VG und Art. 7 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe (VfSlg. 5810/1968, 12.399/1990, 15.447/1999, 16.625/2002, 18.420/2008 ua.) und angesichts des Umstandes, dass § 107 Abs. 6 TKG 2003 in Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation ergangen ist, lässt ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Angesichts dessen, dass als Folge der Erlassung einer Richtlinie eine vergleichbare Rechtslage auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union besteht, ist es dem Absender zumutbar, zur Vermeidung der Strafbarkeit eine Zustimmung des Empfängers einzuholen, zumal in einem Fall wie diesem der Absender auf Grund des Inhalts der versendeten Nachricht davon ausgehen konnte, dass der Empfänger die Nachricht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union abrufen würde. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen."
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte der Beschwerdeführer die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. § 107 TKG 2003 (in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 102/2011) lautet - auszugsweise -
wie folgt:
"Unerbetene Nachrichten
§ 107. (1) Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien -
zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.
(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder |
2. | an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist. |
... |
(5) Die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ist jedenfalls unzulässig, wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.
(6) Wurden Verwaltungsübertretungen nach Absatz 1, 2 oder 5 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht."
2. § 107 TKG 2003 dient (vgl RV 128 Blg NR 22. GP) der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Verarbeitung personenbezogener Daten und dem Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), ABl Nr L 201/37 vom (iF: Richtlinie).
Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen dieser Richtlinie (idF vor der Änderungsrichtlinie 2009/136/EG vom ) von Bedeutung:
Erwägungsgründe:
"(27) Der genaue Zeitpunkt des Abschlusses der Übermittlung einer Nachricht, nach dem die Verkehrsdaten außer zu Fakturierungszwecken gelöscht werden sollten, kann von der Art des bereitgestellten elektronischen Kommunikationsdienstes abhängen. Bei einem Sprach-Telefonanruf beispielsweise ist die Übermittlung abgeschlossen, sobald einer der Teilnehmer die Verbindung beendet. Bei der elektronischen Post ist die Übermittlung dann abgeschlossen, wenn der Adressat die Nachricht - üblicherweise vom Server seines Diensteanbieters - abruft.
...
(40) Es sollten Vorkehrungen getroffen werden, um die Teilnehmer gegen die Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung, insbesondere durch automatische Anrufsysteme, Faxgeräte und elektronische Post, einschließlich SMS, zu schützen. Diese Formen von unerbetenen Werbenachrichten können zum einen relativ leicht und preiswert zu versenden sein und zum anderen eine Belastung und/oder einen Kostenaufwand für den Empfänger bedeuten. Darüber hinaus kann in einigen Fällen ihr Umfang auch Schwierigkeiten für die elektronischen Kommunikationsnetze und die Endgeräte verursachen. Bei solchen Formen unerbetener Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung ist es gerechtfertigt, zu verlangen, die Einwilligung der Empfänger einzuholen, bevor ihnen solche Nachrichten gesandt werden. Der Binnenmarkt verlangt einen harmonisierten Ansatz, damit für die Unternehmen und die Nutzer einfache, gemeinschaftsweite Regeln gelten.
...
(43) Zur Erleichterung der wirksamen Durchsetzung der Gemeinschaftsvorschriften für unerbetene Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung ist es notwendig, die Verwendung falscher Identitäten oder falscher Absenderadressen oder Anrufernummern beim Versand unerbetener Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung zu untersagen.
(44) Bei einigen elektronischen Postsystemen können die Teilnehmer Absender und Betreffzeile einer elektronischen Post sehen und darüber hinaus diese Post löschen, ohne die gesamte Post oder deren Anlagen herunterladen zu müssen; dadurch lassen sich die Kosten senken, die möglicherweise mit dem Herunterladen unerwünschter elektronischer Post oder deren Anlagen verbunden sind. Diese Verfahren können in bestimmten Fällen zusätzlich zu den in dieser Richtlinie festgelegten allgemeinen Verpflichtungen von Nutzen bleiben.
...
(47) Das innerstaatliche Recht sollte Rechtsbehelfe für den Fall vorsehen, dass die Rechte der Benutzer und Teilnehmer nicht respektiert werden. Gegen jede - privatem oder öffentlichem Recht unterliegende - Person, die den nach dieser Richtlinie getroffenen einzelstaatlichen Maßnahmen zuwiderhandelt, sollten Sanktionen verhängt werden."
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Sofern nicht anders angegeben, gelten die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 95/46/EG und der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste ('Rahmenrichtlinie') auch für diese Richtlinie.
Weiterhin bezeichnet im Sinne dieser Richtlinie der Ausdruck
...
d) 'Nachricht' jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird. ...
...
h) 'elektronische Post' jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird."
"Artikel 13
Unerbetene Nachrichten
(1) Die Verwendung von automatischen Anrufsystemen ohne menschlichen Eingriff (automatische Anrufmaschinen), Faxgeräten oder elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung darf nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer gestattet werden.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 kann eine natürliche oder juristische Person, wenn sie von ihren Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung gemäß der Richtlinie 95/46/EG deren elektronische Kontaktinformationen für elektronische Post erhalten hat, diese zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen verwenden, sofern die Kunden klar und deutlich die Möglichkeit erhalten, eine solche Nutzung ihrer elektronischen Kontaktinformationen bei deren Erhebung und bei jeder Übertragung gebührenfrei und problemlos abzulehnen, wenn der Kunde diese Nutzung nicht von vornherein abgelehnt hat.
(3) Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um - gebührenfrei für die Teilnehmer - sicherzustellen, dass außer in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Fällen unerbetene Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung, die entweder ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer erfolgen oder an Teilnehmer gerichtet sind, die keine solchen Nachrichten erhalten möchten, nicht gestattet sind; welche dieser Optionen gewählt wird, ist im innerstaatlichen Recht zu regeln.
(4) Auf jeden Fall verboten ist die Praxis des Versendens elektronischer Nachrichten zu Zwecken der Direktwerbung, bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.
(5) Die Absätze 1 und 3 gelten für Teilnehmer, die natürliche Personen sind. Die Mitgliedstaaten tragen im Rahmen des Gemeinschaftsrechts und der geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften außerdem dafür Sorge, dass die berechtigten Interessen anderer Teilnehmer als natürlicher Personen in Bezug auf unerbetene Nachrichten ausreichend geschützt werden."
3. Schon die Vorgängerbestimmung von § 107 TKG 2003, § 101 TKG (1997) untersagte "Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien - zu Werbezwecken". Mit der Novelle BGBl I Nr 188/1999 wurde zusätzlich ein Verbot der zustimmungslosen "Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken" eingeführt.
Die Stammfassung des § 107 TKG 2003 verbietet in Abs 1 (wiederum) "Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien - zu Werbezwecken" ohne vorherige Einwilligung.
Nach § 107 Abs 2 TKG 2003 ist die "Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS" an Verbraucher ohne vorherige Zustimmung unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt (Z 1) oder an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist (Z 2).
§ 107 Abs 6 TKG 2003 normiert eine - auf Telefon- und Faxwerbung eingeschränkte - "Tatortfiktion":
Verwaltungsübertretungen nach § 107 Abs 1 TKG 2003, die nicht im Inland begangen wurden, gelten an jenem Ort begangen, "an dem der Anruf den Anschluss des Teilnehmers erreicht".
Erst mit der Novelle BGBl I Nr 133/2005 erhielt § 107 TKG 2003 die im Beschwerdefall maßgebende Fassung: Die Einschränkung auf Verbraucher im Abs 2 entfiel, Abs 3, Abs 5 und Abs 6 wurden neu gefasst, wobei die "Tatortfiktion" nach Abs 6 nunmehr generell die in den Abs 1, 2 und 5 pönalisierte Übermittlung unerbetener Nachrichten über elektronische Kommunikationsnetze erfasst, und an den Ort anknüpft, "an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht".
4. Die Beschwerde macht im Wesentlichen Folgendes geltend:
Der für die Tatortfiktion des § 107 Abs 6 TKG 2003 maßgebende Begriff "Anschluss" sei im TKG 2003 nicht definiert. § 3 Z 20 TKG 2003 definiere den "Teilnehmeranschluss", Z 13 den "Netzabschlusspunkt". Es müsse sich dabei jeweils um eine einzige (bewegliche oder unbewegliche) Einrichtung handeln, an der ein direktes Erreichen des Teilnehmers möglich sei. Bei email könne dies nur das elektronische Postfach des Teilnehmers sein, weil die unerbetene Nachricht lediglich dort einlange. Dort sei der Netzabschlusspunkt bzw die bestimmte Netzadresse, die den Teilnehmeranschluss ausmache. Diese liege in den USA, weshalb es an einem inländischen Tatort und damit an einer Zuständigkeit der Behörde fehle.
Die Auffassung der belangten Behörde würde dazu führen, dass praktisch jeder Abruf einer email in Österreich erfasst wäre, und zufällige, vom Absender nicht vorhersehbare und beeinflussbare Ergebnisse bewirken, je nachdem wo der Abruf der email erfolge.
Vielmehr sei hinsichtlich des Tatorts auf den Standort des Servers abzustellen, auf dem die E-Mail zum Abruf bereit liege. Da Schutzzweck des Spam-Verbots die Privatsphäre sei, die - abhängig von den unterschiedlichen Übermittlungsformen - in unterschiedlicher Intensität beeinträchtigt würde, müsse auch beachtet werden, dass zwar bei Annahme eines unerbetenen Anrufs die Privatsphäre intensiv beeinträchtigt werde, was aber nicht für Werbung per Briefpost gelte, die leicht "entsorgt" werden könne. Ähnliches gelte auch für E-Mails, zumal alle Mailprogramme die Möglichkeit böten, eine E-Mail nicht abzurufen, sondern nach Lesen der gezeigten Absende- und Empfangsadresse und des Betreffs gleich zu löschen; damit werde die Privatsphäre des Empfängers vollkommen unbeeinträchtigt gelassen.
Zudem handle es sich bei § 107 Abs 2 TKG 2003 anders als nach der "alten Rechtslage" des § 101 TKG (1997) um ein Erfolgsdelikt, zumal nicht bloß auf ein Verhalten, sondern einen Erfolg (die Zusendung, den Empfang elektronischer Post) abgestellt werde.
Selbst wenn man aber davon ausginge, es sei die Zusendung durch Abruf in Österreich erfolgt und liege hier der Tatort, käme dem Beschwerdeführer jedenfalls ein entschuldigender Tatbildirrtum zugute, weil er nicht wissen habe können, dass die (auf Englisch verfasste) E-Mail in Österreich abgerufen werde, zumal als Empfänger ein Unternehmen mit Sitz in der Türkei bzw in den USA angeschrieben worden sei und das "Empfangspostfach" ebenfalls in den USA gelegen sei.
5. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
5.1. Hinsichtlich der Frage, ob eine Übertretung nach § 107 Abs 2 TKG 2003 als Erfolgs- oder als Ungehorsamsdelikt zu qualifizieren ist, kann gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf die Erkenntnisse vom , 2010/03/0056, und vom , 2007/03/0143, jeweils mwN, verwiesen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in den zitierten Erkenntnissen ausgeführt, dass es sich bei den in Rede stehenden Übertretungen - ebenso wie beim "Vorgängerdelikt" nach § 101 TKG (1997) - um Ungehorsamsdelikte iSd § 5 VStG handelt.
5.2. Seit der Novelle BGBl I Nr 133/2005 erfasst die "Tatortfiktion" nach § 107 Abs 6 TKG 2003 alle in den Absätzen 1, 2 und 5 inkriminierten Fälle der Übermittlung unerbetener Nachrichten über elektronische Kommunikationsnetze in gleicher Weise. In all diesen Fällen wird dabei an den "Ort, an dem die Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht", angeknüpft.
Vor dem Hintergrund der Richtlinie, die dem Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation einen erheblichen Stellenwert beimisst und den Mitgliedstaaten aufträgt, wirksame und effektive Sanktionen gegen Personen zu verhängen, die den nach der Richtlinie getroffenen innerstaatlichen Maßnahmen zuwiderhandeln (vgl die Erwägungsgründe 43 und 47), ist augenscheinlicher Zweck der Regelung des § 107 Abs 6 TKG 2003 die Erleichterung der Rechtsverfolgung in Fällen, in denen die unerbetene Nachricht ihren Ausgang im Ausland genommen hat, die verpönte Wirkung (Verletzung der Privatsphäre, die zudem nicht nur eine Belastung bzw einen Kostenaufwand für den Empfänger bedeuten, sondern auch Schwierigkeiten für die Kommunikationsnetze bzw die Endgeräte der Empfänger verursachen kann, vgl Erwägungsgrund 40) aber im Inland eintritt.
Die Regelung ist insofern Ausfluss des "Schutzprinzips" (vgl ): Die Strafbarkeit des im Ausland handelnden Täters knüpft daran an, dass die verpönte Wirkung im Inland entfaltet wird.
Die Regelung des § 107 Abs 6 TKG 2003 bestimmt für alle in den Absätzen 1, 2 und 5 normierten Fälle den Ort als maßgebend, an dem die Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht; das die Strafbarkeit und die örtliche Zuständigkeit bestimmende Merkmal ist also das gleiche, unabhängig davon, ob die unerbetene Nachricht den Empfänger als "Anruf" (Abs 1) telefonisch über das Festnetz oder über ein Mobiltelefon erreicht, oder als "elektronische Post" (Abs 2) mittels SMS oder E-Mail.
Hält man sich weiter den Zweck der Regelung (Schutz vor Verletzung der Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten) vor Augen, so kann es, anders als die Beschwerde meint, auf den Standort des Servers nicht ankommen:
Auch wenn die unerbetene Nachricht zunächst dort einlangt und dort gespeichert wird, entfaltet sie ihre verpönte Wirkung im Ergebnis am Endgerät. Dieser "Ort" ist es, an dem die Nachricht den Empfänger erreicht, dort verursacht sie im Wesentlichen die in Erwägungsgrund 40 dargelegten Unannehmlichkeiten für den Empfänger.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann auch nicht gesagt werden, dass die regelmäßig von Mailprogrammen gebotene Möglichkeit, eine unerwünschte E-Mail "gleich" - nach Lesen der Absende- und Empfangsadresse und des Betreffs, ohne Aufruf ihres Inhalts - zu löschen, eine Verletzung der Privatsphäre des Empfängers ausschließen lasse; auch in diesen Fällen entsteht für den Empfänger der unerbetenen Nachricht zumindest ein Zeitaufwand für das "Entsorgen" der E-Mail (vgl dazu auch Erwägungsgrund 44, wonach ein solches Verfahren "zusätzlich" zu den in der Richtlinie festgelegten allgemeinen Verpflichtungen von Nutzen sein kann, die aus der Richtlinie erfließenden Verpflichtungen also nicht etwa aufhebt).
Vor dem dargestellten Hintergrund ist es zutreffend, dass die belangte Behörde zur Beurteilung des Tatorts auf den Ort abgestellt hat, an dem die unerbetene Nachricht vom Empfänger abgerufen wurde.
Die gegen die Annahme eines inländischen Tatorts gerichteten Beschwerdeausführungen gehen daher fehl.
5.3. Eben dies gilt auch für das Beschwerdevorbringen, dem Beschwerdeführer müsse zumindest ein entschuldigender Tatbildirrtum zu Gute kommen.
Die auch diesbezüglich zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde sind lediglich um den Hinweis zu ergänzen, dass es für den Absender der Nachricht eine einfache Möglichkeit gibt, eine allfällige Strafbarkeit zu vermeiden: Sie besteht darin, die Einwilligung des (potentiellen) Empfängers einzuholen, bevor an ihn mit elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung herangetreten wird.
Dass im vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmen die dafür notwendigen Vorkehrungen getroffen worden seien, wird in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise behauptet.
6. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Beschwerde insgesamt unbegründet ist.
Sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am