VwGH vom 22.10.2012, 2012/03/0034

VwGH vom 22.10.2012, 2012/03/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der H B in W, vertreten durch Mag. Franz Karl Juraczka, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alser Straße 32/15, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl VerkGe-030.015/3-2011-Ju/Eis, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für das Taxigewerbe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung für das Taxi-Gewerbe, beschränkt auf die Verwendung eines Pkws an einem näher bezeichneten Standort, gemäß § 1 Abs 2 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz, BGBl Nr 112/1996, iVm §§ 87 Abs 1 Z 2, 13 Abs 3 GewO 1994 entzogen.

Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass mit nach Aktenzahl näher bezeichnetem Beschluss des Bezirksgerichtes Traun vom der Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig abgewiesen und das Schuldenregulierungsverfahren nicht eröffnet worden sei. Der Zeitraum in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt werde, sei noch nicht abgelaufen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, infolge des Vorliegens des Gewerbeausschlussgrundes nach § 13 Abs 3 GewO 1994 sei die Gewerbebehörde gemäß § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 verpflichtet, die Gewerbeberechtigung zu entziehen. Ermessen komme ihr insoweit nicht zu. Ein Absehen vom Entzug der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs 2 GewO 1994 idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2010 komme im gegenständlichen Fall nicht in Betracht. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen bezüglich abgeschlossener Ratenzahlungsvereinbarungen bzw bereits getätigter Ratenzahlungen könnten daher nicht berücksichtigt werden. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, an die zuständige Behörde erster Instanz einen Antrag auf Nachsicht gemäß § 26 Abs 2 GewO 1994 zu stellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 1 Abs 1 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 BGBl Nr 112/1996 idF BGBl I Nr 24/2006 (GelVerkG), gilt dieses Bundesgesetz für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, ausgenommen die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im Kraftfahrlinienverkehr auf Grund des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl I Nr 203/1999. Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt nach § 1 Abs 2 GelVerkG für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs 1) die GewO 1994 mit der Maßgabe, dass die Gewerbe nach dem GelVerkG als reglementierte Gewerbe gelten, auf die § 95 Abs 2 GewO 1994 anzuwenden ist.

§ 5 GelVerkG sieht unter anderem als Voraussetzung für die Erteilung der Konzession die finanzielle Leistungsfähigkeit des Gewerbetreibenden vor (Abs 1 Z 2 leg cit), die in § 5 Abs 4 GelVerkG und in § 2 der Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr, BGBl Nr 889/1994 idF BGBl II Nr 46/2001, näher umschrieben wird.

Sämtliche Voraussetzungen, somit auch die finanzielle Leistungsfähigkeit, müssen nach § 5 Abs 1 GelVerkG während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession unbeschadet der §§ 87 bis 91 GewO 1994 zu entziehen.

1.2. Gemäß § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt.

§ 13 Abs 3 GewO 1994 ordnet an, dass Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen sind, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde (Z 1) und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist (Z 2).

Bei dieser Entscheidung handelte es sich um eine gebundene Entscheidung, die nicht im Ermessen der zuständigen Gewerbebehörde liegt. Anders als nach der Rechtslage vor dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010, BGBl I Nr 29, kann die Behörde - ausgenommen im Falle des Vorliegens der Berechtigung zu Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung - von der in § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung auch dann nicht absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist (vgl dazu die hg Erkenntnisse vom , Zlen 2011/04/0198 und 0199, sowie vom , Zl 2011/04/0217, und vom , Zl 2011/04/0201).

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl 2002/03/0150, ausgeführt, dass die Entziehung einer Taxikonzession sowohl auf den Gewerbeausschlussgrund nach § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 als auch auf den Wegfall der Voraussetzungen nach § 5 Abs 1 Z 3 GelVerkG gestützt werden kann. Dem ist erläuternd nur hinzuzufügen, dass zwar die letztgenannte Regelung für die dem GelVerkG unterliegenden Gewerbezweige eine - über die Anforderungen der GewO 1994 hinausgehende - besondere Vorschrift zum Erfordernis der finanziellen Leistungsfähigkeit des Gewerbetreibenden enthält, dadurch dem § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 (betreffend das Vorgehen in den dort genannten Insolvenzfällen) der Anwendungsbereich aber nicht entzogen wird.

2. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet worden ist und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den Insolvenzfall gewährt wird, bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht abgelaufen war.

Die Beschwerdeführerin macht jedoch geltend, die belangte Behörde habe sich zu Unrecht auf § 87 GewO 1994 idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2010 gestützt. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes sei kein Insolvenzverfahren gegen die Beschwerdeführerin mehr anhängig gewesen, weshalb nach den einschlägigen Übergangsbestimmungen noch die davor geltende Rechtslage, insbesondere auch § 87 Abs 2 GewO 1994 (alte Fassung) herangezogen werden hätte müssen. Das hätte eine Überprüfung der Finanzsituation der Beschwerdeführerin notwendig gemacht, die im gegenständlichen Fall nicht stattgefunden habe. Mittlerweile habe die Beschwerdeführerin sämtliche Gläubiger befriedigt. Schon zum Zeitpunkt des Beschlusses des BG Traun (über die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens) sei außerdem Vermögen für das Insolvenzverfahren (eine teilweise belastete Liegenschaft) vorhanden gewesen, welches wahrscheinlich nicht berücksichtigt worden sei. Somit stelle die sofortige Löschung aus der Insolvenzdatei die logische Konsequenz dar.

Dem ist zunächst zu erwidern, dass § 87 Abs 2 GewO 1994 idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2010 gemäß § 382 Abs 39 GewO 1994 mit in Kraft trat und daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides von der belangten Behörde anzuwenden war. Übergangsvorschriften, die dem entgegengestanden wären, bestehen nicht. Demnach war die belangte Behörde auch nicht gehalten zu prüfen, ob die Gewerbeausübung im Sinne der alten Rechtslage "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" wäre. Auch hatte die belangte Behörde nicht zu klären, ob die Entscheidung des Insolvenzgerichtes der Rechtslage entsprach bzw ob kostendeckendes Vermögen tatsächlich vorhanden gewesen wäre. Ohne Belang war auch, welche zwischenzeitlichen Zahlungen die Beschwerdeführerin an ihre Gläubiger geleistet hatte. Entscheidend war lediglich, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs 3 GewO 1994 vorlagen, wovon im gegenständlichen Fall auszugehen ist (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2011/04/0198). Zu Recht hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber den Fällen, in denen der Schuldner - trotz Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Gewerbeentziehung - seine Insolvenzsituation wieder bereinigen kann, durch die in § 26 Abs 2 GewO 1994 bestehende Möglichkeit der Nachsicht Rechnung getragen hat (vgl dazu die hg Erkenntnisse vom , Zl 2011/04/0199, mit Verweis auf die Erläuterungen zur Neufassung des § 87 Abs 2 GewO 1994 in RV 612 BlgNR 24. GP, S 44, und vom , Zl 2011/04/0201).

3. Wenn die Beschwerde schließlich rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich im Hinblick auf die nur auf Zeit erfolgende Eintragung in die Insolvenzdatei mit der Frage einer allfälligen befristeten Entziehung nach § 87 Abs 3 GewO 1994 auseinanderzusetzen, zeigt sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht auf, weil allein das Verstreichen jenes Zeitraums, innerhalb dessen in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht bedeutet hätte, dass mit einer befristeten Entziehung der Konzession das Auslangen gefunden werden hätte können, um im Sinne des § 87 Abs 3 GewO 1994 "nach den Umständen des Falles" erwarten zu können, dass eine befristete Entziehung ausreicht, "um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbeinhabers zu sichern".

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Ein Kostenzuspruch an die belangte Behörde hatte mangels Antrages auf Zuerkennung von Aufwandersatz (§ 59 Abs 1 VwGG) nicht zu erfolgen.

Wien, am