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VwGH vom 10.05.2010, 2009/17/0277

VwGH vom 10.05.2010, 2009/17/0277

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2010/17/0020 E

2010/17/0019 E

2010/17/0103 E

2010/17/0106 E

2010/17/0076 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des F I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates (Außenstelle Innsbruck) vom , Zl. RV/0528-I/09, betreffend Rückzahlung von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2002 (mitbeteiligte Partei: C I in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1.1. Der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte ist Vater einer am geborenen Tochter. Er lebte mit der Kindesmutter weder im Rahmen einer Ehe noch im Rahmen einer Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt. Die Kindesmutter beantragte und bezog einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld im Jahr 2002 in Höhe von EUR 1.781,64 und im Jahr 2003 in Höhe von EUR 2.211,90. Das Einkommen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten betrug im Jahr 2002 EUR 23.808,96 (rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid vom ) und im Jahr 2003 EUR 25.267,69 (rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid vom in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 24. Feber 2005).

Mit Schreiben vom übermittelte das Finanzamt dem (potentiell) rückzahlungsverpflichteten Mitbeteiligten die Vordrucke KBG 1 (Erklärung des Einkommens nach § 23 Kinderbetreuungsgeldgesetz, in der Folge: KBGG) für die Jahre 2002 und 2003. Mit Schreiben vom führte der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte aus, er lehne eine Rückzahlung ab, die übermittelten Vordrucke wurden nicht unterzeichnet.

Mit den erstinstanzlichen Bescheiden vom (zugestellt am ) wurde die Rückzahlungsverpflichtung für das Jahr 2002 mit EUR 1.666,63 und für das Jahr 2003 mit EUR 1.768,74 festgesetzt. Begründet wurden diese Bescheide damit, dass eine alleinige Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 18 Abs. 1 KBGG bestehe und die Einkommensgrenze in beiden Jahren überschritten worden sei (die Beträge stehen der Höhe nach außer Streit.)

1.2. Mit der als Berufung gewerteten Eingabe vom sprach sich der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte gegen diese Bescheide aus und führte im Wesentlichen aus, er sei niemals über das Ansuchen der Kindesmutter auf Auszahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld informiert worden, er komme seinen Unterhaltsverpflichtungen monatlich nach, er habe weder in einer Ehe noch in einer Lebensgemeinschaft mit der Kindesmutter gelebt, seine Einkommenssituation habe sich zwischenzeitig erheblich verschlechtert (er habe für vier Kinder Unterhaltszahlungen zu leisten), und es sei (daher) unverständlich, warum er zur Rückzahlung verpflichtet werde, insbesondere weil ohne sein Wissen eine Auszahlung erfolgt sei.

1.3. Mit ihrem Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten hinsichtlich des Jahres 2002 Folge und hob den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos auf. Hinsichtlich des Jahres 2003 wurde die Berufung hingegen als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde - ausgehend von dem unbestrittenen Sachverhalt - aus, dass der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte (Berufungswerber) im Jahr 2002 die für das Entstehen einer Rückzahlungsverpflichtung maßgebliche Einkommensgrenze des § 19 Abs. 1 KBGG überschritten habe. Damit sei er gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 KBGG zur Rückzahlung des an die Kindesmutter ausbezahlten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld verpflichtet gewesen. Der diesbezügliche Abgabenanspruch sei mit Ablauf dieses Jahres entstanden.

Ausgehend von der Anwendbarkeit der BAO verneinte in der Folge die belangte Behörde mit näherer Begründung die Rückzahlungsverpflichtung des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten hinsichtlich des Jahres 2002 infolge Verjährung. Die Verjährungsfrist habe diesbezüglich mit Ablauf des Jahres 2002 begonnen und mit Ablauf des Jahres 2007 geendet. Eine Abgabenfestsetzung im Jahr 2009 (wie im Beschwerdefall) hätte somit nur dann erfolgen können, wenn hinterzogene Abgaben vorgelegen wären oder die Verjährungsfrist verlängert worden wäre.

Da von einer Abgabenhinterziehung - wie näher begründet wird -

im Beschwerdefall nicht auszugehen sei, würde eine Abgabenfestsetzung im Jahr 2009 voraussetzen, dass es zu einer Verlängerung der fünfjährigen Verjährungsfrist gekommen sei.

In das KBGG sei mit der Novelle BGBl. I Nr. 76/2007 § 49 Abs. 17 eingefügt worden, wonach das Recht die Abgabe gemäß Abschnitt vier (Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) festzusetzen, für die Jahre 2002 und 2003 frühestens Ende 2008 verjähre. Demnach wäre eine Festsetzung der Abgabe des Jahres 2002 auch noch im Jahr 2008 (und somit außerhalb der Frist des § 207 BAO auch ohne Verlängerungshandlung innerhalb der ersten fünf Jahre) möglich. Warum in dieser Bestimmung (§ 49 Abs. 17 KBGG) auch das Jahr 2003 erwähnt werde, bleibe "unergründbar", zumal hinsichtlich des Jahres 2003 die fünfjährige Verjährungsfrist auch nach § 207 BAO erst mit Ablauf des Jahres 2008 enden würde.

Auf Grund des Gesetzeswortlautes müsse davon ausgegangen werden, dass die Bestimmung des § 49 Abs. 17 KBGG nur zu den allgemeinen Verjährungsbestimmungen der BAO ergänzend hinzutrete, die Fristen des § 207 BAO aber nicht verändere. Dies sei insbesondere deshalb anzunehmen, weil in § 49 Abs. 17 KBGG weder ein Hinweis auf § 207 BAO noch ein solcher auf eine Verlängerung der sich aus § 207 BAO ergebenden fünfjährigen Verjährungsfrist auf eine sechsjährige Verjährungsfrist enthalten sei, sondern (bezogen auf die Abgabe des Jahres 2002) nur die Verjährung um ein Jahr aufgeschoben und damit die Abgabenfestsetzung noch im Jahr 2008 für zulässig erklärt werde. Weiters scheine eine derartige Auslegung auch deshalb geboten, weil die Bestimmung des § 49 Abs. 17 KBGG erst Ende des Jahres 2007 und somit knapp vor Ablauf der Verjährungsfrist des § 207 BAO ins Gesetz aufgenommen worden sei, was hinsichtlich der generellen Rückwirkung von verfahrensrechtlichen Verjährungsbestimmungen durchaus zu verfassungsrechtlichen Bedenken Anlass geben könnte, da für die belangte Behörde keinerlei erkennbarer objektiver Grund vorliege, warum die Abgabenbehörden ihrer Verpflichtung zur Rückforderung ausbezahlter Zuschüsse nicht innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 207 BAO nachkommen hätten können.

Die Verjährungsbestimmungen im Zusammenhang mit der Abgabe (Rückzahlung des Zuschusses) seien daher wie folgt zusammenzufassen:

"Die Verjährungsfrist beträgt ... fünf Jahre. Soweit eine

Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist sieben Jahre. ... Das Recht, die Abgabe gemäß Abschnitt vier festzusetzen, verjährt für die Jahre 2002 und 2003 frühestens Ende 2008."

Im gegenständlichen Fall sei die Abgabe des Jahres 2002 aber auch nicht im Jahr 2008 festgesetzt worden; vielmehr sei der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte erstmals im Oktober 2008 unter Übermittlung der Erklärungen nach § 23 KBGG aufgefordert worden, sein Einkommen der Jahre 2002 (und 2003) nach den Bestimmungen des KBGG bekannt zu geben.

Es stelle sich daher die Frage, ob durch diese Handlung die durch § 49 Abs. 17 KBGG noch im Jahr 2008 bestehende Festsetzungsbefugnis bis ins Jahr 2009 verlängert worden sei. Dazu sei festzuhalten, dass § 49 Abs. 17 KBGG das Wort "frühestens" enthalte und somit die Verjährung frühestens Ende 2008 eintrete. Daraus sei "zwangsläufig" zu schließen, dass eine Abgabenfestsetzung betreffend die Abgabe 2002 auch noch nach Ablauf des Jahres 2008 möglich sein müsse. Darüber, wann ein solcher Fall vorliege, gebe jedoch das KBGG keine Auskunft, weshalb diesbezüglich auf die allgemeinen Verlängerungsmöglichkeiten der BAO zurückzugreifen sei. Nach § 209 Abs. 1 erster Satz BAO verlängere sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommen würden. § 209 Abs. 1 BAO verweise somit durch die erst mit der Novelle BGBl. I Nr. 180/2004 erfolgte Einfügung des Klammerausdruckes mit dem Hinweis auf § 207 BAO ausdrücklich auf die Verjährungsfrist des genannten Paragraphen. Hiezu werde in den Erläuternden Bemerkungen ausgeführt, dass es sich bei den durch Amtshandlungen um ein Jahr verlängerbaren Verjährungsfristen (nur) um die in § 207 BAO genannten Fristen (ein, drei, fünf und sieben Jahre) und nicht etwa um eine durch materiengesetzliche Bestimmungen bereits um ein Jahr verlängerte Verjährungsfrist handle.

Eine erstmalige Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 209 Abs. 1 zweiter Satz BAO setze (somit) voraus, dass zuvor eine Verlängerung nach dem ersten Satz eingetreten sei. Da durch die durch § 49 Abs. 17 KBGG verlängerte Festsetzungsbefugnis die Fristen des § 207 BAO aber nicht verändert würden, wäre eine Festsetzung der Abgabe des Jahres 2002 nach Ablauf des Jahres 2008 nur möglich, wenn es durch eine Amtshandlung spätestens im Jahr 2007 zu einer (erstmaligen) Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 209 Abs. 1 erster Satz BAO und im Jahr 2008 zu einer weiteren Verlängerung nach § 209 Abs. 1 zweiter Satz BAO gekommen wäre. Wäre eine solche Amtshandlung sowohl im Jahr 2007 als auch im Jahr 2008 erfolgt, würde § 49 Abs. 17 KBGG einer Abgabenfestsetzung auch im Jahr 2009 nicht entgegen stehen.

Hätte der Gesetzgeber eine Verlängerung der durch § 49 Abs. 17 KBGG bereits verlängerten Frist nach § 209 BAO möglich machen wollen, hätte er - in Kenntnis des ausdrücklichen Verweises auf § 207 BAO - in § 49 Abs. 17 KBGG hinsichtlich der verlängerten Frist auf die analoge Anwendbarkeit des § 209 Abs. 1 (erster und/oder zweiter Satz BAO) verweisen müssen.

Dass es im Beschwerdefall an einer Amtshandlung bis spätestens Ende 2007 mangle, ergebe sich aus dem Akteninhalt; einer Abgabenfestsetzung für das Jahr 2002 stehe somit im vorliegenden Fall die bereits eingetretene Verjährung entgegen, was von Amts wegen aufzugreifen gewesen sei.

1.4. Mit der vorliegenden, auf § 292 BAO gestützten Beschwerde bekämpft das beschwerdeführende Finanzamt (nur) den Spruch im angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Jahres 2002. Die Beschwerde beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte hat sich nicht geäußert.

2.0. Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:

2.1. Das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001, hier in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 116/2009, regelt in seinem vierten Abschnitt die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld. Nach § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. hat der Elternteil des Kindes eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld zu leisten, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. ausbezahlt wurde. Nach § 9 Abs. 1 Z. 1 KBGG haben alleinstehende Elternteile Anspruch auf einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Die Rückzahlung ist nach § 18 Abs. 3 leg. cit. eine Abgabe im Sinne des § 1 BAO. Gemäß § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 KBGG erreicht wurde, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden siebenten Kalenderjahres.

2.2. Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligte im Jahr 2002 die maßgebliche Einkommensgrenze überschritten hat. Der Mitbeteiligte hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch keinen Grund genannt, warum er - außer im Falle der von der belangten Behörde aufgegriffenen Verjährung - nicht für das Jahr 2002 mit der hier gegenständlichen Abgabe belastet werden sollte. Insoweit kann daher auf die nicht als unzutreffend erkennbaren Ausführungen im angefochtenen Bescheid, von denen auch die beschwerdeführende Partei ausgeht, verwiesen werden.

2.3.1. Strittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens allein die Frage der Verjährung des Abgabenanspruches für das Jahr 2002.

Eine Regelung der Verjährung enthält das KBGG (nur) in § 49 Abs. 17. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"(17) Das Recht, die Abgabe gemäß Abschnitt 4 festzusetzen, verjährt für die Jahre 2002 und 2003 frühestens Ende 2008."

Diese Regelung wurde mit Art. 1 des Bundesgesetzes mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Karenzgeldgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden, BGBl. I Nr. 76/2007, in das KBGG eingefügt. Die Regierungsvorlage (229 Blg. XXIII. GP) enthielt keine nähere Erläuterung der erst auf Grund eines Abänderungsantrages in zweiter Lesung eingefügten Regelung (vgl. StenProt. NR, XXIII. GP 35. Sitzung, 215). Aus der dazu vorgebrachten Antragsbegründung (StenProt. a.a.O. 103 f) ergibt sich (nur), dass dadurch eine Vereinfachung der Administration des Kinderbetreuungsgeldzuschusses eingeleitet werden sollte.

2.3.2. Der oben zitierten Bestimmung des § 49 Abs. 17 KBGG ist zunächst einmal zu entnehmen, dass sie Bestimmungen über die Verjährung (genauer: die Festsetzungsverjährung) voraussetzt. Diese können infolge des systematischen Zusammenhanges (vgl. § 18 Abs. 3 KBGG) nur die der BAO sein. Nach § 207 Abs. 2 erster Satz BAO beträgt - abgesehen von hier nicht im Betracht kommenden Ausnahmen - die diesbezügliche Verjährungsfrist fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist nach dem zweiten Satz der eben zitierten Bestimmung sieben Jahre. Auch nach § 207 Abs. 4 leg. cit. verjährt das Recht, den Ersatz zu Unrecht geleisteter oder die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Beihilfen zu fordern, sowie das Recht auf Rückforderung zu Unrecht zuerkannter Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen von Abgaben in fünf Jahren, wobei Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. sinngemäß anzuwenden ist.

Eine weitere, hier in Betracht zu ziehende Regelung trifft § 209 Abs. 1 BAO:

"(1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77), von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. ..."

2.4. Der Verwaltungsgerichtshof teilt mit der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Partei die Ansicht, dass nach der Lage des Falles die siebenjährige Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben nicht in Betracht kommt. Diesen Fall dürfte auch der Gesetzgeber bei der Bestimmung des § 49 Abs. 17 KBGG nicht als Regelungsinhalt beabsichtigt haben, wäre doch im Jahr 2008 auch für das Jahr 2002 die siebenjährige Verjährungsfrist nicht abgelaufen gewesen, sodass die Bestimmung sinnlos gewesen wäre; eine beabsichtigte Verkürzung der Verjährungsfrist scheidet infolge der Verwendung des Wortes "frühestens" aus.

Es ist demnach davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 49 Abs. 17 KBGG eine Sonderregelung vor dem Hintergrunde des § 207 BAO für die Jahre 2002 (bzw. 2003) schaffen wollte. Ob dies im Hinblick auf die fünfjährige Verjährungsfrist des § 207 BAO für das Jahr 2003 gelungen ist, kann hier mangels Relevanz für den Sachverhalt dahinstehen.

Die belangte Behörde vertritt denn auch - ebenso wie die beschwerdeführende Partei - die nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zutreffende Meinung, dass im Hinblick auf § 49 Abs. 17 KBGG eine Festsetzung der Abgabe des Jahres 2002 auch noch im Jahr 2008 (und somit außerhalb der Frist des § 207 BAO auch ohne Verlängerungshandlung innerhalb der ersten fünf Jahre) möglich gemacht werden sollte.

Die belangte Behörde hat jedoch weiter im angefochtenen Bescheid die Ansicht vertreten, dass die Bestimmung des § 49 Abs. 17 KBGG nur zu den allgemeinen Verjährungsbestimmungen der BAO ergänzend hinzutritt, die Fristen des § 207 BAO aber nicht verändert; dies sei insbesondere deshalb anzunehmen, weil in § 49 Abs. 17 KBGG weder ein Hinweis auf § 207 BAO noch ein Hinweis auf eine Verlängerung der sich aus § 207 BAO ergebenden fünfjährigen Verjährungsfrist auf eine sechsjährige Verjährungsfrist enthalten sei, sondern (hinsichtlich der Abgabe des Jahres 2002) nur die Verjährung um ein Jahr aufgeschoben und damit die Abgabenfestsetzung noch im Jahre 2008 für zulässig erklärt werde. Diese Ansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof jedoch so nicht zu teilen:

§ 49 Abs. 17 KBGG ist jedenfalls (für das Jahr 2002) eine Regelung, die das Recht, die hier gegenständliche Abgabe festzusetzen, frühestens Ende des Jahres 2008 verjähren lässt. Eine derartige Regelung hätte aber nur dann einen Sinn, wenn ansonsten bereits Verjährung eingetreten wäre. Dies könnte - vor dem Hintergrund der Regelungen des § 207 BAO in Verbindung mit

§ 209 Abs. 1 BAO - nur dann der Fall sein, wenn nicht innerhalb des fünfjährigen Verjährungszeitraumes eine Verlängerungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO gesetzt wurde. Bei Vorliegen einer Verlängerungshandlung würde nämlich ohnedies die Festsetzungsverjährung erst mit Ende des Jahres 2008 eintreten. In diesem Fall wäre die Bestimmung des § 49 Abs. 17 KBGG sinnentleert. Die belangte Behörde ist demnach zutreffend zunächst - wie dargestellt - auch davon ausgegangen, dass eine Festsetzung der Abgabe des Jahres 2002 durch § 49 Abs. 17 KBGG auch noch im Jahr 2008 und somit außerhalb der Frist des § 207 BAO auch ohne Verlängerungshandlung innerhalb der ersten fünf Jahre ermöglicht werden sollte.

Zu prüfen ist jedoch noch die weitere Ansicht der belangten Behörde, dass eine Festsetzung der Abgabe im Jahr 2009 nicht nur eine Verlängerungshandlung im Jahr 2008 (wie im Beschwerdefall unbestritten), sondern auch noch eine weitere innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 207 BAO voraussetzt. Die belangte Behörde leitet dies aus der Erwähnung des § 207 BAO in § 209 Abs. 1 BAO ab; hieraus ergebe sich, dass nur die Fristen des § 207 BAO, nicht aber die zu diesen hinzutretende Regelung des § 49 Abs. 17 KBGG durch die in § 209 Abs. 1 BAO geregelten Handlungen verlängert werden könnten.

Wie bereits dargelegt, kann § 49 Abs. 17 KBGG im hier gegebenen Zusammenhang sinnvoll nur dahin verstanden werden, dass damit für das Jahr 2002 eine Abgabenfestsetzung auch noch im Jahr 2008 ermöglicht werden sollte, ohne dass es einer Verlängerungshandlung innerhalb des Fünfjahreszeitraumes des § 207 BAO bedurft hätte. Wollte man nun - so wie die belangte Behörde - für eine im Jahr 2009 erfolgte Festsetzung zwei Verlängerungshandlungen, davon eine innerhalb der Fünfjahresfrist des § 207 BAO, verlangen, würde dies eine weitere Reduktion des Anwendungsbereiches des § 49 Abs. 17 KBGG bedeuten, beruhte doch dieses - von der belangten Behörde geforderte - Ergebnis auf einer reinen Anwendung des § 209 Abs. 1 zweiter Satz BAO.§ 49 Abs. 17 KBGG würde demnach in seinem Anwendungsbereich nur auf Fälle beschränkt sein, in denen - ohne vorherige Verlängerungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO innerhalb der Fünfjahresfrist - es zu einer Abgabenfestsetzung unmittelbar im Jahre 2008 gekommen wäre. Eine danach erfolgende Abgabenfestsetzung, die sich auf diese Bestimmung stützen wollte, wäre daher ausgeschlossen. Damit im Widerspruch steht aber die Verwendung des Wortes "frühestens" in § 49 Abs. 17 KBGG, die sinnvollerweise nur dahin verstanden werden kann, dass eine Abgabe auch nach dem Jahre 2008, gestützt auf die Verlängerungswirkung des § 49 Abs. 17 KBGG, erfolgen können soll.

Geht man also davon aus, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 49 Abs. 17 KBGG vor dem Hintergrund der Verjährungsregelungen des § 207 BAO in Verbindung mit § 209 Abs. 1 BAO eine sinnvolle Regelung schaffen wollte, ist diese - im Hinblick auf den Wortlaut dieser Bestimmung - darin zu sehen, dass (für das Jahr 2002) die allgemeine Verjährungsregelung des § 207 BAO bis zum Jahr 2008, sohin um ein Jahr, für den Anwendungsbereich des vierten Abschnittes des KBGG verlängert wird. Der Hinweis auf § 207 BAO in § 209 Abs. 1 leg. cit. schließt dem gegenüber die Anwendung des § 209 Abs. 1 erster Satz BAO innerhalb der durch § 49 Abs. 17 KBGG auf sechs Jahre verlängerten Frist nicht aus.

Für diese Auslegungsvariante des Verhältnisses der Bestimmungen des KBGG und der BAO spricht nicht nur - wie dargelegt - der Wortsinn, sondern auch der Umstand, dass der hier maßgebliche Text der BAO mit der Einfügung des Hinweises auf § 207 BAO in § 209 Abs. 1 BAO aus dem Jahre 2004 (BGBl. I Nr. 180/2004) stammt, während die Einfügung des § 49 Abs. 17 KBGG in dieses im Jahr 2007 erfolgte, somit als lex posterior (sowie als lex specialis) anzusehen ist.

2.5. Dadurch, dass die belangte Behörde von einer vom Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis nicht geteilten Rechtsansicht ausgegangen ist, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am