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VwGH vom 11.12.2009, 2009/17/0224

VwGH vom 11.12.2009, 2009/17/0224

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der GT KEG in W, vertreten durch die Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK-117/06, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin schloss mit der S OEG am einen schriftlichen "Pachtvertrag" folgenden Inhaltes ab (Sprach- und Schreibfehler werden nicht wiedergegeben):

"1 Pachtgegenstand

Verpachtet wird das Geschäftslokal in der J-Gasse (...) Wien und die gesamte Ausstattung des Lokales. Die Inventarliste wird beigelegt.

Ausdrücklich wird festgehalten, dass die Konzession zur Ausübung des Gastgewerbes vom Verpächter nicht als mitverpachtet gilt. Der Pächter hat selbst für seine Gewerbeberechtigung Sorge zu tragen.

2 Beginn und Dauer des Pachtverhältnisses

Das Pachtverhältnis beginnt mit und wird auf 3 Jahre unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten abgeschlossen. Durch das Einvernehmen der Vertragsparteien kann der Vertrag jederzeit aufgelöst werden. Aus wichtigem Grund kann das Pachtverhältnis unverzüglich beendet werden. Ein wichtiger Grund liegt vor:

a) Wenn der Pächter vom Bestandsobjekt einen vertragswidrigen oder sonst erheblich nachteiligen Gebrauch macht, wie z. B. behördliche Auflagen nicht beachtet oder das Geschäft ohne Gewerbeberechtigung führt;

b) Wenn über das Vermögen des Pächters der Konkurs oder das gerichtliche Ausgleichsverfahren eröffnet wird bzw. ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses mangels Deckung der Kosten abgewiesen wird oder gegen den Pächter Exekution geführt wird und diese nicht vor der Verwertung eingestellt wird;

c) Wenn der Pächter mit der Bezahlung des Pachtzinses mehr als einen Monat in Verzug ist;

d) Wenn die Kosten, die dem Verpächter entstehen, nicht vom Pächter bezahlt werden, z.B. Steuer, AKM, usw.

3 Sonstige Vereinbarung

Die Änderungen im Lokal dürfen nur in Absprache mit dem Verpächter ausgeführt werden und die Kosten für die Änderungen werden vom Pächter bezahlt. Bei Beendigung des Pachtverhältnisses gibt es für die Investitionen, die vom Pächter getätigt wurden, keinerlei finanzielle Abgeltung vom Verpächter und bei Verlassen des Lokales hat der Pächter wieder den ursprünglichen Zustand des Lokals herzustellen. Andernfalls verpflichtet sich der Pächter, gegebenenfalls eine Summe von ATS 250.000 ,-- zu entrichten. Für die Instandhaltung von sanitären Einrichtungen, Toiletten, Heizung, Lüftung, Strom, Musikanlage, etc. ist alleine der Pächter verantwortlich, für diverse Reparaturen dürfen dem Verpächter keinerlei Kosten entstehen.

4 Pachtzins

Der zwischen den Vertragspartnern vereinbarte Pachtzins beträgt monatlich 50.000,-- + 20% MwSt. und ist jeweils am 1. des Monats im Voraus zur Zahlung fällig.

Sondervereinbarung: Im Sommer Juli und August 2001 wird der Pachtzins pro Monat auf 15.000,-- + 20% MwSt. reduziert.

Betriebskosten, Gas, Strom, Lokalversicherung werden vom Verpächter bezahlt.

Es wird eine Kautionszahlung in Höhe von 50.000,-- vereinbart und bei Vertragsabschluss bezahlt. Für den Nutzungswertverlust wird pro Jahr ein Abschlag von 10% des Kautionsbetrages vereinbart.

Im Falle der vorzeitigen Vertragsauflösung vor der vereinbarten Pachtdauer von 3 Jahren wird die Kaution in jenem Ausmaß zurückbezahlt, sodass daraus ein eventuell dem Verpächter entstandener Schaden abgegolten wird.

Dem Pächter ist es erlaubt, mit Zustimmung des Verpächters mit Getränkefirmen Verträge abzuschließen, außerdem ist es dem Pächter untersagt, das Lokal unterzuverpachten.

Wie vereinbart wird der Nebenraum des Restaurants für den Verpächter bis 20 Uhr für Gruppen zur Verfügung gestellt."

Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin gegen die S OEG sowie deren Gesellschafter Marco A und Jorge C eine Bestandzins- und Räumungsklage ein und stellte einen Antrag auf pfandweise Beschreibung der im Bestandobjekt eingebrachten Einrichtungsgegenstände und Fahrnisse zur Sicherung der eingeklagten Bestandzinsforderung.

Am schlossen die Gesellschafter der S OEG Marco A und Jorge C anlässlich eines beim Bezirksgerichts für Handelssachen Wien anhängigen Rechtsstreits über die Ausschließung eines Gesellschafters einen Vergleich über die sofortige Auflösung der Gesellschaft, wobei Jorge C, der das Unternehmen seit Mitte Februar 2002 geführt habe, bis zur Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch die alleinige Geschäftsführung zukommen sollte.

Am schlossen die Beschwerdeführerin einerseits und die S OEG sowie deren Gesellschafter Marco A und Jorge C (letzterer in der folgenden Textwiedergabe: 3. beklagte Partei) andererseits vor dem Bezirksgericht Wien Innere Stadt folgenden gerichtlichen Vergleich:

"1. Die 3. beklagte Partei verpflichtet sich, das Bestandobjekt im Souterrain des Hauses (...), J-Gasse (...), bestehend aus 2 Geschäftsräumen, 1 WC-Anlage, 2 Lagerräumen, 1 Heizraum, 1 Büro, 1 Vorraum und 1 Personalraum, bis spätestens von ihren Fahrnissen zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben; dies unter Verzicht auf jedweden Räumungsaufschub bei sonstiger Exekution.

2. Die 3. beklagte Partei verpflichtet sich weiters zu Handen des Klagevertreters bis spätestens das Kapital von EUR 60,--, pauschalierte Zinsen von EUR 150,-- sowie die Kosten dieses Verfahrens von EUR 2.723,91, somit insgesamt EUR 2.933,91, zu bezahlen; dies bei sonstiger Exekution.

3. Die 3. beklagte Partei verpflichtet sich außerdem, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters bis spätestens den Nachweis der vollständigen Bezahlung der Vergnügungssteuer und AKM-Beträge einschließlich einer amtlichen Bestätigung und einer Bestätigung des AKM zum Stichtag zu erbringen, sowie eine akzeptierte Bankgarantie über einen Betrag von EUR 25.367,-- vorzulegen befristet bis als Kaution.

4. Bei rechtzeitiger Erfüllung der Punkte 2 und 3 dieses Vergleiches wird seitens der klagenden Partei von Punkt 1 dieses Vergleiches kein Gebrauch gemacht.

5. Die 3. beklagte Partei verpflichtet sich, ab die Stromkosten für das unter Punkt 1 genannte Lokal zu bezahlen.

6. Die 3. beklagte Partei verpflichtet sich, das unter Punkt 1 genannte Objekt bis spätestens jedenfalls unter Verzicht auf jedweden Räumungsaufschub bei sonstiger Exekution von ihren Fahrnissen zu räumen und geräumt zu übergeben (...)

7. In den übrigen Punkten bleibt der Vertrag bis unverändert."

Am wurde dem Antrag vom auf Löschung der S OEG entsprochen und die Löschung im Firmenbuch durchgeführt.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Wien Innere Stadt vom wurde auf Grund dieses Vergleichs der Beschwerdeführerin als betreibenden Partei wider Jorge C als verpflichtete Partei die zwangsweise Räumung des Lokals bewilligt und als Räumungstermin der vorgemerkt.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde der Konkurs über das Vermögen des Jorge C eröffnet und mit Beschluss vom die Schließung des Lokals angeordnet.

Der Magistrat der Stadt Wien zog die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom "auf Grund des § 13 Abs. 4 des Vergnügungssteuergesetzes 1987 - VGSG, LGBl. für Wien Nr. 43/1987, in der geltenden Fassung, für die in der Zeit von Jänner 2003 bis Februar 2004 im Betrieb (...) J-Gasse (...) entstandene Vergnügungssteuerschuld des ehemaligen Pächters, Jorge C, im Betrage von 15.193,31 EUR zur Haftung heran". Begründend führte die Behörde aus, die Betriebsführung durch den Pächter, Jorge C, habe mit geendet. Da die angeführten Abgabenbeträge nicht entrichtet worden seien, hafte der Verpächter. Dass im Haftungszeitraum ein konkludentes Pachtverhältnis bestanden habe, ergebe sich aus dem mit Schreiben vom übermittelten gerichtlichen Vergleich. Die Exekutionsführung sei erfolglos verlaufen. Nach der Aktenlage bestehe kein Hinweis darauf, dass der aushaftende Betrag beim Primärschuldner noch eingebracht werden könne.

Mit Beschluss vom hob das Handelsgericht Wien den Konkurs über das Vermögen des Jorge C nach Verteilung an die Massegläubiger auf.

Im Berufungsverfahren gegen den Haftungsbescheid vom brachte die Beschwerdeführerin vor, Jorge C habe ihr den Nachweis der vollständigen Bezahlung der Vergnügungssteuer nicht erbracht, weswegen er das Bestandobjekt der Beschwerdeführerin bis spätestens geräumt zu übergeben gehabt habe. Mit Beschluss vom sei die Exekution bewilligt und als Räumungstermin der vorgemerkt worden. Somit sei erwiesen, dass spätestens ab kein Vertragsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und Jorge C mehr bestanden habe. Sämtliche Zahlungen des Jorge C stellten ein Entgelt für die weitere nunmehr titellose Benützung der Räumlichkeiten dar. Es sei für das Jahr 2003 sowie für die Monate Jänner und Februar 2004 weder ein konkludentes noch ein ausdrückliches Pachtverhältnis vorgelegen.

In der Folge übermittelte die Beschwerdeführerin der erstinstanzlichen Behörde ein in Maschinschrift verfasstes und handschriftlich unterfertigtes Schreiben des Jorge C vom , worin dieser "an Eides statt" erklärte, dass das Pachtverhältnis auf Grund des "Vergleichs vom " beendet worden sei. Da er gebeten habe, weiterhin im Lokal bleiben zu dürfen, sei von der zwangsweisen Räumung unter der ausdrücklichen Bedingung Abstand genommen worden, dass kein neuerliches Pachtverhältnis zwischen ihm und der Beschwerdeführerin zu Stande komme. Für die vorläufige Weiterbenutzung habe er lediglich ein "Benützungsentgelt" bezahlt. Es sei ihm bewusst gewesen, dass er das Lokal auf Wunsch des Herrn T (Anmerkung: Gesellschafter der Beschwerdeführerin) jederzeit hätte räumen müssen, was dann auch tatsächlich erfolgt sei.

Am gab Jorge C von der erstinstanzlichen Behörde niederschriftlich einvernommen an, "unmittelbar nach dem Nicht-Zustandekommen des Vergleichs per " sei die Fortführung des Betriebes durch ihn vereinbart worden. Auf diesem Wege hätten sich er und die Beschwerdeführerin erhofft, die Außenstände bei letzterer abbauen zu können. Die Räumungsklage sei (von der Beschwerdeführerin) eingebracht worden, um die jederzeitige Räumung veranlassen zu können. Das Benützungsentgelt sei von S 50.000,-- auf S 60.000,-- (EUR 4.360,--) erhöht worden. Im Übrigen verweise er auf die Ausführungen im Schreiben vom .

Der Magistrat der Stadt Wien schränkte mit Berufungsvorentscheidung vom den Haftungszeitraum der Beschwerdeführerin auf den Zeitraum Jänner 2003 bis Jänner 2004 ein und setzte den Haftungsbetrag auf EUR 14.413,26 herab. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Begründend wurde u. a. ausgeführt, dass nach Mitteilung des Jorge C die Vereinbarung über die Fortführung des Betriebes unmittelbar nach Nichterfüllung der Vergleichsbedingungen per getroffen worden sei, weil sich die Parteien dadurch einen Abbau der gegenüber der Beschwerdeführerin bestehenden Verbindlichkeiten erhofft hätten. Das weitere Betreiben der Räumungsklage hätte lediglich die jederzeitige Räumung ermöglichen sollen. Die Betriebstätigkeit sei nicht unterbrochen worden. Das Benützungsentgelt sei von S 50.000,-

- auf S 60.000,-- erhöht worden. Unter Berücksichtigung des Sachverhaltes, insbesondere der Höhe des zu leistenden Entgeltes, sei davon auszugehen, dass Gegenstand der mündlichen Absprache nicht die (bloße) Benützung von Geschäftsräumlichkeiten, sondern die Nutzung eines "lebenden Unternehmens" gewesen sei und das Pachtverhältnis somit weiter bestanden habe.

In ihrem Vorlageantrag legte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen dar, sie habe dem Primärschuldner nach dem nicht ein "lebendes Unternehmen" überlassen. Es sei lediglich zur "prekaristischen Überlassung" von Räumlichkeiten gekommen. Die Einrichtungsgegenstände und das Geschäftsinventar seien in ein Lager befördert und erst in das Lokal zurückverbracht worden, als der Primärschuldner seine Kaufabsicht betreffend diese Gegenstände bekräftigt habe. In der Folge sei es jedoch nicht zum Kauf dieser Gegenstände gekommen. Deren Nutzung sei daher titellos erfolgt. Der in der Berufungsvorentscheidung behauptete Umstand, dass das "Pachtentgelt von S 50.000,-- auf S 60.000,-- Benützungsentgelt erhöht" worden sei, sei nicht nachvollziehbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides ab, indem sie die Haftung auf den Zeitraum Jänner 2003 bis Jänner 2004 sowie den Betrag von EUR 14.413,26 einschränkte und das Zitat des § 13 Abs. 4 VGSG durch § 13 Abs. 2 VGSG 2005 ersetzte. Im Übrigen wies sie die Berufung ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei unstrittig dass die Beschwerdeführerin mit Jorge C als Pächter über das gegenständliche Lokal einen Pachtvertrag abgeschlossen habe. Strittig sei lediglich, ob das Pachtverhältnis auf Grund des Vergleiches vom geendet habe. In diesem Vergleich sei vereinbart worden, dass Jorge C das Bestandobjekt bis zu räumen habe, sofern er nicht die in Punkt 2. und 3. des Vergleichs festgelegten Bedingungen erfülle. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom sei die zwangsweise Räumung bewilligt und als Räumungstermin der vermerkt worden. In weiterer Folge habe die Beschwerdeführerin von einer zwangsweisen Räumung Abstand genommen und Jorge C die weitere Benutzung des Lokals gestattet.

Jorge C habe dazu angegeben, die Vereinbarung über die Fortführung des Betriebes mit der Beschwerdeführerin sei unmittelbar nach Nichterfüllung der Vergleichsbedingungen per getroffen worden. Mit der Fortführung des Betriebes hätten sowohl er als auch die Beschwerdeführerin einen Abbau der gegenüber der Beschwerdeführerin bestehenden Verbindlichkeiten erhofft. Das weitere Betreiben der Räumungsklage seitens der Beschwerdeführerin auch nach der Vereinbarung über die Fortführung des Betriebes hätte lediglich die jederzeitige Räumung ermöglichen sollen. Die Betriebstätigkeit sei nicht unterbrochen worden. Das Pachtentgelt sei von S 50.000,-- auf S 60.000,-- erhöht worden.

Entsprechend den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben des Pächters stehe fest, dass auch nach Abschluss des Vergleiches bzw. des darin vereinbarten Räumungstermines ein Pachtverhältnis im Sinne des § 13 Abs. 2 VGSG vorgelegen sei. Jorge C sei nach wie vor das Lokal entgeltlich zur Nutzung überlassen worden. Es sei unstrittig, dass vor Vergleichsabschluss ein schriftlich vereinbartes Pachtverhältnis vorgelegen sei. Die Räumungsklage nach Abschluss des Vergleiches habe lediglich dazu gedient, die jederzeitige Räumung zu ermöglichen. Trotz gerichtlich bewilligter zwangsweiser Räumung und des vorgemerkten Räumungstermines am sei Jorge C das Gastgewerbelokal weiterhin entgeltlich überlassen worden. Die Betriebsführung habe erst mit geendet.

Die Beschwerdeführerin habe selbst angegeben, dass die Einrichtungsgegenstände wieder in das Lokal zurückgebracht worden seien. Sie habe auch die Richtigkeit der Angabe des Jorge C, dass die Betriebstätigkeit nicht unterbrochen worden sei, nicht bestritten. Es sei daher davon auszugehen, dass Jorge C auch nach dem Räumungstermin ein lebendes Unternehmen entgeltlich überlassen worden sei. Mangels Unterbrechung der Betriebsführung sei nach wie vor ein Kundenstamm bzw. allgemein ein "good will" vorhanden gewesen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin seien daher nicht geeignet, im Haftungszeitraum das Vorliegen eines Pachtverhältnisses in Zweifel zu ziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 Abs. 4 Vergnügungssteuergesetz 1987 (VGSG), LGBl. für Wien Nr. 43/1987, lautete idF LGBl. Nr. 33/1989:

"(4) Der Inhaber der für die Vergnügung benützten Räume oder Grundstücke haftet neben dem Unternehmer für die Vergnügungssteuer, sofern er nicht selbst steuerpflichtig ist. Entsteht die Steuerpflicht in einem Pachtbetrieb, so haftet der Verpächter für die Steuerbeträge, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfallen, mit folgenden Einschränkungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
(...)
2.
Der Verpächter haftet aber immer bis zur Höhe des Pachtschillings, der für den Zeitraum, für den die Haftpflicht besteht, vereinbart wurde."
Mit der Novelle LGBl. Nr. 8/2001 wurde der Ausdruck "Pachtschillings" durch "Pachtentgeltes" ersetzt.
Mit dem LGBl. Nr. 56/2005 vom wurde das Gesetz über die Besteuerung von Vergnügungen im Gebiete der Stadt Wien (Vergnügungssteuergesetz 2005 - VGSG), verlautbart. Dessen § 21 bestimmt, dass dieses Gesetz mit dem auf die Kundmachung zweitfolgenden Monatsersten in Kraft und gleichzeitig das Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG, LGBl. für Wien Nr. 43, in der Fassung des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 9/2002 außer Kraft tritt.
§ 13 VGSG 2005 lautet:
"Steuerpflicht und Haftung

§ 13. (1) Steuerpflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird oder die Entgelte gefordert werden. ...

(2) Entsteht die Steuerpflicht in einem Pachtbetrieb, so haftet der Verpächter für die Steuerbeträge, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfallen, bis zur Höhe des Pachtentgeltes, das für den Zeitraum, für den die Haftpflicht besteht, vereinbart wurde.

…"

Nach § 1090 ABGB heißt der Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, Bestandvertrag. Der Bestandvertrag wird, wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere Bearbeitung gebrauchen lässt, nach § 1091 ABGB ein Mietvertrag, wenn sie aber nur durch Fleiß und Mühe benützt werden kann, ein Pachtvertrag genannt.

Eine Unternehmenspacht liegt in der Regel vor, wenn ein lebendes Unternehmen (im weitesten Sinn) Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des "good will" gehört, übergeben wird. Neben den Räumen muss dem Bestandnehmer in der Regel auch das beigestellt werden, was wesentlich zum Betrieb des Unternehmens und dessen wirtschaftlichem Fortbestand gehört, also Betriebsmittel, Warenlager, Kundenstock und Gewerbeberechtigung. Das bedeutet aber nicht, dass im Einzelfall alle diese Merkmale gegeben sein müssten. Selbst das Fehlen einzelner dieser Betriebsgrundlagen lässt noch nicht darauf schließen, dass keine Unternehmenspacht vorliegt, wenn nur die übrigen Betriebsgrundlagen vom Bestandgeber bereitgestellt werden und das lebende Unternehmen als rechtliche und wirtschaftliche Einheit fortbesteht. Unerheblich ist die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Bestandverhältnisses. Es kommt immer nur darauf an, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0119).

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass die Beschwerdeführerin Jorge C jedenfalls in der Zeit vor dem das Lokal in Wien, J-Gasse, als ein lebendes Unternehmen zu Gebrauch und Nutzung überlassen hat und somit zwischen den beiden ein Pachtverhältnis bestanden hat, auf das die Bestimmungen des ursprünglichen Pachtvertrages mit der S OEG und des Vergleichs vom zumindest sinngemäß Anwendung gefunden haben. Auch beim Verwaltungsgerichtshof bestehen keine Bedenken dahingehend, dass die Überlassung des Lokals an Jorge C vor dem kein Pachtverhältnis gewesen wäre.

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass dieses Vertragsverhältnis über den hinaus, nämlich im haftungsgegenständlichen Zeitraum Jänner 2003 bis Jänner 2004, bestanden hat. Sie stützt sich dabei im Wesentlichen auf den Umstand, dass Jorge C auch nach dem dasselbe Lokal gegen Entgelt zur Benutzung überlassen worden und dass dieses auch bis zur Schließung am betrieben worden ist.

Die Beschwerdeführerin hat bereits im Berufungsverfahren eingewendet, dass Jorge C nach dem "die bloßen Räumlichkeiten gegen jederzeitigen Widerruf, somit lediglich prekaristisch" überlassen worden seien.

Hat man weder die Dauer, noch die Absicht des Gebrauches einer Sache bestimmt, so entsteht nach § 974 ABGB kein wahrer Vertrag, sondern ein unverbindliches Bittleihen (Prekarium) und der Verleiher kann die entlehnte Sache nach Willkür zurückfordern. Eine solche Bittleihe ist jedoch nur anzunehmen, wenn die Sache nicht nur gegen jederzeitigen Widerruf, sondern auch unentgeltlich oder gegen ein gegenüber dem Wert der Benützung wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallendes Entgelt (Anerkennungszins) überlassen worden ist (vgl. etwa Schubert in Rummel3, § 971 Rz 2).

Die Beschwerdeführerin behauptet jedoch nicht, das Lokal unentgeltlich überlassen zu haben. Vielmehr bringt sie selbst vor, es sei nach dem "zu keiner Erhöhung des vereinbarten Entgeltes gekommen". Damit verkennt sie aber das Wesen der Bittleihe. Selbst wenn es zu keiner Erhöhung des Entgeltes, sondern bei dem - von ihr unbestrittenen - monatlichen Entgelt von S 50.000,-- geblieben sein sollte, so kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass es sich dabei bloß um einem Anerkennungszins gehandelt hätte. Im Gegenteil: der Umstand, dass weiterhin ein Entgelt in zumindest gleicher Höhe wie vor dem vereinbart worden ist, spricht für die Fortsetzung des Pachtverhältnisses über diesen Tag hinaus.

Auch das Vorliegen der Bewilligung einer zwangsweisen Räumung und die dadurch erleichterte Räumungsmöglichkeit steht der Beurteilung, dass der wahre wirtschaftliche Gehalt des vorliegenden Sachverhaltes die Fortsetzung des Pachtverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin und Jorge C gewesen ist, angesichts der übrigen Umstände nicht entgegen.

Die völlige Übereinstimmung von Leistung und Gegenleistung (Überlassung desselben Lokals samt Inventar gegen Entgelt in zumindest derselben Höhe) vor und nach dem ist nämlich ein wesentliches Indiz für die Fortführung des Pachtvertrages auch nach diesem Tag. Die Beschwerdeführerin bringt zwar vor, das Geschäftsinventar vorübergehend weggebracht zu haben, enthält sich aber jeder Angabe, über welchen Zeitraum dem Jorge C das Inventar nicht zur Verfügung gestanden wäre. Insbesondere behauptet sie auch nicht, dass das fehlende Inventar eine Betriebsunterbrechung zur Folge gehabt hätte, in welcher sich allenfalls ein Kundenstock verflüchtigt hätte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0273). Aus den in den Verwaltungsakten einliegenden Vergnügungssteuererklärungen der fraglichen Monate ergeben sich im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb nicht kontinuierlich fortgeführt worden wäre.

Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin gar nicht behauptet, dass sie von der Räumungsbewilligung tatsächlich Gebrauch hatte machen wollen oder tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Aus der Aussage des Jorge C konnte die belangte Behörde schließen, dass die Beschwerdeführerin diese Bewilligung nur zur Absicherung ihrer rechtlichen Position, nicht aber zur Durchsetzung einer konkret beabsichtigten Räumung erwirkt hat. Nach der Aktenlage ist das gegenständliche Lokal dem Jorge C nach dem noch weitere 14 Monate (und somit fast bis zum Ende der ursprünglich vereinbarten vertraglichen Pachtdauer) zur Verfügung gestanden. Damit ist aber einer Abrede über die jederzeitige Widerrufbarkeit der Gebrauchsüberlassung keine wesentliche Bedeutung mehr beizumessen, zumal die Beschwerdeführerin auf Grund der unbestrittenen Erwartung, dass Jorge C dadurch seine Verbindlichkeiten ihr gegenüber abbauen werde, ein wesentliches Interesse an der Betriebsfortführung gehabt hat, woraus in der Folge aber auch auf das Bestehen einer Betriebspflicht geschlossen werden kann. Eine solche muss nämlich nicht ausdrücklich ausbedungen sein (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom ). Dass die Beschwerdeführerin dem Jorge C unter den gegebenen Umständen das Lokal auch dann überlassen hätte, wenn er es nicht weiterbetrieben hätte, behauptet die Beschwerdeführerin nicht und wäre auch wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen.

Dass die Beschwerdeführerin dem Jorge C keine Konzession für das Betreiben eines Gastgewerbes überlassen gehabt hatte und das Entgelt nicht von der Höhe der jeweiligen monatlichen Umsätze abhängig gemacht worden war, spricht schon deswegen nicht gegen die Annahme der Fortsetzung des Pachtverhältnisses, als die Beschwerdeführerin auch nicht behauptet, dass solches für die Zeit vor dem vereinbart gewesen wäre.

Wenn die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Parteiengehörs mit der Begründung rügt, dass ihre Rechtsvertreterin erst anlässlich der Akteneinsicht zum Zwecke der Beschwerdeerhebung Kenntnis von der Niederschrift der Aussage des Jorge C vom erlangt habe, so ist ihr entgegenzuhalten, dass bereits in der Berufungsvorentscheidung vom dessen Aussage - zusammengefasst - wiedergegeben und den Feststellungen zugrundegelegt worden ist. Auf den Umstand, dass dabei nicht ausdrücklich auf die "Niederschrift vom " verwiesen und der Beschwerdeführerin auch keine Ablichtung derselben zugestellt worden ist, kommt es nicht an. Die Beschwerdeführerin hätte jedenfalls bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides Gelegenheit zur Erhebung von - von ihr im Übrigen auch in der Beschwerde nicht vorgebrachten - Einwendungen gegen die Richtigkeit der Aussage des Jorge C gehabt.

Die Rüge, es hätte bei der Einvernahme ein Dolmetsch "für spanische bzw. portugiesische Sprache" beigezogen werden müssen, weil Deutsch nicht die Muttersprache des Jorge C sei, vermag der Beschwerde schon deswegen nicht zu einem Erfolg zu verhelfen, als mit dem bloßen Vorbringen, die Unterlassung des behaupteten Verfahrensmangels hätte zu "einem anderen, für die Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis" geführt, noch keine Relevanz aufgezeigt wird.

Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einer Fortsetzung des Pachtverhältnisses ausgegangen ist und aus diesem Grunde die Beschwerdeführerin als Verpächterin zur Haftung herangezogen hat.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und nicht von Belang ist, war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am