VwGH vom 24.09.2007, 2007/15/0135
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des Mag. GH in R, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , GZ. RV/0495-I/06, betreffend Zurücknahme einer Berufung gemäß § 275 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 2001 als zurückgenommen gelte.
Der Beschwerdeführer, der als Betriebsberater den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittle, habe am die Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärung für 2001 eingereicht. Darin seien die Umsätze mit S 82.000,-- und die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit mit S 155.205,-- erklärt worden.
Das Finanzamt habe mit den Beschwerdeführer um Vorlage der Gewinnermittlung für das Jahr 2001 ersucht. Dieses Ersuchen sei mit Schreiben vom unter Androhung einer Zwangsstrafe wiederholt worden. Nachdem der Beschwerdeführer auch diese Frist ungenützt habe verstreichen lassen, habe das Finanzamt die Zwangsstrafe festgesetzt und ihn neuerlich aufgefordert, die unterlassene Handlung bis nachzuholen. Bei Nichtbefolgung dieser Aufforderung werde die Veranlagung unter Hinzurechnung eines entsprechenden Sicherheitszuschlages erfolgen.
Mit zwei gesonderten Bescheiden vom sei der Beschwerdeführer zur Einkommen- und Umsatzsteuer 2001 veranlagt worden, wobei das Finanzamt unter Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages von jeweils S 30.000,-- die Umsätze bzw. die Einkünfte "festgesetzt" habe. In den dazu ergangenen gleich lautenden Begründungen sei ausgeführt worden, der Beschwerdeführer habe trotz mehrfacher Aufforderung die Gewinnermittlung für das Jahr 2001 nicht beigebracht.
Der Beschwerdeführer habe gegen diese Bescheide die Berufung vom erhoben. Er habe ausgeführt, das Finanzamt habe ihn nicht mehrfach aufgefordert, die Gewinnermittlung 2001 beizubringen. Der Gewinn sei nicht nach der vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung veranlagt und die Umsatzsteuer nicht nach der Jahresumsatzsteuererklärung samt Erläuterungen festgesetzt worden. Er beantrage daher die Veranlagung im Sinne dieser Begründung.
Das Finanzamt habe daraufhin mit einen Mängelbehebungsauftrag erteilt. Die Berufung vom gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2001 (und 2002) weise hinsichtlich des Inhaltes insofern Mängel auf, als die in der Begründung angeführten Beilagen fehlten. Der Beschwerdeführer werde neuerlich aufgefordert, eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und die Jahresumsatzsteuererklärung mit Erläuterungen für die Jahre 2001 und 2002 einzureichen. Bei Versäumung der dafür gesetzten Frist per gelte die Berufung als zurückgenommen. Der Beschwerdeführer habe darauf wiederholt um Verlängerung der Frist, bis letztlich ersucht.
Das Finanzamt habe mit Bescheiden vom die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2001 sowie gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 als zurückgenommen erklärt, weil dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen worden sei.
Der Beschwerdeführer habe gegen diesen Zurücknahmebescheid Berufung erhoben und darin ausgeführt, er habe am die berichtigten Abgabenerklärungen 2001 mit der Gewinnermittlung und einer Umsatzverprobung über das Postamt 6020 Innsbruck eingebracht (Beweis Postaufgabestempel).
Das Finanzamt habe eine abweisende Berufungsvorentscheidung erlassen. Darin habe es ausgeführt, die in der Berufung angeführten berichtigten Erklärungen seien laut rotem Eingangsstempel des Finanzamtes am persönlich abgegeben worden und nicht wie behauptet am auf dem Postweg übermittelt worden. Dies gehe auch eindeutig aus der beigelegten Umsatzsteuerverprobungsliste hervor, die offensichtlich am um 13.08 Uhr ausgedruckt worden sei. Schon daraus ergebe sich, dass diese nicht am zur Post habe gegeben werden können.
Im Vorlageantrag habe der Beschwerdeführer auf seine Begründung in der Berufung verwiesen. Zum späteren Ausdrucksdatum der Umsatzsteuerverprobungsliste als deren Einreichdatum habe der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass dieses Datum in einer anderen Sache vorgestellt und versehentlich nicht wieder richtig gestellt worden sei. Im Übrigen könne er die Postaufgabe beweisen.
Über Vorhalt der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer eine Kopie einer handschriftlichen Auflistung "Postausgang 2005 - 1. HJ" vorgelegt. Diese enthalte als 11. von 17 Posten die Eintragung "Selbst-Abg. Erkl., E-ARg. 2001", was laut Mitteilung des Beschwerdeführers für die eigene (im Unterschied zu einer fremden) Abgabenerklärung stehe.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, unstrittig sei, welche Mängel die Berufung aufweise und daher zu beheben gewesen wären. Strittig sei lediglich, ob dem Mängelbehebungsauftrag rechtzeitig entsprochen worden sei. Bei Betrachtung des Verfahrensverlaufes, welcher bereits am mittels Ersuchens des Finanzamtes um Vorlage der Gewinnermittlung für 2001 eingeleitet worden sei, erscheine die im Mängelbehebungsbescheid vom festgesetzte Frist von 14 Tagen zur Vorlage der Besteuerungsgrundlagen für die Einkommen- und Umsatzsteuer 2001 jedenfalls als ausreichend.
Die Frist zur Behebung von Mängeln einer Berufung sei zwar verlängerbar, einem entsprechenden Antrag auf Fristverlängerung komme jedoch keine fristhemmende Wirkung zu. Das Finanzamt habe im vorliegenden Fall auf die Fristverlängerungsansuchen des Beschwerdeführers nicht reagiert und keine Bescheide über diese Anträge erlassen. Offensichtlich sei das Finanzamt aber davon ausgegangen, dass die zahlreichen Fristverlängerungsansuchen des Beschwerdeführers fristhemmende Wirkung zukomme und die Frist seitens des Finanzamtes stillschweigend verlängert worden sei. Wenn man von einer stillschweigenden Zustimmung des Finanzamtes zur Fristverlängerung bis ausgehe, sei der Beschwerdeführer den Beweis für seine Behauptung, die Unterlagen nicht am persönlich beim Finanzamt, sondern am rechtzeitig auf dem Postweg eingebracht zu haben, schuldig geblieben. Da die Behauptungen des Beschwerdeführers im Widerspruch zur Aktenlage stünden, treffe ihn die Beweislast für seine Behauptungen. Er habe versucht, den Nachweis für die Postaufgabe durch das Postausgangsbuch zu führen. Diesem vom Beschwerdeführer selbst verfassten Postaufgabebuch komme aber keine höhere Beweiskraft zu als einer bloßen Behauptung. Der Beschwerdeführer habe nämlich über keinerlei weitere Nachweise in Form von Aufgabebelegen oder anderes verfügt. Der Beschwerdeführer habe aber auch keine schlüssige Begründung für die angebliche Vordatierung des Ausdruckes der Umsatzsteuerverprobungsliste geben können.
Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Frist zur Mängelbehebung bereits per abgelaufen. Somit sei selbst eine Einreichung der Besteuerungsgrundlagen am als verspätet zu werten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, dass die Berufung nicht als zurückgenommen gelten dürfe, sofern nicht die Voraussetzungen des § 275 BAO erfüllt seien, sowie dass ihm im Berufungsverfahren kein Mängelbehebungsauftrag erteilt werde, sofern die eingebrachte Berufung den im § 250 BAO umschriebenen Erfordernissen entspreche und schließlich in seinem Recht auf Bestimmung einer angemessenen Frist binnen derer er einen im Berufungsverfahren erteilten Mängelbehebungsauftrag nachkommen müsse, als verletzt. Zur Begründung führt er aus, der Mängelbehebungsauftrag sei rechtswidrig ergangen, weil ihm aufgetragen worden sei, eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und die Jahresumsatzsteuererklärung mit Erläuterungen für die Jahre 2001 (und 2002) einzureichen. Wenn der Mängelbehebungsauftrag rechtswidrig sei, dann sei auch der Zurücknahmebescheid rechtswidrig.
Damit ist der Beschwerdeführer im Recht. Die Rechtmäßigkeit eines Zurücknahmebescheides setzt nämlich einen rechtmäßigen Mängelbehebungsauftrag voraus. Der Zurücknahmebescheid ist nach der Rechtsprechung (vgl. die in Ritz, BAO3, § 275, Tz 20, angeführte hg. Rechtsprechung) rechtswidrig, wenn kein Mangel im Sinn des § 250 BAO vorlag.
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer seinen Steuererklärungen für das Jahr 2001 die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 entgegen seiner Verpflichtung (§ 44 Abs. 4 EStG 1988 in der Stammfassung) nicht beigelegt. Das Finanzamt hat zutreffend Aufträge nach § 161 BAO i.V.m. § 115 leg. cit. erteilt. Die Nichtbefolgung dieser Aufträge hat das Finanzamt als Berechtigung zur Schätzung angesehen. In der Berufung gegen die auf dieser Grundlage ergangenen Bescheide betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2001 hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, dass ihm keine Aufträge zur Vorlage der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erteilt worden seien. Das Finanzamt sei nicht nach der vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sowie der Jahresumsatzsteuererklärung samt Erläuterungen vorgegangen.
Mit diesem Berufungsvorbringen behauptete der Beschwerdeführer, er habe seine Steuererklärungen vollständig im Sinne des Gesetzes eingereicht. Damit hat er seine Berufung mit einer Begründung versehen. Dieser Mängelbehebungsauftrag ist rechtswidrig. Diese für die Veranlagung gewünschten Unterlagen können - wie bereits ausgeführt - nur mit Aufträgen gemäß § 161 i. V.m. § 115 BAO erlangt werden.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am