VwGH vom 27.09.2007, 2004/11/0152
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Mag. S in I, vertreten durch Dr. Christian Ortner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Meinhardstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2003/12/132-11, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in einer Angelegenheit nach dem Unterbringungsgesetz,
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als mit ihm der Antrag der Beschwerdeführerin, ihre Fesselung im Zuge ihrer Verbringung zum Amtsarzt und in die Klinik für rechtswidrig zu erklären, abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss
gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war am nach einer Auseinandersetzung mit ihrer Mutter gegen ihren Willen - mit Handschellen am Rücken gefesselt - von Polizisten zunächst in ein Polizeiwachzimmer in Innsbruck verbracht, dort dem Amtsarzt vorgeführt und anschließend - nach Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 8 UbG - (wiederum mit Handschellen gefesselt) in die Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck gebracht worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin dagegen gemäß § 67c Abs. 3 AVG erhobene Beschwerde zur Gänze ab.
In der Begründung gab sie zunächst den Inhalt der Beschwerde samt Ergänzung, der Gegenschrift der Bundespolizeidirektion Innsbruck sowie der Aussagen der in den mündlichen Verhandlungen vernommenen Zeugen, der Beschwerdeführerin sowie des medizinischen Amtsachverständigen vollständig wieder (Bescheid, Seiten 3 bis 29), stellte auf Grund der Einsicht in den Unterbringungsakt des Bezirksgerichtes Innsbruck fest, dass vom Bezirksgericht Innsbruck mit Beschluss vom die Unterbringung der Beschwerdeführerin bis zum für zulässig erklärt wurde und folgerte, es sei "daher von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen" (dieser wird hier anonymisiert wiedergegeben):
"Am um ca. 14.30 Uhr hatte die Beschwerdeführerin mit ihrer Mutter G. am Sillufer in Innsbruck, querab des Tivolistadions 'alt' am Gehsteig eine heftige Auseinandersetzung, in deren Folge sie auf ihre Mutter einschlug. Daraufhin riefen Passanten die Polizei. Als der Streifenwagen mit den Beamten K. und E. an Ort und Stelle eintrafen, trennten sie die beiden streitenden Frauen. K. beamtshandelte die Mutter und E. beamtshandelte die Beschwerdeführerin. Diese reagierte auf seine Frage nicht. Sie war ihm gegenüber nur aggressiv. Sie hat geschrieen, und zwar teilweise unverständliche Wörter. Sie äußerte dann Selbstmordgedanken in der Form: 'Tuts was ihr wollts, ich bring mich sowieso um, ich spring in die Sill.'. Als der Beamte sie fragte, ob sie das ernst meinen würde, hat sie nicht reagiert, sie ist nur aggressiver geworden. Sie hat mit den Händen gefuchtelt und dabei waren die Fäuste geballt. Der Beamte musste dies als Angriffshandlung deuten und ist zurückgewichen. Daraufhin wurden ihr die Handfesseln angelegt. Die Beschwerdeführerin wurde dann von einer Beamtin untersucht und dann in das Wachzimmer P gebracht. Dort wurden ihr die Handfesseln abgenommen. Es ist dann der Amtsarzt gekommen und hat eine Untersuchung durchgeführt. Sie dauerte von ca. 15.15 bis 15.45 Uhr. Darüber wurde eine Bescheinigung ausgestellt. Nach der Untersuchung durch den Amtsarzt wurde die Beschwerdeführerin in den Rettungswagen gebracht. Im Rettungswagen mussten ihr aufgrund ihres Tobens die Handfesseln wieder angelegt werden. Sie wurde im Tragestuhl im Rettungswagen zusätzlich noch mit einem Gurt fixiert. Die Handschellen wurden ihr erst in der Klinik abgenommen. Die Handschellen waren nicht auf dem Rücken angebracht. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom wurde die Unterbringung der Beschwerdeführerin bis zum für zulässig erachtet."
Dieser Sachverhalt sei, so die belangte Behörde weiter, "rechtlich wie folgt zu würdigen":
"Gemäß § 8 Unterbringungsgesetz darf eine Person gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine Anstalt gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im Einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet.
Aus dem diesem Verfahren zugrunde liegenden Akt ergibt sich, dass der Polizeiarzt Dr. P. die Beschwerdeführerin persönlich untersucht hat. Die entgegenstehenden Behauptungen, wonach keine Untersuchung stattgefunden hat, entbehrt jeglicher Grundlage und wird durch die Zeugenaussagen des Polizeiarztes und der diensthabenden Beamten überzeugend entkräftet. Aufgrund dieser Untersuchung wurde eine ärztliche Bescheinigung gemäß § 8 Unterbringungsgesetz ausgestellt. Darin wurde empfohlen, die Beschwerdeführerin in die psychiatrische Klinik zu überstellen. Als Gründe, aus denen der Polizeiarzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtete, wurden angeführt: Selbst- und Fremdgefährdung bei Aggressivität und Störung des Gedankenablaufes und der Gedankeninhalte (vgl. dazu insbesondere Kopetzki, Unterbringungsrecht, Wien 1995, 537 ff, und Hopf-Aigner, Unterbringungsgesetz, Wien 1993, 25 ff).
Gemäß § 3 Unterbringungsgesetz darf in einer Anstalt nur untergebracht werden, wer 1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und 2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer Anstalt, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.
In der ärztlichen Bescheinigung gemäß § 8 Unterbringungsgesetz hat der Polizeiarzt die Rubrik 'Welche Alternativen zur Unterbringung wurden versucht?' offen gelassen. Damit hat der Polizeiarzt ausgedrückt, dass es im gegenständlichen Fall keine anderen Alternativen gibt. In der Beschwerde selbst wurden auch keine solchen möglichen Alternativen angeführt ( Zl. 94/11/0340). Dies wurde auch durch den bei der Verhandlung beigezogenen Amtsachverständigen bestätigt. Festgestellt wird, dass die Bescheinigung gemäß § 8 Unterbringungsgesetz dem Gesetz entspricht (vgl. dazu die treffenden Ausführungen im Erkenntnis des Zl. 2000/11/0320). Es handelt sich dabei auch um keine unüberprüften Gerüchte.
Aus dem Akt des Bezirksgerichtes Innsbruck ... ergibt sich
folgendes:
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom wurde die Unterbringung der Beschwerdeführerin bis zum für zulässig erklärt. Das bedeutet, dass dann, wenn sich nachträglich das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen herausstellt, die Erklärung der Vorführung zum Arzt bzw. die Verbringung in die Anstalt für rechtswidrig grundsätzlich nicht in Betracht kommt ( Zl. 94/11/0340). Auch konnten die Sicherheitsorgane aufgrund des Verhaltens der Beschwerdeführerin zumindest vertretbar das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen annehmen ( Zl. 94/11/0340).
Aufgrund der Aggressivität der Beschwerdeführerin, die durch die verschiedenen Zeugenaussagen dokumentiert worden ist, war es notwendig, sie beim Transport vom Sillufer zum Wachzimmer P in Handschellen zu legen. Beim Transport vom Wachzimmer P in die Psychiatrie war es nicht nur notwendig, ihr im Rettungswagen Handschellen anzulegen, sondern auch sie noch mit einem Gurt im Transportsessel zu fixieren. Die Notwendigkeit ergibt sich insbesondere aus der Aussage des Zeugen F., der angab: 'so getobt wie diese hat noch keine'.
Das in der Maßnahmenbeschwerde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 99/11/0327, ist auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar, denn ihm liegt ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde. Im gegenständlichen Fall war die Fesselung mit Handschellen sowohl auf der Fahrt vom Sillufer zum Wachzimmer P. als auch vom Wachzimmer P. in die Klinik gerechtfertigt, denn es bestand eine konkrete Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Behördenorgane und des Rettungspersonals (VfSlg. 9836/1983, 11327/1987, 12271/1990 und 13044/1992). Auch war aufgrund der Äußerung der Beschwerdeführerin in Richtung Selbstmord von einer Eigengefährdung auszugehen.
Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die in der Beschwerde gezogenen Maßnahmen nicht rechtswidrig waren."
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom , B 543/04).
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten - die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand - erwogen:
Zu 1.)
Die maßgebenden Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes, BGBl. Nr. 155/1990 idF BGBl. I Nr. 12/1997 (UbG), lauten
(auszugsweise) wie folgt:
"Geltungsbereich
§ 2. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie (im folgenden Anstalt), in denen Personen in einem geschlossenen Bereich angehalten oder sonst Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen werden (im folgenden Unterbringung).
Voraussetzungen der Unterbringung
§ 3. In einer Anstalt darf nur untergebracht werden, wer
1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und
2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer Anstalt, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.
...
Unterbringung ohne Verlangen
§ 8. Eine Person darf gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine Anstalt gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, daß die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet.
§ 9. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind berechtigt und verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur Untersuchung zum Arzt (§ 8) zu bringen oder diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine Anstalt zu bringen oder dies zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden.
(2) Bei Gefahr im Verzug können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung in eine Anstalt bringen.
(3) Der Arzt und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. Sie haben, soweit das möglich ist, mit psychiatrischen Einrichtungen außerhalb einer Anstalt zusammenzuarbeiten und erforderlichenfalls den örtlichen Rettungsdienst beizuziehen."
Die im Beschwerdefall zu beurteilenden Maßnahmen dienten zunächst dem Ziel, die Beschwerdeführerin zur Untersuchung zum Amtsarzt zu bringen (§ 9 Abs. 1 UbG), in der Folge, nach Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 8 UbG durch den Amtsarzt, der Verbringung in die Anstalt.
Gegen diese Maßnahmen richtete sich die Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG. Dem gegenüber war die (eigentliche) Unterbringung in der Anstalt vom Gericht zu prüfen.
Auch wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, die betroffene Person zur Untersuchung zum Arzt bzw. in der Folge in die Anstalt zu bringen, ist dabei zufolge § 9 Abs. 3 UbG der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten: Es ist unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und es sind die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. Was in diesem Sinne "notwendig" ist, muss an der jeweiligen Situation gemessen werden, was es erfordert, dazu konkrete Feststellungen zu treffen. Diese Anforderungen hat die belangte Behörde nicht erfüllt:
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/11/0327 (gleichfalls eine Verbringung in eine Anstalt nach dem UbG betreffend), ausgeführt, dass die Fesselung mit Handschellen im Rahmen einer Amtshandlung eine Vorgangsweise ist, die nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie "unbedingt erforderlich (unabdingbar) ist". Eine Fesselung mit Handschellen sei etwa dann nicht gerechtfertigt, wenn auf Grund der näheren Umstände eine konkrete Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Behördenorgane nicht ernstlich zu befürchten sei oder es diesen auf eine maßvollere Weise als durch Anlegen von Handfesseln möglich wäre, dem Widerstand einer Person zu begegnen. Auch zur Hintanhaltung einer möglichen Selbstgefährdung bzw. Selbstbeschädigung ist eine Fesselung nur dann zulässig, wenn sie "unbedingt erforderlich" im dargestellten Sinn ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2004/11/0070, 0071).
Die belangte Behörde hat - wie dargestellt - die Notwendigkeit der Fesselung der Beschwerdeführerin mit ihrer "Aggressivität" begründet. Ausreichende Feststellungen, welche diese Beurteilung tragen könnten, enthält der angefochtene Bescheid aber nicht. Eine verbale "Aggressivität" (die Beschwerdeführerin habe, so die belangte Behörde, "teilweise unverständliche Wörter geschrieen") kann - abgesehen davon, dass diese durch Handfesseln nicht zu unterbinden ist - keine Notwendigkeit einer Fesselung begründen. Ein bloßes "Gefuchtel" mit den Händen und "Ballen der Fäuste", mag dies vom einschreitenden Beamten auch als "Angriffshandlung" gedeutet worden sein, ist bei der gegebenen Konstellation (bei der Amtshandlung standen der Beschwerdeführerin, von der nicht etwa festgestellt wurde, sie verfüge über besondere Kräfte oder habe besonders bedrohlich gewirkt, immerhin zwei geschulte männliche Polizeibeamte, die noch dazu von weiteren, im Zuge der Amtshandlung vorbeikommenden Polizisten unterstützt wurden, gegenüber) nicht ausreichend, um - zur Vermeidung einer Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Beamten - die Notwendigkeit des Anlegens von Handschellen, noch dazu am Rücken, zu begründen.
Soweit die belangte Behörde meinte, die Fesselung sei notwendig gewesen, um einer Eigengefährdung der Beschwerdeführerin (eine solche sei auf Grund ihrer "Äußerungen in Richtung Selbstmord" anzunehmen gewesen) entgegenzuwirken, ist klarzustellen, dass situationsbezogen keine ausreichenden Hinweise dafür bestanden, die Beschwerdeführerin werde sich ohne Fesselung Schaden zufügen: Selbst wenn ihre angeblich gemachte Äußerung "Ich spring in die Sill" ernst gewesen sein mag, wäre ein derartiges Verhalten ab dem (erzwungenen) Verlassen des Flussufers in Begleitung der beiden Polizisten, die sie zum Amtsarzt brachten, kaum mehr möglich gewesen (Gegenteiliges kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden).
Die belangte Behörde hat - was die Fesselung auf dem Weg vom Sillufer in das Wachzimmer P anlangt - nicht festgestellt, ob die Beschwerdeführerin mit den Händen am Rücken oder nach vorne zeigend gefesselt worden ist, sondern sich mit der (unklaren) Feststellung begnügt: "Daraufhin wurden ihr die Handfesseln angelegt." Ausgehend von den diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen erfolgte die Fesselung in dieser Phase des Geschehens mit den Händen am Rücken. Da diese Art der Fesselung mit einem deutlich höheren Eingriff in die persönliche Handlungs- und Bewegungsfreiheit verbunden ist, können die Voraussetzungen nur noch strenger sein als bei der Handfesselung nach vorne zeigend. Es müssen also besondere Gründe dafür vorliegen, um eine Fesselung am Rücken als notwendig ("unbedingt erforderlich") beurteilen zu können. Die belangte Behörde hat dies offenbar verkannt, da sie nicht einmal die Art der Fesselung festgestellt hat, woraus zu schließen ist, dass sie diesem Umstand keine Bedeutung beigemessen hat.
Dass die "Aggressivität" der Beschwerdeführerin die Notwendigkeit ihrer Fesselung nicht begründen konnte, gilt auch hinsichtlich des Transports vom Wachzimmer in die Klinik. Die belangte Behörde hat sich diesbezüglich zudem auf die Aussage des Zeugen F. berufen, der (als Zivildiener bei der Rettung tätig und damals Begleitperson im Rettungsfahrzeug) gesagt hatte, der Beschwerdefall - seiner Aussage nach "so ziemlich der eigenartigste § 8 Unterbringungsgesetzfall den (er) je hatte" - sei ihm "deshalb noch so in Erinnerung, denn so getobt wie diese hat noch keine". Von der belangten Behörde wurde diese Aussage, die im Übrigen in einem nicht näher aufgeklärten Spannungsverhältnis zur Aussage der Zeugin P. (Angestellte bei der Rettung, damals als Fahrerin tätig) steht, die meinte, sie könne sich nur vage erinnern, offensichtlich habe es sich "um eine ganz normale Einweisung gehandelt", nicht näher hinterfragt. Es wurde daher auch nicht festgestellt, welches Verhalten die Beschwerdeführerin im Einzelnen an den Tag gelegt hat, das vom Zeugen F. als "Toben" qualifiziert wurde. Daher kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass - ähnlich wie im früheren Geschehensablauf - dieses behauptete "Toben" nicht über eine "verbale Aggressivität" hinausgegangen ist. So hatte immerhin auch der Zeuge Dr. P. (Amtsarzt) die von ihm anlässlich der Untersuchung der Beschwerdeführerin festgestellte "Aggressivität" derart beschrieben, dass "mit ihr (der Beschwerdeführerin) schwer auszukommen" gewesen sei; es habe "keine angenehme Gesprächsbasis stattgefunden"; die Beschwerdeführerin habe "auch bei mir geschrieen". Dass ein solches Verhalten nicht die Fesselung der Betroffenen erforderlich macht, bedarf keiner weitwendigen Begründung.
Davon ausgehend ist eine von der belangten Behörde vermeinte
"konkrete Gefährdung der körperlichen Sicherheit ... des
Rettungspersonals" nicht ersichtlich.
Nach dem Gesagten kann die Fesselung im Beschwerdefall nicht als unabdingbare Vorgangsweise beurteilt werden, weshalb es vor dem Hintergrund des § 9 Abs. 3 UbG einen Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung zu einem Vorgehen unter möglichster Schonung der Beschwerdeführerin darstellte. Indem sie dies verkannte und die dagegen erhobene Maßnahmenbeschwerde zur Gänze abwies, belastete die belangte Behörde ihren Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war deshalb diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Zu 2.)
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die Voraussetzungen des § 33a VwGG in Ansehung des übrigen Inhaltes des angefochtenen Bescheides gegeben sind, konnte die Behandlung der Beschwerde diesbezüglich abgelehnt werden.
Wien, am