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VwGH vom 18.10.2007, 2007/15/0120

VwGH vom 18.10.2007, 2007/15/0120

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde der E GmbH in W, vertreten durch Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Weyrgasse 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. FSRV/0059-L/06, betreffend Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.071,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom leitete das Finanzamt L. als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen Wilhelm M., der einen Bordellbetrieb führt, das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, dass er vorsätzlich im Bereich dieses Finanzamtes als Abgabepflichtiger durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, eine Verkürzung an Einkommen- und Umsatzsteuer für 2001 bis 2003 in noch zu bestimmender Höhe dadurch bewirkt habe, dass er Umsätze aus Separeebesuchen nicht erklärt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen habe. In der Begründung ist dazu zu lesen, Wilhelm M. habe ausgesagt, bei Separeebesuchen werde nur der dafür verpflichtende Sekt verkauft. Ein Mieterlös bzw. ein Anteil an den Separee-Erlösen fließe ihm nicht zu. Zur Umsatzsteuerpflicht der Separee-Erlöse habe er angegeben, dass die Kunden in diesem Zusammenhang ausschließlich mit den Animierdamen Vereinbarungen träfen und auch die Zahlungen vollkommen ohne ihn bzw. seinem Personal durchgeführt würden. Diese Aussage sei für die Branche völlig unüblich und unglaubwürdig.

Mit Schreiben vom richtete dieses Finanzamt an das beschwerdeführende Kreditinstitut das Auskunfts- und Einsichtnahmeersuchen gemäß § 99 Abs. 1 FinStrG, wonach einem näher bezeichneten Bediensteten Auskünfte zu erteilen und ihm die erbetenen Einsichtnahmen zu gestatten seien. Nach den vorliegenden und beigelegten Unterlagen hätten verschiedene Kunden mit Kreditkarte im Betrieb des Wilhelm M. bezahlt. Da die Zurechnung von Umsätzen zu prüfen sei, sei die Einvernahme verschiedener Kunden erforderlich. Die Beschwerdeführerin werde daher ersucht, Name und Anschrift (wenn möglich auch Geburtsdatum) der aus dem Anhang ersichtlichen Kreditkartennummernbesitzer bekannt zu geben. Beim Finanzstrafverfahren gegen Wilhelm M. handle es sich um ein wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 FinStrG bereits bescheidmäßig eingeleitetes Finanzstrafverfahren. Alle erbetenen Auskünfte stünden im Zusammenhang mit diesem Finanzstrafverfahren, sodass die Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 Z. 1 BWG für die Auskunftserteilung gegeben seien.

Nachdem die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, wiederholte das Finanzamt die Aufforderung unter Androhung einer Zwangsstrafe. Die Beschwerdeführerin befolgte auch in der Folge die Aufforderung nicht.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Administrativbeschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Finanzamtes über die Festsetzung der Zwangsstrafe als unbegründet abgewiesen. Unstrittig sei, dass zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens gegen den abgabenrechtlich Verantwortlichen des Unternehmens, das von einzelnen Kunden der Beschwerdeführerin unter Verwendung der Kreditkarte aufgesucht worden war, wegen des Verdachtes der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG durch die Verschweigung von betrieblichen Umsätzen in einem bestimmten Zeitraum mittels rechtskräftigen Bescheides ein verwaltungsbehördliches Finanzstrafverfahren eingeleitet gewesen sei und dass die den Gegenstand des Ersuchens bildende Bekanntgabe der Identität der bezeichneten Karteninhaber grundsätzlich unter den Schutz des von der Beschwerdeführerin als Geheimnisträger zu wahrenden Bankgeheimnisses im Sinn des § 38 Abs. 1 BWG falle. Übereinstimmung bestehe auch dahingehend, dass ein Auskunftsersuchen gemäß § 99 Abs. 1 FinStrG, dem nur unter Preisgabe des Bankgeheimnisses entsprochen werden könnte, nur dann zulässig sei, wenn die Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 Z. 1 BWG vorlägen. Streit bestehe darüber, ob bzw. inwieweit die Sachlage eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht nach § 38 Abs. 1 im Zusammenhang mit Abs. 2 Z. 1 BWG zu begründen vermöge und ob bzw. inwieweit zwischen der im Rahmen des Bankgeheimnisses zu wahrenden Tatsachen und dem den Gegenstand der bescheidmäßigen Verfahrenseinleitung bildenden Finanzvergehen ein hinreichend konkreter bzw. unmittelbarer Zusammenhang bestehe. § 38 Abs. 2 Z. 1 BWG stelle klar, dass das Bankgeheimnis nicht zur Beschaffung von Unterlagen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, sondern nur zur Sachverhaltsermittlung im bereits eingeleiteten Finanzstrafverfahren aufgehoben werden dürfe. Die Einsichtnahme könne durchaus auch Konten bzw. einzelne geheimzuhaltende Umstände daraus von bisher noch nicht in das eingeleitete Strafverfahren involvierten Bankkunden umfassen, sofern nur ein unmittelbarer sachlicher und/oder persönlicher Zusammenhang mit den eingeleiteten Finanzstrafverfahren bestehe. So würden beispielsweise im Rahmen der ersuchten Einsichtnahme von der Auskunftsperson Unterlagen bzw. Belege vorzulegen sein, aus denen sich erkennen lasse, wohin bzw. an wen im Verfahren festgestellte Geld- oder Finanztransaktionen tatsächlich geflossen seien. Der geforderte unmittelbare Zusammenhang mit dem bereits eingeleiteten Strafverfahren könne nämlich nicht so interpretiert werden, dass von diesem nicht erfasste Personen von weiteren finanzstrafbehördlichen Nachforschungen bzw. Erkundigungen generell ausgeschlossen wären. Wenn die Aufklärung der den Anlass bildenden Straftat es erforderlich mache, beispielsweise Zeugen, die in Geschäftsverbindung mit dem Beschuldigten gestanden seien bzw. so wie hier Zahlungen an den Beschuldigten tätigten, zu kennen bzw. einzuvernehmen, seien auch darauf gerichtete Erkundigungen bei jenen Kreditunternehmungen zulässig, die nach der gegebenen Sachlage weiterhelfen könnten. In solchen Fällen werde sowohl ein unmittelbar greifbarer sachlicher als auch ein persönlicher Zusammenhang mit der Anlasstat bestehen.

Im Anlassfall ergebe sich ein derartiger Konnex zwischen dem bescheidmäßig konkretisierten Tatverdacht gegen Wilhelm M. und den im Auskunftsersuchen vom angeführten Angaben über die Beziehungen zwischen dem Beschuldigten und den Karteninhabern. Angesichts der bescheidmäßig festgestellten Verdachtslage sei zu besorgen, dass der Beschuldigte die im Rahmen dieser Beziehung getätigten Umsätze bzw. die über den angeführten Zahlungsmodus vereinnahmten Entgelte nicht in sein betriebliches Rechenwerk aufgenommen und insofern ein Finanzvergehen begangen habe. Insofern als dem Auskunftsersuchen konkrete Geschäftsfälle zu Grunde lägen, könne von einem nicht zulässigen Erkundungsbeweis keine Rede sein. Dass sich zusätzlich der Beschuldigte speziell den Umstand einer Verwendung der Kreditkarten als Zahlungsmittel zu Nutze gemacht habe bzw. dass einzelne Karteninhaber an Finanzvergehen des Beschuldigten beteiligt gewesen seien, sei für die Befolgung eines auf die bloße Bekanntgabe der Identität der Karteninhaber abzielenden Auskunftsersuchens nicht erforderlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde verneint - zusammengefasst - einen ausreichend konkreten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen den von der Finanzstrafbehörde geforderten Informationen mit dem Gegenstand des Finanzstrafverfahrens. Es sei nicht erkennbar, wie sich Wilhelm M. die Kreditkarteninhaber bei Begehung der Abgabenhinterziehung zu Nutze gemacht hätte. Bei Zahlung mit Kreditkarte sei stets ein Zahlungsbeleg vorhanden, andernfalls hätte die Beschwerdeführerin an Wilhelm M. keine Zahlung geleistet. Diese Zahlungsbelege müssten in der Buchhaltung des Wilhelm M. vorhanden sein.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen zutreffend davon aus, dass gemäß § 38 Abs. 2 Z. 1 BWG die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses u.a. nicht im Zusammenhang mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen gegenüber den Finanzstrafbehörden besteht.

Die belangte Behörde führt in diesem Zusammenhang aus, es sei zu besorgen, dass Wilhelm M. die im Rahmen dieser Beziehung getätigten Umsätze bzw. die über den angeführten Zahlungsmodus vereinbarten Entgelte nicht in sein betriebliches Rechenwerk aufgenommen und insofern ein Finanzvergehen begangen habe. Dass sich der Beschuldigte den Umstand einer Verwendung der Kreditkarten als Zahlungsmittel zu Nutze gemacht habe bzw. dass einzelne Karteninhaber an Finanzvergehen des Beschuldigten beteiligt gewesen seien, sei für die Befolgung eines auf die Bekanntgabe der Identität der Karteninhaber abzielenden Auskunftsersuchens nicht erforderlich.

Damit hat die belangte Behörde aber den - von ihr selbst zutreffend hervorgehobenen - unmittelbaren Zusammenhang nicht dargetan.

Geschützt durch das in § 38 Abs. 2 Z. 1 BWG umschriebene Bankgeheimnis ist grundsätzlich der Bankkunde, also diejenige Rechtspersönlichkeit, die mit einer Kreditunternehmung in Geschäftsverbindung steht (oder stand). Wenn aber gegen einen Bankkunden ein Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen eingeleitet wurde, besteht - im Fall dieses Bankkunden - die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses gegenüber den Finanzstrafbehörden nicht mehr. Konnte die Beschwerdeführerin die von der belangten Behörde gewünschten Daten nicht aus dem Konto des Beschuldigten entnehmen, sondern müsste sie diese Daten aus den Konten der Kunden des Beschuldigten entnehmen, wäre dies nur dann zulässig, wenn der Tatverdacht gegen den Beschuldigten in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Konto des jeweiligen Kunden des Beschuldigten stand, was die belangte Behörde nicht festgestellt hat. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde ist somit zwingend erforderlich, dass zwischen dem offenzulegenden Bankkonto und der wegen einer bestimmten Straftat bereits in Untersuchung gezogenen Person eine solche - rechtliche oder tatsächliche - Verbindung besteht, die schlüssig den Verdacht zu begründen vermag, der Beschuldigte habe sich (auch) die aus dieser speziellen Verbindung erwachsende Verfügungsmöglichkeit bei Begehung der Straftat zu Nutze gemacht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 93/14/0080, und das ).

Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen der Geltendmachung - auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am