VwGH vom 28.05.2013, 2009/17/0184

VwGH vom 28.05.2013, 2009/17/0184

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des SB in B, vertreten durch die Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, Schlossgraben 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE./1297-I/7/2008, betreffend einheitliche Betriebsprämie, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom betreffend die Festsetzung der einheitlichen Betriebsprämie für das Jahr 2005 ab.

Mit dem mit Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheid vom waren Zahlungsansprüche von 93,68 Flächenzahlungsansprüche (FZA) zu EUR 41,47 je ZA festgesetzt worden und der Antrag auf Anerkennung als Sonderfall - Langfristige unveränderbare Pacht von Flächen abgewiesen worden.

1.2. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe einschlägiger Bestimmungen der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlagen sowie des § 5 Abs. 3 und 6 bis 10 des Marktordnungs-Überleitungsgesetzes, BGBl. I Nr. 55/2007, und des § 20 Marktordnungsgesetz (MOG 2007) aus, dass dem Antrag vier Pachtverträge (die näher genannt werden) angeschlossen gewesen seien. Die fristgerechte Vergebührung dieser Pachtverträge sei nicht nachgewiesen. Gemäß § 5 Abs. 3 Z 3 Marktordnungs-Überleitungsgesetz sei Voraussetzung für eine Anerkennung als Sonderfall unter anderem, dass der Pachtvertrag spätestens am vergebührt worden sei. Es werde dabei nicht darauf abgestellt, in wessen Aufgabenbereich diese Vergebührung gelegen sei, es sei lediglich objektiv zu prüfen, ob eine ordnungsgemäße Vergebührung erfolgt sei.

Aus dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0172, ergebe sich, dass die belangte Behörde durch allfällige Ermittlungen den durch den Vermerk am Pachtvertrag erbrachten Nachweis der Vergebührung gegebenenfalls zu widerlegen habe. Im vorliegenden Fall enthielten die vorgelegten Pachtverträge keinen Vermerk über die vorgenommene Selbstberechnung der Gebühren. Dennoch sei im Hinblick auf die Beweisanträge des Beschwerdeführers das Finanzamt Feldkirch mit Schreiben vom ersucht worden zu prüfen, ob die mit FW abgeschlossenen Pachtverträge ordnungsgemäß vergebührt worden seien und wann diese Vergebührung durchgeführt worden sei.

Mit Schreiben vom habe das Finanzamt mitgeteilt, dass die in Kopie vorgelegten Pachtverträge mit FW nicht beim Finanzamt angezeigt bzw. mittels Selbstberechnung selbst berechnet worden wären. Die Verträge seien nun unter bestimmten Nummern registriert. Somit sei der Nachweis erbracht, dass die mit FW abgeschlossenen Pachtverträge nachweislich nicht innerhalb der im Gesetz genannten Frist vergebührt worden seien.

Der Beschwerdeführer habe zwar mit Schreiben vom ein Formblatt betreffend die Anmeldung über die Selbstberechnung der Gebühren gemäß § 33 TP 5 Abs. 5 Z 3 und gemäß § 6 Abs. 2 Gebührengesetz (GebG) 1957 betreffend die Grundstücksnummern 1615/1 und 1616/1, EZ 92, Grundbuch B, vorgelegt; jedoch sei darin als Datum des Vertrages der angegeben. In seinem Antrag auf Anerkennung als Sonderfall habe der Beschwerdeführer zu diesen Grundstücken als Datum des Pachtvertrages den angegeben. Überdies enthalte die Anmeldung im Feld "Eingangsvermerk des Finanzamtes" die handschriftliche Eintragung: "An FA abgesandt am 25.8.".

Das übermittelte Formblatt sei somit nicht geeignet, die Vergebührung des Pachtvertrages vom bis spätestens zu belegen.

Hinsichtlich der übrigen Pachtverträge erübrigten sich damit weitere Ermittlungen, weil selbst bei Nachweis der fristgerechten, ordnungsgemäßen Vergebührung der Grenzwert (mindestens vier ha zugepachtete Fläche) nicht erreicht werde, da diese Pachtverträge in Summe nur eine Fläche von 2,61 ha umfassten.

Zu dem Argument des Beschwerdeführers, dass sich das Erfordernis der Vergebührung des Pachtvertrages nicht aus dem Gemeinschaftsrecht ergebe, wird ausgeführt, dass die Entscheidung der belangten Behörde auf der Basis der bestehenden Rechtsvorschriften zu ergehen habe. Die Anwendung nationaler Vorschriften habe dann zu unterbleiben, wenn diese bestehendem Gemeinschaftsrecht zuwiderlaufe. Ein Abstellen auf Pachtverträge, die ordnungsgemäß und fristgerecht bei der Finanzbehörde vergebührt worden seien, sei im Rahmen der Ausgestaltung der Sonderfall-Regelung (Regelung für Betriebsinhaber, die sich in einer besonderen Lage befinden) vorgesehen worden.

Gemäß Art. 42 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 hätten die Mitgliedstaaten die nationale Reserve zu verwenden, um nach objektiven Kriterien unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen Referenzbeträge für Betriebsinhaber festzulegen, die sich in einer besonderen Lage befänden.

Als Betriebsinhaber in besonderer Lage gälten gemäß Art. 18 in Verbindung mit Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 z. B. Betriebsinhaber, die spätestens am Flächen gekauft hätten, wobei langfristige, über sechs oder mehr Jahre laufende Pachtverträge, die spätestens am begonnen hätten, als Kauf von Flächen gälten.

Mit § 5 Marktordnungs-Überleitungsgesetz seien die entsprechenden Ausführungsregelungen festgelegt worden. Dabei sei das Erfordernis der Vergebührung der Pachtverträge im Interesse der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber vorgesehen worden. Ein Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht könne dadurch nicht erkannt werden, vielmehr diene diese Regelung gerade dazu, die vom Gemeinschaftsrecht geforderten objektiven Kriterien unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber sicherzustellen.

Was die Beantragung des Grundstücks Nr. 585 der KG 90103 (0,33 ha) betreffe, so sei dieses im Rahmen des Sonderfalls - Langfristige unveränderbare Pacht von Flächen beantragt worden, obwohl es laut (unvollständig) vorgelegtem Kaufvertrag nicht übereignet worden sei. Auf Grund des Flächenausmaßes sei jedoch davon auszugehen, dass selbst bei korrekter Beantragung als Sonderfall - Kauf von Flächen wegen Nichterreichens des Grenzwertes eine Berücksichtigung nicht hätte erfolgen können.

1.3. Abschließend wird zu den Beweisanträgen des Beschwerdeführers Stellung genommen.

Dabei wird resümiert, dass die Aufnahme weiterer Beweise im Hinblick auf die bereits vorliegenden Beweisergebnisse zu unterbleiben gehabt habe.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1918/08-8, ablehnte und die Beschwerde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom , B 1918/08-11, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

1.5. Mit der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird insbesondere die Verletzung im Recht auf Zuerkennung der einheitlichen Betriebsprämie 2005 bei Vorliegen aller in generellen Normen verankerten Voraussetzungen und die "primäre Heranziehung des Europarechts" geltend gemacht.

1.6. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Hinsichtlich der im Beschwerdefall anwendbaren Vorschriften des Unionsrechts wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0140, verwiesen, in welchem die auch im Beschwerdefall einschlägigen Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001, ABl. L 270/01, wiedergegeben sind.

In dem genannten Erkenntnis sind weiters die für die Antragstellung maßgeblichen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 wiedergegeben.

2.1.2. § 5 Abs. 3 des Marktordnungs-Überleitungsgesetzes, BGBl. I Nr. 55/2007 in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2008, lautet:

"(3) Ein Sonderfall gemäß Art. 42 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und Art. 18 bis 23 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004, ABl. Nr. L 141 vom , S. 1 liegt in folgenden Fällen vor:


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1.
2.
Bei Kauf von beihilfefähigen Flächen, wenn spätestens am der Kaufvertrag für mindestens zwei ha beihilfefähige Fläche abgeschlossen oder der Antrag an die Grundverkehrskommission zur Genehmigung des Flächenkaufs eingebracht und in der Folge bewilligt wurde und die Direktzahlungen für die in die einheitliche Betriebsprämie 2005 einbezogenen Maßnahmen in den Jahren 2003 und 2004 oder, sofern die Direktzahlungen des Jahres 2004 höher sind, im Jahr 2004 bezogen auf den Referenzbetrag um mindestens 500 Euro höher sind. Ist der Kauf von mindestens zwei ha beihilfefähigen Flächen zwischen und erfolgt und konnte für diese Flächen mangels Verfügbarkeit bis einschließlich 2004 keine Direktzahlung beantragt werden, sind für diese zugekauften Flächen zusätzliche Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve in Höhe des Werts der ursprünglich zugeteilten flächenbezogenen Zahlungsansprüche, maximal jedoch im Ausmaß von 300 Euro/ha zuzuweisen, wenn sich unter Einbeziehung der gekauften Flächen eine fiktive Erhöhung des Grenzwertes um mindestens 500 Euro ergibt. In gleicher Weise ist ein Flächenkauf einzubeziehen, wenn in Summe der gemäß dem ersten und zweiten Satz erfolgten Käufe mindestens zwei ha gekauft wurden. Ist der Flächenzukauf vor dem erfolgt, kommt eine Zuweisung von zusätzlichen Zahlungsansprüchen aus der nationalen Reserve gemäß dem ersten Satz dann in Betracht, wenn der Betriebsinhaber nachweist, dass ihm für diese Flächen aufgrund vertraglicher Vereinbarung eine Beantragung von Direktzahlungen bis einschließlich 2004 nicht möglich war. Flächen, für die im Rahmen der Vorabübertragung Zahlungsansprüche mitübertragen worden sind, sind bei der Berechnung des Direktzahlungsbetrags nicht einzubeziehen, ausgenommen, wenn diese Flächen vom Übernehmer im Jahr 2005 erstmals beantragt wurden.
3.
Bei mindestens sechsjähriger Pacht von mindestens vier ha beihilfefähigen Flächen oder von Wirtschaftsgebäuden, wenn der Pachtvertrag schriftlich abgeschlossen und spätestens am der Sozialversicherungsanstalt der Bauern gemeldet und vergebührt wurde und die Direktzahlungen für die in die einheitliche Betriebsprämie 2005 einbezogenen Maßnahmen in den Jahren 2003 und 2004 oder, sofern die Direktzahlungen 2004 höher sind, im Jahr 2004 bezogen auf den Referenzbetrag um mindestens 1 000 Euro höher sind. Ist die mindestens sechsjährige Pacht von mindestens vier ha beihilfefähigen Flächen oder Wirtschaftsgebäuden zwischen und erfolgt und konnte für diese Flächen mangels Verfügbarkeit bis einschließlich 2004 keine Direktzahlung beantragt werden, sind für diese gepachteten Flächen zusätzliche Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve in Höhe des Werts der ursprünglich zugeteilten flächenbezogenen Zahlungsansprüche, maximal jedoch im Ausmaß von 300 Euro/ha zuzuweisen, wenn sich unter Einbeziehung der gepachteten Flächen eine fiktive Erhöhung des Grenzwertes um mindestens 1 000 Euro ergibt. In gleicher Weise ist eine Flächenpacht einzubeziehen, wenn in Summe der gemäß dem ersten und zweiten Satz erfolgten Pachtungen mindestens vier ha gepachtet wurden. Flächen, für die im Rahmen der Vorabübertragung Zahlungsansprüche mitübertragen worden sind, sind bei der Berechnung des Direktzahlungsbetrags nicht
einzubeziehen, ausgenommen, wenn diese Flächen vom Übernehmer im Jahr 2005 erstmals beantragt wurden.
4.
…"

2.2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Anwendung des § 5 Abs. 3 Z 3 Marktordnungs-Überleitungsgesetz. Das Beschwerdevorbringen ist jedoch nicht geeignet, Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde zu wecken, dass die im Marktordnungs-Überleitungsgesetz enthaltenen näheren Regelungen für die Vergabe von Förderungen unter dem Titel Sonderfall - Langfristige Pacht nicht mit Gemeinschaftsrecht im Einklang stünden (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/17/0172, und vom , Zl. 2008/17/0141).

2.3. Soweit in der Beschwerde unter bloßem Verweis auf die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht werden, sind diese, schon im Hinblick darauf, dass sie nicht über das an den Verfassungsgerichtshof herangetragene Vorbringen hinausgehen, nicht geeignet, eine Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 B-VG nahezulegen.

2.4. Zu der allein entscheidungswesentlichen Frage der Vergebührung des in Rede stehenden Pachtvertrages vom durfte die belangte Behörde im Hinblick auf die Auskunft des Finanzamtes und den auch durch das Schreiben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers belegten Umstand, dass der vom Beschwerdeführer über Aufforderung vorgelegte Nachweis für eine Vergebührung sich nicht auf diesen Pachtvertrag bezog, davon ausgehen, dass entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine Vergebührung nicht erfolgt war.

2.5. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am