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VwGH vom 15.01.2008, 2007/15/0119

VwGH vom 15.01.2008, 2007/15/0119

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des BG in G, vertreten durch Dr. Gerhard Seirer und Mag. Herbert Weichselbraun, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Tiroler Straße 30/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom , GZ RV/0415-K/05, betreffend Investitionszuwachsprämie 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reichte seine Einkommensteuererklärung 2004 am auf elektronischem Wege beim Finanzamt ein.

In der Rubrik "Beilagen in Papierform" erklärte er im Feld "E108e Beilage zur Einkommensteuer-/Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie" dieser Einkommensteuererklärung: "Ja". Tatsächlich langte eine solche Erklärung zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie (Formular E108e) bis zur Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides beim Finanzamt nicht ein.

Der Beschwerdeführer richtete ein mit datiertes Schreiben an das Finanzamt, in welchem er vorbrachte, er habe seine Einkommensteuererklärung auf elektronischem Weg ("Finanzonline") eingereicht. In der Steuererklärung habe er im Feld "E108e" ein "Ja" angegeben. Er sei davon ausgegangen, dass es Steuererklärungen in Papierform nicht mehr gebe und er durch das erwähnte Anführen des die Investitionszuwachsprämie betreffenden E108e in der elektronischen Einkommensteuererklärung einen wirksamen Antrag auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie gestellt habe. Da bislang keine Gutschrift der Investitionszuwachsprämie erfolgt sei, habe er beim Finanzamt nachgefragt. Dort sei ihm erklärt worden, dass er trotz elektronischer Steuererklärung "und der Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie in der Einkommensteuererklärung" eine zusätzliche Steuererklärung (Formular E108e) in Papierform einreichen müsse. Er vertrete die Auffassung, er hätte gemäß § 85 Abs 2 BAO vom Finanzamt auf das Fehlen der Beilage aufmerksam gemacht werden müssen.

In diesem Schreiben vom wird ausdrücklich der Antrag auf Investitionszuwachsprämie gestellt.

Ein mit vom Beschwerdeführer gefertigtes Formular E108e langte beim Finanzamt am ein. In dieser Eingabe wird Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 in Höhe von 14.580,31 EUR geltend gemacht.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Investitionszuwachsprämie 2004 ab. In der Begründung dieses Bescheides wird dargelegt, dass der Einkommensteuerbescheid 2004 am in Rechtskraft erwachsen sei. Der Antrag vom sei daher verspätet.

In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, es wäre die Pflicht des Finanzamtes gewesen, ihn gemäß § 85 Abs 2 BAO zu informieren, dass zusätzlich zur Angabe in der Einkommensteuererklärung eine weitere Eingabe einzubringen gewesen wäre. Er sei nicht durch einen Steuerberater vertreten.

Nach dem Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom den Vorlageantrag. Darin brachte er vor, gerade die Möglichkeit, in einem Steuererklärungsformular dem Finanzamt mitzuteilen, "dass eine Investitionszuwachsprämie geltend gemacht werde", könne nur ein Anbringen darstellen. Die Möglichkeit, in einer elektronischen Steuererklärung anzugeben, "dass die Investitionszuwachsprämie geltend gemacht werde", sei für einen unvertretenen Steuerpflichtigen eine Irreführung, da es Formulare für die Investitionszuwachsprämie "in Finanzonline" nicht gebe. Ein unvertretener Steuerpflichtiger könne nicht wissen, dass es manche Formulare "in Finanzonline" gebe und andere nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer behaupte, er sei davon ausgegangen, dass die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie durch das Anzeichnen in der elektronischen Steuererklärung erfolgt sei. Er habe zu folgendem Text in der elektronischen Einkommensteuererklärung ein "Ja" erklärt:

"Beilagen in Papierform

E 108 e Beilage zur Einkommensteuererklärung zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie"

Nach Ansicht der belangten Behörde sei entscheidend, dass die subjektive Absicht des Beschwerdeführers, die er mit der Erklärung dieses "Ja" verfolgt habe, nicht relevant sei. Maßgebend sei lediglich, wie sein "Ja" objektiv verstanden werden müsse.

Werde in einem Schreiben eine Beilage erwähnt, habe dies üblicherweise die Bedeutung, dass diese Beilage dem Schreiben beigefügt sei. Verzeichnis iSd § 108e Abs 4 EStG sei jedoch ein Schreiben, das vor, zeitgleich oder nach Einreichung der Einkommensteuererklärung bis zur Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides dem Finanzamt übermittelt werden könne und in welchem der Antrag auf Investitionszuwachsprämie gestellt werde.

Werde in einem Schreiben zwar eine Beilage erwähnt, diese jedoch dem Schreiben nicht beigefügt, habe der Absender üblicherweise vergessen, dies zu tun. Werde in einer Einkommensteuererklärung eine Beilage zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie erwähnt, die nicht zeitgleich mit der Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einlange, könne das bedeuten, dass der Absender der Einkommensteuererklärung vergessen habe, die Beilage zeitgleich mit der Einkommensteuererklärung dem Finanzamt zu senden. Es könne aber auch bedeuten, dass der Absender beabsichtige, die Frist zur Einreichung der Beilage gemäß § 108e Abs 4 EStG auszunützen, dh, dass er die Beilage erst vor Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides übermitteln wolle.

Die Mitteilung des Beschwerdeführers in der elektronischen Einkommensteuererklärung betreffend die "Beilage" müsse nach Ansicht der belangten Behörde "umgedeutet" werden, weil eine elektronische Eingabe keine schriftliche "Beilage" aufweisen könne. Die nahe liegende "Umdeutung" dieser Mitteilung sei, dass ein Schreiben, das die Bezeichnung "Beilage zur Einkommensteuererklärung zur Geltendmachung einer IZP" trage, nach Einreichung der elektronischen Steuererklärung dem Finanzamt übermittelt werden solle. Somit sei diese Mitteilung in der elektronischen Steuererklärung bloß die Mitteilung einer zukünftigen Antragstellung auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie in einer Beilage zur Einkommensteuererklärung.

Der Beschwerdeführer habe somit lediglich erklärt, in Zukunft ein Schreiben an das Finanzamt senden zu wollen, welches er als "Beilage zur Einkommensteuererklärung zur Geltendmachung einer IZP" bezeichnen und in welchem er Investitionszuwachsprämie beantragen werde.

Da der Beschwerdeführer bis zur Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 2004 keinen Antrag auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie gestellt habe, komme ihm kein Anspruch auf Gewährung dieser Prämie zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 108e EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung

BGBl I Nr. 57/2004 lautet auszugsweise:

"Befristete Investitionszuwachsprämie

§ 108e. (1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10 % geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

...

(4) Die Prämie kann nur in einer Beilage zur Einkommensteuer- , Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung (§ 188 BAO) des betreffenden Jahres geltend gemacht werden. Sie kann überdies in einer bis zum Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides nachgereichten Beilage geltend gemacht werden. In der Beilage sind die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie darzustellen.

..."

§ 86a BAO lautet:

"(1) Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, können auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann zugelassen werden, dass sich der Einschreiter einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt. Die Abgabenbehörde kann jedoch, wenn es die Wichtigkeit des Anbringens zweckmäßig erscheinen lässt, dem Einschreiter die unterschriebene Bestätigung des Anbringens mit dem Hinweis auftragen, dass dieses nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

(2) Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung im Sinn des Abs. 1 erster Satz bestimmen,

a) unter welchen Voraussetzungen welche Arten der Datenübertragung an Abgabenbehörden zugelassen sind,

b) dass für bestimmte Arten von Anbringen bestimmte Arten der Datenübertragung ausgeschlossen sind und

c) welche Unterlagen wie lange vom Einschreiter im Zusammenhang mit bestimmten Arten der Datenübertragung aufzubewahren sind."

§ 1 Abs 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2002 - FOnV 2002), BGBl II Nr. 46/2002, in der Fassung BGBl II Nr. 592/2003 lautet:

"Die automationsunterstützte Datenübertragung ist zulässig für die Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in FinanzOnline (https://finanzonline.bmf.gv.at) zur Verfügung stehen. Die für eine Datenstromübermittlung erforderlichen organisatorischen und technischen Spezifikationen (zB XML-Struktur) sind auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen (http://www.bmf.gv.at) abrufbar zu halten."

§ 7 der zitierten Verordnung lautet:

"Andere als die nach § 1 Abs. 2 zulässigen Anbringen sind, ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Übermittlung in FinanzOnline, unbeachtlich. Die in § 1 Abs. 2 letzter Satz angesprochenen Datenübertragungen gelten überdies als erst dann eingebracht, wenn sie in zur vollständigen Weiterbearbeitung geeigneter Form bei der Behörde einlangen. Anbringen, die technisch erfolgreich übermittelt wurden, hat die Abgabenbehörde in geeigneter Weise zu bestätigen; insbesondere sind im Sinne des vorhergehenden Satzes unbeachtliche Anbringen kenntlich zu machen."

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die Einreichung der Steuererklärungen und in diesem Rahmen der tatsächlich getätigte Hinweis auf Investitionszuwachsprämie Funktionen sind, die dem Beschwerdeführer iSd § 1 Abs 2 der FinanzOnline-Verordnung 2002 zur Verfügung gestanden sind. Solcherart steht der Umstand, dass die Anbringen in automationsunterstützter Form eingebracht worden sind, deren Wirksamkeit nicht entgegen.

Für die Auslegung von Anbringen kommt es auf deren Inhalt und damit auf das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes an (vgl Ritz, BAO3, § 85 Tz 1).

Den Angaben des Beschwerdeführers in der elektronisch eingereichten Steuererklärung für 2004 muss nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bei verständiger Würdigung die Bedeutung beigemessen werden, dass eine Willenserklärung auf Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie abgegeben wird. Der Beschwerdeführer hat damit die Frist des § 108e Abs 4 EStG 1988 gewahrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2004/15/0104, zu § 108e EStG 1988 in der Stammfassung zu Recht erkannt:

"Wenn der Steuerpflichtige im Rahmen der Steuererklärung des betreffenden Jahres den Antrag auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie stellt, aber nicht die Formvorschrift des § 108e Abs. 4 EStG 1988 einhält, wird das Finanzamt gemäß § 85 Abs. 2 BAO vorzugehen und dem Steuerpflichtigen die Behebung des Formgebrechens aufzutragen haben."

Die im Beschwerdefall anzuwendende Fassung des Abs 4 des § 108e EStG 1988 (BGBl I Nr. 57/2004) unterscheidet sich von der Stammfassung dadurch, dass der Antrag auf Investitionszuwachsprämie nicht nur in der Steuererklärung geltend gemacht werden kann, sondern überdies bis zum Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides. Wird der Antrag allerdings in der Steuererklärung gestellt, und unterbleibt in der Folge die Einreichung des in § 108e Abs 4 EStG zwingend vorgeschriebenen Verzeichnisses, hat die Abgabenbehörde - wie dies der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom bereits zur Stammfassung des § 108e zum Ausdruck gebracht hat - gemäß § 85 Abs 2 BAO vorzugehen und dem Steuerpflichtigen die Behebung des Formgebrechens aufzutragen. Die Beantwortung der im elektronischen Formular gestellten Frage nach einer "Beilage zur ... Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie" mit dem Ausdruck "Ja" verwirklichte im Beschwerdefall somit den in § 108e Abs 4 Satz 1 EStG 1988 normierten Tatbestand der "Geltendmachung" der Prämie "in einer Beilage ..." und reduzierte das Fehlen der in § 108e Abs 4 Satz 3 EStG 1988 geforderten Angaben auf einen der Behebung nach § 85 Abs 2 BAO zugänglichen Mangel des Anbringens.

Es hat die belangte Behörde sohin, indem sie dem Anbringen des Beschwerdeführers eine unrichtige Bedeutung beigemessen hat, die Rechtslage verkannt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003. Die Höhe es Ersatzes des Schriftsatzaufwandes (inklusive Umsatzsteuer) ist in der Verordnung festgelegt.

Wien, am