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VwGH vom 20.02.2008, 2007/15/0109

VwGH vom 20.02.2008, 2007/15/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der I P in P, vertreten durch Mag. Oliver Simoncic, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Rathausplatz 3-4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ: RV/2692- W/06, betreffend Gewährung von Mietzinsbeihilfe ab , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin, eine Pensionistin, als Hauptmieterin einer Wohnung (69,17 m2) in P einen Antrag auf Mietzinsbeihilfe gemäß § 107 EStG 1988. Dem Antrag legte die Beschwerdeführerin die Mitteilung der Vermieterin über die Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages gemäß § 14d Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz in Höhe von EUR 97,70 (zuzüglich 10% Umsatzsteuer) bei.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die monatliche Mietzinsbeihilfe von bis längstens mit EUR 22,72 fest. Das Finanzamt ging bei der Ermittlung der Höhe der Mietzinsbeihilfe von einem jährlichen Einkommen der Beschwerdeführerin von EUR 8.015,67 aus.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und führte in einem ergänzendem Schriftsatz begründend aus, dass das Finanzamt zu Unrecht von einem Jahreseinkommen in der Höhe von EUR 8.015,67 ausgegangen sei. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei das Einkommen des Vorjahres - sohin das Einkommen 2005 - heranzuziehen. Das Einkommen des Vorjahres habe jedoch lediglich EUR 7.955,88 betragen. Ziehe man einen Durchschnitt der Einkommen der Jahre 1999 bis 2005 heran, ergebe sich ein Durchschnittseinkommen von EUR 7.571,83, welches weit unter dem vom Finanzamt angenommenen Einkommen liege.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, dass seinerzeit für die Bemessung der Mietzinsbeihilfe ab Jänner 1997 das Einkommen (iSd § 107 Abs 8 Z 2 EStG) des letztvorangegangenen Jahres 1996 herangezogen worden sei, welches EUR 8.015,67 (S 110.298,--) betragen habe. Seither sei die Mietzinsbeihilfe laufend auf der Basis des Einkommens des Jahres 1996 gewährt worden, weil sich in keinem der nachfolgenden Jahre das Einkommen gegenüber dem Einkommen 1996 um mehr als 20 % erhöht habe. Wie aus § 107 Abs 10 EStG hervorgehe, könne eine Herabsetzung der Mietzinsbeihilfe nur erfolgen, wenn sich das Einkommen in einem der folgenden Jahre um mehr als 20 % erhöht habe. Dies sei im Verhältnis des Einkommens 2005 (iSd § 107 Abs 8 Z 2 EStG) von EUR 8.762,38 zum entsprechenden Einkommen 1996 von EUR 8.015,67 nicht der Fall, weshalb auch im Jahr 2006 für die Bemessung der Mietzinsbeihilfe vom Einkommen 1996 auszugehen sei. Unstrittig sei, dass keine Einkommensteuerveranlagung auf Grund gesetzlicher Bestimmungen vorliege. Damit erübrige sich eine Durchschnittsermittlung des Einkommens der drei letztveranlagten Jahre. Eine Durchschnittsberechnung über sieben Jahre, wie dies die Beschwerdeführerin in der Berufung anrege, sehe das Gesetz nicht vor.

Abschließend führte das Finanzamt aus, dass die Herabsetzung der Mietzinsbeihilfe (im Vergleich zu der für die Vorjahre gewährten Mietzinsbeihilfe) nicht auf Grund einer Einkommenserhöhung erfolgt sei, sondern durch geänderte Vorschreibungen beim Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag. Dieser habe ab insgesamt EUR 157,29 und ab EUR 97,70 betragen.

In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin - ohne weitere Ausführungen - die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Eine Einkommensteuerveranlagung der Beschwerdeführerin sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Das Einkommen iSd § 107 Abs 8 Z 2 EStG 1988 habe im Jahr 1996 EUR 8.015,67, im Jahr 1999 EUR 8.406,50, im Jahr 2002 EUR 8.881,64 und im Jahr 2005 EUR 8.762,38 betragen. Ausgehend vom Jahreseinkommen 1996 in Höhe von EUR 8.015,67 würde die "20 %-Grenze" gemäß § 107 Abs 10 EStG 1988 erst bei einem Betrag von EUR 9.618,80 überschritten. In keinem dem Jahr 1996 folgenden Jahr habe sich das für die Mietzinsbeihilfenberechnung relevante Einkommen um mehr als 20 % erhöht. Die für die Zwecke der Beihilfenbemessung maßgeblichen Einkommen der Jahre 1999, 2002 und 2005 lägen betragsmäßig jeweils unter der Grenze des § 107 Abs 10 EStG 1988, weshalb das Einkommen des Jahres 1996 für die Berechnung der Mietzinsbeihilfe heranzuziehen sei.

Die Beschwerdeführerin vertrete die Ansicht, dass bei der Ermittlung des Einkommens für die Berechnung der Mietzinsbeihilfe ab Mai 2006 ein Durchschnitt der Einkommen der Jahre 1999 bis 2005 heranzuziehen sei. Grundsätzlich sei der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, dass § 107 Abs 8 Z 1 EStG 1988 bei zur Einkommensteuer veranlagten Personen das durchschnittliche Einkommen der drei letztveranlagten Kalenderjahre vorsehe. Allerdings übersehe die Beschwerdeführerin, dass diese Bestimmung ausschließlich für jene Personen rechtliche Wirkung entfalte, welche zur Einkommensteuer veranlagt seien. Da die Beschwerdeführerin nicht zur Einkommensteuer veranlagt sei, finde diese Bestimmung für die Beschwerdeführerin keine Anwendung.

Der Festsetzung der Mietzinsbeihilfe mit Bescheid vom für den Zeitraum bis liege die Änderung beim Erhaltungszuschlag gemäß § 14 Abs 2 WGG und beim rückzahlbaren Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gemäß § 14d WGG zu Grunde (nicht eine Änderung des Einkommens).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin will die Mietzinsbeihilfe so berechnet wissen, "dass bei der Ermittlung des Einkommens für die Mietzinsbeihilfe ein Durchschnitt der Einkommen der Jahre 1999 bis 2005 gemäß § 107 Abs 8 Zif 1 heranzuziehen ist". Sie erachtet sich daher durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Gewährung der Mietzinsbeihilfe auf Basis der Berechnung nach § 107 Abs 8 Z 1 EStG verletzt. Die Rechtsmeinung der belangten Behörde, wonach es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine zur Einkommensteuer veranlagte Person handle, sei unrichtig. Die Behörde habe nicht begründet, weshalb es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine zur Einkommensteuer veranlagte Person handle. Im übrigen sei die Bestimmung des § 107 Abs 8 EStG 1988 verfassungswidrig, da es keine sachliche Rechtfertigung gebe für eine Unterscheidung zwischen zur Einkommensteuer veranlagten Personen und nicht zur Einkommensteuer veranlagten Personen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 107 Abs 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 7/2002 werden auf Antrag des unbeschränkt steuerpflichtigen Hauptmieters Erhöhungen des Hauptmietzinses als außergewöhnliche Belastung (§ 34) berücksichtigt, wenn sie seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Als Erhöhung des Hauptmietzinses gilt gemäß § 107 Abs 3 lit b EStG 1988 auch die Erhöhung aufgrund eines vom Vermieter eingehobenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages nach § 14d Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.

§ 107 Abs 4 bis 10 EStG lautet weiter auszugsweise:

"(4) Die außergewöhnliche Belastung wird durch Zahlung eines monatlichen Betrages abgegolten. Der Abgeltungsbetrag ist bescheidmäßig in Höhe des Betrages festzusetzen, um den, auf einen Kalendermonat bezogen, der erhöhte Hauptmietzins das Vierfache des gesetzlichen Hauptmietzinses bzw. 0,33 Euro je Quadratmeter der Nutzfläche übersteigt. ... Übersteigt das Einkommen des Hauptmieters und der im Abs. 7 genannten Personen insgesamt die jeweils maßgebende Einkommensgrenze, so ist der Abgeltungsbetrag um den übersteigenden Betrag zu kürzen.

(5) ...

(6) Eine wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Abs. 1) liegt vor, wenn das Einkommen des Hauptmieters und der im Abs. 7 genannten Personen insgesamt den Betrag von jährlich 7 300 Euro nicht übersteigt. Diese Einkommensgrenze erhöht sich für die erste der im Abs. 7 genannten Personen um 1.825 Euro und für jede weitere der dort genannten Personen um je 620 Euro.

(7) ...

(8) Als Einkommen gilt

1. bei zur Einkommensteuer veranlagten Personen das durchschnittliche Einkommen nach § 2 Abs. 2 der drei letztveranlagten Kalenderjahre, vermehrt um den Durchschnitt der steuerfreien Einkünfte und der abgezogenen Beträge nach den §§ 10, 18 Abs. 1 Z 4, 18 Abs. 6 und 7, 24 Abs. 4, 31 Abs. 3, 34, 35, 36, 41 Abs. 3, 104;

2. bei nicht zur Einkommensteuer veranlagten Personen das Einkommen nach § 2 Abs. 2 des letztvorangegangenen Kalenderjahres, vermehrt um die steuerfreien Einkünfte und um die abgezogenen Beträge nach den §§ 18 Abs. 1 Z 4, 34, 35, 104.

Bei Ermittlung des Einkommens bleiben außer Ansatz:

Leistungen nach § 3 Abs. 1 Z 7 und 8, weiters Pflege- oder Blindenzulagen (Pflege- oder Blindengelder, Pflege- oder Blindenbeihilfen) und Hilflosenzuschüsse (Hilflosenzulagen).

(9) ...

(10) Der Hauptmieter hat jede Änderung der für die Abgeltung der außergewöhnlichen Belastung maßgebenden Verhältnisse der Abgabenbehörde unverzüglich mitzuteilen. Die Zahlung des Abgeltungsbetrages ist einzustellen bzw. herabzusetzen, wenn und soweit sich die für die Abgeltung maßgebenden Verhältnisse ändern oder nachträglich hervorkommt, dass die Voraussetzungen nicht oder nur für ein geringeres Ausmaß gegeben gewesen sind. Eine Änderung der Einkommensverhältnisse kann jedoch nur dann zu einer Einstellung (Herabsetzung) der Zahlung des Abgeltungsbetrages führen, wenn sich das Einkommen des Hauptmieters und der im Abs. 7 genannten Personen insgesamt um mehr als 20 % erhöht hat. Zu Unrecht abgegoltene Beträge sind mit Bescheid zurückzufordern; gleiches gilt, wenn erhöhte Hauptmietzinse vom Vermieter zurückerstattet werden."

Es ist unstrittig, dass für die Beschwerdeführerin keine Veranlagungen, insbesondere auch keine Arbeitnehmerveranlagungen durchgeführt worden sind. Solcherart kann der belangten Behörde nicht erfolgreich entgegen getreten werden, wenn sie das Tatbestandsmerkmal "nicht zur Einkommensteuer veranlagte Person" des § 107 Abs 8 Z 2 EStG 1988 als erfüllt angesehen und daher für die Berechnung der Mietzinsbeihilfe das nach dieser Bestimmung ermittelte Einkommen herangezogen hat. Für die Heranziehung des durchschnittlichen Einkommens des Zeitraumes 1999 bis 2005, also eines Zeitraumes von sieben Jahren, bietet das Gesetz jedenfalls keine Handhabe.

Darauf hingewiesen sei, dass die belangte Behörde zu Unrecht einen Anwendungsfall des § 107 Abs 10 EStG angenommen und daher (mangels Überschreitens der Grenze von 20%) das Einkommen (iSd § 107 Abs 8 Z 2 EStG) des Jahres 1996 als das für die Mietzinsbeihilfenberechnung relevante Einkommen herangezogen hat, stellt doch § 107 Abs 10 EStG auf jenen Fall ab, in dem sich bei Gleichbleiben der anderen Parameter für die Bemessung der Mietzinsbeihilfe lediglich das Einkommen erhöht hat. Die Anwendung des § 107 Abs 10 EStG, die in der Beschwerde nicht gerügt wird, verletzt die Beschwerdeführerin aber nicht in ihren Rechten, weil das Einkommen 1996 niedriger ist als das Einkommen 2005.

Die Beschwerdeführerin regt an, beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen, die Z 2 des § 107 Abs 8 sowie in der Z 1 des § 107 Abs 8 die Worte "bei zur Einkommensteuer veranlagten Personen" als verfassungswidrig aufzuheben. Aus der Sicht des Beschwerdefalles sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht zu einer Antragstellung nach Art 140 Abs 1 B-VG veranlasst, ist doch das Einkommen des letztvorangegangenen Kalenderjahres ein geeigneter Maßstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Anspruchsberechtigten, auf welche bei der Höhe der Mietzinsbeihilfe abgestellt werden soll.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am