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VwGH vom 28.06.2005, 2004/11/0028

VwGH vom 28.06.2005, 2004/11/0028

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2004/11/0222

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerden des J in K, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol 1.) vom , Zl. uvs-2003/25/146-3, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (hg. Zl. 2004/11/0028), und 2.) vom , Zl. uvs-2003/14/195-1, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (hg. Zl. 2004/11/0222), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.342,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom , Zl. VK-12624-2003, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach außen hin zur Vertretung befugtes Organ gemäß § 9 VStG der U. GmbH nicht ausreichend dafür Vorsorge getragen, dass die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) eingehalten werden. Bei einer am um 14.00 Uhr durch das Landesgendarmeriekommando für Tirol an einer näher bezeichneten Stelle durchgeführten Kontrolle sei festgestellt worden, dass der Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Sattelkraftfahrzeuges, das der Güterbeförderung diene und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteige, Herr B. (Arbeitnehmer im Güterbeförderungsbetrieb obgenannter GmbH), im internationalen (innergemeinschaftlichen) Straßenverkehr zu folgenden gesetzwidrigen Arbeitszeiten herangezogen worden sei:

"1) Am von 11:29 Uhr bis , 18:10 Uhr hat der Lenker die zulässige Tageslenkzeit überschritten. Die Geamtdauer betrug 17 Stunden und 4 Minuten.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die Lenkzeit 9 Stunden und höchstens zweimal in der Woche 10 Stunden betragen darf.)

2) Am von 18:27 Uhr bis , 13:18 Uhr hat der Lenker die zulässige Tageslenkzeit überschritten. Die Gesamtdauer betrug 19 Stunden und 58 Minuten.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die Lenkzeit 9 Stunden und höchstens zweimal in der Woche 10 Stunden betragen darf).

3) Am in der Zeit von 09:41 Uhr bis , 13:45 Uhr hat der Lenker die zulässige Tageslenkzeit überschritten. Die Gesamtdauer betrug 16 Stunden und 8 Minuten. (Dies stellt eine Übertretung des Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die Lenkzeit 9 Stunden und höchstens zweimal in der Woche 10 Stunden betragen darf).

4) Am in der Zeit von 09:41 Uhr bis , 16:12 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten nicht erfüllt. Die Gesamtdauer betrug 0:17 Stunden. Das ist eine Verkürzung von 0:28 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

5) Am in der Zeit von 15:12 Uhr bis , 00:42 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten nicht erfüllt. Die Gesamtdauer betrug 0:19 Stunden. Das ist eine Verkürzung von 0:26 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

6) Am in der Zeit von 15:07 Uhr bis , 21:29 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten nicht erfüllt. Die Gesamtdauer betrug 0:28 Stunden. Das ist eine Verkürzung von 0:17 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

7) Am in der Zeit von 11:29 Uhr bis , 18:10 Uhr hat der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden eingehalten. Die Gesamtdauer betrug 5 Stunden 12 Minuten.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit kann in zwei oder drei Abschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. Dabei erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.)

8) Am in der Zeit von 18:27 Uhr bis , 13:18 Uhr hat der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden eingehalten. Die Gesamtdauer betrug 6 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit kann in zwei oder drei Abschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. Dabei erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.)

9) Am in der Zeit von 09:41 Uhr bis , 13:45 Uhr hat der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden eingehalten. Die Gesamtdauer betrug 2 Stunden und 42 Minuten.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit kann in zwei oder drei Abschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. Dabei erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.)"

Dadurch habe der Beschwerdeführer Verwaltungsübertretungen zu 1), 2) und 3) gemäß § 28 Abs. 1a Z. 4 AZG iVm Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/1985, zu 4), 5) und 6) gemäß § 28 Abs. 1a Z. 6 AZG iVm Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 sowie zu 7), 8) und 9) gemäß § 28 Abs. 1a Z. 2 AZG iVm Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1a Z. 4 AZG zu 1), 2) und 3) Geldstrafen in Höhe von je EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 120 Stunden), gemäß § 28 Abs. 1a Z. 6 AZG zu 4), 5) und 6) Geldstrafen in Höhe von je EUR 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 36 Stunden), und gemäß § 28 Abs. 1a Z. 2 AZG zu 7) und 8) Geldstrafen in Höhe von je EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 96 Stunden) sowie zu 9) eine Geldstrafe in Höhe von EUR 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt.

Mit Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol die dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG als unbegründet ab. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei den gegenständlichen Übertretungen handle es sich um Ungehorsamsdelikte. Der Beschwerdeführer hätte daher insbesondere Unterlagen über die Schulungen und Kontrollen des Fahrers B. zur Verfügung stellen müssen. Auch erscheine das im Unternehmen angewendete Sanktionssystem nicht geeignet, auf die Fahrer entsprechend abschreckend zu wirken, weil nach sechsmonatigem Wohlverhalten der Sanktionskatalog wieder von vorne (Ermahnung) beginne. Es werde wohl kaum ein Fahrer innerhalb eines halben Jahres viermal einen Verstoß begehen und damit eine Kündigung riskieren. Im Sanktionskatalog seien keine Geldbußen vorgesehen, weshalb die abschreckende Wirkung anzuzweifeln sei. Eine stichprobenartige Kontrolle der Schaublätter - wie beim Fahrer B. erfolgt - stelle kein effizientes Kontrollsystem dar, da ein solches nur bei lückenloser Kontrolle der Schaublätter gegeben sei. In Anbetracht des Umstandes, dass der Fahrer B. im kontrollierten Zeitraum von einer Woche täglich Übertretungen begangen habe, sei das Vorbringen wenig glaubhaft, dass sich der Fahrer B. davor immer wohl verhalten hätte. Bei einem lückenlosen Kontrollsystem wäre so ein Fahrer aufgefallen und hätte es diese intensive Anzahl von Übertretungen nicht geben können. Aufgrund des Umstandes, dass es zu täglichen Übertretungen im überprüften Zeitraum gekommen sei, ergebe sich, dass das von der Firma U. angewendete Kontrollsystem nicht effizient sein könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2004/11/0028 protokollierte Beschwerde.

1.2. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom , Zl. VK-12622-2003, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach außen hin zur Vertretung befugtes Organ gemäß § 9 VStG der U. GmbH nicht ausreichend dafür Vorsorge getragen, dass die Bestimmungen des AZG eingehalten werden. Bei einer am um 15.30 Uhr durch das Landesgendarmeriekommando für Tirol an einer näher bezeichneten Stelle durchgeführten Kontrolle sei festgestellt worden, dass der Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Sattelzugfahrzeuges samt Sattelanhänger, das der Güterbeförderung diene und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteige, Herr E. (Arbeitnehmer im Güterbeförderungsbetrieb obgenannter GmbH), im internationalen (innergemeinschaftlichen) Straßenverkehr zu folgenden gesetzwidrigen Arbeitszeiten herangezogen worden sei:

"1) Am von 11:25 Uhr bis , 22:46 Uhr hat der Lenker die zulässige Tageslenkzeit überschritten. Die Gesamtdauer betrug 21 Stunden und 47 Minuten.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die Lenkzeit 9 Stunden und höchstens zweimal in der Woche 10 Stunden betragen darf.)

2) Am von 11:19 Uhr bis , 15:24 Uhr hat der Lenker die zulässige Tageslenkzeit überschritten. Die Gesamtdauer betrug 22 Stunden und 19 Minuten.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach die Lenkzeit 9 Stunden und höchstens zweimal in der Woche 10 Stunden betragen darf.)

3) Am in der Zeit von 11:25 Uhr bis , 16:46 Uhr hat der Lenker keine Lenkpause von mindestens 45 Minuten eingelegt. Die Gesamtdauer betrug 0:19 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

4) Am in der Zeit von 11:19 Uhr bis , 19:27 Uhr hat der Lenker keine Lenkpause von mindestens 45 Minuten eingelegt. Die Gesamtdauer betrug 0:33 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

5) Am in der Zeit von 06:10 Uhr bis , 14:13 Uhr hat der Lenker keine Lenkpause von mindestens 45 Minuten eingelegt. Die Gesamtdauer betrug 0:35 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

6) Am in der Zeit von 01:41 Uhr bis , 06:37 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung nach 4:30 Stunden um 0:26 Stunden zu spät eingelegt. (Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

7) Am in der Zeit von 08:52 Uhr bis , 13:44 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung nach 4:30 Stunden um 0:22 Stunden zu spät eingelegt. (Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

8) Am in der Zeit von 19:51 Uhr bis , 00:58 Uhr hat der Lenker die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung nach 4:30 Stunden um 0:28 Stunden zu spät eingelegt. (Dies stellt eine Übertretung des Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 und dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach nach einer Lenkzeit von 4:30 Stunden eine Lenkpause von mindestens 45 Minuten einzulegen ist.)

9) Am in der Zeit von 11:25 Uhr bis , 22:46 Uhr hat der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden eingehalten. Die Gesamtdauer betrug 6:25 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit kann in zwei oder drei Abschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. Dabei erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.)

10) Am in der Zeit von 11:19 Uhr bis , 15:24 Uhr hat der Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden eingehalten. Die Gesamtdauer betrug 3:19 Stunden.

(Dies stellt eine Übertretung des Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Ruhezeit kann in zwei oder drei Abschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. Dabei erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.)"

Dadurch habe der Beschwerdeführer Verwaltungsübertretungen zu

1) und 2) gemäß § 28 Abs. 1a Z. 4 AZG iVm Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/1985, zu 3), 4), 5), 6), 7) und 8) gemäß § 28 Abs. 1a Z. 6 AZG iVm Art. 7 Abs. 1 und 2 EG-VO 3820/1985 sowie zu 9) und 10) gemäß § 28 Abs. 1a Z. 2 AZG iVm Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1a Z. 4 AZG zu 1) und 2) Geldstrafen in Höhe von je EUR 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden), gemäß § 28 Abs. 1a Z. 6 AZG zu 3), 4), 5), 6), 7) und 8) Geldstrafen in Höhe von je EUR 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 36 Stunden) und gemäß § 28 Abs. 1a Z. 2 AZG zu 9) eine Geldstrafe in Höhe von EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) sowie zu 10) eine Geldstrafe in Höhe von EUR 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt.

Mit Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol die dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24 und 51e VStG zu den Punkten 1), 2), 3), 4), 6), 7), 8), 9) und 10) als unbegründet ab. Der Berufung wurde zu Punkt 5) insoweit Folge gegeben, als unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen wurde. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den angelasteten Übertretungen um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handle. Nach dieser Gesetzesstelle sei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn kein Verschulden treffe. Im Jahr 2003 seien beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol acht Berufungsverfahren wegen Verwaltungsübertretungen anhängig gewesen, die mit Bescheid abgeschlossen worden seien, wobei fünf davon Übertretungen nach dem AZG betroffen hätten. Auch im Jahre 2004 seien beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol drei Verfahren wegen Übertretungen nach dem AZG anhängig gewesen, sodass nicht davon gesprochen werden könne, dass in der Firma des Beschwerdeführers ein funktionierendes System betreffend Überwachung der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2004/11/0222 protokollierte Beschwerde.

1.3. Die belangte Behörde legte jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres rechtlichen, persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden Beschwerden erwogen:

1.1. § 28 AZG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2002 lautet (auszugsweise):

"§ 28. ...

(1a) Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die

...

2. die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs. 1, 2, 6 oder 7 oder Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren;

...

4. Lenker über die gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 oder Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen;

...

6. Lenkpausen gemäß Art. 7 Abs. 1, 2 oder 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren;

...

sind, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

..."

1.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/1985 des Rates vom über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr lauten (auszugsweise):

"Abschnitt IV

Lenkzeiten

Artikel 6

(1) Die nachstehend 'Tageslenkzeit' genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit darf neun Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf zehn Stunden verlängert werden. ...

...

Abschnitt V

Unterbrechungen und Ruhezeit

Artikel 7

(1) Nach einer Lenkzeit von 4 1/2 Stunden ist eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt.

(2) Diese Unterbrechung kann durch Unterbrechungen von jeweils mindestens 15 Minuten ersetzt werden, die in die Lenkzeit oder unmittelbar nach dieser so einzufügen sind, dass Absatz 1 eingehalten wird.

...

Artikel 8

(1) Der Fahrer legt innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Falle erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

..."

2. Die Beschwerden sind begründet.

2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet in der zur hg. Zl. 2004/11/0028 protokollierten Beschwerde nicht die von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Übertretungen des AZG. Er bestreitet auch nicht, dass ihn ein Verschulden gemäß § 5 Abs. 1 VStG treffe. Unbestritten bleibt weiters, dass der Beschwerdeführer kein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet hat, um die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften zu gewährleisten.

2.1.1. Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, es liege eine unechte bzw. scheinbare Idealkonkurrenz in Form der Konsumtion vor, weil die im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (Zl. VK-12624-2003) in den Punkten 7, 8 und 9 dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen der Nichtgewährung der Ruhezeiten bereits durch die Bestrafung wegen des Einsatzes des Lenkers über die erlaubte Tageslenkzeit hinaus konsumiert werde. Es liege daher ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt Konsumtion vor, wenn der Unwert eines Delikts von der Strafdrohung gegen ein anderes Delikt miterfasst wird, wie dies insbesondere im Fall der Verletzung desselben Rechtsgutes anzunehmen ist. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn die Delikte in keinem typischen Zusammenhang stehen, mit anderen Worten, wenn das eine Delikt nicht notwendig oder doch nicht in der Regel mit dem anderen verbunden ist (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/07/0086, mwN).

Die Überschreitung der zulässigen Tageslenkzeit gemäß Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/85 und die Unterschreitung der Mindestruhezeit innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden gemäß Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/85 bilden zwei verschiedene Übertretungen, die zueinander nicht in einem solchen Verhältnis stehen, dass die Begehung des einen Verstoßes zwingend den anderen Verstoß nach sich zieht. In der Regel ist die Einhaltung der Mindestruhezeit von grundsätzlich elf zusammenhängenden Stunden innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden (diese Zeitspanne beginnt nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom , Rs C-313/92, Van Swieten, Slg. 1994, I-2177, Rz 22 ff, in der Regel in dem Moment, in dem der Fahrer nach einer wöchentlichen oder täglichen Ruhezeit den Fahrtenschreiber in Gang setzt) auch dann möglich, wenn die Tageslenkzeit, die grundsätzlich höchstens neun Stunden betragen darf, überschritten wird. Aber auch dann, wenn die Tageslenkzeit in einem solchen Ausmaß überschritten wird, dass die Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestruhezeit innerhalb des Zeitraumes von 24 Stunden nicht mehr möglich ist, wäre der Unrechtsgehalt des Tatbestandes der Nichtgewährung der Ruhezeit durch die Bestrafung wegen Überschreitung der Tageslenkzeit nicht abgegolten. Die vom Beschwerdeführer behauptete Konsumtion liegt daher nicht vor (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0134).

2.1.2. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass sämtliche Verstöße gegen das AZG auf einer Tour innerhalb von sechs Tagen erfolgt seien. Es handle sich dabei um ein Gesamtkonzept im Sinne eines fortgesetzten Deliktes, sodass er für die Tatbestände der Nichteinhaltung der Tageslenkzeit, der Nichteinhaltung der Lenkzeitunterbrechung und die Nichteinhaltung der Tageslenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten nicht für jeden Tag hätte gesondert bestraft werden dürfen.

Das fortgesetzte Delikt ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Reihe von Einzelhandlungen des Beschuldigten, die zufolge der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände, des engen zeitlichen Zusammenhanges und des diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Beschuldigten (hier: Unterlassung einer wirksamen Kontrolle des Lenkers im Hinblick auf die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften) zu einer Einheit zusammen treten, eine einzige strafbare Handlung bilden (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 81/11/0087, und vom , Zl. 97/11/0003).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen dann, wenn Rechtsvorschriften, die dem Schutz von Arbeitnehmern dienen, in Ansehung mehrerer Arbeitnehmer verletzt werden, mehrere Übertretungen vor. Liegen zwischen Tathandlungen gleicher Art in Ansehung desselben Arbeitnehmers nicht mehr als zwei Wochen (enger zeitlicher Zusammenhang), so kann jedenfalls von einem fortgesetzten Delikt ausgegangen werden (vgl. das zuvor zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Zu einem fortgesetzten Delikt können nur einzelne Verstöße gegen eine bestimmte Rechtsvorschrift unter den oben genannten Voraussetzungen zusammengefasst werden, nicht aber auch Verstöße gegen verschiedene Vorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/11/0188).

Die zitierte Judikatur, die zu Übertretungen der im AZG geregelten Arbeitszeitvorschriften ergangen ist, kann auf die hier in Rede stehenden Übertretungen der EG-VO 3820/85 übertragen werden.

Vor dem Hintergrund der dargelegten Judikatur hätte die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (Zl. VK-12624-2003) in den Punkten 1, 2 und 3 (Einsatz des Lenkers über die zulässige Tageslenkzeit hinaus), in den Punkten 4, 5 und 6 (Nichtgewährung der vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechung) sowie in den Punkten 7, 8 und 9 (Nichtgewährung der vorgeschriebenen ununterbrochenen Ruhezeit) zur Last gelegten - jeweils in engem zeitlichen Zusammenhang stehenden - Übertretungen zu je einem fortgesetzten Delikt zusammenfassen müssen. Die belangte Behörde hätte daher bei rechtmäßiger Anwendung des § 22 Abs. 1 VStG nur drei (und nicht neun) Strafen über den Beschwerdeführer verhängen dürfen.

Der erstangefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.2. Das Vorbringen in der zur hg. Zl. 2004/11/0222 protokollierten Beschwerde deckt sich im Wesentlichen mit jenem in der zur hg. Zl. 2004/11/0028 protokollierten Beschwerde.

Aus den unter 2.1.2. genannten Gründen hätte die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (Zl. VK-12622-2003) in den Punkten 1 und 2 (Einsatz des Lenkers über die zulässige Tageslenkzeit hinaus), in den Punkten 3, 4, 5, 6, 7 und 8 (Nichtgewährung der vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechung) sowie in den Punkten 9 und 10 (Nichtgewährung der vorgeschriebenen ununterbrochenen Ruhezeit) zur Last gelegten - jeweils in engem zeitlichen Zusammenhang stehenden - Übertretungen zu je einem fortgesetzten Delikt zusammenfassen müssen. Die belangte Behörde hätte daher bei rechtmäßiger Anwendung des § 22 Abs. 1 VStG nur drei (und nicht neun) Strafen über den Beschwerdeführer verhängen dürfen.

Auch der zweitangefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am