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VwGH vom 29.06.2012, 2012/02/0063

VwGH vom 29.06.2012, 2012/02/0063

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Zwettl, vom , Zl. Senat-GD-11-3004, betreffend Übertretung der StVO 1960 (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: K. in H.), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G. vom wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt, er habe am um 22.33 Uhr an einem näher genannten Ort die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigert, obwohl er verdächtig gewesen sei, einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW am gegen 21.30 Uhr an einem näher genannten Ort in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 i. V.m. § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 336 Stunden) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben sowie gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Mitbeteiligte habe bereits durch die Durchführung der Überprüfung mit dem Vortestgerät seine Bereitschaft zur Mitwirkung an der vom Gesetz geforderten Beweissicherung bekundet. Auch die Bereitschaft, sich dem final beweistauglichen Procedere der Atemluftuntersuchung mittels Alkomat zu unterziehen, könne dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens entnommen werden.

Das Ersuchen an die einschreitenden Beamten, eine (hier: weibliche) Person, welche sich in Begleitung des Mitbeteiligten befunden habe, welche jedoch von der Tatsache, dass sich dieser für längere Zeit von der gemeinsam aufgesuchten Lokalität entfernen müsse, um einen Alkomattest durchzuführen, nicht in Kenntnis gewesen sei, über den Sachverhalt in Kenntnis setzen zu dürfen, sei zweifellos legitim und im Sinne des guten zwischenmenschlichen Umganges verständlich. Wenn nun, wie im vorliegenden Fall, eine fernmündliche Information aus welchem Grund auch immer nicht gelungen sei, könne es für die einschreitenden Beamten als zumutbar und auch mit den Zielsetzungen der raschen Beweissicherung vereinbar erkannt werden, wenn sich der Proband in Begleitung zumindest eines Beamten in die räumlich nahe gelegene Lokalität begebe, um der begleitenden Person die nötigen Informationen zu geben und damit sicherzustellen, dass es bei dieser Person nicht zu angstbesetzter Unsicherheit über den Verbleib des Probanden komme.

Ein diesbezügliches Ansuchen (des Mitbeteiligten) a priori im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO zu qualifizieren, erscheine nicht zulässig. Es sei daher zweifelsfrei erwiesen, dass der Mitbeteiligte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Bundesministerin gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Amtsbeschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, die belangte Behörde argumentiere im Wesentlichen dahingehend, dass durch die Durchführung der Überprüfung mit dem Vortestgerät bereits die Mitwirkung an der vom Gesetz geforderten Beweissicherung bekundet werde und der Wunsch nach Information und damit auch einhergehend das Entfernen vom Ort der Amtshandlung legitim sei. Damit verkenne die belangte Behörde nicht nur die zugrunde liegende Rechtslage, sondern auch die umfassende höchstgerichtliche Judikatur zu diesem Thema.

Mit diesem Vorbringen übersieht die beschwerdeführende Partei, dass die belangte Behörde - nach ihren Ausführungen im angefochtenen Bescheid - nicht deshalb zur Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gelangt ist, weil sich der Mitbeteiligte unter den gegebenen Umständen zulässiger Weise vom Ort der Aufforderung in das nahe gelegene Lokal entfernt habe, sondern weil die belangte Behörde der Ansicht war, dass der Mitbeteiligte schon deshalb zu bestrafen sei, weil sein Ansuchen, noch kurz das Lokal zwecks Information seiner Begleiterin aufsuchen zu wollen, unzulässiger Weise als Übertretung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 gewertet worden sei. Den diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen ist die beschwerdeführende Partei nicht entgegengetreten. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffene rechtliche Beurteilung, dass in einem solchen Fall keine Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO 1960 vorliegt, ist nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung des Aufwandersatzes war abzuweisen, weil im Falle einer Beschwerdeerhebung nach Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG nach § 47 Abs. 4 VwGG kein Aufwandersatz - auch nicht an die belangte Behörde - erfolgt (vgl. auch das zu einer Beschwerde nach Art. 131 Abs. 2 B-VG ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/07/0150). Der Kostenantrag der belangten Behörde war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
WAAAE-67920