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VwGH vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0039

VwGH vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des A S in S, vertreten durch Dr. Christoph Bamberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 21A, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W152 1432096- 2/3E, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber ist staatenloser Palästinenser, stammt aus dem Westjordanland und befindet sich seit Jänner 2005 in Österreich. Nachdem er zunächst subsidiären Schutz innehatte, wurde ihm dieser Status letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) von Amts wegen aberkannt. Unter einem stellte der Asylgerichtshof gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 fest, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Revisionswerbers "in die palästinensischen Autonomiegebiete Israels/Westjordanland" unzulässig sei.

Im Juni 2014 stellte der Revisionswerber sodann einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 AsylG 2005. Dazu erging mit seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Verbesserungsauftrag. Darin heißt es u.a., dass der Revisionswerber seinem Antrag einen Versicherungsdatenauszug beigelegt habe, aus welchem jedoch hervorgehe, dass er seit dem lediglich als geringfügig beschäftigter Arbeiter einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Insofern verfüge er "im Normalfall" nicht über eine alle Risken abdeckende Krankenversicherung, welche jedoch im Sinn des § 60 Abs. 2 AsylG 2005 eine der zwingenden Voraussetzungen zur Erteilung des angestrebten Titels darstelle. Darüber hinaus habe der Revisionswerber nicht darlegen können, dass sein weiterer Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Die von ihm beigelegte Firmenbestätigung stelle keine "verbindliche Einstellungszusage samt entsprechendem, verbindlichem Arbeitsvorvertrag" dar, weshalb nicht von dem in dieser Bestätigung angeführten künftigen Lohn ausgegangen werden könne. Es sei auch nicht ersichtlich, warum der Revisionswerber "nicht bereits jetzt in Vollerwerb" stehen könne. Es sei weiter zu prüfen, ob wegen des strafbaren Verhaltens des Revisionswerbers - dieser war 2011 zu einer bedingt nachgesehenen 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden - sein weiterer Aufenthalt nicht öffentlichen Interessen widerstreite. Er werde daher aufgefordert, binnen drei Wochen dem BFA


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
einen verbindlichen Arbeitsvorvertrag oder
-
eine Patenschaftserklärung
-
einen aktuellen Strafregisterauszug
-
eine Bestätigung über das Bestehen einer alle Risken abdeckenden Krankenversicherung vorzulegen bzw. einzubringen.
Sollte der Revisionswerber diese Frist fruchtlos verstreichen lassen, so gehe das BFA - so schließt der dargestellte Verbesserungsauftrag - davon aus, dass er die unbedingt notwendigen Voraussetzungen zur Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels nicht erfülle; sein Antrag wäre diesfalls abzuweisen.
Aus der Aktenlage ist nicht ersichtlich, dass der Revisionswerber auf diesen Verbesserungsauftrag reagierte. Mit Bescheid vom wurde dann sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 zurückgewiesen. Darin wurde ausgeführt, dass der Antrag des Revisionswerbers unvollständig eingereicht worden sei; es hätten ein verbindlicher Arbeitsvorvertrag oder eine Patenschaftserklärung, ein aktueller Strafregisterauszug sowie eine Bestätigung über das Bestehen einer alle Risken abdeckenden Krankenversicherung gefehlt. Mit Schreiben vom sei der Revisionswerber zur Behebung der Mängel aufgefordert und auf die Folgen einer Nichtbehebung hingewiesen worden. Eine Verbesserung sei jedoch nicht ergangen. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 AsylG 2005 sei daher - so das BFA in rechtlicher Hinsicht insbesondere nach Darstellung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 AsylG 2005 und nach Wiedergabe von § 13 Abs. 3 AVG - zurückzuweisen, da die Mängel nicht fristgerecht behoben worden seien.
Der Revisionswerber erhob Beschwerde. In dieser brachte er vor allem vor, dass er mit seiner Freundin "persönlich beim Amt" gewesen sei. Er sei somit seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen und werde sich bemühen, einen verbindlichen Arbeitsvorvertrag zu bekommen. Derzeit sei er über die Grundversorgung versichert. Aus dem Umstand, dass er die fehlenden Nachweise nicht erbringen könne, könne nicht geschlossen werden, dass der gegenständliche Antrag zurückzuweisen sei. Im Übrigen stehe dem BFA die Einsicht in das Strafregister offen.
Mit einem vom Rechtsvertreter des Revisionswerbers vorgelegten Schreiben vom bestätigte die erwähnte Freundin des Revisionswerbers, dass sie "nach Erhalt Ihres Schreibens im August 2014" die fehlenden Unterlagen nachgereicht habe, soweit dies möglich gewesen sei. Leider habe sie keine Bestätigung über die nachgereichten Unterlagen (z.B. Strafregisterauszug) erhalten; sie vermute, dass diese Unterlagen verloren gegangen seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diese Beschwerde gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet ab. Eine Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. "Auf Grund fehlender aktueller Nachweise der in (§ 56 AsylG 2005) taxativ aufgelisteten Tatbestandselemente" - so das BVwG begründend - sei dem Revisionswerber seitens des BFA ein Verbesserungsauftrag erteilt worden, dem dieser nicht nachgekommen sei; ein Erscheinen des Revisionswerbers und seiner Freundin beim BFA bzw. eine (hiebei) erfolgte Nachreichung von Dokumenten sei nicht aktenkundig. Die dazu - in der Beschwerde - aufgestellten Behauptungen erwiesen sich als unglaubwürdig; es sei nicht genauer dargestellt worden, wann der Revisionswerber und seine Freundin beim BFA erschienen sein sollen bzw. wann die Nachreichung der Dokumente erfolgt sein solle; es habe auch keine Eingangsbestätigung in Vorlage gebracht oder "die empfangende Amtsperson" namhaft gemacht werden können; abschließend erweise sich für die Glaubwürdigkeit des Vorbringens auch "nicht als zuträglich", dass in der Beschwerde beteuert werde, die geforderten Nachweise könnten derzeit nicht erbracht werden, während die Freundin von einer Nachreichung von Unterlagen nach Erhalt des Verbesserungsauftrages im August 2014 spreche. "Diese Ausführungen" seien daher als bloße Schutzbehauptungen zu werten.
In rechtlicher Hinsicht stellte das BVwG zunächst § 56 AsylG 2005 dar. Es fasste dann die "weiteren Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 AsylG 2005" zusammen und gab daran anschließend § 58 AsylG 2005,§ 13 AVG sowie Art. I EGVG wieder. Im Anschluss daran hielt das BVwG fest, dass der Revisionswerber seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß im Sinne des § 58 Abs. 11 AsylG 2005 jedenfalls nicht nachgekommen sei. Er habe dem erteilten Verbesserungsauftrag nicht Rechnung getragen, weshalb sich der Zurückweisungsbescheid des BFA als rechtskonform erweise. Insbesondere infolge eindeutigen Gesetzeswortlautes liege auch keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor.

Über die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision, zu der das BFA eine Revisionsbeantwortung erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen:

In seiner Beschwerde an das BVwG hat der Revisionswerber - in Verbindung mit der nachgereichten Erklärung seiner "Freundin" - im Ergebnis geltend gemacht, er habe in Reaktion auf den behördlichen Verbesserungsauftrag vom beim BFA vorgesprochen und die fehlenden Unterlagen, soweit möglich (Strafregisterauszug), nachgereicht. Diese Behauptungen hätte das BVwG, wie in der Zulassungsbegründung der vorliegenden Revision unter Verweis auf tragende Verfahrensgrundsätze der Sache nach zutreffend geltend gemacht wird, nicht ohne weiteres - ohne Vornahme irgendwelcher Ermittlungen, etwa durch Nachfrage beim BFA oder allenfalls Abhaltung einer mündlichen Verhandlung - als unglaubwürdig beurteilen dürfen.

Auf den somit vorliegenden Verfahrensfehler kommt es aber nur an, wenn sich die gegenständliche Zurückweisung des Antrags des Revisionswerbers im Falle einer tatsächlich unterbliebenen Reaktion auf den Verbesserungsauftrag vom als rechtsrichtig erwiese. Das ist aber nicht der Fall.

Sowohl das BFA als auch das BVwG haben die Zurückweisung des Antrags des Revisionswerbers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 AsylG 2005 spruchgemäß mit § 58 AsylG 2005 - näherhin dessen Abs. 11 - begründet. Diese Normen sowie der sowohl vom BFA in seiner Bescheidbegründung als auch vom BVwG in der Begründung seines Erkenntnisses angeführte § 60 AsylG 2005 haben folgenden Wortlaut (alle Bestimmungen in der hier maßgeblichen Fassung des Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetzes - FNG):

" Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen

§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine 'Aufenthaltsberechtigung plus' erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine 'Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand.

...

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) ...

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) ...

(6) ...

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) ...

(9) ...

(10) ...

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) ...

(13) ...

...

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde."

Zur Neufassung des § 58 AsylG 2005 durch das FNG wird in den ErläutRV (1803 BlgNR XXIV. GP 48 ff) - auszugsweise - Nachstehendes ausgeführt:

" Zu § 58:

In § 58 sind die Verfahrensbestimmungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen abgebildet und orientieren sich diese an der bewährten Systematik des NAG, insbesondere an den Bestimmungen der §§ 19, 44a und 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011.

...

Abs. 4 normiert, dass von Amts wegen erteilte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 erst mit Rechtskraft des jeweiligen Spruchpunktes an den Drittstaatsangehörigen ausgefolgt werden. Die Aufenthaltstitel werden in Form einer Karte ausgefolgt, sofern die Voraussetzungen des Abs. 11 erfüllt sind.

...

Wird von einem Drittstaatsangehörigen ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 gestellt und liegen die jeweiligen Erteilungsvoraussetzungen vor, so hat das Bundesamt dem Fremden den Aufenthaltstitel zu erteilen und in Form einer Karte auszufolgen, sofern die Voraussetzungen gemäß Abs. 11 vorliegen (Abs. 7). Eine bescheidmäßige Erledigung des Antrages hat diesfalls nicht zu erfolgen.

...

Abs. 11 entspricht § 19 Abs. 4 und 10 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 und wird in dieser Bestimmung lediglich auf die Mitwirkungspflicht des Fremden verwiesen. Demnach hat der Drittstaatsangehörige sowohl in Verfahren zur amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels als auch in einem Verfahren, welches auf Antrag eingeleitet wird, im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken. Der Drittstaatsangehörige soll folglich insbesondere nicht von Mitwirkungspflichten befreit sein, die für die Herstellung dieser Aufenthaltstitel in Kartenform (z.B. Erkennungsdienst) notwendig sind, und seine Zustelladresse bekanntzugeben haben. Kommt der Drittstaatsangehörige diesen Mitwirkungspflichten nicht nach, so ist das Verfahren gemäß Z 1 ohne weiteres einzustellen, wenn es sich um eine amtswegige Prüfung handelt, und kann der Antrag zurückgewiesen werden gemäß Z 2, wenn das Verfahren auf Antrag eingeleitet worden ist. Darüber ist der Drittstaatsangehörige zu belehren. Auch § 13 BFA-VG bleibt beachtlich.

..."

Der in den eben zitierten ErläutRV erwähnte § 19 NAG lautet/lautete in der angesprochenen Fassung des FrÄG 2011 (BGBl. I Nr. 38/2011) - soweit hier wesentlich - wie folgt (Abs. 4 und Abs. 6 stehen unverändert in Geltung, Abs. 10 wurde durch das FNG aufgehoben):

" Allgemeine Verfahrensbestimmungen

§ 19. (1) ...

(2) ...

(3) ...

(4) Bei der Antragstellung hat der Fremde die erforderlichen erkennungsdienstlichen Daten zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls an der Ermittlung und Überprüfung dieser nach Maßgabe des § 35 Abs. 3 mitzuwirken; andernfalls ist sein Antrag zurückzuweisen. Bei Verlängerungsanträgen sind erkennungsdienstliche Daten nur mehr insoweit zu ermitteln, als diese bei der Behörde nicht vorliegen oder zur Feststellung der Identität des Betroffenen erforderlich sind.

(5) ...

(6) Der Fremde hat der Behörde eine Zustelladresse und im Fall ihrer Änderung während des Verfahrens die neue Zustelladresse unverzüglich bekannt zu geben. Bei Erstanträgen, die im Ausland gestellt wurden, ist die Zustelladresse auch der Berufsvertretungsbehörde bekannt zu geben. Ist die persönliche Zustellung einer Ladung oder einer Verfahrensanordnung zum wiederholten Mal nicht möglich, kann das Verfahren eingestellt werden, wenn der Fremde bei Antragstellung über diesen Umstand belehrt wurde.

(7) ...

(8) ...

(9) ...

(10) Am Verfahren zur amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 44a und 69a hat der Fremde im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten im Sinne der Abs. 4 und 5 sowie gemäß Abs. 6 mitzuwirken; andernfalls ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.

(11) ..."

Zu § 19 Abs. 4 NAG war in den ErläutRV zur Stammfassung des Gesetzes (952 BlgNR XXII. GP 128) ausgeführt worden:

"Zur klaren Identifizierung des Fremden ist es - auch im Hinblick auf die Übermittlungsbestimmungen des § 35 Abs. 1 - erforderlich, vom Antragsteller erkennungsdienstliche Daten festzustellen (Abs. 4). Nur so kann weitestmöglich sichergestellt werden, dass der Fremde nicht mit einer anderen Identität bereits einen Antrag gestellt hat, der - etwa aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit - abgewiesen wurde. Der Fremde hat an der Ermittlung der Daten mitzuwirken, andernfalls ist der Antrag nach entsprechender Belehrung zurückzuweisen. § 13 Abs. 3 AVG über Mängel bei schriftlichen Anbringen gilt selbstverständlich."

§ 19 Abs. 10 NAG war mit BGBl. I Nr. 29/2009 neu geschaffen worden. Das war in den bezughabenden ErläutRV (88 BlgNR XXIV. GP 8) dergestalt begründet worden:

"Abs. 10 stellt klar, dass der Fremde auch in Verfahren zur amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 44a und 69a im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken hat. Der Fremde soll demnach insbesondere nicht von Mitwirkungspflichten befreit sein, die für die Herstellung des Aufenthaltstitels in Kartenform (z.B. Erkennungsdienst) notwendig sind, und seine Zustelladresse bekannt zu geben haben. Kommt der Fremde diesen Mitwirkungsverpflichtungen nicht nach, so ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen. Darüber ist der Fremde zu belehren. Auch § 29 bleibt beachtlich.

Die vorgesehenen Belehrungspflichten werden in geeigneter, nachvollziehbarer Weise, etwa im Rahmen einer förmlichen Niederschrift oder mittels eines Informationsblattes in der Muttersprache des Fremden, zu erfolgen haben."

§ 19 Abs. 4 NAG steht mit § 35 NAG über das Verwenden erkennungsdienstlicher Daten in normativem Zusammenhang. Gemäß § 35 Abs. 3 NAG hat die Behörde einen Fremden, den sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen hat, unter Bekanntgabe des maßgeblichen Grundes formlos hiezu aufzufordern (erster Satz). Kommt der Betroffene der Aufforderung nicht nach, ist er schriftlich, unter Hinweis auf die Folgen einer mangelnden Mitwirkung, ein weiteres Mal zur Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung aufzufordern (zweiter Satz).

Die in dieser Bestimmung erwähnten "Folgen einer mangelnden Mitwirkung" sind in § 19 Abs. 4 erster Satz NAG normiert. Demnach ist der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei unterbliebener Mitwirkung an der erkennungsdienstlichen Behandlung zurückzuweisen. Dass das nur nach "entsprechender Belehrung" zu erfolgen hat, wie in den oben zitierten ErläutRV zu § 19 Abs. 4 NAG ausgeführt wird, ergibt sich wieder aus § 35 Abs. 3 NAG.

Die Verknüpfung mit § 35 NAG bestätigt, was schon der Wortlaut des § 19 Abs. 4 NAG zum Ausdruck bringt, nämlich dass die letztgenannte Bestimmung nur für den Fall der Nichtmitwirkung an der erkennungsdienstlichen Behandlung eine Antragszurückweisung vorsieht. Andere Verletzungen der in § 29 Abs. 1 NAG allgemein angeordneten Verpflichtung eines Fremden, am Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels mitzuwirken, werden dagegen nicht erfasst. Antragszurückweisungen können daher insoweit nicht auf diese Norm gegründet werden. Eine andere Frage ist, inwieweit der in den wiedergegebenen ErläutRV zu § 19 Abs. 4 NAG ergänzend angesprochene § 13 Abs. 3 AVG eine Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags ermöglicht. Darauf wird noch zurückzukommen sein (siehe unten). Für die spezifische Konstellation des § 19 Abs. 4 NAG ist daraus aber jedenfalls nichts zu gewinnen.

Auch § 19 Abs. 6 NAG hat - ausschließlich - eine besondere Mitwirkungsverpflichtung im Auge. Gemäß dieser Bestimmung hat der Fremde der Behörde eine Zustelladresse und im Fall ihrer Änderung während des Verfahrens die neue Zustelladresse unverzüglich bekannt zu geben. Wird dieser Obliegenheit nicht entsprochen, kann das zur Verfahrenseinstellung führen.

Sowohl auf den vierten (und den damit im Zusammenhang stehenden fünften) Absatz als auch auf den sechsten Absatz des § 19 NAG bezog sich dessen Abs. 10, wonach der Fremde auch am Verfahren zur amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 44a und 69a im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken hat. Die Mitwirkung "im erforderlichen Ausmaß" sollte zwar nach dem Gesetzeswortlaut über die beiden erwähnten Fälle hinausgehen ("insbesondere"). Inwieweit das von der Vorlage von zur Klärung der Identität des Betroffenen erforderlichen Urkunden abgesehen konkret schlagend werden konnte, bleibt allerdings schon deshalb offen, weil nicht zu sehen ist, dass ein amtswegiges Verfahren nach strengeren Maßstäben geführt werden sollte als ein solches, das auf einem Parteienantrag beruht. Im Übrigen kam jedenfalls im Rahmen des § 44a NAG idF vor dem FNG, auf den sich § 19 Abs. 10 NAG vorrangig bezieht, eine Mitwirkungsverpflichtung des Fremden dergestalt, dass eine materielle Erfolgsvoraussetzung "nachzuweisen" sei, von vornherein nicht in Betracht, weil die dort vorgesehene amtswegige Titelerteilung allein an eine vorangehende behördliche Entscheidung anknüpfte. Entsprechende Mitwirkungsverpflichtungen waren daher auch nicht Gegenstand der Anordnung des § 19 Abs. 10 NAG.

Auf den weiter in Geltung stehenden, auf Antrag eingeleitete Verfahren erfassenden Abs. 4 des § 19 NAG sowie auf dessen mit dem FNG aufgehobenen, amtswegige Verfahren behandelnden Abs. 10 wird ausdrücklich in den zitierten ErläutRV betreffend den mit dem FNG neu geschaffenen § 58 Abs. 11 AsylG 2005 verwiesen. Diesen Gesetzesmaterialien lässt sich nicht entnehmen, dass die mit dem FNG in das AsylG 2005 transferierten Regelungen über Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen insoweit Anderes vorsehen würden, als (bisher) im NAG angeordnet wird (wurde). Es ist der Sache nach lediglich zu einer Zusammenfassung der Absätze 4 - sowie 6 - und 10 des § 19 NAG gekommen, was nur insofern von Bedeutung ist, als die unterbliebene Vorlage von Identitätsurkunden wie etwa des Reisepasses nunmehr einheitlich von § 58 Abs. 11 AsylG 2005 geregelt wird, sodass diesbezüglich im Antragsverfahren nicht auf § 13 Abs. 3 AVG zurückgegriffen werden muss (vgl. demgegenüber zum NAG grundlegend das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0302, Punkt 4.2. der Entscheidungsgründe). Im Übrigen bezieht sich aber auch § 58 Abs. 11 AsylG 2005 auf Mitwirkungsverpflichtungen im Zusammenhang mit erkennungsdienstlichen Daten und mit der Zustelladresse des Fremden, nicht aber auf solche, die mit der Erhebung von inhaltlichen Erteilungsvoraussetzungen im Zusammenhang stehen. Insofern kommt daher weder eine Verfahrenseinstellung nach Z 1 noch eine Antragszurückweisung nach Z 2 dieser Bestimmung in Frage, was im Übrigen durch den jeweiligen Verweis in § 58 Abs. 4 und 7 AsylG 2005 auf den 11. Absatz dieser Norm bestätigt wird; in beiden Konstellationen (Abs. 4 und 7) ist das Vorliegen inhaltlicher Erteilungsvoraussetzungen nämlich nicht mehr Thema. Dass - wie in den Materialien noch ausgeführt wird - auch § 13 BFA-Verfahrensgesetz beachtlich bleibt, ist nur konsequent und führt letztlich zu dem Ergebnis, dass über die von § 58 Abs. 11 AsylG 2005 erfassten Fälle (im Sinn des Vorgesagten) hinaus Verletzungen der Mitwirkungspflicht gemäß § 13 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Fremden zu berücksichtigen sind. Allenfalls hat dann also eine Abweisung seines Antrags zu erfolgen, die in § 58 Abs. 11 AsylG 2005 angeordneten "verfahrensrechtlichen Lösungen" (Verfahrenseinstellung oder Antragszurückweisung) kommen jedoch nicht in Betracht. Dass in § 58 Abs. 11 AsylG 2005 nur "insbesondere" auf Mitwirkungspflichten im Zusammenhang mit der Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten Bezug genommen wird, führt - anders als vom BFA in seiner Revisionsbeantwortung vertreten - zu keinem anderen Ergebnis, zumal auch nach dem hier dargelegten Verständnis dieser Vorschrift Raum für weitere Anwendungsfälle (zB. bei mangelnder Bekanntgabe einer aktuellen Zustelladresse) verbleibt.

Im vorliegenden Fall wurde dem Revisionswerber mit Verbesserungsauftrag vom aufgetragen, einen verbindlichen Arbeitsvorvertrag oder eine Patenschaftserklärung, einen aktuellen Strafregisterauszug sowie eine Bestätigung über das Bestehen einer alle Risken abdeckenden Krankenversicherung vorzulegen bzw. einzubringen. Damit wurde klar auf die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 2 und 3 sowie Abs. 3 AsylG 2005 abgestellt. Eine Nichterfüllung dieses Verbesserungsauftrages konnte nach dem Vorgesagten von vornherein nicht die Antragszurückweisung nach § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 zur Folge haben. Demgemäß war am Ende des besagten Verbesserungsauftrages auch nicht auf eine allfällige Antragszurückweisung hingewiesen worden. Vielmehr schloss der Auftrag - siehe eingangs - wie folgt:

"Sollten Sie die Frist fruchtlos verstreichen lassen, so geht das Bundesamt davon aus, dass Sie die unbedingt notwendigen Voraussetzungen zur Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels nicht erfüllen und wäre diesfalls Ihr Antrag abzuweisen."

Sowohl das BFA als auch das BVwG haben die gegenständlich erfolgte Antragszurückweisung - wie dargestellt verfehlt - spruchgemäß auf § 58 Abs. 11 AsylG 2005 gestützt. Im Bescheid des BFA wird diese Norm im Übrigen aber gar nicht erwähnt. Vielmehr hat das BFA dann in der Begründung seiner Entscheidung letztlich nur mit § 13 Abs. 3 AVG argumentiert, welche Bestimmung offenkundig ergänzend auch das BVwG im Auge gehabt hat. Eine Vorgangsweise nach § 13 Abs. 3 AVG in Bezug auf die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 60 AsylG 2005 scheidet indes gleichfalls aus (vgl. dazu sinngemäß, nunmehr vor dem Hintergrund - insbesondere - des § 8 Abs. 2 Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005 idF BGBl. II Nr. 492/2013, das schon erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0302, vor allem Punkte 4.3. und 5. der Entscheidungsgründe).

Zusammenfassend vermögen daher weder § 58 Abs. 11 AsylG 2005 noch § 13 Abs. 3 AVG die Zurückweisung des Antrags des Revisionswerbers zu tragen. Das hat das BVwG verkannt, weshalb das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am